Wie effizient ist drahtloses Laden?
BFE-Studie zu Energieeffizienz und EMF-Immissionen
Das drahtlose Laden von mobilen Geräten wird immer beliebter. Aber wie sieht es mit der Energieeffizienz beim induktiven Laden aus? Und wirken sich die magnetischen Felder auf die Gesundheit aus? Eine im Auftrag des BFE durchgeführte Studie gibt Antworten.
Obwohl das induktive Laden von mobilen Geräten schon einige Jahre existiert – Nokia hatte mit dem Lumia 920 und einem entsprechenden Ladekissen bereits 2012 das drahtlose Laden im Angebot –, und gewisse Hersteller Ladestationen sogar in Möbel integriert haben, ist das Echo im Markt noch bescheiden. In Smart-Phone-Testberichten stehen gewöhnlich andere Features im Rampenlicht und entscheiden über Erfolg und Misserfolg. Heute können sowohl gewisse Android-Mobiltelefone als auch neuere iPhones induktiv geladen werden.
Das drahtlose Laden ist eine praktische Sache. Man legt das Gerät auf die Ladestation, richtet es ein wenig aus und das Laden beginnt. Aber die Technologie dürfte nicht nur Vorteile haben: Es tauchen Fragen bezüglich der Energieeffizienz und der abgestrahlten elektromagnetischen Felder auf. Ein Forscherteam der Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation ging im Auftrag des Bundesamts für Energie diesen Fragen nach. Um die Studienresultate besser zu verstehen, lohnt es sich, zunächst einen Blick auf die Prinzipien der drahtlosen Energieübertragung zu werfen.
Funktionsprinzip
Es gibt einige Möglichkeiten, um Energie drahtlos zu übertragen. Nebst den verbreiteten induktiven Verfahren ist die Energieübertragung auch mit Mikrowellen, Ultraschall und Laser denkbar. Kommerziell sind diese Übertragungsarten kaum realisierbar, da sie beispielsweise wegen der verlustbehafteten Frequenzkonversion oder einer Abstrahlung in unerwünschte Richtungen ineffizient und technisch aufwendig sind. Das induktive Laden ist einfacher und effizienter.
Beim induktiven Laden ist man – wie bei Transformatoren – auf Wechselstrom angewiesen. Es werden Frequenzen im kHz- oder im tiefen MHz-Bereich generiert, die mittels Sendespule in der Empfängerspule des aufgelegten mobilen Gerätes eine Spannung erzeugen, mit der dann nach dem Gleichrichten die Akkus geladen werden. Wegen der relativ grossen Wellenlänge, verglichen mit den eingesetzten Komponenten, wird wenig Energie in den freien Raum abgestrahlt.
In der Praxis gibt es zwei induktive Energietransferverfahren: die induktive und die resonante Kopplung. Erstere ist vergleichbar mit einem Transformator, bei dem die Spulen räumlich getrennt sind. Je weiter die Spulen auseinanderliegen, desto schwächer wird die magnetische Kopplung. Dies gilt auch für ein seitliches Verschieben (Dezentrierung) der Spulen.
Bei der resonanten Kopplung werden Kapazitäten in den Sekundärkreis eingebaut, damit Sende- und Empfangsspule einen Schwingkreis bilden. Da ein resonanter Kreis einen höheren Stromfluss aufweist, wird eine grössere Spannung induziert. Für einen bestimmten Leistungstransfer reicht somit eine geringere Kopplung aus. Die Distanz und die Positionierung der zwei Spulen sind deshalb weniger kritisch. Eine Schwierigkeit bei der resonanten Kopplung ist die Tatsache, dass sich nicht nur die Betriebsfrequenz und die Form der Spulen auf die Resonanzfrequenz auswirken, sondern auch der Einfluss der Kopplung. Bei resonanten Systemen muss darum die Resonanzfrequenz elektronisch abgestimmt werden.
Industrielle Standards
Diverse Firmen stellen drahtlose Ladegeräte her, wobei drei proprietäre Standards die Systeme dominieren: Das 2008 eingeführte, von Ikea in gewissen Möbeln integrierte Qi vom Wireless Power Consortium (WPC) sowie Airfuel Inductive (Powermat, PMA) und Airfuel Resonant (Rezence) von der A4WP, der Alliance for Wireless Power. Durch die Fusion von PMA und A4WP ist die Airfuel Alliance entstanden.
Qi dominiert zurzeit den Markt: Nebst Samsung und Apple bieten zahlreiche andere Hersteller Smartphones an, die Qi-zertifiziert sind – insgesamt sind über 900 Produkte verfügbar. Das weniger verbreitete Airfuel wird von Starbucks, Samsung und General Motors unterstützt.
Die drahtlosen Ladetechnologien werden kontinuierlich weiterentwickelt. Beispielsweise hat Powermat Anfang 2018 eine Erweiterung der Airfuel-Technologie angekündigt. Die neue Ladestation «Charging Spot 4.0» verfügt über die SmartInductive-Technologie, die gemäss Herstellerangaben mit allen kabellosen Standards kompatibel ist, inklusive Qi, AFA induktiv, Apple 7,5 W und anderen schnellladenden Methoden. Weil die Plattform Leistungen bis 40 W unterstützen soll, können unterschiedliche Gerätetypen geladen werden, von Mobiltelefonen über Tablets bis hin zu tragbaren Geräten und Laptops. Mit der Technologie können gewöhnliche Oberflächen in kabellose Ladestationen verwandelt werden.
Niedrigere Energieeffizienz
Da induktive Ladegeräte oft die gleiche Eingangsspannung verwenden wie das Aufladen mit Kabel, nämlich die 5-V-Gleichspannung, ist klar, dass die zusätzliche Umwandlung der sonst direkt verwendeten Spannung verlustbehaftet ist. Um Energie drahtlos übertragen zu können, muss die Gleichspannung zunächst in Wechselspannung umgewandelt und anschliessend im Empfänger wieder gleichgerichtet werden. Bei resonanten Ladegeräten wird ein Teil der übertragenen Energie zudem in den beiden Resonatoren zwischengespeichert und teilweise in den Spulen selbst und durch Streufelder in Objekten in der Nähe zu Wärme umgewandelt. Wegen der deutlich höheren verwendeten Frequenz als bei nichtresonanten induktiven Ladegeräten sind die durch den Skin-Effekt und das Schalten erzeugten Verluste höher. Hocheffiziente induktive Ladegeräte können somit einfacher realisiert werden.
Verbrauchsmessungen der FSM-Studie
Im Auftrag des Bundesamts für Energie führte die Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation eine Studie durch, deren Schlussbericht Anfang 2017 veröffentlicht wurde.[1] Die Forscher wählten 5 Qi-kompatible Ladestationen (Nexus 5 Ladepad von LG, Nordmärke von Ikea, EP-PG920i von Samsung, Qi 1001 von Qinside sowie Koolpad von Fonesalesman) und 4 Qi-Empfänger (Galaxy S6 von Samsung, die Nachrüst-Empfänger iTian von iTian sowie iQi Mobile von Fonesalesman und schliesslich die iPhone-5-Hülle Vitahult von Ikea). Zudem testeten sie den PMA-Sender Powermat von Duracell und als Empfänger die PMA-kompatible Handyhülle Ghost Charger von Incipio und den Powercube von Duracell, einem Empfänger mit 5 V USB-Ausgang.
Im Labor wurde die Effizienz des drahtlosen Ladens der Testgeräte anonymisiert getestet und mit drahtgebundenem Laden verglichen. Das drahtlose Laden ist am effizientesten, wenn Sender und Empfänger optimal ausgerichtet sind und der Abstand zwischen ihnen möglichst klein ist. Wird der Empfänger schlecht positioniert, leidet nicht nur die Effizienz, sondern der maximal mögliche Ladestrom wird auch reduziert. Ist die Positionierung zu schlecht, erkennt dies die Sendespule und der Ladevorgang wird abgebrochen.
Die Energieeffizienz der Testgeräte war nicht besonders gross, lag aber innerhalb der erwarteten Werte zwischen 40 % und 55 %, wobei die in den Empfängergeräten auftretenden inneren Verluste – die sowohl für drahtloses als auch drahtgebundenes Laden anfallen – nicht berücksichtigt sind. Eine schlechte horizontale Positionierung der Empfängerspule reduziert die Energieeffizienz stärker als der Modelltyp des Empfängers.
Grosse Unterschiede gab es beim Standby-Betrieb. Während der beste Netzadapter (kabelgebundenes Laden) lediglich 8 mW verbrauchte, lag der Standby-Verbrauch beim schlechtesten bei 220 mW. Als Gründe für diese Diskrepanz wurden die Dimensionierung der Ladegeräte und die kostensensitive Qualität der eingesetzten Komponenten aufgeführt. Erwartungsgemäss lag der Standby-Verbrauch bei drahtlosen Ladesystemen deutlich höher: von 70 mW bis 2,15 W. Grob kann also gesagt werden, dass bei kabelgebundenem Laden (ohne oder mit voll aufgeladenem Endgerät) der Standby-Verbrauch um 100 bis 200 mW liegt. Bei drahtlosem Laden ohne Endgerät ist der Verbrauch etwa doppelt so gross. Mit aufgelegtem Endgerät kann er sogar 1 bis 2 W betragen, d.h. bei drahtlosen Ladestationen kann der Standby-Verbrauch rund zehnmal so hoch sein.
Diese Ergebnisse zeigen auf, dass nicht nur die Technik für den höheren Verbrauch verantwortlich ist, sondern auch das Nutzerverhalten, denn ein für längere Zeit aufgelegtes, vollständig geladenes Endgerät erhöht den Standby-Verbrauch markant. Bleibt das mobile Gerät über Nacht auf dem Sender liegen, beträgt der Gesamtverbrauch etwa das Dreifache des Verbrauchs von kabelgebundenem Laden. Im schlechtesten Fall, wenn ineffiziente Netzgeräte und Elektronikmodule mit dem Liegenlassen von aufgeladenen Endgeräten kombiniert werden, ist der Verbrauch höher als der für das Aufladen des Akkus benötigte Strom.
Sollte sich die drahtlose Ladetechnik komplett durchsetzen, ein zugegebenermassen unrealistisches Szenario, würde der resultierende Stromverbrauch einige wenige Promille des gesamten Stromverbrauchs der Haushalte betragen, also einen jährlichen Mehrverbrauch von etwa 30 GWh erzeugen.
Elektromagnetische Strahlung
Um gesundheitliche Auswirkungen der Magnetfeldexpositionen beurteilen zu können, werden die Immissionen mit den Basisgrenzwert-Empfehlungen der ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) verglichen. Hersteller orientieren sich an den ICNIRP Guidelines von 1998 (0 Hz bis 300 GHz) und von 2010 (0 Hz bis 100 kHz). Die in diesen Empfehlungen angegebenen Basisgrenzwerte für die Strahlenabsorption im Körper müssen von den Ladestationen eingehalten werden. Die NISV spielt in diesem Kontext keine Rolle, da sie sich nicht auf Konsumgüter bezieht. Sie beschränkt sich auf Anlagen.
In der Studie wurden für ausgewählte Anordnungen Messungen der magnetischen Immissionen durchgeführt, beispielsweise der Streufelder im Ladebetrieb und der Streufelder bei aufgelegtem Endgerät. Es hat sich gezeigt, dass die Spitzen- und Effektivwerte der Feldstärken an der Oberfläche eines Ladegeräts im Qi-Standard im Stand-by-Betrieb einige 100 µT betragen können. In der Studie wurden auch die im Gewebe induzierten Ströme numerisch modelliert. Die Resultate zeigen, dass die Basisgrenzwerte nicht erreicht werden: Betreffend Energieabsorption (SAR) liegen sie im schlechtesten Fall um einen Faktor 100, betreffend elektrischer Feldstärke im Gewebe um einen Faktor 1 bis 5 darunter. Aus gesundheitlicher Sicht sind die Ladestationen also unbedenklich.
Bei den Effizienzmessungen hat sich gezeigt, dass gewisse Ladestationen eine relativ hohe Stromaufnahme aufweisen, auch wenn keine Empfangsspule auf dem Sender liegt. Der Grund: Die Ladestationen müssen stets in der Lage sein, die Präsenz eines Empfängers zu detektieren, um den Ladevorgang starten zu können. Im Qi-Standard geschieht dies mittels einem periodisch ausgesendeten «digitalen Ping», einem bis zu 65 ms langen Impuls bei voller spezifizierter Sendeamplitude. Obwohl die Pulse kurz sind, ist das Maximum der Flussdichte (einige 100 µT) an der Oberfläche der Sendeeinheit dennoch in derselben Grössenordnung wie während des Ladebetriebs zwischen Sende- und Empfangsspule. Aber im Stand-by-Betrieb ist das Feld nicht durch ein Empfangsgerät abgeschirmt, weshalb man diesen Feldern hinsichtlich Immissionen und Expositionen besondere Beachtung schenken muss. Die Häufigkeit der Pulse variiert jedoch markant zwischen den Produkten verschiedener Hersteller. Im Gegensatz zu Qi lässt sich beim Airfuel-Standard ohne Empfänger weder im Zeit- noch im Frequenzbereich irgendein Magnetfeld messen.
Referenz
[1] Marco Zahner, Jürg Fröhlich, Gregor Dürrenberger, «Energieeffizienz und EMF-Immissionen von integrierten Induktionsladestationen – Schlussbericht», BFE, 2017.
Links
Literatur
- ICNIRP (1998). «Guidelines for limiting exposure to time-varying electric, magnetic, and electromagnetic fields (up to 300 GHz). International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection», Health Phys 74(4), 494–522.
- ICNIRP (2010). «Guidelines for limiting exposure to time-varying electric and magnetic fields (1 Hz to 100 kHz)», Health Phys 99(6), 818–836.
- Matthias B. Kremp, «Zum Aufladen bitte auflegen», Spiegel Online, 11.10.2017.
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