Fachartikel Infrastruktur , Mobilität

Schnell­lade­stationen im urbanen Raum

Herausforderungen und Lösungen

14.03.2025

Der zügige Ausbau der Lade­infra­struktur für Elektro­mobilität stellt insbeson­dere in urbanen Räumen eine Heraus­forde­rung dar. Schnell­lade­stationen sind stark von den Faktoren Planung, Bau und Betrieb abhängig. Dabei gibt es einige technische, regula­torische und infra­struk­turelle Hürden zu meistern.

Berücksichtigt man die Ergebnisse der Studie des Bundesamtes für Energie [1], die eine Zunahme der Elektro­fahr­zeuge bis 2035 prognostiziert, wird deutlich, dass der Druck auf die öffentliche Lade­infra­struktur zunehmen wird. Dies könnte in der Schweiz zu einer Zunahme von bis zu einer Million Fahrzeugen ohne private Lademöglichkeit führen. In diesem Kontext werden Schnell­lade­stationen mit Ladeleistungen von 300 kW oder mehr als essenzieller Bestandteil eines nachhaltigen Mobilitätskonzepts erachtet, insbesondere in der Schweiz, wo rund 60% der Bevölkerung zur Miete wohnen.

Im städtischen Kontext sehen sich Betreiber jedoch mit besonderen Heraus­forde­rungen konfrontiert. Neben den Platzverhältnissen und baulichen Einschränkungen sind auch infrastrukturelle und betriebliche Aspekte entscheidend. Im Vergleich zu Standorten an Autobahnen oder in ländlichen Regionen erfordert die Planung von urbanen Schnell­lade­stationen eine höhere Kompetenz, um den komplexen Anforderungen der Umgebung gerecht zu werden.

Ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung einer Schnell­lade­station trotz begrenztem Platzangebot ist die Station von Electra am Bucheggplatz in Zürich. Die Realisierung der Station erforderte die Entwicklung kreativer Lösungen, um sowohl die Zugänglichkeit für Nutzer sicherzustellen als auch eine optimale technische Integration in die bestehende Infrastruktur zu gewährleisten.

Electra ist ein europäischer Spezialist für das Schnellladen von Elektro­fahr­zeugen. Das Unternehmen ist in neun Ländern vertreten und betreibt ein Netzwerk von über 2000 Ladepunkten, das bis 2030 auf 15'000 anwachsen soll. In diesem Jahr will man in der Schweiz über 150 Schnell­lade­punkte errichten, bis 2027 sollen es über 600 sein.

Stadtflächen effizient nutzen

Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg von Schnell­lade­stationen ist die Standortwahl. Neben einer verkehrsgünstigen Lage ist bei innerstädtischen Ladepunkten auf eine gute Erreichbarkeit und ausreichend Platz für die Nutzerinnen und Nutzer zu achten. Diese Anforderungen stehen in urbanen Räumen jedoch häufig in Konkurrenz zu einer eingeschränkten Verfügbarkeit geeigneter Flächen. Neben der eigenen Suche nach geeigneten Standorten melden sich immer wieder potenzielle Partner, die über einen geeigneten Standort verfügen und daran interessiert sind, dort eine Ladestation zu realisieren.

Ein vielverspre­chender Ansatz ist die Umnutzung bestehender Parkflächen. Hierbei sind jedoch zusätzliche Anforde­rungen zu berücksichtigen, wie die Integration der Lade­infra­struktur in bestehende Gebäudestrukturen oder die Schaffung witterungs­geschützter Bereiche. In Tiefgaragen können beispielsweise die Statik und die Integration in die bestehende Elektrik zu Heraus­forde­rungen werden, während im Freien zusätzliche Massnahmen zum Schutz der elektrischen Anlagen erforderlich sind.

Auch die Dimensionierung der Ladeplätze ist wichtig. Schnell­lade­stationen benötigen mehr Platz als herkömmliche Parkplätze, um eine ausreichende Bewegungsfreiheit für die Nutzer zu gewährleisten. Im Idealfall wird bei der Planung der Stellplätze darauf geachtet, dass zusätzliche Ladepunkte einfach nachgerüstet werden können, um den zukünftigen Bedarf zu decken.

Regulatorische Vielschichtigkeit

Für den Bau von Schnell­lade­stationen in Städten müssen parallel zahlreiche Geneh­migungen eingeholt werden. Dazu zählen unter anderem Baubewilligungen, Anschluss­gesuche sowie, je nach Standort, zusätzliche Auflagen wie Massnahmen zum Schallschutz, zur Begrenzung von Licht­emissionen oder Denkmal­schutz­bestim­mungen. Die Genehmigung von Vorhaben stellt in der Schweiz eine besondere Heraus­forde­rung dar. Die föderalistische Struktur der Schweiz mit über 600 Verteilnetzbetreibern (Bild 1) und über 2100 Gemeinden führt dazu, dass jede Region eigene Anforderungen an den Bau von Schnell­lade­stationen und an Netzanschlüsse stellt, was den Prozess der Genehmigung erschwert.

Die Komplexität des Prozesses wird zusätzlich durch die Vielzahl der beteiligten Interessengruppen erhöht. So müssen neben den lokalen Behörden auch Grundstückseigentümer, Nachbarn und weitere Interessensgruppen in den Prozess eingebunden werden. Ein effizientes Projektmanagement und eine enge Abstimmung mit allen Beteiligten sind daher unerlässlich, um Projektverzögerungen zu vermeiden.

Leistung und Netzstabilität im Fokus

Eine der grössten technischen Heraus­forde­rungen bei der Realisierung von Schnell­lade­stationen in Städten ist die Sicherstellung einer ausreichenden Stromversorgung. Im urbanen Raum werden diese oft in bestehende Gebäude integriert, was eine genaue Analyse der verfügbaren Kapazitäten erfordert. Am Bucheggplatz in Zürich wurde der bestehende Netzanschluss zum Gebäude erweitert und ein separater Abgang für die Schnell­lade­station von Electra mit 440 kW geschaffen. So wurde sichergestellt, dass der Gleichzeitigkeitsfaktor an der Station stets 100% beträgt. Dies bedeutet, dass immer die maximale Leistung von 400 kW zur Verfügung steht, die entweder von einem Fahrzeug alleine genutzt oder auf zwei gleichzeitig ladende Fahrzeuge aufgeteilt werden kann.

Wenn die verfügbaren Kapazitäten nicht ausreichen, müssen alternative Lösungen entwickelt werden. Zu den Lösungsansätzen zählen der Ausbau von Umspannwerken, die Installation von Hoch­leistungs­batterien zur Abdeckung von Leistungs­spitzen sowie die Imple­mentierung eines dynamischen Last­manage­ments. Diese Technologien gewährleisten nicht nur eine stabile Energie­ver­sor­gung, sondern können durch den Ausgleich von Verbrauchs­schwan­kungen auch zur Netzstabilität beitragen.

Darüber hinaus erfordert die Planung der elektrischen Infrastruktur eine präzise Untersuchung der unterirdischen Gegebenheiten. Alte Pläne weichen häufig von der tatsächlichen Lage von Versorgungs­leitungen und anderen Infra­strukturen ab. Unter Umständen sind deshalb während der Bauphase zusätzliche Abstimmungen und Anpassungen erforderlich.

Präzision und Logistik in der Bauphase

Die Bauphase stellt eine weitere Heraus­forde­rung dar, insbesondere in dicht besiedelten Gebieten. Neben den technischen Anforde­rungen an die Installation der Lade­infra­struktur müssen auch logistische Aspekte berücksichtigt werden. Dazu zählt beispiels­weise die Sicherstellung eines reibungs­losen Verkehrs­flusses während der Bauarbeiten, bei denen spezielle Verkehrs­führungen eingerichtet werden, um die Auswir­kungen auf den täglichen Verkehr zu minimieren. Zusätzliche Komplexität ergibt sich auch bei der Realisierung des Netz­anschlusses. So müssen für die Installation jeweils ein oder mehrere Gebäude kurzzeitig vom Netz genommen werden, was bei laufendem Betrieb oft nur an Sonntagen möglich ist. So auch bei der Electra-Anlage am Bucheggplatz in Zürich, wo der temporäre Strom­unterbruch mit mehr als sechs verschiedenen Akteuren koordiniert werden musste.

Die Installation von Transformatoren, Kabeltrassen und weiterer Komponenten muss präzise mit der bestehenden Infrastruktur abgestimmt werden. In gewissen Fällen ist eine dezentrale Unterbringung erforderlich, um den begrenzten Platz oberirdisch möglichst effizient zu nutzen.

Am Bucheggplatz war es zudem aufgrund der bestehenden Unter­grund­verhältnisse nicht möglich, allzu tief in den Untergrund vorzudringen, und es waren bereits viele bestehende Kabel- und Rohrtrassen im Baubereich vorhanden. Auch aus diesem Grund kamen am Bucheggplatz Spezialrohre und -kabel zum Einsatz (Bild 2). Diese Massnahmen erhöhen die Komplexität der Bauarbeiten, sind aber für die Erfüllung der technischen Anforderungen unerlässlich.

Sicherstellung der Verfügbarkeit

Nach der Inbetriebnahme ist es essenziell, eine Verfügbarkeit von über 99% und Benutzerfreundlichkeit sicherzustellen. Im urbanen Kontext manifestieren sich jedoch oft Problematiken, wie die sogenannte «Ladeplatzbesetzung» (Englisch: «squatting») durch Fahrzeuge, die den Parkplatz besetzen, ohne zu laden. Dies bedingt die Implementierung gezielter Massnahmen, wie beispielsweise die Einführung einer eindeutigen Signalisierung vor Ort (z.B. «nur Elektro­fahr­zeuge während Ladevorgang») sowie die Etablierung effektiver Kontrollsysteme.

Die Nutzung intelligenter Technologien, beispielsweise zur Überwachung des Ladeverhaltens und zur Steuerung der Kapazitäten, optimiert den Betrieb und steigert die Effizienz der Anlagen. Gleichzeitig generieren urbane Schnell­lade­stationen durch ihre zentrale Lage einen Mehrwert für Anwohner und Gewerbetreibende, indem sie zusätzliche Besucherfrequenz und ökonomische Vorteile generieren.

Technische Expertise und innovative Ansätze

Die Planung und Realisierung von Schnell­lade­stationen (Bild 3) in städtischen Gebieten erfordert eine Kombination aus technischer Expertise, organisatorischem Geschick sowie einer engen Zusammenarbeit mit lokalen Partnern. Um die Heraus­forde­rungen zu meistern, die sich aus den wenigen und begrenzten verfügbaren Flächen, den regulatorischen Anforderungen sowie der Sicherstellung einer stabilen Stromversorgung ergeben, braucht es innovative Ansätze. Die erfolgreiche Umsetzung dieser Projekte kann durch einen ganzheitlichen Ansatz und flexible Lösungen gewährleistet werden.

Referenz

[1] Silvan Rosser, Lukas Lanz, Peter de Haan, Verständnis Lade­infra­struktur 2050 – Wie lädt die Schweiz in Zukunft?, BFE, 2023.

Link

www.go-electra.com/de

Autor
Yannic Hofmann

ist Project Manager bei Electra Schweiz.

  • Electra Schweiz, 8001 Zürich

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