Fachartikel Erneuerbare Energien

Holzvergasung – alte Technik neu entdeckt

Nachhaltigkeit

24.04.2019

Besteht die Zukunft der Wärme- und Strom­versor­gung aus Holz? Diese Frage kann zwar verneint werden, aber Experten geben sich optimistisch, dass sich Holz zu einer viel­verspre­chenden erneuerbaren Energiequelle entwickeln wird, auch dank der Holz­verga­sung. Wie funktioniert diese Techno­logie und wo steht die Schweiz in Bezug auf die Entwicklung von Holz­vergasungs­projekten?

Im Rahmen des Klimaschutzes werden grosse Anstrengungen unternommen, um Alternativen zu nicht erneuerbaren Energien zu finden. Lange Zeit geschah dies vor allem durch die Förderung der Wasser- und Windkraft sowie der Solarenergie. Die Holzvergasung, welche vor rund 20 Jahren in Deutschland wiederentdeckt wurde, ist auch eine solche nachhaltige Technologie. Sie wird aber noch vergleichsweise selten genutzt.

Denkt man an Holz als Energieträger, kommt einem als Erstes Feuer in den Sinn. Die Idee, mit Holz Wärme zu erzeugen, ist so alt wie die Menschheit selbst. Wer bisher mit Holz Strom erzeugen wollte, musste in ein Dampfkraftwerk investieren. Durch Verbrennung von Biomasse entsteht Wasserdampf, der eine Turbine antreibt. Der Wirkungsgrad einer solchen Anlage ist jedoch erst zufriedenstellend ab einer Leistung von einigen Megawatt.

Die Technik der Holzvergasung ist kein neues Verfahren, neu ist hingegen ihre Nutzung in Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK), die Wärme und Strom produzieren. WKK-Anlagen wurden bisher meist mit Erdgas oder Biogas betrieben. Holzvergasungs- WKK werden mit einem regional verfügbaren, nachwachsenden Brennstoff gespeist. Sie leisten somit einen Beitrag zur dezentralen Energieversorgung aus einer erneuerbaren Quelle. Die Holzvergasung ermöglicht die effiziente Erzeugung von Energie aus Holz auch in kleinem Massstab, ohne dass dafür ein grosses Kraftwerk notwendig ist. Dies erhöht die wirtschaftliche Attraktivität des klimafreundlichen Brennstoffs Holz.

Der Energieträger Holz liegt schon seit Längerem im Trend, man denke nur an seine Nutzung in modernen Pellet­öfen oder Holzschnitzelanlagen. Die Holzvergasung, die lange Zeit an «Kinderkrankheiten» bzw. einem schlechten Image litt, sei bereit für die praktische Anwendung, dies die Überzeugung vieler Experten. Davon zeugen auch die 800 kleinen und grossen Anlagen (Stand 2016), die inzwischen in Europa zu finden sind.

Geschichte

Die Holzvergasung ist eine rund 150 Jahre alte Technologie. Die ersten Versuche, aus Kohle ein brennbares Gas zu erzeugen, reichen bereits ins 17. Jahrhundert zurück. In der Industrie kamen seit 1880 immer mehr mit Holz betriebene Gasmotoren zum Einsatz, die jedoch bald durch Dampfmaschinen ersetzt wurden. Holzvergaser dienten auch als alternativer Antrieb von Fahrzeugen, die insbesondere während des Zweiten Weltkriegs infolge Benzinmangels auf Schweizer Strassen unterwegs waren (Einstiegsbild: Adler Diplomat 3 GS mit Holzgasgenerator. Bild: Mattes). Aufgrund der erheblichen Belastung der Luft mit Abgasen und der aufwendigen Wartung hat sich dieser Antriebstyp nicht durchgesetzt. Nicht zuletzt waren solche Fahrzeuge sehr langsam. Als die Treibstoffrationierung in der Nachkriegszeit wieder aufgehoben wurde, geriet die Technologie schnell in Vergessenheit.

Technologie

Holz wird am häufigsten mittels Verbrennung zu Wärme verwertet. Will man mit Holz mechanische oder elek­trische Energie erzeugen, braucht es zusätzlich zur Verbrennung weitere technische Schritte. Diese Kombination verschiedener Verfahren wird als Kraft-Wärme-Kopplung bezeichnet, die bei der Holzvergasung wie folgt abläuft:

  • Die Brennstoffaufbereitung umfasst das Zerkleinern und die Trocknung der Biomasse.
  • Bei der eigentlichen Holzvergasung wird Holz durch das thermochemische Verfahren der Teilverbrennung mit geringer Luftzufuhr in ein brennbares Gas umgewandelt. Diese Umwandlung mittels Pyrolysereaktionen findet im Reaktor (Vergasungsinsel) statt und durchläuft vier temperaturabhängige Phasen.
  • Im Blockheizkraftwerk (BHKW) treibt das gereinigte Produktgas einen Gasmotor an. Während die mechanische Energie des Motors mit einem Generator in Strom umgewandelt wird, wird seine Abwärme mittels Wärmetauschern in einen Wärmeverbund eingespeist.

 

Das produzierte Gas setzt sich im Durchschnitt aus folgenden Hauptkomponenten zusammen: Stickstoff (45%), Kohlenmonoxid (20%), Kohlendioxid (13%), Wasserstoff (20%) und Methan (2%). Methan und Kohlenmonoxid machen das Gas brennbar. Ein Teil des Holzes wird in Kohle umgewandelt, die als Brennmittel für eine nochmalige Vergasung genutzt werden kann. Neben dem Hauptprodukt Gas stösst der Vergasungsreaktor auch unerwünschte Nebenprodukte – Russ, Asche und Teer – aus. Insbesondere wegen der starken Teerbildung galt die Holzvergasung lange als umweltschädigend. Neue Verfahren ermöglichen es, den Ausstoss der krebserregenden Substanzen Benzol und Teer zu minimieren.

Wirtschaftlichkeit

Die Nutzungsmöglichkeiten des Energieträgers Holz erhöhen sich dank der Holzvergasung, denn das Gas lässt sich flexibel nutzen. Es dient nicht nur der Strom- und Wärmeerzeugung, sondern auch der Produktion von künstlichem Erdgas, Wasserstoff, Treibstoff oder Chemikalien.

Für Bezüger mit einem hohen ganzjährigen Wärmebedarf wie Gemeinden, Städte und Wärmeverbünde lohnt sich die Investition in eine Holzvergasungsanlage. Es gibt jedoch nicht überall genügend Abnehmer für die Wärme, da viele Wärmenetze zu klein sind. Dies setzt der Holzenergie Grenzen.

Gemäss einer BFE-Studie aus dem Jahr 2013 lohne sich die Holzvergasung vor allem für kleinere und mittlere Anlagen bis 2,5 GWh jährlich. Bei höheren Leistungen sei die Strom- und Wärmeerzeugung mittels Holzverbrennung zu bevorzugen. Auf dem Areal der Zuckerfabrik Aarberg etwa könnten 70000 t Altholz im neu entstehenden, schweizweit grössten Holzkraftwerk mittels Verbrennung verwertet werden. Ob eine Holzvergasungs- oder Holzverbrennungsanlage sich wirtschaftlich lohnt, hängt schliesslich von zwei Faktoren ab: von der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) für den Strom und von der Vermarktung der Wärme.

Holzkraftwerke in der Schweiz

Holz steuert nur etwa 4,4% zur Energieversorgung der Schweiz bei. Dieser Anteil könnte nach neusten Schätzungen auf 7% erhöht werden. Eine stärkere Nutzung lohnt sich nicht nur finanziell, sondern würde auch zur Verminderung der Treibhausgase beitragen. In der Schweiz fallen zudem pro Jahr rund 900 000 t Altholz an, von denen die Hälfte exportiert wird. Altholz in grösseren Mengen wird z. B. bei den SBB und der BLS in Form von ausrangierten Bahnschwellen entsorgt.

Sieben Holzvergasungsanlagen sind seit 2016 in der Schweiz in Betrieb. Die 2008 in Betrieb genommene Grossanlage in Stans nutzt 8000 t Bauabrissholz und produziert 1,2 MW / 5,6 GWh elektrischen Strom resp. 1,5 MW / 10,2 GWh Wärme während 8000 Betriebsstunden pro Jahr. Dies entspricht Strom für ca. 1000 und Wärme für 700 Einfamilienhäuser. In Stans wird ein Wirkungsgrad von 25% bis 30% bei Strom und von 40% bis 50% bei der Wärme erzielt. Indem die Restenergie auch zur Holztrocknung eingesetzt wird, ergibt dies einen hohen Gesamtwirkungsgrad von 80% bis 90%. Allerdings lohnt sich bis dato der Betrieb trotz zufriedenstellender Leistungen nicht, denn eine so komplexe Anlage erfordert einen beträchtlichen Wartungs- und Personalaufwand.

In Rheinfelden steht auf dem Areal der Schweizer Salinen AG das von der AEW Energie AG betriebene erste Biomasse-Blockheizkraftwerk mit Holzpellets in der Schweiz. Es produziert seit Anfang 2018 Strom und Wärme für rund 270 Haushaltungen.

In der Schweiz sind somit nur wenige Holzvergaser in Betrieb. In Deutschland hingegen wurde bis vor Kurzem die Stromproduktion aus Biomasse massiv subventioniert. Mehrere Hundert Anlagen wurden dort installiert. Seitdem die Förderung reduziert wurde, brach die Anzahl Neuinstallationen ein.

Zukunft

Auch wenn die Holzvergasung als eine in der Praxis etablierte Technik der Strom- und Wärme­erzeugung bezeichnet werden kann, gibt es noch Optimie­rungs­potenzial. Eine Verbesserung des Holzverga­sungs­prozesses, z. B. bezüglich des Schadstoff­ausstosses, hat sich auch das 2013 gegründete und gemeinsam vom Paul-Scherrer-Institut und der Fachhoch­schule Nordwest­schweiz getragene Institut für Biomasse und Ressourcen­effizienz auf die Fahne geschrieben, wo zu diesem Thema geforscht wird.

Die Holzvergasung alleine stellt nicht die zukünftige Strom­versorgung sicher, aber sie kann eine sinnvolle Ergänzung zu weiteren strom­erzeugenden Verfahren aus erneuer­baren Energie­quellen sein. Gerade für die Versorgungs­sicher­heit unserer Energie­systeme, die zunehmend auf der wetter­abhängigen Wind- und Sonnenenergie basieren, braucht es witterungs­unabhängige Erzeugungs­anlagen wie die Holzvergasung und -verbrennung. Die Strom-Eigen­versorgung könnte beispiels­weise auf einer Kombi­nation aus Sonnen- und Holzenergie beruhen. Falls die Photo­voltaik zur Strom­versorgung nicht ausreicht, kommt subsidiär die Holzvergasung zum Zug.

Fazit

Will man mit Holz Strom erzeugen, so stehen grundsätzlich zwei Technologien zur Auswahl, der Gas- und der Dampfprozess mittels Verbrennung. Während ersterer mit einem höheren Wirkungsgrad und geringeren Kosten punktet, lohne sich die Holzverbrennung gemäss einer BFE-Studie vor allem für grössere Anlagen wie auf dem Areal der Zuckerfabrik Aarberg (jährlich über 2,5 GWh). Die Holzvergasung und die Holzverbrennung könnten der sinnvollen Verwertung der immerhin 450’000 t Schweizer Altholz dienen, die momentan ins Ausland exportiert werden. Heute lohnen sich Holzverbrennungs- und Holzvergasungsanlagen allerdings nur, wenn ein Abnehmer für die produzierte Wärme gefunden werden kann. Dies ist nicht überall der Fall.

Die Holzvergasung hat sich in den letzten Jahren zu einer ressourceneffizienten Methode der Strom- und Wärmeerzeugung entwickelt, die ihre Praxistauglichkeit bereits in 800 Anlagen in Europa bewiesen hat. Ob sich diese Technologie jedoch breit durchsetzen wird, bleibt noch abzuwarten. Dies wäre wünschenswert, da sich so das bisher ungenutzte Energiepotenzial von Holz für Wärme und Strom noch nachhaltiger nutzen liesse.

Autor
Peter Bryner

ist dipl. Elektroinstallateur und MAS FHNW Energieexperte.

  • Electrosuisse
    8320 Fehraltorf

Kommentare

Pierre-Andre Liechti,

Ihr sehr interessanter Bericht erwähnt eigentlich nur Altholz als Energiequelle. Basierend auf Informationen, welche ich von einem pensioniertem Forstingenieur, mit wem ich mich wöchentlich unterhalte, erhalten habe und auch in der Literatur zu finden ist, produziert unser Schweizer Wald durch sein jährliches Wachstum soviel Restholz, also Holz, welches einfach liegen bleibt, weil weder der Wald selber noch die Industrie es brauchen, welches durch Vergasung oder Verbrennung soviel Energie produzieren würde, um bis zu 80 % von Russischen Gas, welches wir jährlich importieren, zu ersetzen.
Laut einem Spezialisten, mit dieser Tatsache vertraut, existieren die technischen Mittel, um dieses Restholz in unseren Wäldern, auch in den höheren Stellen zu sammeln.
Ich verstehe nicht, warum weder die Politik noch die Medien sich mit dieser Sache auseinandersetzen.

Johann leitl,

Leider stimmt die Rechnung nicht ganz!
Wenn man die Wartung der Anlage mit einrechnet kommt man auf maximal 70% Wirkungsgrad.
Zu bedenken ist auch das mit fossilen Treibstoff das Holz geerntet wird, aufbereitet wird, somit ist nochmals eine Minderung zu berücksichtigen.
Die Sonne scheint genug um die Wärme für die Haushalte in ausreichender Menge bereitzustellen. Solche Anlagen laufen mit geringer stromaufnahme und erzeugen kein co2 was bei holzvergaser in genügender Menge anfällt.
Den überschüssigen Strom aus Solarenergie zu nutzen, um hier Wasserstoff zu erzeugen, diesen dann mit dem co2 zu verbinden, ist gleich Methan, und das könnte man ins erdgasnetz einspeisen oder auch in den gasspeichern einlagern.
Solaranlagen benötigen fast keine Wartung, sind auch nach dreißig oder vierzig Jahren noch leistungsfähig und somit fällt keine Asche Teer oder sonstige giftigen Abfälle an, wie bei holzgasanlagen.
Module die weniger Leistung bringen sind ja nicht defekt, somit lässt sich ja trotz allem immer noch Strom produzieren und hier ist der Wirkungsgrad Nebensache, da man keine fossile Energie mehr benötigt solange die Anlage läuft.
Das mit dem Holz ist viel aus der Fantasie oder Vergangenheit hergeleitet, die Meinungen die hier umgehen mit dem Zuwachs und Überschuss .
Es wächst bei weitem nicht mehr das nach was weltweit verbraucht wird.
Wir haben Heizkraftwerke die mit hackschnitzel betrieben werden, wir haben Pelletsfabriken die häckseln ganze Bäume um daraus Pellets herzustellen und wir haben das Baumsterben, dass wird noch das größte übel der Menschheit werden.
Also lassen wir die Bäume wachsen und bekommen dadurch unser Trinkwasser und unseren Sauerstoff zum Leben.
Die restliche Energie nehmen wir aus der Sonne und dem Wind.

Bitte rechnen Sie 7 plus 7.