Fachartikel Beleuchtung , Infrastruktur , IT für EVU

Digitale Betriebsführung

Die öffentliche Beleuchtung in Delémont als Beispiel

06.11.2018

Die digitale Vernetzung der öffentlichen Beleuchtung schreitet schnell voran. Moderne Lichtmanagementsysteme bieten die Möglichkeit, neben bedarfsgerechter Lichtsteuerung auch die Betriebsführung effizienter und transparenter zu gestalten.

Die Digitalisierung nimmt bei der Sanierung von Beleuchtungs­infra­strukturen eine zentrale Rolle ein. Im Zuge der Umrüstung auf die langlebige LED-Technologie befassen sich Entscheidungs­träger mit der Vernetzung von Leuchten und innovativen Licht­manage­ment­systemen, mit dem Ziel, Technologie zur effizienten Steuerung und Verwaltung der Strassen­beleuchtung einzusetzen. Die Energiestadt Delémont setzte sich bei der Planung der Sanierung ihrer Beleuchtungs­infra­struktur mit den neuen Möglich­keiten auseinander. Im Projekt «Voie Lactée» wird mehr als die Hälfte der Strassen­beleuchtung erneuert. Bis 2019 werden 1600 vernetzte LED-Leuchten etappenweise installiert. Angesichts des umfangreichen Projekts nutzte Delémont die Gelegenheit, die Beleuchtungs­infrastruktur zusätzlich mit einem passenden Licht­mana­gement­system zu ergänzen, wie Julien Lucchina, Leiter Stromnetz SID (Services industriels de Delémont), berichtet. Dabei setzt Delémont mit der Software CityTouch auf die neuste Generation: Telemanagement und Betriebs­mittel­management werden auf einer zentralen Plattform zusammengeführt. So können Synergien genutzt und die Verwaltung vereinfacht werden.

Integration der Bestandsdaten und Visualisierung

Die Implementierung eines Lichtmanagementsystems setzt die Zusammenführung aller Bestandsdaten in der Software voraus. Einzelne Lichtpunktinformationen können durch die offenen Schnittstellen der Software aus unterschiedlichen Quellen wie einem bestehenden GIS-System, einer SQL-Datenbank oder einem Excel-Dokument importiert werden. In der Regel sind Grundinformationen, wie die Geo-Koordinaten, Kandelabernummer, Lichtpunkthöhe und Leuchtentyp bereits in einer Datenbank digital vorhanden. Zusätzliche Daten, wie Einspeisepunkt (Verteilkabine), Absicherung (Sicherungselement), Leuchten-Con­troller sowie Detailinformationen zu Mast- und Leuchtentyp werden von Betreibern oft in einer separaten Excel-Liste gepflegt. Die Ausgangslage in Delémont war dank der umfassenden Datenbasis optimal. Bei der Umstellung auf CityTouch konnten die bereits vorhandenen, umfangreichen Lichtpunktinformationen auf einfache Weise integriert werden.

Erhöhung der Datenqualität

In Gemeinden und Städten ohne umfangreiche Datenbank stehen zur Vervollständigung der Bestandsdaten verschiedene Optionen zur Verfügung. Die Lichtpunktinformationen können manuell mittels mobilem Erfassungstool detailliert erfasst oder ergänzt werden. Die vorgefertigte Katalogfunktion der Anwendung mit kundenspezifischer Dropdown-Auswahl vereinfacht diesen Prozess.

Alternativ kann eine mobile Lichtmessung mit einem Erfassungssystem, wie LimeCam durchgeführt werden. Diese neue Lichtmesstechnik eignet sich insbesondere für die initiale Bestandesaufnahme. Die Messung erfolgt im laufenden Verkehr, wobei die Messelektronik direkt auf einem gewöhnlichen PW montiert wird. Im Vergleich zu konventionellen, aufwendigen Methoden ermöglicht die mobile Lichtmessung eine grossflächige, effiziente Datenerhebung von bis zu 200 Lichtpunkten pro Stunde. Die wichtigsten lichttechnischen Merkmale, wie Beleuchtungsstärkeverteilung, GPS-Koordinaten und Lichtpunkthöhe sämtlicher Leuchten werden in einer Durchfahrt effizient erfasst.

Transparentere Daten

Die importierten Daten werden in der kartenbasierten Software visualisiert. Durch die erfassten Geo-Koordinaten erscheinen die Leuchten automatisch an der korrekten Position. Die einzelnen Lichtpunktinformationen dienen dabei als Attribute für die Visualisierung, denn sie ermöglichen nützliche Darstellungen – zum Beispiel nach Leuchtentyp, Einspeisepunkt oder hinterlegtem Dimmprofil.

Die Anzahl der hinterlegten Attribute ist projektspezifisch und kann individuell vom Betreiber festgelegt werden. Die Attribute-Struktur kann bei Bedarf flexibel neuen Anforderungen angepasst werden. Die Auswertung des Attributes «Telemanagement» ermöglicht eine übersichtliche Darstellung der Sanierungfortschritte ohne administrativen Aufwand. So erhöht die Visualisierung nach bestimmten Kriterien die Datentransparenz.

Vernetzung bietet erweiterte Funktionalität

Neben der bestehenden Infrastruktur werden in Delémont auch die neuen, vernetzten Leuchten im Lichtmana­gement­system verwaltet. Die Kompatibilität der Software mit Leuchten ohne Tele­management (sogenannte passive Leuchten) und vernetzten Leuchten war deshalb bei der Wahl Voraussetzung.

Im Vergleich zum Datenimport bei passiven Bestands­leuchten koppeln sich vernetzte Leuchten umgehend nach Inbetriebnahme mit der ­Software. Nach der Plug-and-Play-Installation übermitteln die Leuchten automatisch sämtliche Leuchten­informationen und täglich weitere Betriebsdaten, wie Energieverbrauch zur Erfassung der Energiekosten, die Betriebs­stunden für eine effiziente Wartungsplanung und Störungsmeldungen. Diese erweiterten Funktionalitäten eröffnen neue Möglichkeiten im Betriebsmittelmanagement: Lucchina sieht hierin grosses Potenzial zur Effizienz­steigerung der Betriebsführung und plant, die internen Abläufe dahingehend anzupassen.

Wie Delémont befinden sich viele Gemeinden und Städte mitten in der Sanierung der Strassen­beleuchtung und betreiben passive und vernetzte Leuchten. Um die umfang­reichen Funktiona­litäten vernetzter Leuchten für die gesamte Beleuchtungs­infrastruktur nutzen zu können, ohne alle Leuchten zu ersetzen, bietet die Software zwei Möglichkeiten. Zum einen können externe Lichtcontroller mit der Dali-Schnittstelle der Leuchte verbunden und bestehende LED-Leuchten damit integriert werden. Zum anderen können bestehende Rundsteuer­empfänger mit der CityTouch-Schaltschrank-Steuerung ersetzt und danach ganze Leuchten­stränge geschaltet werden. In Delémont wurden diese Optionen zunächst nicht genutzt, da sich die Stadt für eine umfassende Sanierung entschieden hat.

Mehrwert im Betriebsalltag

Im Alltag beschäftigen sich die Betreiber öffentlicher Beleuchtungen wie die SID in Delémont insbesondere mit der Instandhaltung, Störungsbehebungen und periodischen Kontrollen. Die konzentrierte, vollständige Darstellung aller Lichtpunktinformationen vereinfacht den Betriebsalltag, wie Lucchina erzählt. Im digitalen Betriebs­management­system wird die Planung und Dokumentation von allen anfallenden Arbeiten in einer zentralen Software aufgeführt. Die Betreiber können einzelne Aufgaben oder ganze Arbeitsabläufe erfassen und zeitlich planen.

Wie Julien Lucchina erläutert, eignet sich die Software auch hervorragend, um Meldungen von Gerätefehlverhalten passiver Leuchten zu bearbeiten. Gerade bei sicherheits­relevanten Themen, wie der Abwicklung von Störungs­meldungen kann eine digitale Dokumentation für mehr Transparenz und eine kürzere Reaktionszeit sorgen.

Die Erfassung des Ausfalls einer passiven Leuchte erfolgt direkt in CityTouch beim entsprechenden Lichtpunkt. Die SID kann im System die auszuführende Massnahme oder den Reparaturauftrag erfassen und einem Monteur oder Installateur zuweisen. Der Monteur arbeitet unterwegs mit der intuitiven Mobile-App, die einen Überblick über alle zugeteilten Aufgaben bietet. Nach erfolgreicher Erledigung wird direkt über die App rapportiert, was Lucchina als Leiter Stromnetz besonders schätzt. Handschriftliche Laufzettel und Berichte erübrigen sich. Gleichzeitig steigt durch den kontinuierlichen Informationsaustausch auf einer gemeinsamen Plattform die Datenqualität und -transparenz. Der Betreiber kann den Status der zu erledigenden Aufgaben jederzeit einsehen und hat eine komplette Historie aller Arbeitsabläufe. Redundante Datenströme können vermieden und die Effizienz gesteigert werden.

Wie sich im Projekt Delémont gezeigt hat, konnte durch die Digitalisierung der Betriebsführung die Verwaltung einzelner Aufgabenbereiche vereinfacht werden. Auch periodische Kon­trollen können bereits im Voraus geplant und die entsprechenden Personalressourcen zugeteilt werden. Als Kon­trollinstrument sowie als Übersicht für potenzielle Sanierungsmassnahmen dienen die vielfältigen Auswertungsmöglichkeiten in Form von Berichten und Rapporten. Aufwendige Inventarauflistungen entfallen. So können beispielsweise die Leuchten nach Nutzungsdauer aufgelistet oder abgebildet werden, um anstehende Sanierungen frühzeitig zu planen und zu budgetieren.

Fazit

Der Einsatz einer zentralen Software für die Steuerung, Verwaltung und In­stand­haltung der gesamten Beleuchtungs­infrastruktur vereinfacht die Prozesse und bietet einen aussage­kräftigen Überblick über den Zustand der Strassenbeleuchtung. Julien Lucchina, Leiter Stromnetz SID, erkannte dieses Potenzial und sieht in der Integration der öffentlichen Beleuchtungs­infrastruktur ins «Internet der Dinge» eine grosse Chance. Die flexible Softwarelösung bietet in diesem dynamischen Umfeld mit kontinuierlich steigenden Anforderungen die notwendige technologische Flexibilität.

In Delémont werden die umfang­reichen Funktio­nalitäten von CityTouch noch nicht vollständig ausge­schöpft, berichtet Lucchina. Trotzdem profitiert die Energiestadt bereits heute von optimierten, vereinfachten Prozess­abläufen und den qualitativ hochwertigen Informationen und Auswertungen, die das System liefert. Durch die konsolidierte Darstellung aller relevanten Betriebsdaten können Synergien genutzt und Redundanzen vermieden werden. Die lückenlose Historie aller Tätigkeiten und Änderungen führt dabei nachhaltig zu einer Erhöhung der Datentransparenz.

Autor
Daniel Otter

ist Leiter Produktmanagement Licht.

  • Elektron AG
    8804 Au (ZH)

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