Wärmepumpen und Solarenergie
Effiziente Heizsysteme
Die Sonne liefert uns gratis Energie. Lässt sich damit die Heizung optimieren? Heute werden meist Anlagen mit Wärmepumpe installiert, die sich recht einfach mit Photovoltaik oder Solarthermie kombinieren lassen.
Durch die Verbreitung der Photovoltaik-Anlagen verbinden immer mehr Hausbesitzer die Solaranlage mit der Wärmepumpe, um den eigenen Strom zu verbrauchen. Die Solarenergie lässt sich auch thermisch nutzen: Wird im Sommer mit Solarthermie die Erdsonde regeneriert, profitiert die Wärmepumpe im Winter von den warmen Temperaturen und läuft effizienter.
Strom aus der PV-Anlage
Moderne Wärmepumpen haben eine Schnittstelle, über die die PV-Anlage mitteilen kann, dass die Sonne scheint und es von Vorteil wäre, die Heizung einzuschalten. So wird das Warmwasser für die Dusche neu über Mittag bei Sonnenschein mit dem eigenen Strom erhitzt und nicht mehr in der Nacht bei Niedertarif aus dem Netz. Rainer Gutensohn, Produktmanager für Wärmepumpen bei Viessmann, sagt, dass bei gut 10% der neuen Anlagen bereits heute die Wärmepumpe mit einer PV-Anlage kombiniert wird. «Der Preis von PV-Anlagen sinkt von Jahr zu Jahr und die Technologie ist in aller Munde», sagt Gutensohn. Seit dem 1. Januar 2018 ist zudem der Eigenverbrauch des Stroms nach dem Energiegesetz explizit erlaubt. Davor hing es vom lokalen Energieversorger ab, ob er den Eigenverbrauch tolerierte.
Wärme speichern
Wer eine Wärmepumpe mit Erdsonde hat, kann die Solarenergie saisonal im Boden speichern. Die Effizienz einer Wärmepumpe wird mit dem Coefficient Of Performance (COP) angegeben, auf Deutsch «Leistungszahl». Eine gute Wärmepumpe hat beispielsweise einen COP von 3,9 bei einer Soletemperatur von 2°C in der Erdsonde und einer Vorlauf-/Warmwassertemperatur von 45°C. Das bedeutet, dass mit 1 kW Strom 3,9 kW Wärme produziert werden können. Bleibt die Sole nun dank Regeneration 7°C warm – nahe der unbeeinflussten Temperatur des Erdreichs von 10°C, liegt die Leistungszahl bei 4,4. Die Wärmepumpe gibt mit gleich viel Strom 13% mehr Wärme ab.
In der Praxis wichtiger ist die Jahresarbeitszahl – quasi der COP für die ganze Heizungsanlage.[1] Hier wird berücksichtigt, dass sich die Temperaturen der Erdsonde und die benötigten Vorlauftemperaturen der Heizung übers Jahr verändern. Typische Jahresarbeitszahlen liegen laut Michael Geissbühler, Geschäftsführer von PVT Solar, bei knapp 4 für eine gute Erdwärmesondenheizung und bei Werten zwischen 4 und 5 für Anlagen mit regenerierten Erdsonden oder andern saisonalen Speichersystemen (wo Erdsonden nicht erlaubt sind, bieten sich Erdregister oder Eisspeicher als Alternativen an).
Forschungstagung 2015
Die Idee, Wärmepumpen mit Solarenergie zu kombinieren, gibt es schon länger. Bereits 2015 war dies ein Schwerpunkt an der jährlich vom Bundesamt für Energie (BFE) veranstalteten Wärmepumpen-Forschungstagung. Mittlerweile bieten alle Hersteller entsprechende Geräte an, um entweder die Erdsonde zu regenerieren oder PV-Strom zu nutzen. Robert Diana, beim Verband Suissetec Leiter des Fachbereichs Heizung, sagt, dass die Kunden bereit sind: «Viele Bauherren wünschen sich, die Wärmepumpe mit Solarthermie oder Photovoltaik zu kombinieren.» René Naef, Ingenieur und Planer für Haustechnik mit Schwerpunkt Solarenergie, bestätigt dies: «Die Bauherren investieren gerne in Heizungsanlagen, die Solarenergie nutzen.» Die Leute wollen nicht nur umweltbewusst leben, sondern dies auch zeigen. Da sei es schon attraktiv, dass man die Solaranlage von aussen sehe. Und es sei nicht mehr wie vor zehn Jahren, als Wärmepumpen und Solarthermie Konkurrenten waren: «Heute sind die beiden Technologien verheiratet. Sie ergänzen sich gut.»
«Nicht zu viel erwarten!»
Sowohl Naef als auch Diana warnen aber vor übertriebenen Erwartungen: «Technisch und regulatorisch muss man einige Dinge beachten», sagt Diana. So sei beispielsweise der Spielraum, in dem das Erdreich bewirtschaftet werden könne, relativ klein. Die PE-Leitungen der Erdsonde dürfen wegen des Materials nur bis ca. 40°C erhitzt werden. Auch der Eigenverbrauch der PV-Anlage kann nicht beliebig gesteigert werden. In der 2019 publizierten Studie «Lewasef» [2] haben Ralf Dott und sein Team an der FHNW Muttenz die Kombination von Wärmepumpen und Solarenergie im Labor getestet. Wenn der Überschuss der PV-Anlage in den Warmwasserspeicher und in die Fussbodenheizung geleitet wird, steigert sich der Eigendeckungsgrad der getesteten Anlage von 47 auf 50%.
Wie gut sich der Überschuss speichern lässt, kommt darauf an, wie die Gebäudehülle isoliert ist: Während die Heizung bei einer durchschnittlichen Dämmung acht Wärmezyklen im Tag durchläuft, sind es bei einer guten Dämmung nur zwei Ladezyklen. Das bedeutet, dass die Steuerung eines gut gedämmten Gebäudes deutlich mehr Freiheiten hat, Heizzyklen auf Zeiten mit PV-Überschuss zu verschieben. Robert Diana von Suissetec ist skeptisch, ob es praktikabel ist, den Beton vom Gebäude als Speicher zu nutzen: «Gerade bei einem gut gedämmten Minergie-Haus bringt man die Wärme kaum mehr heraus.» Naef sagt, dass mit zusätzlichen Wasserspeichern die Wärme vom Tag für die Nacht gespeichert werden könne. «Bei Häusern mit Fussbodenheizung kann die Wärme durch leichte Überhöhung der Raumtemperatur im Unterlagsboden gespeichert werden.»
Intelligente Systeme
Wenn die Ladung des Warmwasserspeichers auf die Nutzung der Bewohner abgestimmt wird, erhöht sich die Eigennutzung auf 61% in der Lewasef-Studie. Diese Idee unterstützen auch die Resultate der CombiVolt-Studie [3] des Instituts für Solartechnik an der Hochschule für Technik in Rapperswil: Lokale thermische Speicher oder Batterien werden insbesondere dann gut ausgelastet, wenn sie nach dem täglichen Verbrauch dimensioniert werden.
René Naef zeigt die Grenzen: «Je nach Bewohner unterscheidet sich der Energieverbrauch eines Hauses um bis zu 100%. Es ist schwierig, eine Heizungsanlage optimal zu dimensionieren, damit sie auch nach Jahren noch passt.» Zudem seien Steuerungen oft falsch eingestellt: «Da muss es nur einmal zu kalt sein im Haus, schon stellt jemand die Heizkurve/die Vorlauftemperatur hoch, ohne zu kontrollieren, ob ein Ventil blockiert oder ein Radiator schlecht durchströmt ist.»
Bei einem Einfamilienhaus-Neubau oder Heizungsersatz sucht er das Gespräch mit dem Bauherrn: «Wenn ich die Anlage auf die wenigen Tage mit Spitzenverbrauch auslege, ist sie im Alltag überdimensioniert. Wenn nun aber die Spitzentage beispielsweise mit einem Schwedenofen überbrückt werden können, kann man die Anlage optimal dimensionieren.»
Unterkühlte Erdsonden
Naef ist überzeugt, dass vor allem in dicht besiedelten Gebieten die Wärmepumpen in Zukunft mit Solaranlagen kombiniert werden: «Die Wärme, die dem Erdreich über die Sonde entnommen wird, strömt kaum nach. Weniger als 1% der Energie fliesst aus dem Erdinnern nach.» Wenn nun in einem Quartier viele Erdsonden gebohrt werden, kühlt das genutzte Erdreich langsam und stetig ab. «Sobald Temperaturen von 0 bis 1°C erreicht werden, sollte eine Sonde regeneriert oder entlastet werden», sagt Naef.
Die Norm SIA 384/6 verlangt eine minimale Temperatur von –1,5°C im Mittel zwischen Vor- und Rücklauf. Die Sonde sollte so ausgelegt werden, dass diese Temperatur erst nach 50 Jahren erreicht wird. Ruedi Kriesi, Maschinenbauingenieur und langjähriger Experte im Energiebereich, hat im Winter 2016/2017 die Sondentemperaturen von 90 zufällig ausgewählten Anlagen beobachtet. Davon seien etwa 30% unterkühlt, wie er im Artikel [4] schreibt. 50% der Sonden seien im normalen Bereich. 20% seien in einem langzeitstabilen Bereich – sie kühlen sich aufgrund von Wasserbewegungen im Untergrund kaum ab. Bei diesen Erdsonden lohnt sich eine Regeneration oder saisonale Speicherung sowieso nicht, weil die Wärme vom Wasser weggetragen würde.
Erdsonde regenerieren
Suissetec hat ein Merkblatt [5] erstellt, wie Erdsonden entlastet oder regeneriert werden können. Naef setzt gerne unverglaste Sonnenkollektoren ein, um im Sommer mit 20 bis 30°C warmem Wasser die Sonde zu regenerieren. Diese Kollektoren seien günstig und robust. Suissetec rechnet dafür mit Investitionen von 4000 bis 8000 CHF.
Wohnung kühlen
Eine reversible Heizungsanlage, die Wärme in den Boden leiten kann, hat einen Vorteil: Die Kälte aus dem Boden kann genutzt werden, um an heissen Sommertagen das Haus zu kühlen. Wer nochmals rund 2500 CHF investiert, kann kühles Wasser durch die Bodenheizung leiten. Auch hier warnen Diana und Naef allerdings vor zu grossen Erwartungen: Wenn der Boden zu kalt wird, bildet sich Kondenswasser. «Die Raumtemperatur lässt sich nur um ca. 2°C senken», sagt Naef. Gutensohn erklärt, dass im Notfall ein Feuchteüberwachungsschalter das Kondenswasser verhindert – wobei idealerweise die Kennwerte so gewählt würden, dass dies gar nicht eintreten könne.
Und wer nun denkt, er könne sich die Solarkollektoren sparen und die Erdsonde nur über die Fussbodenheizung regenerieren, liegt falsch. «Die Anzahl Tage mit hohen Temperaturen ist bei uns in der Schweiz schlicht zu klein, um genug Wärme im Boden zu speichern», sagt Naef. Dieses sogenannte «Free Cooling» reiche nur, um die Sonde 10 bis 15% zu regenerieren bezüglich des Wärmeflusses übers Jahr. Zudem beisse sich das Kühlen der Wohnung mit der Regeneration per Solarthermie – während dem Kühlen ist die Regeneration ausgeschaltet.
Heutige Anlagen seien auf den Heizbetrieb ausgelegt und sollten nicht zum Kühlen missbraucht werden, findet Diana. Auch der Luftaustausch bei einer Minergie-Komfortlüftung sei zu klein, um das Haus zu kühlen. Besser sei ein kleines Kühlnetz. «Kühlung im Haus ist aber bewilligungspflichtig und die Kantone sind zurückhaltend», warnt Diana. Das Thema «Kühlen» wird auch unter Experten kontrovers diskutiert.
Fördergelder
Die meisten Kantone unterstützen den Bau von effizienten Heizungsanlagen. Als Standard für Wärmepumpenanlagen bis 15 kW wurde 2017 von Energie Schweiz und der Fachvereinigung Wärmepumpen Schweiz (FWS) das Wärmepumpen-Systemmodul entwickelt. Darin sind Geräte verschiedener Hersteller mit darauf abgestimmter Hydraulik aufgelistet. Laut Gutensohn ist es auch möglich, kombinierte Anlagen mit Photovoltaik anzumelden. Dann sind grössere Speicher zugelassen und Mischer für den Heizkreis, damit die Pufferspeicher mit höheren Temperaturen geladen werden können.
Dass es wichtig ist, die Systeme genau anzuschauen, zeigt die Combi-Volt-Studie: Eines der getesteten Systeme hatte Probleme mit der Schichtung im Warmwasserspeicher. Normalerweise liegt im Boiler das warme Wasser oben. Unten strömt das kalte nach, ohne dass sich die Bereiche vermischen. Wenn nun das Wasser mit Solarenergie am Tag aufgeheizt wird, darf es sich nicht durchmischen – sonst fliesst in der Dusche nur noch lauwarmes Wasser. Bei einem weiteren System war der Standby-Verlust einer Speicherbatterie so hoch, dass der Effizienzgewinn gleich wieder zunichte gemacht wurde.
Wärmepumpe mit Inverter
Aktuelle Erkenntnisse aus der Kombination von Wärmepumpe und Photovoltaik fasst der BFE-Bericht von David Zogg [6] zusammen. Darin zeigt er den Unterschied von getakteten zu leistungsgeregelten Wärmepumpen. Getaktete Wärmepumpen sind entweder ein- oder ausgeschaltet. Die Leistung lässt sich nicht an die aktuelle PV-Produktion anpassen. Dazu braucht es Wärmepumpen mit Umrichter/Inverter, welche die Drehzahl des Kompressors kontinuierlich regeln können.
SG-Ready-Schnittstelle
Ein weiterer Punkt ist die Kommunikation zwischen PV-Anlage und Wärmepumpe. Von praktisch allen Geräten wird die SG-Ready-Schnittstelle unterstützt. Über zwei Kontakte können vier Zustände kommuniziert werden: gesperrt, frei (normaler Betrieb), gewünscht und erzwungen. Bei «gewünscht» sollen die Temperaturen angehoben werden, bei «erzwungen» sollen Kompressor oder elektrische Zusatzheizung sofern möglich eingeschaltet werden.
Lebensdauer des Kompressors
Die SG-Ready-Schnittstelle gibt nur rudimentäre Befehle. So besteht die Gefahr, dass die Wärmepumpe wegen vorbeiziehender Wolken oft ein- und ausgeschaltet wird und sich deswegen die Lebensdauer des Kompressors verschlechtert. Viele Hersteller entwickelten zusätzliche, proprietäre Schnittstellen, worüber sich PV und Heizung feiner abstimmen. «Der Kompressor sollte nicht ausschalten, wenn eine Wolke vorbeizieht, sondern nur die Leistung verringern und der PV-Anlage anpassen», erklärt Gutensohn. Ihre Wärmepumpen seien deshalb praktisch durchgängig mit Invertern ausgerüstet. Wegen der Lebensdauer des Kompressors rät er davon ab, die Wärmepumpe über die SG-Ready-Schnittstelle zur PV-Eigenstromnutzung anzusteuern.
Modbus TCP hat sich durchgesetzt
Als Kommunikationsprotokoll hat sich bei allen Herstellern der Modbus TCP etabliert. Die proprietären Systeme sind aber nicht kompatibel. In der Schweiz wurde deshalb der Verein SmartGridReady gegründet, um die Kommunikation über Modbus TCP zu standardisieren. Darin enthalten soll auch ein Betriebsmodus sein, der die Prognose von Verbrauch und Meteodaten mit einbezieht.
Meteodaten berücksichtigen
Die Meteodaten in die Steuerung einzubeziehen, ist Gegenstand aktueller Forschungsarbeiten, wie Stephan Renz, Programmleiter Wärmepumpen und Kältetechnik beim BFE erklärt: «Wenn die Steuerung weiss, dass die Sonne am Nachmittag scheinen wird, kann sie warten mit Heizen. Und wenn sie weiss, dass niemand anwesend sein wird, muss sie das Warmwasser nicht erwärmen.» Bei Viessman ist man aber vorsichtig: «Was ist, wenn die Sonne nicht scheint? Niemand duscht gerne kalt! Bei uns im Rheintal gibt es bei Föhn grosse Temperatursprünge – und es ist nie sicher, ob er kommt oder nicht», erklärt Gutensohn die Skepsis. Die künftige Einbindung von Wettervorhersagen werde zurzeit geprüft.
Investitionen lohnen sich kaum
Der Entscheid, die Wärmepumpe mit Solarenergie zu kombinieren, wird heute durch den Wunsch der Bauherren getrieben. Finanziell lohnen sich Investitionen in eine Anlage zu den heutigen Energiepreisen nicht, wie die CombiVolt-Studie zeigt. Zumindest nicht für Einfamilienhäuser. Im Beispiel am Anfang des Artikels würde die Stromrechnung durch die 13% effizientere Heizungsanlage von 500 auf 445 CHF sinken für ein typisches Einfamilienhaus.
Robert Diana: «Eine Heizungsanlage mit einer richtig ausgelegten Erdsonde ist bereits eine gute Lösung. Eine Regeneration ist in diesem Fall nicht nötig. Eine effiziente Wärmepumpe holt mehr heraus. Nur wenn eine Sonde überlastet ist, lohnt sich die Regeneration.» Für Mehrfamilienhäuser werde es finanziell interessanter, sagt Michael Geissbühler. Je grösser das Gebäude oder die Überbauung, desto rentabler sei die Kombination von Wärmepumpe und Solarenergie.
Referenzen
[1] Berechnungsprogramm WPesti zur Abschätzung der JAZ von Wärmepumpen (Konferenz Kantonaler Energiedirektoren).
[2] «Leistungsgeregelte Wärmepumpenanlagen mit Solar-Eisspeicher und Fotovoltaik», Schlussbericht zur LEWASEF-Studie (26. Juni 2019).
[3] «CombiVolt – Steigerung des Photovoltaik-Eigenverbrauchs durch intelligente Wärmepumpen», Schlussbericht der CombiVolt-Studie (8. Oktober 2019).
[4] Ruedi Kriesi, «Regeneration für den beachtlichen Anteil unterkühlter Erdwärmesonden», HK-Gebäudetechnik 5/2018.
[5] «Erdwärmesonden: Entlastung oder Regeneration?», Suissetec-Merkblatt 5/2020.
[6] David Zogg, «Wärmepumpen und PV – die clevere Kombination. Erkenntnisse aus der Praxis für interessierte Kunden und Installateure», BFE-Bericht vom 20. August 2020.
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