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Vernetzt mit Europa

Wie kann man die grüne Energie aus Europa in die Schweiz bringen?

22.09.2022

Die Energie­strategie 2050 steht: Wasser, Sonne, Wind und Biomasse sollen die Stütz­pfeiler der künftigen Strom­versorgung sein – zu vernünftigen Kosten und mit der Versorgungs­sicherheit als höchster Priorität. Aber reichen dafür die einheimischen Ressourcen?

Beim Ausbau der Wasser­kraft werden Standort­limiten, Kosten und Einsprachen für die erwünschten 1 bis 3 TWh eine hohe Hürde sein. Auch Solar­anlagen können zwar massiv ausgebaut werden – aber sind die genannten 30 TWh wirklich realistisch? Und Wind? Zurzeit werden gerade einmal 100 GWh aus Wind­energie gewonnen.

Ganz anders sieht es im Ausland aus. Dort erlauben stabilere Wind­verhältnisse und vorteil­haftere geografische und regulatorische Bedingungen eine bessere Kosten-Nutzen-Situation; oft erübrigen sich Subventionen. So sind beispiels­weise in Schottland vor Kurzem die Nutzungs­lizenzen für Offshore-Wind­kraft­anlagen von über 20 GW (entspricht der gesamten Kapazität in der Schweiz) vergeben worden.

Wie aber bringt man diese grüne Energie in die Schweiz? Indirekt und direkt: Einerseits kann Nordsee-Windstrom in Wasser­stoff umgewandelt und im europäischen Gas­pipeline-Netz­werk importiert werden, andererseits mit einem intelligenten, stabilen und «gesellschaftlich akzeptierten» Übertragungs­netz. Und bestehende Strom­netze können mit technischen Massnahmen (Statcom, FACTS, Phasen­schieber, hybride Frei­leitungen) stärker belastet werden. Schliesslich ist – zusammen mit technischen/regulatorischen Anpassungen (z. B. Dynamic Line Rating) – eine Teil­nahme der Schweiz am «Flow Based Market Coupling»-Modell dringend notwendig.

Unter den gegebenen Rahmen­bedingungen dürfte die Schweiz kaum je eine wirtschaftlich vertretbare energetische Autarkie erreichen. Aber dies sollte auch gar nicht das Ziel sein, denn gemeinsam mit Europa betriebene Infra­strukturen werden kosten­günstiger und zuverlässiger funktionieren. Die Lösung wird also in einer Kombination von lokaler Mehr­produktion und einem mit Handels­abkommen gestützten Import/Export zu finden sein. Dafür braucht es erhöhte Investitionen in intelligente, flexible Netze.

 

Autor
Stefan Hatt

ist Präsident des Expert Board ETIT von Electro­suisse und Senior Vice President von Hitachi Energy.

  • Hitachi Energy
    5400 Baden

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