Strommangellagen begegnen
Unterstützung im Kontext von Ostral
Electrosuisse unterstützt Stromgrossverbraucher dabei, sich auf eine Strommangellage vorzubereiten. Wie dies konkret geschieht, erläutert Stefan Bär im Gespräch. Synergien können dabei durch die jahrelang aufgebauten, interdisziplinären Effizienzberatungen des Engineerings von Electrosuisse genutzt werden.
Bulletin: Wie gehen Sie vor, wenn sich Unternehmen mit Ihrer Hilfe auf eine Strommangellage vorbereiten?
Stefan Bär: Es werden zuerst übergeordnete Fragen geklärt. Beispielsweise wie die Energie eingesetzt wird und welche Anlagen nicht «angefasst» werden dürfen. Die Ausarbeitung des strategischen Ansatzes und der Massnahmen kann jedoch stark variieren und ist immer individuell, ja sogar pro Standort. Weil in der Industrie der Verbrauch der Produktionsprozesse oft dominiert, muss er irgendwie reduziert werden (Betriebszeiten, Betriebsintensität, Produktionslinien oder Bereiche), um eine nennenswerte Einsparung zu erreichen. Bei Geschäftsbauten (Büros, Hotels usw.) können oft durch eine Einschränkung des Komforts (Beleuchtung, Lüftung, Raumtemperatur) und durch die Verlagerung ins Homeoffice die nötigen Reduktionen erreicht werden.
Welche Rolle spielt dabei die Bestandesaufnahme der Verbraucher und der Prozesse?
Eine zentrale Rolle. Erst wenn man die Prozesse und Energieflüsse kennt, lassen sich Effizienzmassnahmen bestimmen. Dann kann auch eine Priorisierung der Abschaltungen vorgenommen werden. Dabei werden Abschätzungen und Messungen des Energiebezugs vorgenommen und so der Energieeinsatz im Betrieb transparent aufgezeigt.
Gibt es da Synergien mit der Energieeffizienz-Beratung von Electrosuisse?
Ja, diese liegen vor allem in der Systemkenntnis und des Energiebedarfs einzelner Bereiche des Kunden, die von uns oft von Grund auf erarbeitet werden. Dies ist die ideale Ausgangslage, um Reduktionsmassnahmen und Szenarien zu bilden und deren Wirkung zu quantifizieren und dadurch potenzielle Einschränkungen zu erkennen.
Kritisch wird es bei einer Kontingentierung. Was haben Sie grossen Kunden schon empfohlen?
Ja, sie ist die eigentliche Herausforderung, an der wir mit den Kunden arbeiten, denn sie ist für jeden Kunden individuell. Die vorgängigen Sparphasen sind für alle gleich. Es muss klar sein, was auf keinen Fall abgeschaltet werden darf, da sonst der ganze Prozess zusammenbricht. Mit der Kenntnis, welche Anlage wie viel Energie bezieht, können dann Einzelmassnahmen und Szenarien gebildet werden. So macht es für die einen Sinn, den Komfort einzuschränken, die Betriebszeiten zu kürzen, für andere Bereiche oder Produktionslinien temporär zu schliessen und wieder für andere vorgelagert zu produzieren. Wichtig ist, das mögliche Szenarien entwickelt und mittels Berechnungen, Abschätzungen und Simulationen durchgespielt werden können.
Ist Ostral auch eine Chance?
Die drohende Mangellage und den damit verbundenen Auftrag, sich mit dem eigenen Energiebezug auseinanderzusetzen, sehen wir als Chance. Das Thema der Effizienzsteigerung wird für Unternehmen auch wirtschaftlich zentral. Dies gilt sowohl für diese «akute» Mangellage als auch langfristig wegen der steigenden Energiepreise.
Ein Unternehmen, das seinen Energiebezug kennt, ist in der Lage, Suffizienz und Effizienzmassnahmen ohne Einschränkungen umzusetzen. Bei Substitutionsmassnahmen kennt es den Bedarf für eine Neubeschaffung. Und bei Einschränkungen durch eine Mangellage ist die Firma flexibel und kann im Vorfeld verschiedene Sparszenarien durchdenken und die beste Variante wählen. Fazit: Wer seinen Energiebezug kontinuierlich optimiert, ist wirtschaftlich im Vorteil.
Zur Person
Stefan Bär ist seit 2020 bei Electrosuisse, aktuell als Teamleiter im Bereich Engineering. Davor war er als Energie-Ingenieur bei Engie Services AG aktiv. Er hat einen BSc der OST, Rapperswil.
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