Preisgünstigeres Laden erhöht CO2-Emissionen
Ladeverhalten bei Elektromobilität steuern
Mit intelligenten Ladestrategien für Elektrofahrzeuge – sowohl für private Fahrzeuge als auch für Carsharing – können Kosten bzw. beträchtliche Emissionen eingespart werden. Ein Vergleich von kostenoptimierten und emissionsoptimierten Ladestrategien zeigt, dass Letztere rund 70% weniger Emissionen verursachen, aber rund 20% teurer sind.
Die Elektrifizierung des Individualverkehrs und die Einführung von Carsharing-Angeboten sind zwei Strategien, um die Dekarbonisierung in der Schweiz voranzutreiben [1]. Haushalte, die Carsharing nutzen, sind meist eher bereit, auf Elektrofahrzeuge umzusteigen [2]. Die Reduktion von CO2-Emissionen im Mobilitätsbereich bedingt aber nicht nur eine Veränderung des Modalsplits und eine Reduktion der gefahrenen Kilometer, sondern auch ein möglichst umweltschonendes Laden der Elektroautos auf Basis einer emissionsoptimierten Ladestrategie. Um die Treibhausgasemissionen im Betrieb von Elektrofahrzeugen möglichst tief zu halten, sollten sie mit Strom mit möglichst tiefen spezifischen CO2-Emissionen geladen werden. Gleichzeitig haben Haushalte mit Elektrofahrzeugen auch einen Anreiz, ihr Fahrzeug möglichst kostengünstig zu laden bzw. eine kostenoptimierte Ladestrategie zu verfolgen [3].
Hohe Emissionen in Zeiten von tiefen Kosten
Ein systematischer zeitlicher Vergleich von Strompreisen mit CO2-Emissionsfaktoren zeigt für die Schweiz, dass typischerweise während Phasen tiefer Preise hohe spezifische CO2-Emissionen anfallen. Umgekehrt ist in Phasen hoher Kosten die Umweltbelastung durch die verursachten CO2-Emissionen generell tiefer. Die Stromkosten variieren typischerweise über das Jahr hinweg zwischen 2,4 und 4,8 Rappen pro gefahrenen Kilometer, die spezifischen CO2-Emissionen zwischen 4,2 und 42,2 g CO2-Äquivalente pro gefahrenen Kilometer. Über das Jahr gesehen spielt es also eine grosse Rolle, wann Elektrofahrzeuge geladen werden oder wann auf das Laden verzichtet wird. Um optimierte Ladestrategien verfolgen zu können, braucht es neben der Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur auch Informationen über Kosten und CO2-Emissionen. Über Smart Meter können Preis- und Emissionssignale zur Verfügung gestellt werden, die es den Stromkundinnen und -kunden ermöglichen, bewusste Entscheidungen über den Ladezeitpunkt ihres Fahrzeugs zu treffen, unter Berücksichtigung der daraus resultierenden Konsequenzen hinsichtlich Kosten und CO2-Emissionen.
Auswertung der Auslastung mit Reservationsdaten
Für die Simulation verschiedener Ladestrategien werden Informationen benötigt, zu welchem Zeitpunkt ein Fahrzeug geladen werden kann oder nicht, resp. welcher Anteil der Fahrzeugflotte zu welcher Stunde gefahren wird oder parkiert ist. In Studie [4] wurde die Fahrtwahrscheinlichkeit anhand eines Datensatzes der Carsharing-Genossenschaft Mobility für das Jahr 2021 bestehend aus rund 1,5 Millionen Fahrzeugreservationen für die Schweiz berechnet. Für die Berechnung wurden Reservationen innerhalb der grössten Schweizer Städte und für die Fahrzeugtypen Economy, Budget, Combi und Micro berücksichtig, um zu bestimmen, wann und welcher Anteil der Fahrzeugflotte geladen werden kann. Jährlich aggregierte Fahrtwahrscheinlichkeiten für Carsharing sind in Bild 1 abgebildet, inklusive eines Vergleichs mit der Fahrtwahrscheinlichkeit privater Fahrzeuge. Carsharing-Fahrzeuge weisen am Wochenende und in den frühen Nachmittagsstunden die höchste Nutzung auf.
![<b>Bild 1</b> Fahrwahrscheinlichkeit nach Stunde und Wochentag für private Fahrzeuge [5] und Carsharing (Reservationsdaten von Mobility aus dem Jahr 2021). Werte wurden jeweils zur Klassenobergrenze aufgerundet.](files/content/news-articles/B_Artikel/2025/2501/B_2501_Eggimann_D/B_2501_Eggimann_Bild_1.png)
Resultierende Kosten und CO2-Emissionen
Verschiedene Ladestrategien wurden hinsichtlich jährlich anfallender Kosten und CO2-Emissionen untersucht (Tabelle 1). Die Park&Plug-Ladestrategie (PP) sieht keine Optimierung vor, d. h. resultierende Kosten und Emissionen werden unter der Annahme berechnet, dass das Fahrzeug geladen wird, sobald geparkt wurde und die Reservation für das Carsharing endet. Anfallende Kosten werden dabei für fixe als auch dynamische Preise untersucht. Weitere Ladestrategien sind Kostenminimierung (COST) und Emissionsminimierung (CO2). Für diese beiden Strategien wird zusätzlich jeweils die Bedingung vorgegeben, dass ein minimaler Ladezustand von 80% erfüllt sein muss, damit ein Fahrzeug wieder ausgeliehen werden kann. Die angenommenen Strompreise basieren auf dem Elektrizitäts-Spotmarkt [6] inklusive angenommener zusätzlicher Netzkosten für die Stromverteilung. Für die Berechnung der anfallenden CO2-Emissionen durch das elektrische Laden der Fahrzeugbatterien wird die Monitoring-Plattform Horocarbon verwendet, die CO2-Equivalente pro kWh berechnet, wobei Stromimporte und Stromexporte in der Schweiz berücksichtigt werden [7]. Für die Simulation der Ladestrategien wurden verschiedene Annahmen zum minimalen Batterieladestand (%) oder Reisedistanzen (km) mittels einer linearen Optimierung berücksichtigt, um die Elektrofahrzeuge jeweils zu dem Zeitpunkt zu laden, an dem die Kosten bzw. Emissionen minimal sind [4]. Die Simulation basiert auf der Annahme, dass anfallende Preise und Emissionen im Voraus bekannt sind und zu jedem Zeitpunkt in die Entscheidung einbezogen werden können. Zudem wird die ganze Flotte in einer aggregierten Perspektive simuliert, d.h. ohne Berücksichtigung spezifischer Fahrtmuster oder Ladezustände einzelner Fahrzeuge.
Die Simulationsresultate sind in Bild 2 zusammengefasst, wobei jeweils anfallende Kosten und CO2-Emissionen in Relation zur heute üblichen Ladestrategie (PPfix) gesetzt werden. Bei der kostenoptimierten Strategie (COST) können im Vergleich zur Park & Plug-Strategie 18% der Kosten eingespart werden, wodurch jedoch 44% mehr Emissionen verursacht werden. Bei der COSTc-Strategie sind die Kosten-Einsparungen von 10% deutlich kleiner und die zusätzlichen Emissionen sogar geringfügig höher, wobei der Einfluss der Ladestand-Einschränkung auf die Kosten grösser (+8%) ist als auf die Emissionen (+2%). Mit den beiden emissionsminimierenden Strategien (CO2, CO2c) können im Vergleich zur PPfix-Strategie rund 70% der Emissionen gesenkt werden, bei rund 20% höheren Kosten.

Die simulierten Kosten und Emissionen unterscheiden sich je nach Monat. Bild 3 zeigt am Beispiel der Strategien COST und CO2 die stündliche Verteilung der Kosten und Emissionen auf für die verschiedenen Monate. Die Emissionen sind im Winter am höchsten, die Stromkosten im Sommer am niedrigsten.

Schlussfolgerungen und Fazit
Intelligente Ladestrategien zur Optimierung der Kosten oder der Treibhausgasemissionen beim Laden von Elektrofahrzeugen erfordern zugängliche, zeitlich aufgelöste Informationen zu Stromkosten und den durch die Stromproduktion verursachten CO2-Emissionen. Im Vergleich zu einer Ladestrategie, bei der Elektrofahrzeuge geladen werden, sobald sie nicht mehr gefahren werden, gibt es umweltfreundlichere Strategien: Rund 70% der CO2-Emissionen lassen sich mit intelligentem Laden einsparen, was aber zu rund 20% höheren Kosten führt. Demgegenüber könnten 10 bis 18% der Stromkosten eingespart werden, was aber zu deutlich höheren Emissionen mit einer Zunahme von rund 45% führen würde.
Die Einführung zusätzlicher Vorgaben wie minimaler Ladezustand der Batterien wirkt sich negativ auf die Optimierung aus. Auch wenn aus einer Nutzersicht möglichst volle Batterien wünschenswert sind, stellt sich die Frage, welcher Ladezustand für welche Strecke wirklich benötigt wird. Schliesslich ermöglichen dynamische Preis- und Emissionssignale nicht nur Kosteneinsparungen, sondern auch eine effiziente Nutzung des Stromnetzes und den Ausgleich von Stromangebot und -nachfrage.
Die Reduktion von Treibhausgasemissionen im Individualverkehr kann nicht nur durch intelligente Ladestrategien ermöglicht werden, sondern auch durch Carsharing, das zum Ziel hat, die Anzahl der Fahrzeuge zu reduzieren und eine höhere Auslastung der Fahrzeuge zu erreichen. Auch wenn die Fahrzeuge bei Carsharing-Angeboten stärker ausgelastet werden, sind die Auswirkungen auf das Optimierungspotenzial durch intelligentes Laden gering. Daher ist es erfreulich, dass auch beim Carsharing ein Potenzial zur Emissionseinsparung durch intelligentes Laden besteht.
Referenzen
[1] A. Guéret, W.-P. Schill, C. Gaete-Morales, «Not flexible enough? Impacts of electric carsharing on a power sector with variable renewables», arXiv Prepr. 2024.
[2] R. Hoerler, J. van Dijk, A. Patt, A. Del Duce, «Carsharing experience fostering sustainable car purchasing? Investigating car size and powertrain choice», Transp. Res. Part D Transp. Environ., 96, May, 102861, 2021.
[3] S. Yang, «Price-responsive early charging control based on data mining for electric vehicle online scheduling», Electr. Power Syst. Res., 167, April 2018, 113–121, 2019.
[4] E. Romano, K. Binod, M. Rüdisüli, S. Eggimann, «Emission-responsive charging of electric cars and carsharing to improve the security of supply», Under submission, 2024.
[5] Mobilitätsverhalten der Bevölkerung. Ergebnisse des Mikrozensus Mobilität Verkehr 2021, Bundesamt für Statistik, 2023.
[6] www.epexspot.com
[7] E. Romano, M.K. Patel, P. Hollmuller, «Applying trade mechanisms to quantify dynamic GHG emissions of electricity consumption in an open economy – The case of Switzerland», Energy Vol. 311, 133398, 2024.
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Die Autoren danken Mobility für die Bereitstellung der Daten.
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