Fachartikel Energienetze

Die Zentrale steht nun im Zentrum

Swissgrid eröffnet neuen Hauptsitz in Aarau

28.09.2018

Seit Mitte Juni wird das Schweizer Übertragungsnetz nicht mehr von Laufenburg und Frick aus betrieben und überwacht, sondern aus dem neuen Hauptsitz von Swissgrid in Aarau. Während dieser Umzug für Stromverbraucher weitgehend unbemerkt geblieben sein dürfte, beschäftigte er die direkt Involvierten während mehrerer Jahre.

Seit 2014 war es definitiv: Swissgrid wird die bisherigen Standorte in Laufenburg und Frick aufgeben und in einen Neubau nach Aarau umziehen. Die Gründe dafür waren vielfältig: Einerseits erwies sich die Aufteilung eines Unternehmens, in welchem die verschiedenen Abteilungen eng zusammenarbeiten müssen, auf zwei Standorte je länger, je mehr als umständlich und mühsam. Anderseits wären auch umfangreiche Baumassnahmen nötig gewesen, damit Swissgrid ihrem Auftrag weiterhin hätte nachkommen können.

«Für unsere Aufgabe, die von nationaler Bedeutung ist, liegt Laufenburg nicht zentral genug», erklärt Walter Wirz, zuständiger Projektleiter bei Swissgrid. «Die ungenügende Erschliessung mit dem öffentlichen Verkehr wurde besonders bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutlich.»

Aarau machte in der Evaluation das Rennen

Nach einer intensiven Standortevaluation – auch Olten oder Lenzburg und sogar Frick standen zur Diskussion – entschied man sich für das alte Electrolux-Gelände unmittelbar hinter dem Hauptbahnhof in Aarau, das eine ideale Anbindung an den öffentlichen Verkehr ermöglicht. «Diese Gelegenheit mussten wir nutzen, denn Aarau liegt auf der Mittellandachse und kann von Bern, Zürich und Basel im Halbstundentakt erreicht werden. So rücken wir auch näher zu unseren Kunden und Partnern.» Auch vom Fricktal her sei Aarau gut erreichbar, was ebenfalls von Bedeutung ist, denn «der Arbeitsweg für bestehende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist ebenfalls ein Kriterium bei der Standortsuche gewesen».

In Aarau ist Swissgrid – wie zuvor in Laufenburg und Frick – Mieterin. Allerdings ist das Gebäude nach Anforderungen und Bedürfnissen der nationalen Netzgesellschaft konzipiert und gebaut worden. Dazu gehören auch Sicherheitsanlagen und -massnahmen, wie zum Beispiel die Vereinzelung durch Personenschleusen beim Zutritt, die bei einem Betreiber von kritischen Infrastrukturanlagen Standard sind. Das Gebäude mit den fünf Kernen ist allerdings so gegliedert, dass es auch für mehrere Mieter genutzt werden könnte.

Intensive Vorbereitung auf neue Arbeitssituation

Die Bürogeschosse wurden nach dem Business Club Konzept konzipiert. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Vielfalt des Raumangebotes. Je nach Aufgabe und persönlichen Bedürfnissen steht eine breite Palette an geteilten Arbeitsplätzen und -zonen zur Auswahl. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutete dies eine grosse Umgewöhnung, da sie neu in einer offenen Bürolandschaft ohne fixe Arbeitsplätze arbeiten. «Die Vorbereitung auf diese neue Arbeitssituation war ein sehr intensives Teilprojekt», sagt Walter Wirz. «Aber es hat sich gelohnt, weil wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so die neue Bürokonstellation aufzeigen und ihnen die Befürchtung, künftig in einer Turnhalle arbeiten zu müssen, nehmen konnten.»

Auch die Vorgesetzten arbeiten übrigens auf diese Art und Weise. Das Raumkonzept erfülle die Anforderungen an konzentriertes Arbeiten und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten das sehr gut angenommen, sagt Walter Wirz. «Das Gebäude hat dank geringer Tiefe und seiner Aussen- und Innenhoffassade faktisch nur ‹gute› Arbeitsplätze.»

Logistische Meisterleistung

Der eigentliche Umzug, der in fünf Etappen unterteilt war, ging wie geplant vonstatten. Das Herzstück – die Netzleitstelle – wurde am 12. Juni in Aarau in den Live-Betrieb genommen. Seit diesem Tag wird das Netz von Aarau aus gesteuert. Allerdings wurde die Leitstelle in Laufenburg zu Beginn noch als Fallback parallel dazu weiterbetrieben, sodass im Notfall eine Schicht die Sicherstellung des Betriebs von dort aus hätte übernehmen können. Heute ist die Netzleitstelle in Laufenburg nicht mehr in Betrieb und der Rückbau wurde bereits weitgehend vollzogen. Der Betrieb in Aarau war vor der definitiven Übernahme während eines halben Jahres getestet worden, um sicherzustellen, dass bei der Inbetriebnahme alles klappt.

Die neue Netzleitstelle am Swissgrid-Hauptsitz - die Steuerungszentrale für das Schweizer Übertragungsnetz - ist mit modernster Technologie ausgerüstet. Die Grossbildschirmanzeige zur Überwachung des Stromnetzes ist weltweit eine der modernsten ihrer Art und besteht aus 24 lasergesteuerten Monitoren, die sich einzeln ansteuern lassen. Die Anzeige ist auf zehn Jahre lange unterbrechungsfreie Laufzeit ausgelegt.

Fokus auf Nachhaltigkeit

Das Gebäude ist vorbildlich auf Nachhaltigkeit ausgelegt. So ist es beispielsweise an das nahe, auf erneuerbaren Energien basierende Fernwärme-/-kältenetz der Eniwa angeschlossen. Zudem werden Free-Cooling-sowie Kälte-/Wärmerückgewinnungsanlagen genutzt. Auf dem Dach befindet sich eine Photovoltaikinstallation mit einer Nennleistung von zirka 240 kW. Mit den Standards Minergie, Minergie-P, den Ausschlusskriterien nach Minergie-ECO sowie dem Gütesiegel Greenproperty Gold erfüllt das Gebäude überaus hohe Anforderungen an die Nachhaltigkeit.

«Natürlich bedeutet der Umzug nach Aarau für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine grosse Veränderung, auch in Bezug auf die Mobilität», erläutert Walter Wirz. «Aber ich glaube, im Grossen und Ganzen sind die Kolleginnen und Kollegen hier sehr zufrieden.»

Autor
Ralph Möll

ist Kom­mu­ni­kations­spezia­list beim VSE.

Kommentare

Bitte addieren Sie 9 und 6.