Fachartikel Automation , Hardware

Die Photonik ist im Aufwind

Ausbildungsbedarf und -situation

07.04.2017

Photonics ist eine der sechs Key-enabling-technologies, die die EU als zukunftsträchtigste Technologien definiert hat. Täglich sind wir in unserem Alltag mit Photonics konfrontiert und die aufstrebende Branche gewinnt weltweit an Bedeutung – auch in der Schweiz.

Das Jahr 2015 war das internationale UNO-Jahr des Lichts und der lichtbasierten Technologien, zu welchen Photonics zählt. Photonics befasst sich mit allen Bereichen, die mit Licht und seiner Anwendung zu tun haben. Es beginnt bereits frühmorgens mit dem Helligkeitssensor des Weckers, gefolgt von den ersten Interaktionen mit dem Smartphone, um die neusten Meldungen herunterzuladen, die über solarbetriebene Satelliten und Glasfaserkabel in die mit LED ausgeleuchtete Küche gelangen. Parallel brüht die von Sensoren gesteuerte Kaffeemaschine einen Latte Macchiato. Auch die Fahrt an den Arbeitsplatz ist geprägt von Photonics. Sei es im eigenen Fahrzeug mit LED- Beleuchtung, Abstands- und Spurhaltesensoren und Kamerasystemen, oder im öffentlichen Verkehr mit automatischen Türen und Aufzügen, deren Sicherheit durch Photonics gewährleistet wird. Die Aufzählung zieht sich weiter durch unseren gesamten Tagesablauf. Man kann getrost sagen, dass Photonics unseren Alltag beherrscht.

Weltweit befindet sich die Branche in einer Wachstums­phase. Die Miniaturisierung ermöglicht immer vielfältigere, preisgünstigere Anwendungen. Täglich kommen neue Produkte auf den Markt. Diese positive Entwicklung betrifft auch Schweizer Unternehmen, die ihre Photonics-Produkte weltweit vermarkten. Dies führte dazu, dass die Swissmem, der Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, 2013 die Fachgruppe Photonics gründete. Der Fachkräftemangel in der hiesigen Photonics-Industrie war eine der treibenden Kräfte dafür.

Ausbildung an der HTW Chur

Getrieben durch ihre Innovationsfreude und die Vernetzung mit der Industrie, hat die HTW Chur bereits 2013 mit der Entwicklung eines Bachelorstudienganges in Photonics begonnen. Der Start des schweizweit einmaligen Bachelor of Science FHO in Photonics erfolgte im Herbst 2016 und entspricht der Forderung von regionalen und überregionalen Unternehmen. Die Region Ostschweiz mit dem Rheintal wird auch «Photonics Valley» genannt. Viele spezialisierte Firmen aus diversen Photonics-Bereichen sind hier ansässig und entwickeln ihre Zukunftstechnologien für den weltweiten Absatz. An der HTW Chur lernen zukünftige Ingenieurinnen und Ingenieure das «Einmaleins» der Photonics. Die Nähe zur Photonics-Industrie garantiert eine optimale Verknüpfung von Theorie und Praxis.

Das Studium setzt sich aus Grundlagenmodulen und Photonics-spezifischen Fächern zusammen. Praktika sowie Projekt- und Bachelorarbeiten mit der Industrie gewährleisten den Praxisbezug. Module in Management und Betriebswirtschaft runden das Profil ab.

Erfolgreicher Start

Die neue Photonics-Klasse setzt sich aus Studierenden der ganzen Schweiz zusammen, 20 % davon aus Graubünden selbst. Zudem stösst das Teilzeitmodell auf grosses Interesse. 2/3 der Studenten absolvieren das Studium berufsbegleitend und besuchen zwei Tage den Unterricht in Chur, um daneben 50–60 % zu arbeiten. Die berufliche Vorbildung der ersten Klasse ist so vielfältig wie die Photonics-Anwendungen. Die zukünftigen Ingenieurinnen (Vier Frauen besuchen den Studiengang) und Ingenieure sind u.a. Elektroniker, Informatiker, Geomatiker, Augenoptiker und Physiklaboranten.

Inspiration durch Partner

Die HTW Chur hat im Rahmen des Studienganges mit fast 30 Unternehmen eine partnerschaftliche Vereinbarung getroffen. Dazu gehören globale Firmen wie Siemens Schweiz, Baumer Electric, Rockwell Automation Safety, Roche Diagnostics International oder Cedes, aber auch kleinere Firmen mit Nischenprodukten wie Espros Photonics, Synbone oder Landqart. Forschungsinstitute wie das CSEM, das SLF und die AO Foundation gehören auch zu den Partnern. Nicht zu vergessen sind das World Radiation Center (PMOD/WRC) und das Schweizerische Institut für Allergie- und Asthmaforschung (SIAF) in Davos.

Durch die Einbindung der Industrie in den Studiengang kann der Praxisbezug gewährleistet werden. Zudem lernen sich die angehenden Absolventinnen und Absolventen und potenzielle Arbeitgeber während der Ausbildung kennen. Oft führen Bachelorarbeiten zu späteren Arbeitsverhältnissen.

Branchen und Berufsbilder

Neben der Optoelektronik ist die Lasertechnik als grösstes Segment des nationalen Photonics-Markts ein wichtiger Bestandteil des Bachelor-Studienganges. Hochauflösende Kamerachips für 2D- und 3D-Anwendungen, die dazugehörige Bildverarbeitung und die Displaytechnik bilden ein weiteres Standbein. Industrielle Beleuchtung und Lichttechnik sowie die Entwicklung und der Einsatz von optischen Messgeräten zur medizinischen Diagnostik, wissenschaftlichen Forschung oder Sicherheitsüberwachung sind ebenfalls Bestandteil des Studienganges und eröffnen den Absolventinnen und Absolventen weitere Berufsrichtungen.

Autor
Dr. Tobias Leutenegger

ist Studienleiter für den Bachelorstudiengang Photonic und Leiter des Instituts für Photonics und ICT (IPI) an der HTW Chur.

  • Hochschule für Technik und Wirtschaft, 7000 Chur

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