Kurznachricht ICT , Mobilität

Das Schweben als Novum

Neuer Swissloop-Pod

05.07.2021

Bei der Entwicklung des neuen Hyperloop-Pods stellt das Studierenden-Team der ETH Zürich die Nachhaltigkeit und Skalierbarkeit in den Vordergrund. Denn schliesslich soll der Pod künftig Passagiere befördern und Kurzstreckenflüge ablösen. Dies macht die Aufgaben zwar noch anspruchsvoller, aber die aktuellen Fortschritte sind beachtlich und inspirierend.

Der Pod schwebt. Dies ist eine der zentralen Errungenschaften des neuen Swissloop-Teams. Die früheren Swissloop-Pods bewegten sich nämlich auf Rädern fort. Sechs individuell ansteuerbare Polpaare des Motors machen dies nun möglich und dienen gleichzeitig der Fortbewegung. Mit dem elektromagnetischen Schweben lässt sich zudem die Federung aktiv regeln, um den künftigen Passagierkomfort optimieren oder um Unebenheiten auf der Strecke ausgleichen zu können.

Testlauf in Dübendorf

Die Studierenden entwickelten den Pod an der Empa in Dübendorf, wo sie eine Teststrecke neben der Bahnstrecke zur Verfügung haben. Auf dieser gleitet der Pod lautlos mit 50 km/h. Seine theoretische Höchstgeschwindigkeit liegt bei 144 km/h. Da die in den Batterien an Bord gespeicherte Energie des Pods beschränkt ist, muss ein guter Kompromiss zwischen Beschleunigung und Schwebezeit gefunden werden, um die Maximalgeschwindigkeit zu erreichen.

Eine skalierbare Lösung

Für das Team war es wichtig, dass das neue Pod-Konzept auch in der realen Welt eingesetzt werden kann. Man sucht keine Lösungen, die zwar in einem kleinen Pod Spitzenleistungen bringen, aber sich nicht skalieren ­lassen. Die Pods der bisherigen Top-Teams sind nämlich mit Rotations­motoren ausgestattet, die aus Materialgründen bei über 400 km/h an ihre Grenzen stossen. Das ETH-Team setzt hingegen auf einen linearen Induk­tionsmotor mit 36 Spulen, der sich beliebig skalieren lässt. Das Ziel ist, Kurzstreckenflugzeuge zu ersetzen, die 900 km/h erreichen. Im Hyperloop-Alpha-Paper, das SpaceX 2013 veröffentlicht hat, sind bis zu 1200 km/h spezifiziert, was mit dem Linearmotor theoretisch möglich ist.

Auch Bremsen ist wichtig

Aber nicht nur die Beschleunigung muss beherrscht werden, sondern auch das Abbremsen. Früher setzte das ETH-Team auf Hydraulik, stellte aber im Vorjahr auf eine pneumatische Bremse um, die aus Redundanzgründen doppelt vorhanden war. Jetzt ist ein System mit einer pneumatischen und einer mechanisch vorgespannten Bremse integriert. Letztere wird bei Notfällen (Strom- oder Druckluftausfall) aktiv. Sie macht den Pod leichter und kann ihn auf der Teststrecke in 23 m zum Stillstand bringen. Bei der Druckluftbremse sind es zwar nur 6 m, aber diese negative Beschleunigung von 2 G würde man den Passagieren nicht zumuten wollen.

Herausforderungen

Zurzeit werden im Pod Lithium-Polymer-Akkus eingesetzt, aber sobald leichtere Batterien mit einer höheren Energiedichte verfügbar sind, steigt das Team gerne auf sie um, denn für das Schweben wird viel Energie benötigt.

Eine Herausforderung ist auch die elektromagnetische Verträglichkeit. Jeweils beim Erhöhen der Batteriespannung um 100 V traten neue Störungen auf. Neue EMV-Massnahmen mussten iterativ ausprobiert werden, damit der Pod wieder stabil funktionierte. Beispielsweise sind deshalb die Umrichter nun mit einer silberbeschichteten Kunststoffabdeckung und seitlichen Alufolien ausgestattet.

European Hyperloop Week

Das Swissloop-Team ist eines der vier Teams, die sich in Los Angeles beim letzten Wettbewerb getroffen und vereinbart hatten, etwas in Europa durchzuführen, weil die europäische Situation komplexer als die in den USA ist. Der «lokale» Event wird vom 19. bis 25. Juli in Valencia durchgeführt. Rund zwei Dutzend Teams werden teilnehmen. Jeden Tag vergibt eine Fachjury Preise, wobei es nicht einfach darum geht, der schnellste zu sein, sondern darum, eine möglichst skalierbare Lösung zu präsentieren. Preise werden für gute Ideen bei Untersystemen (Mechanik, Antrieb, Elektronik), dem Design des gesamten Pods sowie für die Gesamtwertung verliehen. Teams können sich auch für konzeptionelle Infrastruktur-Awards bewerben.

Die besten Hochschulteams sollen da ein Hyperloop-Ökosystem schaffen. Für die Teams soll es ein zusätzlicher Ansporn sein, sich höhere Ziele zu stecken. Auch Industriepartner sind dabei, damit man voneinander lernen kann.

Ein Team, das sich erneuert

Das Swissloop-Team besteht aus mehreren Gruppen, die für spezifische Disziplinen wie Elektronik, Mechanik oder Operations zuständig sind. Die Gruppen setzen sich zusammen aus neuen Studierenden und erfahrenen Personen bzw. Coaches, die das Know-how, das man mit den früheren Pods gemacht hat, weitergeben. Je acht Studierende kommen jedes Jahr neu hinzu, um Seniors abzulösen. Für ihre Arbeit (Fokusprojekt) erhalten sie 14 ECTS-Punkte. Erstaunlich, welche Fortschritte mit dieser Mischung aus Enthusiasmus und Erfahrung erreicht werden können.

Autor
Radomír Novotný

ist Chefredaktor des Bulletins Electrosuisse.

  • Electrosuisse
    8320 Fehraltorf

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