Buch: Vom Verschwinden der Technik
Beiträge für Kulturzeitschrift Merkur

Die Frage, was mit Technologien geschieht, die verschwinden, spricht vor allem Nostalgiker an, die einen persönlichen Bezug zu einer spezifischen Technologie haben. Beispielsweise, weil sie selbst an ihrer Entwicklung beteiligt waren. In der Technikgeschichte hingegen wurde dieser Frage bisher kaum Beachtung geschenkt. Nun möchte ihr David Gugerli, Professor für Technikgeschichte an der ETH Zürich, mehr Platz einräumen. In dreizehn voneinander unabhängigen Essays, die zuerst in der Kulturzeitschrift Merkur erschienen sind, geht er ihr nach. Die Beiträge, die sich jeweils auf konkrete Produkte oder Situationen beziehen, sind nun in einem handlichen Buch erschienen – jeder Beitrag ergänzt durch ein entsprechendes Bild sowie einem Vorwort, das sich aus grundsätzlicher Perspektive an das Thema herantastet. Selbstverständlich geht es dabei nicht um eine systematische, umfassende Sammlung, sondern es werden anhand gewisser Beispiele einzelne Aspekte des Verschwindens beleuchtet.
Das Spektrum der gewählten Objekte ist sehr breit. Nebst Weltraumtechnik (Apollo 8, Saturn-V-Rakete, Space Shuttle), der Luftfahrt (Concorde), Informationstechnik (Colossus, die IT-Vielfalt des Cern), Audiotechnik (Minidisc) und weiteren Technologien werden auch Themen behandelt, die man nicht unter den Begriff Technik einreihen würde. Dazu gehört auch die Entdeckung von Pfahlbauten, die triangulatorische Vermessung der Schweiz oder Mussolinis Versuch, Teile der Stadt Rom abzutragen, um sie zu seinen Gunsten umzugestalten. In gewissen Beiträgen stösst man auf einzelne Geräte oder Produkte wie den lichtstarken Eidophor-Projektor oder die praktisch verschwundene und – nun im digitalen Streaming-Zeitalter – erstaunlicherweise wieder zu neuem Leben erwachte Langspielplatte, die es ebenfalls verdient hätten, ausführlicher behandelt zu werden. Aber es ist klar, dass es bei der gegebenen Vielfalt an Material nicht möglich war, alles zu berücksichtigen. Interessant wird es auch im Kontext mit dem Sammeln obsoleter Technik: Ein Beitrag illustriert die oft weniger erfolgreichen Entrümpelungsaktionen von Museumssammlungen – eine Herausforderung, mit der man auch aus dem privaten Bereich vertraut ist.
Ein unterhaltsames Buch, das sich der Frage nach dem Verschwinden der Technik aus unterschiedlichen Perspektiven nähert und gleichzeitig neue, berechtigte Fragen aufwirft. Es ist ein inspirierendes Plädoyer dafür, die Vergänglichkeit von Techniken und Technologien nicht auszublenden. Und eine Einladung zum Weiterspinnen der präsentierten Überlegungen.
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