Fachartikel IT für EVU

Auch Kleine handeln verantwortungsvoll

Administration

29.11.2022

Schwankende Preise, Digitalisierung und verändertes Konsumverhalten fordern alle EVUs gleichermassen. Die Versorger handeln umsichtig und bieten lokal angepasste Zusatzdienstleistungen an. Die kleineren und mittleren EVUs nutzen dabei ihre Vorteile: kurze Entscheidungswege, lokales Know-how, schlanke Administration und Verwaltung und damit tiefe Kosten.

Die Stromversorgung in der Schweiz ist seit gut hundert Jahren auf viele Energieversorgungsunternehmen verteilt. Die kleinräumige und dezentrale Organisation bewährt sich bestens. Neben einigen grossen Verteilnetzbetreibern gibt es mittlere und viele kleine Versorger. Oft sind dies Gemeindewerke, historisch gewachsene Genossenschaften oder Aktiengesellschaften. Allen gemein ist die Verantwortung für die Versorgung. Es spielt keine Rolle, ob das Energieversorgungsunternehmen wenige Hundert oder hunderttausend Kunden betreut. Der Kernauftrag und die Dienstleistung aller Versorger sind gleich: die Stromversorgung und folglich die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Demzufolge gehören die stete Instandhaltung und Modernisierung des Netzes und der Anlagen ebenso dazu wie der Umgang mit dem wechselnden Konsumverhalten. Markus Wey ist Präsident der Elektra Hermetschwil-Staffeln, eine eher kleine Elektra mit rund 600 Messstellen und einem Kommunikationsnetz. Hermetschwil-Staffeln ist ein Ortsteil von Bremgarten AG. «Aber», so Markus Wey, «seit über hundert Jahren arbeiten wir erfolgreich und effizient für die Versorgung in unserem Ortsteil.»

Hohen Anforderungen gerecht werden

Markus Wey kennt die Anforderungen: «Unsere Elektra erfüllt den gleichen Auftrag wie ein grösseres Werk. Die kurzen Entscheidungswege erachte ich als grossen Vorteil für uns. In unserem Gebiet produzieren zum Beispiel seit vielen Jahren grossflächige Photo­voltaik­anlagen. Kleinere sind in den letzten Jahren vermehrt hinzugekommen. Wir wissen um die Ansprüche unserer Konsumenten und unserer Produzenten im Versorgungsgebiet. Oft kennen wir unsere Kundinnen und Kunden persönlich.»

Ein wichtiges Thema sind die Investitionen. Auch kleinere und mittlere EVUs modernisieren ihre Anlagen und führen Investitionspläne. «Die Infrastruktur pflegen wir ständig und erneuern diese bei Bedarf», hält Markus Wey fest. Ob die Versorger über genügend Mittel verfügen, steht für Wey nicht zur Diskussion. Solide Planung und umsichtige Geschäftsführung seien Voraussetzung für die Investitionsfähigkeit jedes Unternehmens.

Im Vergleich zu den grossen Playern am Markt verfügen kleine und mittlere EVUs meist über eine schlanke Verwaltung. Ihre effiziente Administration lässt sie sehr kostengünstig agieren. Trotzdem verfügen sie über einen hohen Dienstleistungsgrad, und sie kennen die Bedürfnisse, Anforderungen und Wünsche ihrer Kunden.

Bauvorhaben im Versorgungsgebiet können sich umgehend auf die Investitionen der Versorgungsunternehmen auswirken. Eine gute Planung ist unumgänglich. Dies gilt für private Bauvorhaben wie eine Photovoltaik­anlage oder eine Arealüberbauung in der Gemeinde. Meist entspricht das Versorgungsgebiet dem Gemeindegebiet, oder das EVU ist ein Eigenwirtschaftsbetrieb der Gemeinde. Die EVUs und die Gemeinden pflegen einen historisch gewachsenen und engen Kontakt. Dies hat den Vorteil, dass die zuständigen Personen sich persönlich kennen und zum Teil bereits auf eine längere Zusammenarbeit zurückblicken können. Blindes Vertrauen herrscht keineswegs. Jedes Projekt erfährt die nötige Professionalität. Dies bildet eine gute Basis für die Kooperation und erfolgreich durchgeführte Projekte.

Langjähriges Wissen digital abgebildet

Viele Energieversorger erfüllen ihre Aufgaben seit über 100 Jahren. Die Verantwortlichen haben sich ein enormes Wissen angeeignet und geben dieses laufend in ihrer Organisation weiter. Selbst heute noch haben einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Energieversorger die Pläne ihres Verteilnetzes im Kopf. Papierpläne sind ebenfalls weit verbreitet. Da dies nicht mehr zeitgemäss ist, bilden Energieversorger ihr Versorgungsgebiet seit Längerem auch digital ab. Dieses Vorgehen fliesst ebenso in die Anlagebuchhaltung ein wie die Erfassung sämtlicher Objekte. «Die Digitalisierung ist bei vielen EVUs weit fortgeschritten und zeigt, wie modern die Energieversorger in unserer Region aufgestellt sind», sagt Markus Wey.

Stehen die Ansprüche an die Verteilnetzbetreiber in einem guten Verhältnis zu ihren Möglichkeiten? Markus Wey ist überzeugt, dass alle EVUs ihre Arbeit gut und professionell erledigen. Die Unternehmensgrösse spielt keine Rolle. Es sind Fachleute am Werk. Wo nötig, wird das Know-how von Spezialisten hinzugezogen. Damit bleibt das Wissen in den Regionen und Dörfern verankert. Die Informationen von Bund, ElCom und Fachgremien beanspruchen die Versorgungsunternehmen zum Teil stark. Die EVUs pflegen aus diesem Grund ihr gutes Informations-Netzwerk. Sie sind regional, kantonal und schweizweit gut organisiert. Der fachspezifische Austausch wird rege benutzt, führt vielerorts zu raschen Lösungen und zu umsetzbaren Projekten. Eine professionell gepflegte Flexibilität stellt sich auf dem Markt als grosser Vorteil heraus. Oftmals gehören die kleineren und mittleren EVUs im Verhältnis zur Netzgrösse zu den führenden Solarstromproduzenten. Das Gleiche gilt für den hohen prozentualen Anteil an Ladestationen.

In welchem Fokus die Energieversorgungsunternehmen stehen, mussten einige mit einer ungewollten Medienpräsenz erfahren. Zu Recht verlangten die Endkunden Auskunft, warum der Preis für Strom und Gas derart steigt. Vielerorts waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefordert. «Einige setzten auf persönliche Information, andere organisierten eine Informationsveranstaltung. Alle haben ihren Job nach bestem Wissen und Gewissen erledigt und die Bevölkerung abgeholt», sagt Markus Wey.

Partner auf Augenhöhe

Erfahren die kleineren und mittleren Versorgungsunternehmen Nachteile bei der Beschaffung (Stichwort Rabatte)? Kleinere und mittlere Unternehmen werden auf dem Markt nicht übervorteilt. Sie erhalten von ihren Lieferanten ein massgeschneidertes Produkt. Auf die Frage nach einer geeigneten Software-Lösung wählen die kleineren und mittleren EVUs meist ein Gesamtsystem. Bewährt haben sich vollintegrierte Lösungen mit einem Minimum an Schnittstellen.

In ein Gesamtsystem für Abrechnung, Energiedaten- und Regulierungsmanagement, Finanz- und Anlagebuchhaltung sowie Instandhaltung zu investieren, lohnt sich, denn solche Produkte decken alle Bedürfnisse der Versorgungsunternehmen ab. Zudem soll die stete Weiterentwicklung an die Branchenvorgaben gewährleistet sein. Die Anwenderinnen und Anwender vertiefen optimalerweise ihr Branchen- und Systemwissen in regelmässigen Weiterbildungen und Schulungen. «Wir stellen fest, dass viele Unternehmen den regelmässigen Austausch an Workshops oder Schulungen rege nutzen», sagt Markus Wey. Aufseiten der Lieferanten gibt es Unternehmen, die sich auf die Grösse der Kunden spezialisiert haben. Alle Lieferanten sind – wie die Energieversorger auch – an langen Geschäftsbeziehungen interessiert und richten sich daher auf die Bedürfnisse aus.

Autor
Yves Senn

ist Produktmanager Asset-Management bei Encontrol.

  • Encontrol AG, 5443 Niederrohrdorf

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