Kommentare

Jürg Nipkow,

Der Artikel basiert auf zahlreichen unzutreffenden oder unklaren Voraussetzungen. Auch die verwendeten Begriffe sind nicht einheitlich, oft unklar oder unüblich. So werden etwa für die (Trink-) Wassererwärmung verschiedenste Begriffe verwendet, u.a. «Erzeugung» oder «Aufbereitung». Die als Referenz [1] angegebene Studie (Machbarkeits- und Potenzialstudie «Effiziente, hygienische Warmwasser-Versorgung in grossen Wohnbauten») scheint nicht publiziert zu sein, es sind keine Autoren erwähnt. Erwähnt ist nur, dass «die Studie im Auftrag von Allthisfuture, dem Innovationslabor von WWZ» erfolgte.

Eine wichtige unzutreffende Annahme ist, dass Zirkulationsleitungen in «unsanierten» Gebäuden nicht wärmegedämmt wären. Sicher sind die Dämmdicken in Altbauten kleiner als heute und die Dämmung u.U. lückenhaft, die Verluste einer ungedämmten Verteilung wären aber gar nicht vernünftig zu decken. Zirkulationssysteme in Gebäuden aus den Jahren vor 1990 müssen in den nächsten 10 bis 20 Jahren ersetzt werden, was im Zuge einer Gesamterneuerung mit einem neuen Warmwasserkonzept kombiniert werden soll.

Allerdings ist die «überraschende Lösung» mit elektrischen Durchlauferwärmern nicht nur wegen des Verbots solcher Geräte unrealistisch: für eine Dusche wären mindestens 20 kW elektrische Leistung erforderlich. Diese in Mehrfamilienhäusern bei möglicher Gleichzeitigkeit aus Batterien decken zu wollen, ist kaum realistisch, es wären enorme Batterieleistungen nötig und die elektrische Verteilung würde sehr aufwendig. Unklar sind die Ausführungen: «Durchlauferhitzer aus dieser Zeit (gemeint ist 2006) liefen ohne Regelung stetig im Standby-Betrieb». Elektrische Durchlauferwärmer für Trinkwasser-Entnahmestellen können nicht ohne Leistungsregelung betrieben werden. Solche Geräte könnten allenfalls als Ersatz für lange Zirkulationsleitungen oder Kleinspeicher mit hohen Bereitschaftsverlusten bei Entnahmestellen mit kleiner Leistung dienen.

Der Begriff «Standby-Betrieb» wird im Artikel auch für Zirkulationssysteme bzw. deren Verluste benutzt, was nicht gebräuchlich ist und allenfalls Vermeidungs-Methoden wie bei elektrischen Geräten suggeriert – eine Zirkulation kann aber nicht einfach abgestellt werden, nicht zuletzt wegen des Legionellen-Risikos.

Zum «Fazit»: Das Verbot der direkt-elektrischen Wassererwärmung darf keinesfalls einfach aufgehoben werden. Damit würden Wärmepumpen-Konzepte, welche heute auch dezentral möglich sind, konkurrenziert. Präzisierungen wären jedoch betreffend Notheizungen sinnvoll (Steuerung der Freigabe). Eine generelle Zulassung von elektrischen Durchlauferwärmern ist wegen der Netzbelastung undenkbar.

Jürg Nipkow, 8006 Zürich, sowie Michel Haller, Urs Lippuner, Reto von Euw (Mitglieder der Kommission SIA 385 Warmwasser), Jean-Marc Suter (Sachbearbeiter SIA 385)

Jochen Ganz,

Replik auf den Kommentar von Jürg Nipkow

Im Lauf der Studie stiessen wir auf die Tatsache, dass die effektiven Sanierungszyklen von Gebäuden nicht den üblich genannten Werten entsprechen. Daher wird oft auch von einem Sanierungsstau gesprochen. Im Gespräch mit Immobilienbetreibern, wie etwa Wohnbaugenossenschaften, haben wir realisiert, dass diese bewusst nur das Nötige sanieren, um die Kosten für den Wohnraum tief zu halten. Strangsanierungen werden unbedingt vermieden. Die Annahme der Leserbriefschreiber «Zirkulationssysteme in Gebäuden aus den Jahren vor 1990 müssen in den nächsten 10 bis 20 Jahren ersetzt werden…» widerspiegelt also nicht die gelebte Praxis.

Die direktelektrische Warmwasserproduktion muss nicht einfach freigegeben werden. In der MuKEn 2014 (Art. 1.16) wäre sie eigentlich erlaubt, wenn 50 % der Energie aus erneuerbaren Quellen stammt. Erst die Vollzugshilfe EN-103 vom März 2020 schliesst dabei Photovoltaik aus. Diese Ungleichbehandlung gegenüber Sonnenkollektoren ist weder energiepolitisch noch ökologisch zu vertreten. Die weiteren Einwände der Leserbriefschreiber dürfte der Markt selbst regeln. In Deutschland ist die Lösung gelebte Praxis und in «The Circle» am Flughafen Zürich – ein energetisch prämierter Gebäudekomplex – wird auch auf dezentrale direktelektrische Warmwasserproduktion gesetzt, aus Gründen der Effizienz.

Was ist die Summe aus 9 und 5?