Die LED ist angekommen
Neue Themen in der Lichtforschung
Für Beleuchtungszwecke ist die LED ausgereift – Lichtausbeute, Farbqualität, Lebensdauer und Preis entsprechen den Erwartungen. Nun werden andere Themen wie Integrative Lighting und Tageslicht erforscht.
Der Leuchtendesigner Lukas Niederberger hat bei den Luzerner Leuchtenherstellern Baltensweiler und Moos Licht langjährige Erfahrungen gesammelt. Baltensweiler stellt Leuchten im Premium-Segment für den privaten Bereich her, Moos ist auf hochwertige Gewerbe- und Industrieleuchten spezialisiert. Obwohl sich ihre Produkte deutlich unterscheiden, haben beide Firmen etwas gemeinsam: Die LED hat sich in ihren Bereichen etabliert. Niederberger betont: «Ausser in ganz bestimmten Nischen führt kein Weg mehr an der LED vorbei.» In gewissen Bereichen, beispielsweise in der Industrie, leiste die Fluoreszenzröhre zwar noch gute Dienste und hat einen ziemlich hohen Wirkungsgrad, aber ihren Einsatz in neuen Leuchten würde Niederberger heute nicht empfehlen, weil sie nicht zukunftssicher sind. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Produktion der FL-Röhren aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt wird, obwohl sie den Anforderungen eigentlich noch genügten.
Im Vergleich zum FL-Leuchtmittel hat die LED dank ihrer Richtwirkung Vorteile, beispielsweise im industriellen Sektor, wo das Licht nicht von einem Tisch kommt, sondern von Pendelleuchten. Dadurch erhöht sich der Wirkungsgrad der Leuchten.
Auch Forscher teilen diese positive Sicht der LED aus der Praxis. Tran Quoc Khanh, Professor für Lichttechnik an der TU Darmstadt, bestätigt: «Ich persönlich sehe die LEDs sowohl für die Aussenbeleuchtung als auch für die Innenraumbeleuchtung aller Art aus der Sicht von 2019 klar im Vorteil. Es wird für die Leuchtstofflampen schwer werden.»
Neue Lichttechnologien
Die Dominanz der LED lässt sich einerseits auf ihre besonderen Eigenschaften und ihre Marktreife zurückführen, andererseits ist zurzeit keine neue Alternative zur LED in Sicht. Als vielversprechende Technologie wurde vor Jahren die OLED gehandelt. Aber um sie ist es unterdessen ruhig geworden. Bei der Forschung ist nichts wirklich Bahnbrechendes herausgekommen, obwohl beispielsweise Osram viel Geld in diesen Bereich investiert hat, um die Lebensdauer zu verlängern und den Herstellungspreis zu senken. Die Lichtausbeute und die Lebensdauer sind mittelmässig. Um eine akzeptable Lichtmenge zu erzeugen, braucht man eine grössere Fläche, was die Leuchte um Faktoren teurer macht als die LED. Als Forschungsthema ist die OLED zwar interessant, aber kommerziell wird sie zu Beleuchtungszwecken kaum eingesetzt. Mit der LED erreicht man in vielen Fällen den gleichen Effekt, z. B. eine homogene Ausleuchtung, auf preisgünstigere Weise. Den Preis, den man dafür bezahlt, ist die leicht grössere Einbautiefe.
Die LED wird optimiert
Gemäss Niederberger wird bei der LED noch ein wenig am Preis geschraubt, an der Lichtstärke, an der Homogenität, an der Voraussagbarkeit der produzierten Wellenlänge: «Grundsätzlich haben wir mit der LED das Ziel erreicht. Die weissen Low-Power oder Mid-Power-LEDs, die Moos einsetzt, haben bis zu 200 lm/W bei 4000 K.» Auch die typische Lebensdauer liege im Bereich von 70’000 h, wenn man sich an die Spezifikationen der Hersteller hält.
Ein Thema, um das es auch ruhiger geworden ist, ist die Farbwiedergabe. Früher hat das bläuliche, kalte Licht der weissen LEDs gestört. Heute trifft man in der Praxis auf angenehmere Lichttemperaturen. Manchmal wird auch ein Colour Rendering Index (CRI) von 90 verlangt, aber bei einer besseren Farbwiedergabe ist gemäss Niederberger die Phosphorschicht weniger effizient. Man hat rund 13% weniger Licht. Zudem begegnet man ab und zu der Erwartung, man müsse in allen Einsatzbereichen eine möglichst hohe Farbwiedergabe haben, was eigentlich gar nicht nötig sei. Natürlich sollte man in anspruchsvollen Beleuchtungssituationen von der Standard-Farbwiedergabe CRI 80 abweichen, beispielsweise in Läden oder Museen, aber in einem Büro reichen die 80 problemlos. Da bringt der leicht teurere CRI von 90 keinen spürbaren Vorteil.
Auch gemäss Tran Quoc Khanh hat die LED ein hohes Niveau erreicht. Gewisse Punkte können aber noch verbessert werden: «Die offenen Fragen sind, wie man die grünen halbleiterbasierten LEDs optimieren kann, wie man stabile Leuchtstoffe herstellt oder wie man das Packaging von Midpower-LEDs weiter verbessern kann.» Man arbeite ausserdem an einer neuen Lebensdauer-Definition für neue Generationen von LEDs. Die bisherige Definition, die sich auf den Lichtstromverlust bezieht (L70, L80), ist laut Khanh weit überholt. Für die Innenraumbeleuchtung sei ein Lichtstromverlust nicht mehr das kritische alleinige Kriterium, sondern die Farbortverschiebung. Für HCL-Leuchten (Human Centric Lighting) ist es eher die Verschiebung der Spektren der LEDs. «Man kann aber wirklich sagen, dass die Fragenebene derzeit von Komponenten-LEDs über die Modulebene nun zur Leuchtenebene hin geht.»
Die Elektronik nicht vernachlässigen
Bei den Leuchten arbeitet man heute gemäss Khanh daran, die Digitalelektronik möglichst zuverlässig zu machen, nicht nur bei hoher Temperatur, sondern auch in Kombination mit hoher Feuchtigkeit, damit sie in Gewächshäusern, in tropischen Ländern und in den Hallen der Lebensmittelindustrie zuverlässige Dienste leisten kann.
Ein weiteres Elektronik-Thema ist das Dimmen. In den Projekten von Moos Licht wird heute fast ausschliesslich lineares Dimmen eingesetzt, d. h. ein Dimmen, das durch eine Veränderung der Stromstärke erzeugt wird. Die Alternative PWM, Pulse Width Modulation, trifft man zwar auch relativ häufig an, aber sie ist weniger beliebt, weil sie zu unerwünschtem Flackern führen kann, wenn ihre Frequenz zu niedrig ist. Dies merkt man besonders bei Fotoaufnahmen oder Videos, auf denen Moiré-Muster auftreten. Aber auch das Wohlbefinden kann dadurch beeinflusst werden, sogar dann, wenn das Licht nicht sichtbar flackert. Es wird vermutet, dass bei langsamen Frequenzen, die zwar nicht bewusst wahrnehmbar sind, aber die das Gehirn als Schwarzbilder registriert, Auswirkungen wie Migräne oder Müdigkeit möglich sind. Teilweise lässt sich der durch PWM verursachte Stroboskopeffekt (bei unveränderter PWM-Frequenz, beispielsweise bei 200 Hz) reduzieren, indem man einzelne LED-Leuchten zeitlich verschoben ansteuert. Bei Frequenzen über 1 kHz tritt dieses Problem nicht auf.
Die PWM-Dimmung hat aber nicht nur Nachteile: Dadurch, dass man die LED in einem identischen, möglichst optimalen Arbeitspunkt betreibt, hat man eine konstante Lichtqualität, bei ähnlicher Effizienz wie beim linearen Dimmen. Bei Letzterem machen sich hingegen vor allem im unteren Bereich die Toleranzen der LEDs stark bemerkbar: Farbe und Intensität schwanken manchmal beträchtlich. Beim Betreiben mehrerer LEDs mit dem gleichen Strom kommt man bei gewissen LEDs beim Absenken des Stroms schneller in den Bereich, in dem sie ausschalten. Andere LEDs leuchten da noch. Diese Inhomogenität stört besonders bei hochwertigen Leuchten.
Forschungsbedarf beim Human Centric Lighting
Für den Leuchtendesigner Niederberger macht sich der Trend zu Tunable White bemerkbar. Circadianische, auf den menschlichen Rhythmus angepasste Lichtlösungen, werden nachgefragt. Obwohl das Interesse gross ist, gibt es noch wenige Lösungen auf dem Markt. Weil Human Centric Lighting, HCL, a priori teurer ist als konventionelle Beleuchtungssysteme und weil Unklarheit über die positiven Effekte von HCL herrscht, bleibt es oft bei der Anfrage. Wenn sich die gesteigerte Arbeitseffizienz und das Komfortgefühl der Personen quantifizieren liessen, würde sich eher jemand für den Kauf von HCL entscheiden. Dann liessen sich die zusätzlichen Investitionen rechtfertigen.
Björn Schrader, Dozent an der Hochschule Luzern und Leiter der Themenplattform Licht@hslu, präzisiert das Verständnis von HCL: «Meist wird mit HCL nur die nichtvisuelle Wirkung von Licht auf den Menschen gemeint. Die visuelle Wirkung sowie die psychologischen, emotionellen Aspekte sind auch zu berücksichtigen. Alle drei Komponenten sind miteinander verbunden. Man sollte deshalb HCL vielmehr als integrativen Ansatz verstehen.» Deshalb zieht man an der Hochschule Luzern den Begriff «Integrative Lighting» vor, der auch von der Commission Internationale de l’Eclairage (CIE) verwendet wird.
Schrader plädiert für Geduld: «Die Forschung im Bereich der nichtvisuellen Wirkung von Licht braucht Zeit und geht daher nur langsam voran.» Das Bewusstsein für dieses wichtige Thema sei bei vielen Entscheidungsträgern noch zu gering bzw. man schenkt den Marketingabteilungen der Lichtindustrie zu schnell Glauben. So werden hohe Erwartungen beim Nutzer geweckt und Halbwissen verbreitet. Schliesslich können diese Erwartungen jedoch nicht erfüllt werden, was der Lichtbranche schadet.
Auch Khanh ist vorsichtig optimistisch: «Die Änderung der Farbtemperaturen zur richtigen Zeit verbunden mit einer Änderung der Beleuchtungsniveaus über den Tag bringen nach bisherigen Untersuchungen in Pflegeheimen, Kliniken und Schulen schon eindeutig positive Resultate. Die Müdigkeit sinkt, die Konzentration am Tag erhöht sich, die Leistung auch. Das sind Untersuchungen der quasi-akuten Wirkungen von wenigen Stunden, wenigen Tagen oder ein bis zwei Wochen. Langfristige Wirkungen müssen noch genauer und umfassender untersucht werden.»
An der Hochschule Luzern wurden in den letzten Jahren mehrere Projekte mit Tunable-White-Anlagen begleitet. In diesen mehrjährigen Projekten ging es primär um Aspekte der nichtvisuellen Wirkung von Licht auf Menschen. Diese Projekte sind nun in der Abschlussphase. Die gewonnenen Erkenntnisse werden am 30. Januar 2020 am Swiss-Lighting-Forum vorgestellt.
Die aktuellen Herausforderungen liegen laut Schrader nicht in der LED-Technik, sondern in der Schnittstelle zwischen Nutzer, Technik und einer Gestaltungsidee. Deshalb braucht es interdisziplinäre Ansätze. Um die Lichtforschung im nicht-visuellen Bereich konsistenter und aussagekräftiger zu machen, wurde an der Hochschule Luzern ein Licht-Dosimeter der neusten Generation entwickelt, mit dem sich die Licht-History von Probanden aufzeichnen lässt. Damit lässt sich die Frage klären, welches Licht die Körperprozesse zu welcher Zeit beeinflusst hat. Dabei wurde auch die Norm CIE S 026/E:2018, «CIE-System für die Metrologie optischer Strahlung für ipRGC-beeinflusste Antworten auf Licht», die im Dezember 2018 veröffentlicht wurde, im Projekt berücksichtigt.
Tageslicht besser einsetzen
Eine weitere aktuelle Entwicklung in der Beleuchtungsbranche ist die bewusstere Nutzung von Tageslicht, weil es die Energieeffizienz steigern kann und am ehesten den menschlichen Lichtbedürfnissen entspricht. Björn Schrader betont: «Die hohe gesundheitliche Bedeutung des Tageslichts ist unbestritten, denn es wirkt auch als ein wichtiger Taktgeber auf unseren Körper. Es muss in Zukunft verstärkt berücksichtigt werden.» An der Hochschule Luzern wird im Lichtmesscontainer auf dem Campus in Horw untersucht, wie man elektrochrome Gläser der neusten Generation einsetzen kann, um Tageslicht möglichst optimal zu nutzen.
Als Ausdruck dieses Trends ist im Juni 2019 die Tageslichtnorm SN EN 17037 in Kraft getreten, die Bewertungsverfahren, Kriterien und Hinweise für die Tageslichtbeleuchtung liefert. Die Umsetzung dieser Norm stellt eine interdisziplinäre Herausforderung dar, denn bereits im architektonischen Entwurf sollte sie berücksichtigt werden. Eine gute Sache, denn sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit, zur Energieeffizienz und nicht zuletzt zu den eigentlich zentralen Aspekten des Lichts für den Menschen: zu Wohlbefinden und Gesundheit.
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