Fachartikel Eigenverbrauch , Integration ins Netz , Produktion

WKK mit Mini-Blockheizkraftwerken

Wärme- und Stromversorgung mit Klein-Wärme-Kraft-Kopplung

27.04.2018

Die Klein-Wärme-Kraft-Kopplung mit Mini-Blockheizkraftwerken hat grosse technische Fortschritte gemacht. Bezüglich Betrieb und Wirkungsgrad ist sie vergleichbar mit einer modernen Gastherme. Zusätzlich produziert ein Mini-Blockheizkraftwerk auch noch wertvolle elektrische Energie, die zum Beispiel zum Antrieb von Wärmepumpen verwendet werden kann.

Der Pro-Kopf-Energiebedarf soll in der Schweiz gemäss Energiestrategie sinken. Trotz Effizienz- und Sparbemühungen wird der absolute Gesamtstrombedarf zum Beispiel für den Betrieb von Wärmepumpen und aufgrund zunehmender Elektromobilität sowie Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum zunehmen. Nach dem beabsichtigten schrittweisen Wegfall der Atomkraftwerke muss dieser Bedarf an Elektrizität anderweitig gedeckt werden. Die Energieproduktion aus den Erneuerbaren wird sicher zunehmen, sie fällt aber teilweise witterungsabhängig an und von der Wasserkraft ist wenig zu erwarten, da deren Potenzial praktisch ausgeschöpft ist [1].

Ideal ist aber die Wärme-Kraft-Kopplung (WKK). Diese Technologie kann künftig in der Schweiz einen wertvollen Beitrag zur Wärme- und Stromversorgung im Winter leisten. Mit Verbrennungsmotoren und angekoppelten Generatoren werden gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt und mit hohem Gesamtwirkungsgrad genutzt. Dank Standardisierung der Blockheizkraftwerke (BHKW) haben sich die Investitions- und insbesondere die Unterhaltskosten verringert, bei gleichzeitiger Erhöhung der Qualität. Die Aggregatssteuerung eines Mini-BHKW kann eine Heizung komplett und einfach analog eines Heizkessels optimal steuern.

Wieso ist WKK im Winter unverzichtbar?

In der Regel wird die Leistung eines BHKW nach dem Wärmebedarf eines Gebäudes oder einer Überbauung (auch Nahwärmenetz) geregelt. Sobald die Aussentemperatur unter einen bestimmten Wert fällt, schaltet sich das BHKW-Aggregat automatisch ein und produziert die angeforderte Wärme. Um eine sinnvolle Laufzeit des BHKW zu erreichen, wird ein allfälliger Wärmeüberschuss in einem Warmwasserbehälter zwischengespeichert. Falls die Wärmeleistung des BHKW nicht ausreicht, wird zuerst die Wärme aus dem Speicher zugeschaltet, bevor ein Spitzenlastkessel (zum Beispiel eine Gastherme) die benötigte Restwärme produziert, um den Bedarf der Wärmeverbraucher zu decken.

Dies geschieht nach richtiger Auslegung jedoch nur an wenigen Tagen der Heizperiode. Der produzierte Strom wird im Gebäude selbst verbraucht, in das öffentliche Netz gespeist oder in Stromspeichern gespeichert. Als Brennstoff der Antriebseinheit (zum Beispiel Gasmotor, Gasturbine etc.) fungiert Erdgas, ein Erdgas-Biogas-Gemisch oder reines Biogas. Verwendet man Letzteres, werden Strom und Wärme CO2-frei produziert. Falls Gas als Brennstoff nicht zur Verfügung steht, kann auch Diesel beziehungsweise Heizöl verwendet werden. Dies bedingt jedoch zusätzlich eine relativ aufwendige Abgasanlage mit hohem Betriebsunterhalt, um die vorgeschriebenen Grenzwerte der Abgasemissionen zu erreichen.

Die Sonne scheint vor allem im Sommer, wenn der Bedarf an Wärme naturgemäss gering ist (siehe obenstehendes Bild). In den Monaten der kalten Jahreszeit bringt die Sonnenenergie nur einen Bruchteil der Einstrahlung. Zusätzliche Wärmeerzeuger wie Gas- beziehungsweise Ölkessel, Wärmepumpen oder eben BHKWs müssen die benötigte Wärme bereitstellen. Bei der Wärmepumpe ist hinzuzufügen, dass die sogenannte Leistungsziffer respektive Jahresarbeitszahl bei kalten Aussentemperaturen deutlich abnimmt, wodurch der Strombedarf steigt.

Auf der anderen Seite verbraucht die Bevölkerung in der Schweiz im Winter deutlich mehr Strom als im Sommer, was aus dem untenstehenden Bild  (Stromerzeugung/-verbrauch in der Schweiz 2016) ersichtlich wird. In den Monaten November bis Februar des Winters 2016/17 betrug der Stromkonsum zwischen 5700 und 6150  GWh monatlich. Dieser Wert wird sich in Zukunft deutlich erhöhen, da aufgrund der Gesetzgebung mehr Wärmepumpen installiert werden müssen.

Im Weiteren wird die geförderte und gepushte Elektromobilität (öV, Smart-Fahrzeuge, E-Bikes etc.) zunehmen. Dazu muss insbesondere mit CO2 belasteter Strom aus dem Ausland importiert werden. Dieser Strom hat den zusätzlichen Nachteil der schlechteren Qualität aufgrund von Netzschwankungen, hervorgerufen durch die Stromverteilung auf dem europäischen Markt. [2] Auch die Wasserkraft produziert im Winter weniger Strom als im Sommer, weil Speicherseen und Flüsse weniger Wasser führen. [1]

Diese fehlende elektrische Energie könnte durch Gaskraftwerke sichergestellt werden. Moderne Gaskraftwerke können einen elektrischen Wirkungsgrad von bis zu 60 % erreichen. Die Abwärme kann ebenfalls teilweise genutzt werden, wobei sich aber der elektrische Wirkungsgrad verkleinern würde, was nicht im Sinne des Kraftwerksbetreibers ist. Da die Abwärme in grossen Mengen anfällt, müssten kostenintensive Fernwärmenetze gebaut beziehungsweise ausgebaut werden. Das folgende Bild  zeigt den zukünftigen Strombedarf nach der schrittweisen Abschaltung der Kernkraftwerke. Dabei wird ersichtlich, dass im Jahr 2016 ohne Kernkraftwerke nur im Juni Strom hätte exportiert werden können.

Damit die WKK ihrer Rolle als Energielieferantin im Winter gerecht werden kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die WKK muss als effiziente und umweltschonende Energietechnologie anerkannt sein.
  • Der elektrische Teil der Energieproduktion eines BHKW muss aufgewertet werden. Insbesondere muss dieser von der CO2-Abgabe entlastet werden.
  • Die kantonalen Energiegesetze müssen entsprechend angepasst werden. Bestehende Gas- oder Ölheizungen müssen 1:1 durch Mini-BHKWs ohne zusätzliche Auflagen ersetzt werden können.
  • Hohe totale Wirkungsgrade der Energieerzeugungseinheiten müssen belohnt werden (hohe Ausnutzung des Primär-
    energieträgers in Wärme und Strom).
  • Fördertarif für den Brennstoff.
  • Kostendeckende Rückspeisevergütung beziehungsweise Entschädigung des Elektrizitätswerkes für zuschaltbaren Spitzenstrom muss möglich sein.

Sicherheit bei Netzausfall dank Notstrom vom eigenen BHKW

Die öffentlichen Netze werden immer anfälliger hinsichtlich kurz- oder längerfristiger Ausfälle. Im Winter 2017/18 kam es in der Schweiz durch Winterstürme zu verschiedenen Strom­unterbrüchen, die teilweise über mehrere Stunden andauerten. Ganze Agglomerationen, Dörfer, Gemeinden etc. waren ohne Elektrizität. In der Region Zürichsee sorgte der Wintersturm Burglind für einen grossflächigen Stromausfall: Mehrere Bäume stürzten auf zwei Hochspannungsleitungen, sodass das Unterwerk Stäfa vom Strom abgeschnitten wurde. Unterbrochen waren die Leitungen von Stäfa nach Aathal sowie jene von Stäfa nach Herrliberg. Mehrere Tausend Haushalte hatten deswegen während fünf Stunden keinen Strom mehr.[3] Weil der Stromausfall auch Peripheriegeräte wie Brenner, Pumpen etc. betraf, funktionierten Heizungen nicht mehr.

Ein BHKW, ausgerüstet mit einem Netzersatzbetrieb, kann das Aufrechterhalten der Stromversorgung gewährleisten, womit Schäden an Gebäuden und Infrastruktur verhindert werden. Ein solches Mini-Kraftwerk besitzt eine Notstromfunktion, die in Kombination mit einer kundenspezifischen Auslegung des Anschlusskastens die wichtigsten Verbraucher mit Notstrom versorgt. Bei Netzrückkehr synchronisiert das BHKW automatisch unterbruchslos zurück zum Netz. Blockheizkraftwerke für den Netzparallelbetrieb mit Notstromfunktion sind mit elektronisch geregelten Synchrongeneratoren ausgerüstet. Damit wird auch im Notstrombetrieb (Inselbetrieb) eine hohe Spannungs- und Frequenzstabilität erreicht. Anwendung finden diese Anlagen überall dort, wo Strom und Wärme benötigt werden und wo auch bei Netzausfall nicht auf eine Stromversorgung verzichtet werden kann.

Batteriespeichersysteme können bei Netzausfall ebenfalls als Netzersatz verwendet werden. Diese eignen sich aber nur für einen Netzkurzunterbruch (oder Netzwischer). Dabei ist aber die Speicherkapazität zu beachten.

Dezentrale WKK kann Netze entlasten

Axpo schreibt in ihrem Geschäftsbericht, dass das Bundesamt für Energie davon ausgehe, dass die Schweiz mit der vollständigen Marktöffnung und der Anbindung an den EU-Markt auch in Extremsituationen jederzeit genug Strom aus den Nachbarländern importieren könne. Dabei könne es jederzeit zum Blackout kommen. Als Beleg dafür verweist der Energiekonzern auf den 24.  Januar 2017. An diesem kalten Wintertag seien gleichzeitig in Deutschland wetterbedingt fast alle Solar- und Windkraftwerke und in Frankreich ein Teil der Atomkraftwerke ausgefallen. Ein möglicher Blackout habe schliesslich nur durch den Stromimport aus Skandinavien verhindert werden können. Das Beispiel zeige, dass man sich niemals nur auf die Nachbarn verlassen solle, schreibt die Axpo.[4]

Sinnvoller ist, dezentrale Blockheizkraft flächendeckend einzusetzen. Mit intelligentem Gebäudemanagement können die BHKWs in Spitzenzeiten über die Mittagszeit eingeschaltet werden. Der richtig dimensionierte Warmwasserspeicher übernimmt die Restwärme des BHKW, ohne dass die Abwärme vernichtet werden muss. Reicht diese Leistung nicht aus, kann die zusätzlich benötigte elektrische Energie aus den Batteriespeichern gewonnen werden.

Über die Vernetzung mit dem örtlichen Elektrizitätswerk kann das BHKW auch bei einer Leistungsanforderung des Smartgrid eingeschaltet werden. Dabei ist zu beachten, dass das BHKW nur in Betrieb gehen kann, solange die Wärme abgenommen werden kann. Die Variante «Notstromanlage», wie sie bereits teilweise existiert (zum Beispiel Flexpool), ist gesetzlich und energiepolitisch problematisch. Bei Notstromanlagen mit einer erlaubten Laufzeit von maximal 50 Betriebsstunden pro Jahr müssen weder die Abgasemissionen eingehalten werden, noch muss die Wärmeabnahme gewährleistet sein.

Mini-BHKW: das eigene Kraftwerk im Keller

Das Potenzial für den Einsatz von wärmegeführten BHKWs ist in der Schweiz im Bereich von 5 bis 50  kW elektrischer Leistung am grössten. Laut dem Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) wurden in den Jahren 2013 bis 2016 jährlich zirka 7000 neue Gasheizungen im Bereich von 50 bis 100  kW Heizleistung installiert. Ein BHKW wird mit 20 bis 50 % der errechneten Heizleistung einer Immobilie ausgelegt, um einen wirtschaftlichen Betrieb des BHKW mit einer Laufzeit von 3500 bis 5000 Betriebsstunden zu erreichen. Somit wird deutlich, dass alleine im Bereich von Mehrfamilienhäusern, Immobilien und Überbauungen ein Potenzial von mehreren Tausend BHKWs mit einer totalen installierten elektrischen Leistung von 280  MW jährlich möglich wäre. Nicht berücksichtigt sind dabei die mit Heizöl betriebenen eingebauten Heizkesselanlagen.

Bei den heute auf dem Markt erhältlichen neuentwickelten Mini-WKK-Anlagen handelt es sich nicht mehr um Einzelanfertigungen, also Pilotanlagen, sondern um standardisierte Ag­gregate. Der Nutzungsgrad des Brennstoffes erreicht dank des hohen elektrischen Wirkungsgrads und optimaler Abgaskondensation über 100 %, bezogen auf den unteren Heizwert des Brennstoffes. Die Heisswassertemperaturen sind um einiges höher als zum Beispiel bei Wärmepumpen. Das erleichtert insbesondere auch die Warmwasseraufbereitung (Stichwort Legionellen). Neue Verbrennungstechniken und eine optimale Aggregatssteuerung sorgen dafür, dass tiefe Abgasemissionen erreicht werden. Die Technologie des geregelten Drei-Wege-Katalysators hat sich durchgesetzt.

Die BHKW-Module sind heute SVGW- respektive DVGW-zertifiziert. Dies ist Vorschrift, damit das Gerät problemlos an das öffentliche Gasnetz angeschlossen werden kann.

Potenzial als Ersatz für Heizanlagen kleinerer Gebäude

Mini-BHKWs sind standardisierte Heizkraftwerke für den Bedarf an Strom und Wärme. Das grösste Potenzial liegt beim Ersatz von Heizanlagen im Leistungsbereich von kleineren Gebäuden und Überbauungen. Diese Aggregate haben eine hohe Energieeffizienz bei niedrigen Abgasemissionen. Die Klein-WKK kann in der Schweiz einen Beitrag zur umweltschonenden Energieversorgung beitragen. Die BHKW-Hersteller haben ihre Hausaufgaben gemacht. Jetzt liegt es an der Politik, diese Technologie zu fördern, beziehungsweise nicht zu verhindern.

Referenzen

[1]   VSE, Wege in die Stromzukunft, 2012.
[2]   Dominique Martin, «Bitte ohne Scheuklappen!», Bulletin SEV/VSE 2/18.
[3]   «‹Burglind› bringt Orkanböen und grosse Schäden», Der Landbote vom 4. Januar 2018.
[4]   «Axpo attackiert Energiestrategie des Bundes», Basler Zeitung vom 20. Dezember 2017.

Autor
Adrian Jaquiéry

war während vieler Jahre Präsident des WKK-Fachverbands.

KWK oder WKK?

Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wird auch als Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) bezeichnet. In der Schweiz werden Anlagen, die zeitgleich Wärme und Strom bereitstellen, als WKK-Anlage (Wärme-Kraft-Kopplung) bezeichnet. Das Prinzip der gleichzeitigen Produktion von Strom und Wärme ist bei der Wärme-Kraft-Kopplung (WKK) wie auch der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) identisch.

Kommentare

Dieter Howald,

Vielen Dank für das gut verständliche Resumé zu diesem für mich als Hausbesitzer und Bürger wichtigen, in unserer Energiepolitik meines Wissens völlig übergangenen Bausteins. Die forcierte Rundumelektrifizierung wird uns noch Probleme bringen, die bisher verdrängt werden zugunsten eines absehbaren comeback der Atomenergie, die schon längst im Gebüsch lauert.

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