Windparks: Konkurrenz gräbt den Wind ab
Sogenannter «Windklau» kann zu einem grossen Problem werden
Um Windparks noch besser zu nutzen, werden neue Anlagen zugebaut. Werden diese in direkter Nachbarschaft zu bestehenden Windenergieanlagen erstellt, kann es zu sogenanntem «Windklau» und damit zu grossen Mindererträgen kommen. Vorausschauende Planung und Analyse sind daher wichtig, um solche «bösen Überraschungen» zu vermeiden.
Schweizer EWs haben kräftig in Windparks im Ausland investiert und tun dies nach wie vor. Ein neues Phänomen bereitet jedoch so manchem Windparkbetreiber Kopfschmerzen, insbesondere in Deutschland, aber auch zunehmend in anderen Ländern. Wenn Konkurrenten neue Anlagen in der Nachbarschaft bauen, kann dies zu massiven Ertrags- und somit Wertverlusten führen. Dieser sogenannte «Windklau» ist nicht verboten. Das ist zwar nicht wirklich neu, doch mittlerweile sind die letzten freien Flächen in vielen Eignungsgebieten und sogar innerhalb bestehender Windparks umkämpft. Konnte man sich früher noch relativ sicher fühlen, ist heute Wachsamkeit gefordert. So manches Schweizer EW wurde bereits negativ überrascht.
Windparks werden für eine Laufzeit von mindestens 20 Jahren entwickelt, finanziert und gebaut. Während dieser Zeit steht die Welt nicht still, sondern das Umfeld und die Rahmenbedingungen ändern sich – teilweise dramatisch. Global, national, regional und kommunal. Raumordnungspläne werden fortgeschrieben, die Konkurrenz plant in der Nachbarschaft, das Militär verändert Tiefflugrouten und Radarsysteme, die Politik ändert ihre Ziele und Vorgaben und vieles mehr. Diese Umstände verlangen von Betreibern von Windparks fortlaufende Analysen und je nachdem auch Reaktionen darauf.
Der Druck auf Bestandsparks nimmt zu
Insbesondere in Deutschland nimmt der Konkurrenzdruck auf Standorte immer mehr zu. Das Ausschreibungssystem seit 2017 wird zu weitreichenden Veränderungen in der Windenergiebranche führen. Allgemein wird in Zukunft eine Konzentration auf grosse Projektentwickler erwartet, während viele kleinere Marktteilnehmer verschwinden werden. Insgesamt jedoch wächst der Druck auf gute Standorte – und auf bestehende Windparks. Jede freie Fläche innerhalb dieser wird darauf geprüft, ob nicht doch noch die eine oder andere Windenergieanlage zugebaut werden kann. Daraus ergeben sich für Windparkbetreiber Chancen und Risiken gleichermassen. Werden in unmittelbarer Nachbarschaft (oder eben sogar mittendrin) neue Anlagen eines Konkurrenten gebaut, dann kann dies massive Ertrags- und somit Wertverluste für den Bestandspark bedeuten. Produktionsverluste von 5 % und mehr sind keine Seltenheit. Das sind Mindererträge, die Betreibern Kopfzerbrechen verursachen, zumal ein solches Szenario wohl kaum im Business Case vorgesehen war. Die jährlichen Verluste können dabei mehrere 10 000 € pro Windenergieanlage ausmachen, ganz zu schweigen von erhöhten Betriebskosten aufgrund des grösseren Verschleisses.
Es liegt an den Betreibern, die Möglichkeiten zu erkennen, um sie selbst zu nutzen oder zumindest zu verhindern, dass jemand anderes dies zum Nachteil des eigenen Parks tut. Dabei entstehen sogar neue Geschäftsfelder windiger und findiger Akteure, um die letzten Reserven aus bestehenden Standorten herauszuholen und so die Betreiber unter Zugzwang zu stellen. So mancher Investor wurde schon böse überrascht, als er erkannte, dass derselbe Planer, der ihm den Windpark verkauft hat, kurz darauf den Wind abgräbt.
Neue Herausforderungen – neue Chancen
Wichtig ist deshalb, rechtzeitig zu reagieren. Neue Standorte zu erschliessen, kann heutzutage ziemlich lange dauern, da sich zum Beispiel die Anforderungen an den Artenschutz ständig verschärfen. Daher ist es für Betreiber vermehrt eine Option, aus ihren eigenen Windparkstandorten einen Mehrwert zu generieren – oder zumindest deren Wert zu erhalten. Verdichtung, Repowering, Erweiterung sind einige Möglichkeiten, wie man Standorte wertsteigernd entwickeln kann. Windparkbetreiber sollten diese Entwicklungen regelmässig verfolgen und entsprechende Strategien erarbeiten, um sich veränderten Bedingungen anzupassen.
Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Viele Betreiber vertrauen auf den vorgesehenen Betrieb über 20 Jahre und den Verbleib in der technischen und kaufmännischen Betriebsführung eines «Status quo». Dieser Status quo hat jedoch in der Realität oftmals gar keinen Bestand mehr und wirkt sich sogar wertmindernd aus. Entwicklungsmöglichkeiten werden nicht analysiert oder schlicht übersehen. Auch professionelle Betriebsführer sind oftmals keine Ausnahme, denn deren Auftrag und die dort abverlangte Kompetenz sind anders gelagert. Eine regelmässige Analyse der raumplanerischen Entwicklungen und vor allem auch der strategischen Risiken und Chancen benötigt eher die Sichtweise eines unabhängigen Planers, als eines klassischen technischen Betriebsführers.
Planerische Due Diligence ist essenziell
In der Regel ist Nichtstun jedoch die schlechteste Option, da damit Chancen vergeben werden und Risiken unerkannt bleiben. Die Konkurrenz füllt diese Lücke garantiert, und zwar zum Schaden des bestehenden Parks.
Auch auf der Seite von Investoren, die Windparks erwerben, wird die genaue Analyse der Entwicklungsmöglichkeiten und -risiken oftmals sträflich vernachlässigt. Die klassischen Projektprüfungen (Due Diligence) fokussieren sich oft zu sehr auf den Status quo. In einer Welt der steten Veränderung bleibt das aber eben nur eine Momentaufnahme.
Eine planerische Due Diligence, welche in einer Umfeldanalyse die potenziellen Veränderungen und Gefahren erfasst und bewertet, wird für Investoren und Betreiber essenziell für die wirtschaftliche Performance ihrer Assets.
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