Wie soll man das künftige Übertragungsnetz planen?
Es ist allen klar, dass die Aufgaben und die Auslegung des künftigen Übertragungsnetzes stark von den Stromerzeugern abhängig sein werden. Ein Extrem wäre eine massive Penetration von dezentralen PV-Anlagen und Kleinwasserkraftanlagen in vielen energieautarken Microgrids, wo das Übertragungsnetz fast überflüssig wäre. Das andere Extrem wäre ein enormer Ausbau von Solaranlagen im Süden und grossen Windparks im Norden, was ein Übertragungsnetz mit einer hohen Kapazität und Flexibilität erfordern würde. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es natürlich ein kontinuierliches Spektrum von Szenarien. Das Planen des künftigen Netzes ist deshalb eine gigantische Herausforderung. Zudem sind heute unterschiedliche Akteure für Kraftwerke und Netze zuständig, was das Problem noch verschärft.
Wir müssen uns auch daran erinnern, dass das heutige Übertragungsnetz in Kontinentaleuropa nicht primär gebaut wurde, um grosse Energiemengen über lange Strecken zu transportieren, sondern hauptsächlich, um Reserve mit energie- und leistungsautarken Ländern zu teilen und Redundanzen bereitzustellen. Die beiden skizzierten Szenarien stellen aber an das Übertragungsnetz andere Anforderungen und verändern somit seine Rolle.
Natürlich weiss niemand, was die Zukunft bringen wird. Das war ja immer eine Schwierigkeit für die Netzplaner. Aber war die Zukunft je so unsicher wie heute? Viele Experten meinen, dass wir neue Ansätze brauchen, um die aktuelle Situation zu überwinden. Man argumentiert oft, dass nun eine untersuchende – englisch «exploratory» – Planung statt einer voraussagenden – englisch «predictive» – benötigt wird. Mit einer untersuchenden Planung wird man, so die Idee, eine Lösung bekommen, die flexibler und für mehrere Szenarien akzeptabel wäre. Hoffentlich werden die Übertragungsnetzbetreiber diese neuen Ansätze nutzen, um ein Netz für die Zukunft zu entwickeln, denn bisherige Ansätze kommen bei einem neuen Übertragungsnetz an ihre Grenzen.
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