Wie man einen Konzertsaal klimatisch in den Griff kriegt
Herausforderungen bei der Gebäudetechnik
Bei Bürohäusern ist die Gebäudeautomatisierung eine ausgereifte Sache. Sie stellt einen hohen Komfort sicher und spart zudem oft Energie. Aber wie sieht es in einem provisorischen Konzertsaal aus, der sich in einer Industriehalle befindet? Bezüglich Schallimmissionen und Komfort werden da besondere Anforderungen gestellt.
Bulletin: Wodurch unterscheidet sich die Tonhalle Maag von Bürohäusern?
Roger Fisch: Kleinere Räume lassen sich leichter heizen und lüften. Zudem gibt es in Räumen mit grossen Personenbelegungen Herausforderungen wegen der Sicherheit. Da gewisse Räume mit Gasheizstrahlern beheizt werden, sind die sicherheitstechnischen Anlagen mit der Lüftung gekoppelt. Ausserdem muss in der Tonhalle das Instrumentenlager überwacht werden, damit man beim Ausfall der Klimatisierung schnell reagieren kann, um die teuren Instrumente zu schützen.
Gibt es Unterschiede zwischen der Tonhalle Maag und der Halle 622?
Die Anforderungen hängen vom Publikum ab. Bei der Tonhalle hat man ein Durchschnittsalter von 63 bis 67 Jahren; bei der Halle 622 von 25 bis 30 Jahren. Ältere Leute erwarten angenehme Temperaturen, wenn sie ein Gebäude betreten. Dem jungen Publikum ist das Gesamtbild und der Sound wichtiger als die Raumtemperatur. Ein grosser Unterschied ist die Art des Belüftens: In der Konzerthalle darf das Grundgeräusch maximal 18 dB betragen, im nichtklassischen Bereich bis zu 30 dB. Die Lüftung ist deshalb anders aufgebaut. In der Tonhalle wird der Saal gesamtflächig von unten belüftet, durch kleine Löcher im Boden. Die Gebläse sind viel grösser dimensioniert, damit sie langsamer laufen und leiser sind. Diese Quelllüftung erzeugt eine Luftgeschwindigkeit von 0,15 bis 0,25 m/s. In der Halle 622 wird von oben hineingeblasen, wie dies bei Fabrikgebäuden üblich ist.
Wie kriegt man die unterschiedlichen Auslastungen in den Griff bezüglich Temperatur und Luftfeuchtigkeit?
Es hat sich bewährt, je nach Betriebsart einen Mittelwert zu nehmen. Man muss die konkrete Auslastung nicht kennen. Der Luft werden zur Befeuchtung pro Stunde rund 400 Liter Wasser beigemischt.
Mit welchen Herausforderungen werden Sie sonst noch konfrontiert?
Wir haben im Foyer Heizstrahler, die mit Gas betrieben werden. Es sind die schönen Strahler, die bereits vor hundert Jahren hier in der Zahnradfabrik verwendet wurden. Dies stellt Anforderungen an die Belüftung, denn man muss gewährleisten, dass immer eine gewisse Frischluftzufuhr vorhanden ist. Bei Problemen mit der Luft muss die Gaszufuhr sofort unterbrochen werden. Anfänglich war die Abstimmung der Frischluft ziemlich anspruchsvoll. Jetzt haben wir das richtige Mass gefunden.
Gab es auch akustische Probleme?
Ja, in den Nebenräumen. Wir haben gemerkt, dass es nicht nur auf die Geräusche im Saal ankommt. Die Verkleidungen der Lüftungsrohre haben akustische Resonanzen gebildet und diese Geräusche wurden über die Lüftungsrohre auch in die anderen Räume übertragen. Sie waren im gesamten Haus hör- und spürbar. Wir mussten deshalb alle Verkleidungen wieder entfernen, um das Problem zu lösen.
Müssen Sie die Akustik im Konzertsaal an die Auslastung anpassen?
Um optimale akustische Verhältnisse zu schaffen, verwenden wir Stühle mit einem akustischen Widerstand, der vergleichbar mit darauf sitzenden Personen ist. Akustisch macht es also keinen grossen Unterschied, ob der Saal voll oder fast leer ist.
Eine persönliche Frage zum Schluss: Setzen Sie Automatisierung bei Ihnen zu Hause ein?
Zu Hause habe ich eine Licht- und Heizungsüberwachung eingebaut. Sollte meine Gasheizung ausfallen, erhalte ich einen Alarm auf mein Smart Phone. Ich kann via Handy dann auch auf die Heizungssteuerung zugreifen oder das Licht über ein App steuern. Aber ein komplettes Hausleitsystem brauche ich nicht. Es ist für mich eher eine Spielerei, auch um künftige Trends kennenzulernen.
Zur Person
Roger Fisch ist Leiter der gesamten Gebäudetechnik der Maag Music & Arts AG. Die Firma ist zuständig für die im September 2017 eröffnete Tonhalle Maag, einem modularen Konzertsaal mit über 1200 Sitzplätzen, für die Maag-Hallen sowie für die Halle 622 in Oerlikon, die ursprüngliche Hochspannungsfabrik der ABB.
- Maag Music & Arts AG, 8005 Zürich
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