Meinung Electrosuisse , Erneuerbare Energien , Konventionelle Kraftwerke

Wasserkraft – auf der Suche nach einer Lösung

Perspektiven 2/2018

18.01.2018

Wenn man die Wasserkraftbranche betrachtet und die Trends bewertet, die wir heute auf etwas überzogene Weise Megatrends nennen, kommt man nicht umhin, der Branche eine rosige Zukunft vorherzusagen. Bei der Energieerzeugung handelt es sich im Allgemeinen um ein strategisches Produkt mit hohem geopolitischen Wert. Die verfügbaren Energieressourcen werden zwar abnehmen, aber die Nachfrage bleibt trotzdem hoch – trotz aller Anstrengungen, den Energieverbrauch zu reduzieren. Da immer leistungsfähigere Technologien eingesetzt werden, spielt die Elektrizität unter den vielen Energieformen eine immer wichtigere Rolle. Man denke in diesem Zusammenhang nur einmal an die Elektromobilität und an Wärmepumpen. In diesem Bereich ist die Wasserkraft die erneuerbare Quelle schlechthin, denn sie gilt als die Energiequelle, die über den gesamten Lebenszyklus gesehen die geringsten Umweltbelastungen besitzt. Zudem ist diese Technologie bekannt und akzeptiert. Der grösste Teil der Infrastrukturen wurde bereits in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gebaut. Durch ihre Flexibilität ist diese Technologie, insbesondere bei Speicherwasserkraftwerken, besonders gut als Lösung für die Energiespeicherung aus fluktuierenden Quellen geeignet. Ausserdem nimmt die Branche aus wirtschaftlicher Sicht schon lange eine wichtige Rolle ein. Alleine in der Schweiz werden mehr als 60% des Strombedarfs durch Wasserkraft gedeckt. Somit könnte man meinen, dass die Stellung dieser Technologie unantastbar sei.

Jedoch vergeht seit ein paar Jahren nicht ein Tag, an dem nicht über die Notwendigkeit von Massnahmen zur Förderung dieser Branche gesprochen wird, da sie Gefahr läuft, zu implodieren, erdrückt von Marktpreisen, die nicht einmal mehr die variablen Kosten decken. Meiner Meinung nach sollte man die Branche fördern, ohne auf Mittel zurückgreifen, mit denen die Probleme nur noch verschlimmert werden.

Ich denke, dass man den Markt und nicht die Branche betrachten muss, wenn man die aktuelle Lage verstehen will, denn es ist der Markt, der die zuvor erwähnten Megatrends nicht erkennt (oder anerkennt). Es ist in der Tat alles andere als normal, dass Strom aus Kraftwerken, die mehr als 60% des Marktes ausmachen, für eine längere Zeit nicht konkurrenzfähig ist. Der Grund? Experten sind mehrheitlich der Meinung, dass energiepolitische Massnahmen verantwortlich sind, die den Markt «gedopt» haben. Die Analyse ist verständlich, die gewünschte Abhilfe für das Problem der Wasserkraft weniger: Auch sie muss etwas gedopt werden. Natürlich sprechen wir hier nicht über den Fahrradsport. Aber ich denke, dass auch hier eine zielgerichtete Bekämpfung des Dopings und nicht die Liberalisierung die Lösung des Problems ist!

Autor
Pier Angelo Ceschi

leitet die Technikabteilung der SES.

  • Società Elettrica Sopracenerina, 6600 Locarno

Kommentare

Bitte addieren Sie 2 und 1.