Fachartikel Energiespeicher , Erneuerbare Energien

Was leisten PV-Speicher­systeme?

Effizienzleitfaden als Orientierungshilfe

01.10.2019

PV-Speichersysteme werden immer mehr Bestandteil einer PV-Anlage. Ist dies nötig und rentabel? Eine Antwort auf diese Frage liefert der vom PV-Labor der Berner Fach­hoch­schule in Burgdorf mitentwickelte Effizienz­leit­faden, an dem eine inter­nationale Arbeits­gruppe beteiligt war. Der Leitfaden liefert einheitliche, vergleich­bare Effizienz­kennwerte.

Laut dem Bundesamt für Energie entsteht in der Schweiz 2050 ein zusätzlicher Speicherbedarf von etwa 6,6 GWh auf den Netzebenen 6 und 7.[1] Eine vielversprechende Möglichkeit, die Flexibilität und Zuverlässigkeit des Stromnetzes zu erhöhen, sind Speichersysteme für netzgekoppelte Photovoltaikanlagen. So wären 660 000 installierte PV-Anlagen mit einem 10-kWh-Speicher dazu bereits ausreichend. Dies entspricht ca. 15% aller Schweizer Häuser.

In Deutschland wird heute über die Hälfte aller PV-Anlagen mit einem PV-Speichersystem verkauft. Die Zahl verkaufter Systeme hat die 100 000er Grenze bereits überschritten. In Deutschland beträgt die durchschnittliche Kapazität der PV-Speichersysteme 6 kWh.[2] Händler melden Umsatzrekorde und kommen mit der Lieferung dieser Systeme nicht mehr nach. Zur Verbesserung der Transparenz und Qualität hat die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin die Fachgruppe «Effizienzleitfaden» ins Leben gerufen. Im April 2019 wurde der «Effizienzleitfaden für PV-Speichersysteme» veröffentlicht, der ein standardisiertes Messverfahren zur Charakterisierung der Performance von PV-Speichersystemen beschreibt.

Die installierte Speicherkapazität stieg in der Schweiz 2018 mit 1590 Systemen und 14,6 MWh um 93,6% und zählt jetzt einen Gesamtbestand von knapp 30,3 MWh. Damit hat sich die Speicherkapazität in einem Jahr verdoppelt.[3] In Zukunft ist weiterhin mit einem massiven Zubau zu rechnen.

Warum Netzanbindung?

In Anbetracht der tiefen Vergütung des Solarstroms durch die Netzbetreiber (manchmal 4 Rp/kWh) ist die Einspeisung in der Schweiz häufig finanziell nicht attraktiv. Die Maximierung des Eigenverbrauchs des heute günstigen PV-Stroms ist viel wirtschaftlicher als dessen Einspeisung. PV-Speichersysteme können lokal produzierte Überschussenergie in Stunden ohne selbst erzeugten Strom bzw. hoher elektrischer Leistung verschieben. Einsparungen aufgrund der Erhöhung des Eigenverbrauchs bzw. des Autarkiegrades sind die wichtigste Triebfeder für den privaten Speichermarkt.

Nebst der Installation eines dezentralen PV-Batteriespeichersystems sind die korrekte Dimensionierung der PV-Anlage sowie eine auf die Produktion abgestimmte Lastverschiebung (Boiler, Ladestation, WP) wichtige Einflussfaktoren für eine Erhöhung der Selbstversorgung.

Arten von Speichern und Auslegung

Bei netzgekoppelten PV-Speicherlösungen ist die Batterie via Umrichter an das öffentliche Stromnetz angebunden. Diese Umrichter verfügen über AC-Stromsensoren zum Messen der Leistung am Netzanschlusspunkt. Durch das Messen der Energiebilanz des Haushalts bestimmt der Regler des Speichersystems, wann eine Leistungsaufnahme oder -abgabe erfolgt.

Es werden AC-gekoppelte und DC-gekoppelte Systeme unterschieden (Bild 1). Je nach Systemtopologie erfolgt die Anbindung des Batteriespeichers in das PV-System über einen bidirektionalen Wechselrichter (AC-System) oder über den DC- Zwischenkreis des Wechselrichters (DC-System). Der Hauptunterschied von AC- zu DC- gekoppelten Systemen ist, dass der Batteriewechselrichter nicht auf die PV- Anlage abgestimmt sein muss und sich daher besser zur Nachrüstung von bestehenden PV-Systemen eignet.

Um ein wirtschaftliches System zu erreichen, ist die Auslegung der Speicherkapazität in Bezug auf den mittleren Stromverbrauch in der Nacht im Sommer ratsam. Wird der Speicher über Nacht nicht vollständig entladen, steht am Folgetag nicht die gesamte nutzbare Kapazität zur Speicherung des Solarstroms zur Verfügung und der Eigenverbrauch steigt nur noch geringfügig. Zur Eigenverbrauchsoptimierung von Prosumern, d. h. Endkunden, die neben dem normalen Strombezug auch selbst Energie produzieren, meist mit einer PV-Anlage, wird heute ein Installationsverhältnis von etwa 1 kWh pro kWp pro MWh Jahresverbrauch als sinnvoll erachtet (1:1:1-Regel).

Verluste bei Speichern

Die Energieeffizienz von PV-Speichersystemen hängt neben der Systemauslegung (Batteriegrösse und -leistung, Topologie) von vielen anderen Faktoren ab, beispielsweise dem PV-Produktionsprofil (Ausrichtung, Neigung, Standort) und dem Lastprofil (Verbrauch, Benutzerverhalten). Für PV- Speichersysteme mit Netzanbindung lassen sich fünf Verlustmechanismen unterscheiden (Bild 2). Je nach Verbrauch im Haus und Leistung der PV-Anlage kann die Begrenzung der Leistungs­komponenten zu Dimensio­nierungs­verlusten führen. Zudem kommen die Energie­umwand­lungs­verluste der leistungs­elektronischen Kompo­nenten und des Batterie­speichers hinzu. Netzeinspeisung und Netzbezug, welcher durch die zeitlich verzögerte und ungenaue Leistungsaufnahme und -abgabe des Batterie­speichers zustande kommt, ist den Regelungsverlusten zugeordnet. Hinzu kommen Energiemanagementverluste, die durch Abregelung der PV-Netzeinspeisung zustande kommen.

Die begrenzte Leistungsaufnahme und -abgabe des Batteriespeichers limitiert den Anteil der speicherbaren PV-Energieüberschüsse bzw. den Beitrag zur Deckung der Lastspitzen bei der Entladung. Ein Beispiel hierfür ist die Kappung der Leistungsspitzen (Curtailment) durch die Auslegung des PV-Wechselrichters bzw. PV-Batteriewechselrichters auf 70% der Gesamtleistung. Die in Bild 2 aufgeführten Energiemanagementverluste beziehen sich auf die abregelungs­bedingten Ertragsverluste, wie beim deutschen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Diese Energieverluste sind messtechnisch nur schwer zu erfassen. Entsprechend sind erweiterte Ladestrategien wie prognosebasiertes Laden für die Prüfung deaktiviert.

Wie vergleicht man PV-Speichersysteme?

Die deutsche Speicherbranche hat sich zusammen mit dem deutschen Bundesverband Energiespeicher und dem Bundesverband für Solarwirtschaft dafür eingesetzt, dass Kunden und Planer die Hausspeicher-Systeme besser miteinander vergleichen können. Unter der Leitung der HTW Forschungsgruppe «Solarspeichersysteme» wurde von einer Arbeitsgruppe aus Forschungs- und Prüfinstituten sowie Herstellern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz der «Effizienzleitfaden für PV-Speichersysteme» erarbeitet. Das PV-Labor der Berner Fachhochschule (BFH) war der einzige Schweizer Partner in der Arbeitsgruppe. Die Prüfrichtlinie beschreibt die einheitliche Vermessung der PV-Speichersysteme im Labor und legt erstmals Effizienzangaben zur objektiven technischen Beurteilung der Produkte fest. Veröffentlicht wurde die überarbeitete Fassung des Dokuments im April 2019 (Version 2.0). Aufgrund der starken internationalen Nachfrage ist auch eine englische Version des Effizienzleitfadens erschienen. Die vereinheitlichten Angaben im Datenblatt werden auch im Normung-Arbeitskreis 371.0.9. «Kennwerte für stationäre Batteriespeicher» der Deutschen Kommission für Elektrotechnik (DKE) angewendet.

Labormessungen

Die beteiligten Hersteller haben sich verpflichtet, die Messwerte ihrer PV-Speichersysteme offenzulegen und Transparenz zu schaffen. Für die Endkunden-Datenblätter sind neben sonstigen Vorgaben (z. B. Datenblattnormen) vier zentrale Kennwerte abzubilden: Mittlere Pfadwirkungsgrade, mittlerer Batteriewirkungsgrad, Einschwingzeit (dynamische Regelabweichung) und Systemverbrauch im Standby-Modus. Die Prüfergebnisse nach Effizienzleitfaden bilden eine Datengrundlage für das Identifizieren von Optimierungspotenzialen und sind auch für Anbieter von kommerziellen Simulationstools relevant (z. B. Polysun).

Simulationen mit dem System Performance Index

Zur erleichterten Beurteilung der Systeme reduziert der sogenannte System Performance Index (SPI) die Effekte der in den Labortests berücksichtigten Verlustmechanismen auf eine ökonomische Kennzahl. Dazu bilanziert das frei verfügbare «Performance Simulation Model for PV-Battery Systems (PerMod)» die jährlichen Energieflüsse am Netzanschlusspunkt eines Referenzgebäudes gemäss Parametrierung und vergleicht diese mit dem Betriebsverhalten eines Speichersystems mit idealen Systemeigenschaften.

Nach dem Effizienzleitfaden werden drei Messungen durchgeführt. Es werden die Umwandlungsverluste, die Regelungsverluste sowie die Bereitschaftsverluste gemessen.

Umwandlungsverluste

Entsprechend der in Bild 1 dargestellten Systemtopologie werden im Labortest die leistungsabhängigen Umwandlungswirkungsgrade der relevanten Energieumwandlungspfade vermessen. Für AC-gekoppelte Systeme sind dies mindestens die Pfadwirkungsgrade des Batterie-Wechselrichters AC2BAT und BAT2AC (AC-Batterieladung, -entladung). Bei DC-gekoppelten Systemen sind mindestens die den Pfaden PV2AC (PV-Netzeinspeisung oder Direktnutzung), PV2BAT (PV-Batterieladung) und BAT2AC zugehörigen Wirkungsgrade zu bestimmen. Die Prüfung des PV2AC-Umwandlungs­wirkungsgrads erfolgt ohne Last, bei vollgeladener Batterie, inklusive Auswertung der MPP-Wirkungsgrade. Vorgegeben wird die PV-Erzeugungs­leistung mit minimaler, nominaler und maximaler PV-Eingangs­spannung. Die Effizienz des Betriebsmodus PV2BAT wird mit denselben Leistungsstufen und Spannungslevels des PV-Simulators, ohne emulierte Haushaltslast, gemessen. Die Bestimmung des BAT2AC-Energie­umwand­lungspfads erfolgt durch Vorgabe der Last ohne PV-Erzeugung. Die Messung des Lade- und Entladewirkungsgrades erfolgt bei einem mittleren Ladezustandsbereich der Batterie, wobei modulare Systeme aufgrund der Spannungs­abhängigkeit bei mittlerer Speicher­kapazität vermessen werden. In der Prüfsequenz für die Wirkungsgradmessung der Batterieladung und -entladung wird das in Bild 3 dargestellte Treppenprofil gemäss obiger Konfiguration jeweils dreimal wiederholt. Während der Haltedauer eines Betriebspunktes stehen dem System 40 s zur Erreichung des eingeschwun­genen Zustandes zur Verfügung, bevor die Messperiode für die energetische Mittelung beginnt. Bei einem hoch­effizienten System liegen die Pfad­wirkungs­grade im Teillastbereich über 95%.

Nebst den Verlusten der Leistungselektronik wird auch die Effizienz der Batteriespeicherung charakterisiert. Dazu wird der Batteriespeicher zunächst voll aufgeladen. Es folgen drei Messzyklen der Round-trip Efficiency bei 100%, 50% und 25% der nominalen Lade-/Entladeleistung. Die Round-trip Efficiency stellt das Verhältnis der entladenen zur geladenen Energiemenge dar. Die geladene Energiemenge wird durch Vorgabe der PV-Eingangsleistung bei nominaler Eingangsspannung ohne Last ermittelt. In der Entladephase ergibt sich die Batterieleistung aus dem Versorgen der Last ohne PV-Erzeugung. Für die Angabe im Datenblatt wird das arithmetische Mittel der Batteriewirkungsgrade und der nutzbaren Batteriekapazität (DC) der Zyklen 1 bis 3 berechnet. Der ermittelte Batterie­wirkungsgrad sollte über 95% liegen.

Regelungsverluste

Aufgrund der beschränkten Messgenauigkeit und Latenzen in der Signalverarbeitung kann die Steuereinheit des Speichersystems den Energieaustausch mit dem Netz nicht exakt kompensieren. Der resultierende Energiefluss am Einspeisepunkt wird durch Einspeisung oder Bezug aus dem Netz ausgeglichen. Gibt das Speichersystem zu viel Leistung ab, wird gespeicherter Solarstrom in das Netz eingespeist. Die dynamische Regelabweichung wird durch zehnmaliges Durchfahren des in Bild  4 dargestellten Stufenprofils ausgewertet. Sie gibt an, in welcher Zeit ein Speichersystem einen Lastsprung im Haus respektive fluktuierende PV-Erzeugung ausregelt. Die stationäre Regelabweichung beschreibt die Fehlanpassung im eingeschwungenen Zustand. Erstrebenswert ist eine Reaktionszeit von weniger als 2 s und eine Regelabweichung unter 5 W.

Bereitschaftsverluste

Die Standby-Verluste beinhalten die Leistungsaufnahme der leistungselektronischen Komponenten, des Batteriemanagementsystems (BMS) sowie des Peripherieverbrauchs (z. B. AC-Leistungssensor oder externes EMS). Die DC- und AC-seitige Standby-Leistungsaufnahme wird im maximalen Ladezustand und bei entladenem Batteriespeicher gemessen. Der Systemverbrauch im Standby-Modus sollte unter 5 W liegen.

Systembewertung mit dem System Performance Index

Der Simulationstest mit dem Matlab-Modell PerMod ermöglicht die energetische und wirtschaftliche Einschätzung von PV-Batteriesystemen anhand der Eingangsparameter aus dem Datenblatt. Die Simulation vergleicht den durch die Systemverluste erhöhten Netzbezug zuzüglich der reduzierten Netzeinspeisung in einem Referenzgebäude, mit der Energiebilanz eines verlustfreien PV-Batteriesystems gleicher Kapazität. Der Bilanzierungszeitraum ist ein Jahr. Der SPI bestimmt sich aus dem Quotienten, der durch die Systemverluste verringerten Kosteneinsparungen (Netzbezugskosten abzüglich Einspeiserlöse), und den erzielbaren Kosteneinsparungen des idealen Speichers. Die Investitionskosten werden dabei nicht berücksichtigt.

Mit dem Ziel, die Vergleichbarkeit der am Markt erhältlichen PV-Speichersysteme zu verbessern, hat die HTW Berlin in der Stromspeicher-Inspektion 2019 die Systemeffizienz entsprechend dem «Effizienzleitfaden für PV-Speichersysteme» untersucht. An der Studie haben sich acht Unternehmen mit Labormesswerten von unabhängigen Prüfinstituten für insgesamt 16 Batteriesysteme beteiligt. Bild 5 zeigt die simulationsbasierte Effizienzbewertung der analysierten PV-Speichersysteme mit dem SPI.

Fazit

Mit dem «Effizienzleitfaden» hat sich die Branche auf einheitliche, vergleichbare Effizienzkennwerte verständigt. Aus den Ergebnissen der Labortests lassen sich Datenblattangaben ableiten, mit denen Kunden und Planer die PV-Speichersysteme besser miteinander vergleichen können. Der SPI fasst die Systemverluste unter­schiedlicher Topologien und Systemgrössen zu einer Effizienzkennzahl zusammen.

Das Labor für Photovoltaik­systeme (PV-LAB), das einzige akkreditierte Wechselrichter-Testlabor der Schweiz, beteiligte sich seit Beginn bei der Erstellung des Effizienz­leitfadens für PV-Speichersysteme. In Burgdorf wurde ein standardisierter, vollständig automatisierter Prüfstand für PV-Batterie­speicher­systeme aufgebaut. Damit können ab 2020 Messungen nach Effizienzleitfaden 2.0 durchgeführt und entsprechende Daten­blatt­angaben angegeben werden.

Diese Forschungsarbeit ist Teil der Forschungen im Swiss Center for Competence in Energy Research «SCCER-FURIES» (Future Swiss Electrical Infrastructure), finanziert von Innosuisse (Schweizerische Agentur für Innovationsförderung – SCCER Programm). Dank gilt auch der Berner Fachhochschule BFH für ihre finanzielle Unterstützung.

Referenzen

[1] Schlussbericht Energiespeicher in der Schweiz; Bedarf, Wirtschaftlichkeit und Rahmenbedingungen im Kontext der Energiestrategie 2050, BFE 2013.

[2] Jan Figgener, David Haberschusz, Kai-Philipp Kairies, Dirk Uwe Sauer, BVES FG Effizienzleitfaden, RWTH Aachen 2017.

[3] Markterhebung Sonnenenergie 2018, ausgearbeitet durch Swissolar, BFE 2019.

Autor
Duglas Urena Hunziker

ist wissenschaftlicher Assistent am Labor für Photovoltaiksysteme der Berner Fachhochschule.

  • BFH, 3400 Burgdorf
Autor
Prof. em. Urs Muntwyler

ist CTO der Dr. Schüpbach & Muntwyler GmbH.

  • Dr. Schüpbach & Muntwyler GmbH, 3007 Bern

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