Fachartikel Märkte und Regulierung , Produktion , VSE

Verwirrung im (smarten) Daten-Dschungel

Ein Urteil des Bundesgerichts zum Messwesen schafft Unklarheiten

13.12.2017

Das Urteil des Bundesgerichts zum Messwesen schafft mehr Unklarheiten, als dass es für klare Verhältnisse sorgt. Eine Auslegeordnung und Einschätzung.

Wieder einmal hat ein gerichtlicher Entscheid mehr Fragen aufgeworfen als geklärt. Das Bundesgericht, eigentlich der finalen Lösung von rechtlichen Fragestellungen verpflichtet, hat mit seinem Entscheid zum Messwesen [1] zahlreiche Unklarheiten geschaffen, die Politik [2] und die Branche aufgeschreckt und die Verantwortung für die Klärung an die ElCom abgeschoben. ElCom, BFE und eine Arbeitsgruppe des VSE analysieren den Entscheid zurzeit. Der vorliegende Artikel widmet sich einer im weitesten Sinne mit diesem Urteil verbundenen Frage, nämlich welche Folgen sich durch eine Liberalisierung des Messwesens auf die Vorschriften über die Entflechtung ergeben könnten.

Ausgangslage und Entscheid BGer 2C_1142/2016

Der Betreiber von drei Photovoltaikanlagen mit 47, 130 sowie 182 kW Nennleistung ersuchte seinen Verteilnetz­betreiber um Mitteilung der Messpunkte der Photovoltaikanlagen und um Auskunft über die verrechneten Kosten für den Betrieb der Messstellen, wenn die Fernauslesung durch einen alternativen Dienstleister erfolge sowie um Mitteilung, auf welchen Zeitpunkt hin ein Wechsel des Messdienstleisters möglich sei. Der Verteilnetzbetreiber erklärte daraufhin dem Betreiber der Photovoltaikanlagen, dass der Messdienstleister nicht frei gewählt werden könne, dass gemäss den gesetzlichen Rahmenbedingungen und dem Metering Code die Verantwortung für die Messdatenbereitstellung und die Zuständigkeit für die Wahl der Mess­apparate beim Netzbetreiber liege und im Interesse der Gesamteffizienz und der Gesamtverantwortung kein Bedürfnis bestehe, Einzelmessungen von einem Dritten betreiben zu lassen. In Folge wandte sich der Betreiber an die ElCom, die sein Gesuch abwies. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte den Entscheid der ElCom. Das Bundesgericht jedoch hob den Entscheid auf und hiess die Beschwerde gut.

Das Bundesgericht hielt zunächst fest, dass «nicht die Liberalisierung beziehungsweise die Zulassung von Wettbewerb, sondern im Gegenteil die Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit und des Wettbewerbs einer verfassungsmässigen und gesetzlichen Grundlage bedarf». Dies bedeutet, dass nicht zu prüfen ist, ob eine gesetzliche Grundlage für die Liberalisierung des Messwesens besteht, sondern ob eine gesetzliche Grundlage für eine Einschränkung dieser Freiheit vorhanden ist. In der Folge führte das Bundesgericht aus, dass kein (ausdrückliches) rechtliches Monopol für das Messwesen bestehe. Art. 8 Abs. 1 StromVV, wonach die Netzbetreiber für das Messwesen verantwortlich sind, bedeute nicht, dass sie diese Tätigkeiten selber oder ausschliesslich ausüben. Regelungsverantwortung begründe per se kein Monopol.

Art. 8 Abs. 5 StromVV und Art. 3 EnV sprechen nach Ansicht des Bundesgerichts dafür, dass Lastgangmessungen bei Endverbraucher und Erzeuger in deren Zuständigkeitsbereich gehören. Der Einspeisepunkt bei einer Photovoltaikanlage gehöre zudem nach Anhang I.2 Ziff. 1.1 EnV zur Photovoltaikanlage und nicht zum Netz. Somit darf der Betreiber der Photovoltaikanlagen für die in diesem Fall strittige Lastgangmessung (Anschlussleistung über 30 kVA) einen Dritten seiner Wahl beauftragen, es sei denn, der beauftragte Messdienstleister würde durch unkorrekte Messungen den sicheren Betrieb des Netzes gefährden. [3] Zur Klärung der Frage, ob der hier beauftragte Messdienstleister die Anforderungen erfüllen kann, wurde die Angelegenheit an die ElCom zurückgewiesen.

Offene Fragen

Das Bundesgericht lässt mit diesem Entscheid zahlreiche Fragen offen, wobei hier nur die wichtigsten kurz angesprochen werden.

Zunächst betrifft der Entscheid «nur» die Lastgangmessung bei einem Betreiber einer Photovoltaikanlage mit einer Anschlussleistung von über 30 kVA. Offen bleibt dagegen die Frage, ob auch Produzenten mit einer Anschlussleistung bis zu 30 kVA, Kunden mit Netzzugang oder feste Endverbraucher einen Dritten ihrer Wahl als Messdienstleister beauftragen dürfen.

Unklar ist nach der Lektüre des Bundesgerichtsentscheids zudem, ob nur die Messdienstleistungen für Produzenten mit einer Anschlussleistung von über 30 kVA liberalisiert werden sollen oder auch deren Messstellenbetrieb. Das Uvek hat in diesem Punkt jedoch eine überraschend klare Meinung gefasst. In den Erläuterungen zu den Ausführungsbestimmungen zum neuen Energiegesetz findet sich nämlich die Aussage: «Insbesondere brachte auch das am 14. Juli 2017 ergangene Urteil des Bundesgerichts (BGE 2C_1142/2016) keine [solche] Liberalisierung des Messstellenbetriebs. Das Bundesgericht äusserte sich explizit nicht zur Zuständigkeit beim Messstellenbetrieb.» [4] Diese Schlussfolgerung erscheint zutreffend unter Berücksichtigung, dass vor Bundesgericht nur beantragt wurde, «die Beschwerdegegnerin sei anzuweisen, dem Beschwerdeführer die Zustimmung zum Wechsel des Messdienstleisters zu erteilen, wobei es vorliegend nur um einen Teil des Messwesens geht, nämlich um die Messdatenbereitstellung beziehungsweise Fernauslesung der Lastgangmessung». Dagegen spricht aber die Aussage des Bundesgerichts in einer Zwischenfolgerung, «dass die Verrechnungsmessungen jedenfalls bei Produktionsanlagen mit einer Anschlussleistung von über 30 kVA Sache des Produzenten sind», wobei nach Ansicht des Bundesgerichts sowohl das Messdatenmanagement (beziehungsweise die Messdienstleistungen) als auch der Betrieb der Messstellen zur Verrechnungsmessung gehören.

Bisher herrschte grundsätzlich grosse Einigkeit, dass das Messwesen einen Teil des Netzes darstellt und damit die Daten aus dem Messwesen unter Art. 10 Abs. 2 StromVG fallen. Gemäss dieser Vorschrift müssen wirtschaftlich sensible «Informationen, die aus dem Betrieb der Elektrizitätsnetze» gewonnen werden, von den Elektrizitätsversorgungsunternehmen unter Vorbehalt der gesetzlichen Offenlegungspflichten vertraulich behandelt werden und «dürfen nicht für andere Tätigkeitsbereiche genutzt» werden (auch Entflechtung genannt).

Entflechtung

Mit der Einführung des Stromversorgungsgesetzes [5] sollten gemäss dem Zweckartikel insbesondere die Voraussetzungen für einen wettbewerbsorientierten Elektrizitätsmarkt geschaffen werden. [6] Im Bereich der Elektrizitätsnetze liegt jedoch ein natürliches Monopol vor [7], so dass der Wettbewerb von vornherein nur um die Elek­trizitätsversorgung geführt werden kann. [8] Aufgrund der historischen Entwicklung erfolgte bis zu diesem Zeitpunkt oftmals der Betrieb des Netzes und die Stromlieferung in der Regel durch dieselbe Rechtseinheit [9], so dass nun die Gefahr bestand, dass der monopolisierte Netzbetrieb die Tätigkeiten im Wettbewerb quersubventionieren könnte. Der Bundesgesetzgeber musste somit im Stromversorgungsgesetz eine Lösung zur Verhinderung der Quersubventionierung zwischen dem Monopol- und dem Wettbewerbsbereich finden.

Art. 10 Abs. 1 StromVG schreibt zunächst den Grundsatz fest, dass der Netzbetrieb unabhängig geführt werden muss und Quersubventionierungen zwischen dem Netzbetrieb und anderen Tätigkeitsbereichen zu unterbleiben haben. In Art. 10 Abs. 2 und Abs. 3 StromVG werden dann die konkreten Massnahmen zur Verhinderung der Quersubventionierung umschrieben, die einerseits aus dem Verbot der Weitergabe und Nutzung von wirtschaftlich sensiblen Informationen in andere Tätigkeitsbereiche und anderseits aus der buchhalterischen Entflechtung des Verteilnetzbereichs von den übrigen Tätigkeitsbereichen bestehen.

Grundsätzlich können fünf Arten von Entflechtung unterschieden werden, nämlich in der Reihenfolge nach dem Grad der Stärke der Entflechtung. Es sind dies die informatorische, die buchhalterische, die organisatorische, die rechtliche und die eigentumsmässige Entflechtung. [10]

Informatorische Entflechtung ist das Verbot der Nutzung von wirtschaftlich sensiblen Informationen unter den verschiedenen Bereichen, wie dies in Art. 10 Abs. 2 StromVG vermerkt ist. Bei der buchhalterischen Entflechtung müssen die beiden Bereiche aus Transparenzgründen je eine getrennte Jahres- und Kostenrechnung führen. [12] Unter organisatorischer Entflechtung versteht man die Trennung der Organisation, vorab der klaren personellen Trennung, zwischen dem monopolisierten Bereich und dem Wettbewerbsteil. Bei der rechtlichen Entflechtung sind der Wettbewerbsteil und der Monopolbereich je in einer eigenen Rechtseinheit zu konstituieren, wobei die Eigentümerschaft auch aus dem anderen Bereich stammen kann. Bei der eigentumsmässigen Entflechtung schliesslich müssen ebenfalls separate Rechtsgebilde geführt werden, und die Eigentümer dürfen keine Tätigkeiten aus dem jeweils anderen Bereich ausüben. [13]

In der Schweiz müssen die Elektrizitätsversorgungsunternehmen von Gesetzes wegen informatorisch und buchhalterisch entflechtet werden. [14] Die europäischen Bestimmungen zur Entflechtung gehen dagegen wesentlich weiter. So muss in der Europäischen Union ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen auch organisatorisch und rechtlich entflechtet werden. [15]

Datenschutz

Wenn das Messwesen nun nicht mehr einen Teil des Netzes darstellen sollte, wie dies im Entscheid unter Vorbehalt der zahlreichen offenen Fragen angesprochen wird, dann können Messdaten per sofort für andere Tätigkeitsbereiche als den Netzbetrieb verwendet werden, falls nicht andere gesetzliche Vorschriften dies verhindern. An erster Stelle ist hier an die neuen Regelungen des ersten Massnahmenpakets der Energiestrategie 2050 zu denken. [16]

Dort findet sich zunächst in Art. 15 Abs. 1 StromVG die Aussage, wonach «die Betriebs- und Kapitalkosten gesetzlich vorgeschriebener intelligenter Messsysteme beim Endverbraucher stets als anrechenbare [Netz-]Kosten gelten». Es stellt sich die Frage, ob der Entscheid des Bundesgerichts unter Beachtung dieser Vorschrift seiner Wirkung bereits wieder beraubt worden ist. Nach der hier vertretenen Ansicht muss das intelligente Messsystem ein Teil des Netzes sein, wenn die Betriebs- und Kapitalkosten als anrechenbare Netzkosten gelten. Vermutlich wird jedoch ein weiteres gerichtliches Verfahren zur Klärung dieser Frage notwendig sein.

In Art. 17a StromVG ist dann die Definition eines intelligenten Messsystems statuiert. Ein intelligentes Messsystem beim Endverbraucher ist eine Messeinrichtung zur Erfassung elektrischer Energie, die eine bidirektionale Datenübertragung unterstützt und beim Endverbraucher den tatsächlichen Energiefluss und dessen zeitlichen Verlauf erfasst. Nach Art. 17c StromVG findet auf die Datenbearbeitung im Zusammenhang mit intelligenten Mess-, Steuer- oder Regelsystemen das Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz Anwendung. Der Bundesrat erlässt aber noch die Ausführungsbestimmungen über die Bearbeitung der Daten von intelligenten Mess-, Steuer- oder Regelsystemen. In den am 1. November 2017 publizierten Verordnungsänderungen [17] im Zusammenhang mit dem ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 findet sich denn auch ein detaillierter Katalog wie die Daten aus intelligenten Mess-, Steuer- und Regelsystemen bearbeitet und weitergegeben werden dürfen. Allerdings richtet sich dieser Artikel einzig an die Netzbetreiber, nicht an allfällige Messdienstleister (sofern diese nicht als Auftragnehmer des Netzbetreibers tätig werden) oder gar Endverbraucher oder Erzeuger. [18] Das Uvek schreibt dazu in den Erläuterungen zu den Ausführungsbestimmungen zum neuen Energiegesetz, dass sich diese Vorgaben wegen der Zuständigkeitsordnung in Artikel 8 Abs. 1 StromVV grundsätzlich an die Netzbetreiber richten. «Sollte aber der Messstellenbetrieb zu einem bestimmten Zeitpunkt liberalisiert sein, so könnten die Vorgaben auch für Dritte relevant werden.» Natürlich können Verordnungen rasch geändert werden, doch momentan gilt diese Vorschrift ausschliesslich für Netzbetreiber und ist für Dritte nicht «relevant».

Auch das Bundesgesetz über den Datenschutz verhindert grundsätzlich nicht, dass Daten mit Einwilligung der betroffenen Person (die regelmässig durch eine Nennung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen AGB erteilt werden dürfte) einer weitergehenden Nutzung zugeführt werden. Dabei ist aber zu beachten, dass eine Zusammenstellung von Daten, die eine Beurteilung wesentlicher Aspekte der Persönlichkeit einer natürlichen Person erlaubt, als Persönlichkeitsprofil im Sinne des Datenschutzgesetzes gilt und jeder Bestand von Personendaten, der so aufgebaut ist, dass die Daten nach betroffenen Personen erschliessbar sind, eine Datensammlung darstellt. [19] Bei der Bearbeitung von Persönlichkeitsprofilen muss die Einwilligung nach Art. 4 Abs. 5 DSG ausdrücklich erfolgen. Zudem müssen private Personen, die regelmässig Persönlichkeitsprofile bearbeiten, dies als Datensammlung bei Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten anmelden. Die Anmeldung muss vor Eröffnung der Datensammlung erfolgen. [20] Auch das Bundesgesetz über den Datenschutz befindet sich zurzeit in Revision. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 15. September 2017 eine entsprechende Botschaft verabschiedet. [21]

Im Zusammenhang mit der Nutzung von Daten aus Smart Meter wird oft auch der Begriff «Big Data» verwendet.

Exkurs: Big Data bei den EVU

Daten sind das neue Öl oder das neue Gold. [22] All die neuen Applikationen der letzten Jahre, seien dies Facebook, Airbnb, Dropbox, Whatsapp usw. mögen uns das Leben erleichtern, aber es sind vor allem gigantische Datensammelstellen. [23] Diese Daten werden dann von den Unternehmen selbst genutzt, um neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, oder sie werden verkauft. Diese Unmengen an Daten und deren Nutzung ist unter dem Begriff «Big Data» bekannt.

«Big Data» wird als Sammelbegriff für digitale Technologien verwendet, die in technischer Hinsicht für eine neue Ära digitaler Kommunikation und Verarbeitung sowie in sozialer Hinsicht für einen gesellschaftlichen Umbruch verantwortlich gemacht werden. In der Definition wird Big Data oftmals mit den fünf V beschrieben. [24]

Die Datenquellen im Bereich der Erzeugung, des Handels, der Übertragung und Verteilung von Energie können verschiedenster Natur sein. Denkbar sind zunächst einmal die Netzpläne, Grundbucheinträge, Wettervorhersagen, aber auch Social-Media-Daten (wie Facebook, Twitter, LinkedIn usw.), Bilder aus Google Street View, demografische Statistiken, Internet der Dinge (Smart Home) oder eben auch Daten aus Smart Metern (die nun eben möglicherweise auch für netzfremde Tätigkeiten genutzt werden könnten) oder Smart Grids. Ziel ist die Verknüpfung der Daten, die vielleicht auf den ersten Blick noch gar keinen grossen Zusammenhang haben mögen, und daraus neue Geschäftsmodelle zu entwickeln oder die bestehenden Geschäftsmodelle zu verbessern. Das ist der Kern der Nutzung von Big Data. 

Exkurs: Neue Geschäftsmodelle

Aufgrund des grossen Wandels in der Energiebranche hat der VSE mit dem Projekt «Energiewelten – Marktmodelle» energiewirtschaftliche Zukunftsszenarien skizziert und im Teilprojekt «Marktmodelle» die dazugehörenden Marktmodelle und Ordnungsrahmen untersucht. [25] Mit Big Data lassen sich ebenfalls neue Geschäftsmodelle oder Verbesserungen der bestehenden Geschäftsmodelle entwickeln. Zu denken ist hierbei unter anderem an:

  • personalisierte Produkte (und damit verbunden eine gesteigerte Kundenzufriedenheit)
  • Service Bundle (beispielsweise ein Servicepaket von Gas- und Stromversorgung mit einer Energiesparberatung)
  • Verkauf von Daten (Konsumverhalten, Lebensstil, beispielsweise inte­ressant für Versicherungen)
  • Gewährung von Rabatten und Pay per Use
  • neue Servicedienstleistungen
  • Verbesserung der Servicequalität
  • Verbesserung des Konsumverhaltens
  • störungsfreier Betrieb im Netz und bei der Messung
  • besseres Zusammenwirken zwischen den verschiedenen Netzen (Wasser, Gas, Strom)
  • besseres Hedging von Wetterrisiken
  • Kostenreduktion (beispielsweise durch frühzeitige Warnung vor Störungen oder Wartungshinweise)

Und nun?

Durch den Entscheid des Bundesgerichts sind möglicherweise die Daten aus den Messgeräten, die in Zukunft wohl flächendeckend intelligent sein werden, nicht mehr durch die Entflechtungsvorschriften geschützt. Die Verwirrung wurde durch die Verordnungsänderungen im Zusammenhang mit dem ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 leider nicht aufgelöst, sondern noch verstärkt, da lediglich Vorgaben für die Netzbetreiber gemacht werden, wobei die Daten aus intelligenten Mess-, Steuer- oder Regelsystemen je nach Ansicht gar nicht mehr dem Netzbereich entstammen und die Vorschriften für Dritte (noch) keine Wirkung entfalten. Diese Daten können somit nach Einholung der Einwilligung der betroffenen Personen, die regelmässig durch Akzeptanz der AGB erteilt werden dürfte, für neue Geschäftsmodelle oder zur Verbesserung der bisherigen Geschäftsmodelle verwendet werden. Hier eröffnen sich verschiedenste Möglichkeiten an die bisher vielleicht noch gar nicht gedacht wurde. Ein besonderes Augenmerk muss jedoch noch auf die kommende Revision des Datenschutzgesetzes gerichtet werden.

Zudem sollten nun nicht überstürzt die Daten aus intelligenten Messgeräten für andere, nicht netzbezogene Tätigkeiten verwendet werden, da die durch das Bundesgericht geschaffene Verwirrung noch nicht geklärt ist. Solange die offenen Fragen nicht unzweifelhaft und eindeutig beantwortet werden können, sollten die Entflechtungsvorschriften eingehalten werden, denn ein Verstoss könnte mit einer Busse bis zu 100 000 Franken bestraft werden. [26]

Referenzen

[1] Urteil des Bundesgerichts vom 14. Juli 2017; BGer 2C_1142/2016.
[2] SDA-Meldung vom Mittwoch, 13. September 2017 «Ständerat stimmt bei Stromnetz-Strategie gegen Haushalte und KMU».
[3] Art. 8 Abs. 1 StromVG; Netzbetreiber ist für den Betrieb des Netzes verantwortlich.
[4] Erläuterungen zu den Ausführungsbestimmungen zum neuen Energiegesetz vom 30. September 2016, Teilrevision der Stromversorgungsverordung.
[5] Bundesgesetz über die Stromversorgung vom 23. März 2007 (SR 734.7; StromVG).
[6] Art. 1 Abs. 1 StromVG.
[7] Vgl. Botschaft StromVG, BBl 2005 1611, 1646; Marc Bernheim/Gaudenz Geiger, in Brigitta Kratz et al., Kommentar zum Energierecht, Art. 13 Rn. 1 StromVG, S. 1377; Susanne Leber, Entflechtung bei Verteilnetzbetreibern Teil I, Bulletin SEV/VSE 4/2010, S. 54.
[8] «Wettbewerb nicht um das Netz, sondern auf dem Netz.» Mariella Orelli/Martin Thomann, in Brigitta Kratz et al., Kommentar zum Energierecht, Art. 10 Rn. 3 StromVG, S. 1348.
[9] Man spricht bei dieser Konstellation von vertikal integrierten Unternehmen; vgl. Peter Imfeld, Entflechtung von Energieversorgungsunternehmen nach EU-Recht, Bulletin SEV/VSE 5/2013, S. 20; Susanne Leber, Entflechtung bei Verteilnetzbetreibern Teil I, Bulletin SEV/VSE 4/2010, S. 54.
[10] vgl. Peter Imfeld, Entflechtung von Energieversorgungsunternehmen nach EU-Recht, Bulletin SEV/VSE 5/2013, S. 19; Susanne Leber, Entflechtung bei Verteilnetzbetreibern Teil I, Bulletin SEV/VSE 4/2010, S. 54 ff.; gelegentlich wird für Entflechtung auch der englische Ausdruck «Unbundling» verwendet.
[11] vgl. Peter Imfeld, Entflechtung von Energieversorgungsunternehmen nach EU-Recht, Bulletin SEV/VSE 5/2013, S. 19; Urs Trinkner/Michael Funk, Entflechtung der Schweizer Gasnetzbetreiber, Schlussbericht im Auftrag des BFE, 2016.
[12] Art. 11 Abs. 1 StromVG.
[13] vgl. Peter Imfeld, Bulletin SEV/VSE 5/2013, S. 19; Susanne Leber, Entflechtung bei Verteilnetzbetreibern Teil I, Bulletin SEV/VSE 4/2010, S. 54 ff.; Susanne Leber, Entflechtung bei Verteilnetzbetreibern Teil II, Bulletin SEV/VSE 6/2010, S. 57 ff.
[14] Art. 10 StromVG; Eine Ausnahme stellt der Übertragungsnetzbetreiber, die nationale Netzgesellschaft Swissgrid AG, dar, welche zudem auch rechtlich und nach einer Übergangsfrist auch eigentumsmässig entflechtet werden musste (Art. 18 Abs. 3, 6 und 7 sowie Art. 33 StromVG); Botschaft zur Änderung des Elektrizitätsgesetzes und zum Stromversorgungsgesetz vom 3. Dezember 2004, BBl 2005 1649; vgl. auch Susanne Leber, Entflechtung bei Verteilnetzbetreibern Teil I, Bulletin SEV/VSE 4/2010, S. 54 ff.
[15] Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG.
[16] Abstimmungsvorlage vom 21. Mai 2017; BBl 2016 7683 ff.
[17] Ausführungsbestimmungen vom 1. November 2017 zum neuen Energiegesetz.
[18] Art. 8d StromVV Umgang mit Daten aus intelligenten Mess-, Steuer- und Regelsystemen.
[19] Art. 3 lit. d und g des Bundesgesetzes über den Datenschutz (SR 235.1; DSG).
[20] Art. 11a Abs. 3 lit. a und 4 DSG.
[21] «Den Datenschutz verbessern und den Wirtschaftsstandort stärken», Medienmitteilung des Bundesrates vom 15. September 2017.
[22] vgl. bspw. Michael Altendorf auf SRF, zuletzt abgerufen am 23. Oktober 2017.
[23] vgl. zum Beispiel Dropbox-Datenschutzrichtlinien: «Wir sammeln Informationen (und verknüpfen diese mit Ihrem Konto) wie Ihren Namen und Ihre E-Mail-Adresse, Telefonnummer, Zahlungsinformationen, Postanschrift und Kontoaktivität [...] Zu diesem Zweck werden Ihre Dateien (dazu gehören neben Dateien auch Nachrichten, Kommentare, Fotos usw.) sowie zugehörige Informationen von uns gespeichert, verarbeitet und übertragen.»
[24] Wikipedia zu «Big Data».
[25] Informationen zu den Energiewelten.
[26] Art. 29 Abs.1 lit. b zweiter Halbsatz StromVG: «Mit Busse bis zu 100 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich [...] Informationen aus dem Netzbetrieb für andere Tätigkeitsbereiche nutzt.»

Autor
Francis Beyeler

war bis 31. August 2018 als Leiter Recht beim VSE tätig.

  • VSE, 5000 Aarau

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