Verband CES , ESTI , Installationstechnik

Teilrevision der NIV: Kontrollperioden

Anwendbares Recht

06.06.2018

Ist die Aufforderung zur periodischen Kontrolle bis zum 31. Dezember 2017 erfolgt, findet die Kontrolle aber erst im Folgejahr statt, so ist bezüglich der anwendbaren Kontrollperiode zu differenzieren, wenn diese zwischenzeitlich geändert hat.

Am 1. Januar 2018 ist die teilrevidierte Verordnung über elektrische Niederspannungsinstallationen (NIV; SR 734.27) in Kraft getreten. Dabei sind auch die im Anhang zur Verordnung geregelten Kontrollperioden für die periodische Kontrolle der elektrischen Installationen in einzelnen Punkten präzisiert, erweitert oder an die international harmonisierten Normen angepasst worden.

Neu werden beispielsweise die elektrischen Installationen in den nach den Grundsätzen der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt Suva festgelegten explosionsgefährdeten Bereichen der Zonen 0 und 20 sowie 1 und 21, ausgenommen Tankstellen und Fahrzeugreparaturwerkstätten, alle drei Jahre durch eine akkreditierte Inspektionsstelle kontrolliert (vgl. Ziff. 1.2 Anhang NIV). Bisher unterlagen diese Installationen der jährlichen Kontrolle durch eine akkreditierte Inspektionsstelle. Im Weiteren gilt für die noch bestehenden Installationen oder Installationsteile nach Nullung Schema III neu eine Kontrollperiode von fünf Jahren, solange diese nicht an den aktuellen Stand der Technik angepasst sind (vgl. Ziff. 2.3.11 Anhang NIV). Diese Installationen oder Installationsteile unterlagen bisher der gleichen Kontrollperiode wie die übrigen elektrischen Installationen des Objekts, in denen sie betrieben werden.

Fragestellung

Die Netzbetreiberinnen müssen die Eigentümer, deren elektrische Installationen aus ihrem Niederspannungsverteilnetz versorgt werden, mindestens sechs Monate vor Ablauf der Kontrollperiode schriftlich auffordern, den Sicherheitsnachweis bis zum Ende der Kontrollperiode einzureichen (vgl. Art. 36 Abs. 1 NIV).

Es wird immer wieder die Frage gestellt, welche Kontrollperiode künftig gilt, wenn die Aufforderung der Netzbetreiberin an den Eigentümer zur periodischen Kontrolle der elektrischen Installationen vor der Verordnungsänderung, somit bis zum 31. Dezember 2017 erfolgt ist, die Kontrolle aber erst im Folgejahr durchgeführt wird und die teilrevidierte NIV für die betreffende Installation eine andere Kontrollperiode als bisher vorschreibt.

Differenziertes Vorgehen

Die Verordnung regelt diesen Fall nicht, weshalb aufgrund allgemeiner Grundsätze über das anwendbare Recht zu entscheiden ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Verwaltungsakte mangels anderslautender intertemporaler Regelung grundsätzlich nach der materiellen Rechtslage im Zeitpunkt ihres Ergehens zu beurteilen (Urteil des Bundesgerichts BGE 139 II 263, Erwägung 6 mit Hinweisen). Neues Recht ist ausnahmsweise anzuwenden, wenn es sich aus zwingenden Gründen, vor allem um der öffentlichen Ordnung willen, aufdrängt (BGE 139 II 470, Erwägung 4.2). Analoges soll gelten, wenn die Gesetzesänderung zur Verbesserung der rechtlichen Situation des Betroffenen führt (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts BVGer A-5942/2017 vom 14 März 2018, Erwägung 3.2 mit Hinweisen).

Diese Grundsätze sind auch auf die vorliegende Fragestellung anzuwenden, wobei wie folgt zu differenzieren ist:

Ist die Kontrollperiode gemäss teilrevidierter NIV länger als nach bisherigem Recht (z.B. drei Jahre anstatt ein Jahr), so ist die neue Regelung anzuwenden, da sie für den Eigentümer der elektrischen Installation vorteilhafter ist und die Sicherheit der elektrischen Installationen auch mit der längeren Kontrollperiode gewährleistet ist. Wenn also die Aufforderung zur periodischen Kontrolle noch im Jahr 2017 erfolgt ist, diese aber erst im Folgejahr stattfindet, so hat der Eigentümer Anspruch darauf, dass die neue, längere Kontrollperiode bereits auf diese anstehende Kontrolle angewendet wird.

Ist die Kontrollperiode gemäss teilrevidierter Verordnung kürzer als nach bisherigem Recht, so ist die bisherige Regelung anzuwenden, weil sie für den Eigentümer der elektrischen Installation günstiger ist (Ausnahme: Installationen nach Nullung Schema III; vgl. nachstehend). Das private Interesse des Eigentümers am Schutz des Vertrauens auf die Weitergeltung des bisherigen Rechts ist höher zu gewichten als die unverzügliche Anwendung des neuen Rechts. Das öffentliche Interesse an sicheren elektrischen Installationen wird dadurch nicht beeinträchtigt. Wenn somit die Aufforderung zur periodischen Kontrolle noch im Jahr 2017 erfolgt ist, diese aber erst im Folgejahr stattfindet, so ist für die darauf folgende periodische Kontrolle die bis zum 31. Dezember 2017 nach Anhang NIV gültige, längere Kontrollperiode anwendbar.

Bei Installationen und Installationsteilen nach Nullung Schema III ist das neue Recht (Kontrollperiode von fünf Jahren) jedoch sofort anwendbar, weil diese Installationen schon seit geraumer Zeit ein besonderes Gefahrenpotenzial aufweisen. In der Regel sind Elektroinstallationen so ausgeführt, dass eine gefährliche Situation erst beim Auftreten eines zweiten Fehlers entsteht. Bei Installationen nach Nullung Schema III genügt dafür aber bereits ein einzelner Fehler, wie z.B. ein unterbrochener Neutralleiter, der den Schutzleiter und damit die angeschlossenen Gehäuse der Betriebsmittel unter Spannung setzt, oder das Vertauschen des Aussenleiters mit dem Neutralleiter an Anschlusspunkten, was den Schutzleiter und damit die angeschlossenen Gehäuse der Betriebsmittel unter Spannung setzt.1) Da diese Installationen nach wie vor recht verbreitet sind, besteht ein erhebliches öffentliches Interesse, das neue Recht sogleich anzuwenden, welches das private Interesse der Eigentümer von solchen Installationen, die bisherige, für sie vorteilhaftere Regelung gelten zu lassen, eindeutig überwiegt. Wenn demzufolge die Aufforderung zur periodischen Kontrolle noch im Jahr 2017 ergangen ist, diese aber erst im Folgejahr stattfindet und dabei Installationen oder Installationsteile nach Nullung Schema III festgestellt werden, so gilt für diese eine Kontrollperiode von fünf Jahren, solange sie nicht an den aktuellen Stand der Technik angepasst sind.

Verzeichnis der Netzbetreiberinnen

Gemäss Art. 33 Abs. 4 NIV führen die Netzbetreiberinnen ein Verzeichnis der von ihnen versorgten elektrischen Installationen. Darin sind u.a. die Kontrollperioden einzutragen (vgl. Bst. b). Der massgebende Zeitpunkt, ab welchem eine Kontrollperiode zu laufen beginnt, ist bei einer Neuanlage oder bei der vollständigen Änderung einer bestehenden Installation das Datum der Schlusskontrolle nach Art. 24 Abs. 2 NIV und nicht das Datum einer allfälligen Abnahmekontrolle gemäss Art. 35 Abs. 3 NIV. Nach einer periodischen Kontrolle bemisst sich die darauf folgende Kontrollperiode ab dem Datum dieser Kontrolle, nicht ab dem Datum einer allfälligen Mängelbehebung und auch nicht ab dem Datum, an welchem der periodische Sicherheitsnachweis ausgestellt wird.

Fazit

Mit dem beschriebenen differenzierten Vorgehen wird dem Interesse der Eigentümer von elektrischen Installationen am Schutz des Vertrauens auf die Weitergeltung des bisherigen Rechts bzw. die Anwendung der für sie vorteilhafteren Regelung einerseits und dem öffentlichen Interesse an sicheren elektrischen Installationen andererseits angemessen Rechnung getragen.

1) Gefährliche Elektroinstallationen im Altbau, herausgegeben von Electrosuisse in Zusammenarbeit mit: Eidgenössisches Starkstrominspektorat ESTI, Verband Schweizerischer Elektro-Installationsfirmen VSEI, Verband Schweizerischer Elektrokontrollen VSEK, S. 9, Fehraltorf 2015.

 

Autor
Peter Rey

ist Jurist beim Rechtsdienst des ESTI.

  • ESTI
    8320 Fehraltorf
Autor
Daniel Otti

ist Geschäftsführer ESTI.

  • ESTI
    8320 Fehraltorf

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