USV-Technologien und Trends
Industrielle USV-Systeme für EVUs
Der Ausfall von Kraftwerken und Unterstationen kann gravierende Folgen haben. Neben finanziellen Verlusten bestehen Risiken für die Beschädigung von Infrastrukturkomponenten und kritischen Einrichtungen. Zentral für einen zuverlässigen Betrieb ist eine sichere Stromversorgung ihrer Steuer- und Kontrolleinrichtungen mittels unterbrechungsfreier Stromversorgungen.
Auf dem Markt werden diverse Topologien von unterbrechungsfreien Stromversorgungen angeboten, mit unterschiedlichen Stärken, die sie für spezifische Anwendungen prädestinieren. Zudem haben sich viele Anbieter auf bestimmte Anwendungen fokussiert.
Standard-USV
Ein Grossteil der auf dem Markt angebotenen USV-Anlagen hat einen klaren Fokus auf IT-Anwendungen. Von der Speisung eines einzelnen Rechners, über IT-Netzinfrastruktur bis hin zu ganzen Rechenzentren gibt es für jeden Bedarf standardisierte Lösungen von diversen Herstellern. Diese sind generell stark kostenoptimiert und ermöglichen einen zuverlässigen Betrieb in einem stark kontrollierten und klimatisierten Umfeld. Bei solchen Systemen spricht man allgemein von Standard-USV-Anlagen.
Industrielle USV
Im Gegensatz zu den Standardsystemen stehen industrielle USV-Anlagen. Sie sind auf spezifische Kundenbedürfnisse und das Betriebsumfeld angepasst. Diese Anlagen werden typischerweise nicht per Katalog bestellt, sondern projektspezifisch auf Basis von Kunden-Spezifikationen geplant und gefertigt. Die Hauptunterschiede gegenüber den Standard-Anlagen sind:
- Erhöhter IP-Schutzgrad
- Erweiterter Betriebstemperaturbereich
- Verstärkter mechanischer Aufbau
- Anpassung von Farbe und Beschriftung gemäss Einsatzort
- Erweiterte Überbrückungszeit
- Möglichkeit zur Integration zusätzlicher Komponenten wie verschiedene Abgänge und Verteilungen, Bypass-Spannungs-Stabilizer, Blitzschutz-Komponenten, Isolationstransformatoren und Anzeige-Instrumente.
Im Bereich der industriellen USV-Anlagen und zum Schutz von kritischer Infrastruktur wird fast ausschliesslich die «Double Conversion USV»-Topologie eingesetzt (Bild 1). Bei dieser Topologie wird die Last immer durch einen aktiven Wechselrichter gespiesen, welcher seine Energie aus einem batteriegestützten Zwischenkreis bezieht. Diese Konstellation führt zu höchstmöglicher Unabhängigkeit des Ausgangs gegenüber dem Systemeingang.
Mit dem zusätzlichen statischen Bypass kann unterbrechungsfrei auf ein zweites Speise-Netz umgeschaltet werden. Dies kommt zur Anwendung bei Überlast (Auslösen von Sicherungen), als letzte Rückfallebene bei Netzausfall und entladener Batterie sowie bei technischen Problemen im Wechselrichter-Teil der Anlage.
Die Double-Conversion-USV-Topologie eignet sich nicht nur zur Überbrückung von Netzausfällen, sondern auch zur Filterung des Netzes (Bild 2). So können selbst sehr kurze Netzeinbrüche, Verzerrungen und transiente Überspannungen herausgefiltert werden.
Parallel-Konfigurationen
Um eine höchstmögliche Verfügbarkeit der Speisung der kritischen Verbraucher sicherzustellen, können mehrere USV-Anlagen parallel geschaltet werden. So können die Lasten selbst beim Ausfall oder während der Wartung einer kompletten USV-Anlage immer noch durch das andere System versorgt werden.
Zwei grundsätzliche Möglichkeiten der Parallelschaltung werden in der Praxis angewendet: die parallel-redundante Konfiguration und die dual-redundante Konfiguration.
In der parallel-redundanten Konfiguration (Bild 3) werden die Ausgänge der USV-Anlagen direkt verbunden und die Lasten gemeinsam versorgt. Zwischen den Anlagen findet ein automatischer Lastausgleich statt. Dies macht Sinn bei Verbrauchern, die über eine Netzeinspeisung verfügen.
Viele kritische Steuer- und Kontroll-Einrichtungen bieten die Möglichkeit zur Einspeisung ab zwei unabhängigen Netzen («Dual-Feed», Bild 4). In der dual-redundanten Konfiguration werden die Ausgänge der USV-Anlagen nicht zusammen verbunden, sondern individuell zu den Verbrauchern geführt. Dies bietet die höchstmögliche Redundanz, da keine gemeinsamen Komponenten in den zwei Speise-Pfaden vorkommen.
Vorteile moderner industrieller USV-Lösungen
Mit dem Einsatz moderner Technologie in kundenspezifisch gebauten USV-Anlagen können die auch im Bereich der Kraftwerke und Unterstationen stetig steigenden Anforderungen betreffend Energie-Effizienz und Digitalisierung erfüllt werden.
Zu erwähnen sind hier folgende wichtigen Merkmale:
PFC-Gleichrichter (Power-Factor-Correction): Diese Funktion ermöglicht es, die Netzrückwirkungen auf ein Minimum zu reduzieren. Es wird ein sinusförmiger Wirkstrom aus dem Netz bezogen. Oberwellen und Blindstrom-Anteil entfallen praktisch vollständig. Somit können die übergeordneten Speisungen und Verteilungen optimiert dimensioniert werden.
Netzrückspeisung: Die Batterie einer USV-Anlage soll regelmässig getestet werden, um sicherzustellen, dass im kritischen Fall die volle Performance zur Verfügung steht. Während diesem Test muss die Energie aus der Batterie kontrolliert entzogen werden. Klassischerweise wird dies mit zusätzlichen ohmschen Lastbänken realisiert, welche die elektrische Energie in Wärme umwandeln. Dies ist allerdings logistisch aufwendig und energietechnisch nicht sinnvoll. Moderne USV-Anlagen erlauben es daher, die Batterie kontrolliert zu entladen und die Energie ins Netz zurückzuspeisen.
Kommunikations-Schnittstellen: Durch den Einsatz von Mikroprozessoren und digitaler Signalverarbeitung in der USV-internen Kontroll-Elektronik stehen viele Messwerte und Status-Informationen digital zur Verfügung. Über integrierte Kommunikationsschnittstellen, welche diverse Kommunikations-Protokolle unterstützen, kann auf diese Informationen zugegriffen werden. Dies ermöglicht es, die USV-Anlagen in die lokalen Netzwerke einzubinden und den Anlagenzustand im übergeordneten Leitsystem zu visualisieren und zu überwachen.
Batterielösungen
Ein Vorteil der kundenspezifischen industriellen USV-Anlagen ist die grosse Flexibilität bei der Batterielösung. Sowohl betreffend Batterietechnologie als auch betreffend Überbrückungsdauer kann ein sehr breites Spektrum abgedeckt werden.
Im industriellen Umfeld werden vor allem drei Technologien eingesetzt: Blei-, NiCd- und Li-Ionen-Batterien.
Blei-Batterien werden klassischerweise für USV-Anwendungen eingesetzt. Sie sind kompakt und preisgünstig. Allerdings ist der Wartungsaufwand relativ hoch und die Lebensdauer der Batterie ist begrenzt.
NiCd-Batterien haben sich seit Jahren im Markt etabliert. Sie zeichnen sich aus durch eine grössere Lebensdauer bei geringerem Wartungsaufwand im Vergleich zu Blei-Batterien. Zudem ist diese Technologie in einem grösseren Temperaturbereich einsetzbar. Allerdings sind die Initialkosten auch deutlich höher.
Der Einsatz von Li-Ionen-Batterien im industriellen Umfeld ist noch relativ neu. Dank langjähriger Erfahrungen aus anderen Marktsegmenten ist die Technologie aber inzwischen so ausgereift, dass auch einem Einsatz im industriellen Umfeld nichts mehr im Wege steht. Gegenüber den anderen erwähnten Technologien haben Li-Ionen-Batterien entscheidende Vorteile beim Platzbedarf, beim Wartungsaufwand und bei der Lebensdauer. Bei einer umfassenden Betrachtung rechtfertigt dies in den meisten Fällen die höheren Anschaffungskosten.
Je nach Anwendung der USV-Anlage werden Überbrückungszeiten im Bereich von wenigen Minuten bis zu einigen Stunden benötigt. Dies hat nicht nur einen Einfluss auf die Grösse der Batterie, sondern auch auf die Dimensionierung des Gleichrichters der USV-Anlage. Dieser muss in der Lage sein, eine entladene Batterie in einem sinnvollen Zeitraum wieder zu laden. Dazu wird bei kundenspezifischen industriellen USV-Anlagen der Gleichrichter so dimensioniert, dass der benötigte Batterie-Ladestrom, sowie der Laststrom gleichzeitig zur Verfügung stehen.
Zusammenfassung
Durch den Einsatz von moderner USV-Technologie können der zuverlässige Betrieb der Steuer- und Kontroll-Einrichtungen in Kraftwerken und Unterstationen sichergestellt sowie auch Anforderungen betreffend Energieeffizienz und Digitalisierung erfüllt werden.
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