Interview Fachkräfte

«Die Vielfältigkeit dieses Berufs hat mich sofort begeistert»

Interview mit Philippe Perusset

08.11.2017
Bulletin: Philippe Perusset, in Ihrer Funktion haben Sie sicher einen vollen Terminplan. Was ist Ihre Motivation, dieses wichtige Amt auszuüben? Und welchen Bezug haben Sie zu diesem Beruf?

Philippe Perusset: Ich bin Anfang der Achtzigerjahre auf den Beruf gestossen, dessen Vielfältigkeit mich sofort begeisterte. Da der Bedarf an Fachkräften schon damals grösser war als das Angebot, kam der Nachwuchsförderung grosse Bedeutung zu. Meine Freude daran, mein Wissen zu vergrössern, und die Tatsache, dass es genügend Ausbildungspersonen brauchte, haben es mir ermöglicht, mich im gesamten Ausbildungsgang für Netzelektriker/-innen, also berufliche Grundbildung und höhere Berufsbildung, einzubringen. Als Präsident der KO B&Q pflege ich regelmässigen Kontakt mit den anderen Schweizer Bildungszentren sowie mit den Instanzen bei Bund und Kantonen. Dabei geht es um Themen, die sich direkt auf das Cifer auswirken; zum Beispiel Inhalt und Finanzierung der Ausbildung. Ich bin als Präsident der KO B&Q also in einer privilegierten Lage.

Seit wann sind Sie Direktor des Cifer? Hat sich die Netzelektriker-Ausbildung seither weiterentwickelt? Weshalb gibt es in der Westschweiz mit dem Cifer nur ein einziges Netzelektriker-Bildungszentrum?

Ich stehe dem Cifer seit seiner Gründung im Jahr 2008 vor. Und ich war von Anfang an stark in das Projekt eingebunden. In den ersten Jahren haben wir die Ausbildung auf das Reglement vom 6. Februar 1996 über die Ausbildung und die Lehrabschlussprüfung gestützt. Seit 2014 geben die neue Bildungsverordnung sowie der entsprechende Bildungsplan die Richtschnur für die überbetrieblichen Kurse und die Qualifikationsverfahren vor. Und auf dieser Grundlage haben wir auch die Kursunterlagen für die Berufsfachschule erarbeitet. Die Partner des Cifer haben sich wegen der Effizienz in Bezug auf das Einzugsgebiet sowie aufgrund der Anzahl Auszubildender für die Schaffung eines einzigen Bildungszentrums in der Westschweiz ausgesprochen.

Sie sind auch Präsident der Kommission Berufsentwicklung und Qualität für die Ausbildung Netzelektriker/-in EFZ. Welche Aufgaben und Funktionen hat diese Kommission?

Die Kommission setzt sich aus Vertretern aller Sprachregionen und aller Verbände der Trägerschaft der Berufsbildung Netzelektriker/-in zusammen, auch Bund und Kantone haben Einsitz. Sie passt den Bildungsplan nach Artikel 8 laufend an die wirtschaftlichen, technologischen, ökologischen und didaktischen Entwicklungen an, mindestens aber alle fünf Jahre. Dabei trägt sie allfälligen neuen organisatorischen Aspekten der beruflichen Grundbildung Rechnung. Die Zuständigkeiten für Lehrbetriebe, Berufsfachschulen, überbetriebliche Kurse sowie Qualifikationsverfahren sind definiert und namentlich zugewiesen.

Was hat die Kommission bisher erreicht?

Sie hat besonders Massnahmen für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz von Jugendlichen erarbeitet, um damit dem Jugendschutz gerecht zu werden und zu ermöglichen, dass Jugendliche bereits ab 15 Jahren ausgebildet werden dürfen. Ausserdem hat sie eine Erhöhung der Bundesbeiträge für überbetriebliche Kurse von 90 auf 100 Franken pro Tag und Lernenden erreicht. 2008 betrug dieser Beitrag noch 60 Franken pro Tag.

Welche Vorteile bringt die Vereinheitlichung der Prüfungen auf nationaler Ebene?

Einerseits wird das am Ende der Ausbildung erlangte eidgenössische Fähigkeitszeugnis aufgewertet. Anderseits führt dies zu mehr Effizienz bei der Vorbereitung der Qualifikationsverfahren, während gleichzeitig der Austausch zwischen den Kursorten intensiviert wird.

Wie schwierig ist es, Ausbildungspersonen zu finden? Gibt es regionale Unterschiede?

Da sich die Aufgaben der Verteilnetzbetreiber weiterentwickeln, wird es für Berufsexperten, die man nur in den Betrieben findet, schwieriger, sich genügend in die berufliche Grundbildung und die höhere Berufsbildung einzubringen. Diese Feststellung hat sich auf nationaler Ebene erhärtet. Und die Zahl der Personen, die die Netzelektriker-Ausbildung absolvieren wollen, nimmt momentan zu. Eine Sensibilisierung der Akteure ist im Gang.

Welche Ziele verfolgt die Kommission langfristig?

Die Fünf-Jahres-Überprüfung (Anm. d. Red.: vgl. «Rückblick auf das Qualifikationsverfahren 2017») bildet in den nächsten fünf Jahren einen grossen Schwerpunkt. Zudem werden die Finanzierung der Ausbildung sowie die Qualität und die Integration der Ergebnisse aus dem Erfahrungsaustausch der Qualifikationsverfahren 2017 beobachtet.

Autorin
Céline Reymond

war vom 1. Januar 2013 bis 31. Januar 2020 Mediensprecherin und Redaktorin VSE.

  • VSE, 5000 Aarau

Philippe Perusset ist Direktor des Cifer (Communauté d’Intérêts pour la Formation des Électriciens de Réseau), des einzigen Bildungszentrums für Netzelektriker/-innen in der Westschweiz und Präsident der Kommission Berufsentwicklung und Qualität (KO B&Q) für die Ausbildung Netzelektriker/-in EFZ.

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