Unerwünschte Gleichströme
Herausforderungen im Tessiner Hochspannungsnetz
Bereits relativ kleine Gleichströme, beispielsweise durch Einstreuungen von Leistungselektronik, führen in Transformatoren zu höheren zusätzlichen Verlusten und zu erhöhten Geräuschemissionen. Die Ursachen können mit Messungen zwar ermittelt werden, ihre Behebung ist aber nicht immer einfach.
Schon seit geraumer Zeit wurde festgestellt, dass hauptsächlich im südlichen Teil des schweizerischen Verbundnetzes, im Tessin, vagabundierende Gleichströme auftreten. Diese führen in ihrer Ausprägung von wenigen Ampère in Leistungstransformatoren mit starr geerdetem Sternpunkt zu Zusatzverlusten und Geräuschentwicklungen in den Blechpaketen des Transformatorkerns.
Als Ursache für die Gleichströme kommen einige Randbedingungen in Frage (Bild 1). Einerseits können Sonnenwinde oder Sonnenstürme verantwortlich gemacht werden, andererseits Einstreuungen von Leistungselektronik aus der unmittelbaren Nachbarschaft aufgrund der speziellen Bodenbeschaffenheit.
Messungen
Gezielte Messungen wurden im Sommer des Jahres 2009 am damals neuen 400-MVA-Phasenschiebertransformator in Mendrisio durchgeführt. Sie haben die in Bild 2 dargestellten Ergebnisse geliefert. Dabei konnte als wahrscheinlichste Ursache der Betrieb der nahegelegenen italienischen Staatsbahnen ermittelt werden, denn sie werden mit Gleichstrom versorgt. Das täglich mehrfache An- und Abfahrprofil deutet weitgehend darauf hin.
Auswirkungen und Lösungen
Da in diesem Gebiet die Leitfähigkeit des Erdreichs relativ gering ist und die Schienenstränge der italienischen und schweizerischen Bahnen nicht vollständig und überall isoliert werden können, trägt der DC-Rückstrom der italienischen Bahn zu der unerwünschten Einstreuung in der Schweiz bei.
Der Mechanismus der im Transformator eintretenden Sättigung ist in Bild 3 dargestellt. Die den Wechselströmen überlagerten Gleichströme führen dabei zu einer unsymmetrischen Magnetisierung des Eisenkerns mit nachfolgender Sättigung, die zu Zusatzverlusten (Wärme) und zusätzlicher Geräuschentwicklung führt.
Dies ist bei den heute gebauten Transformatoren besonders stark ausgeprägt, da für deren Eisenkern kaltgewalztes, kornorientiertes Elektroblech verwendet wird, das einerseits für geringere Leerlaufverluste verantwortlich ist, aber andererseits für eine Betriebsweise nahe des Kniepunkts der Magnetisierungskennlinie ausgelegt ist. Dies hat dann leider auch zur Folge, dass schon ein geringer Gleichstromanteil zur asymmetrischen Halbwellen-Sättigung führt. Durch die so entstehenden erhöhten Streuströme kommt es neben lokalen Erwärmungen auch zur Bildung von Verzerrungen bzw. Oberschwingungen, was unter Umständen auch eine negative Beeinflussung der Schutzgeräte nach sich ziehen kann. Eine weitere Folge sind Vibrationen, die dann zusätzliche Geräusche erzeugen.
Obwohl bei einigen Transformatoren bereits Sofortmassnahmen getroffen wurden, z. B. durch Einführung eines entsprechenden Erdungswiderstands im Sternpunkt, wird zurzeit in einer grösseren Runde über die Durchführung nachhaltiger Lösungen beraten, die zu einer ganzheitlichen Beseitigung dieser Streuströme führt.
Referenzen
[1] IEC TC 14, Power Transformers – Part 23: Suppression devices of DC magnetic bias electric power transformes, under development, 08.2017.
[2] FKH, A09/065, Messung von DC-Sternpunktströmen im UW Mendrisio, Messung vom August / September 2009.
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