Fachartikel IT für EVU

Umzugstermine gehen auch die VNB etwas an

Automatisierte Umzugsmeldungen

24.02.2020

Ziehen Mieter aus, müssten sie dies eigentlich auch ihrem Verteilnetzbetreiber mitteilen. Weil diese Meldung aber oft ausbleibt, erwachsen Letzteren hohe Kosten. Abhilfe schaffen könnte ein Projekt, das Umzugsmeldungen automatisiert von Immobilienverwaltungen an Verteilnetzbetreiber weiterleitet.

Schweizer sind ein Volk von Mietern. Die Tendenz geht zwar zum Wohneigentum, aber noch immer bewohnen fast zwei Drittel (62%) der Schweizer Haushalte ihr Heim als Mieter. Allerdings tun sie das jeweils unterschiedlich lange. Dies hat zur Folge, dass jedes Jahr rund 12 % aller Mieter in der Schweiz umziehen – Tendenz steigend.

Es gibt daher wahrscheinlich nicht viele Menschen in der Schweiz, die noch nie in ihrem Leben umgezogen sind, und die folglich die damit verbundenen Mühen und die Plackerei nicht kennen: Kisten packen, Kisten beschriften, sich grosszügig von Überflüssigem und lange nicht mehr Verwendetem trennen, Möbel demontieren oder transportsicher machen. Und in der neuen Wohnung läuft das ganze Prozedere nochmals in umgekehrter Reihenfolge ab.

Ist das Kistenschleppen und Möbel­transportieren dann geschafft, kommt auch noch eine lange Liste mit administrativen Angelegenheiten, die erledigt werden müssen: abmelden bei der bisherigen, anmelden bei der neuen Einwohnergemeinde, Fahrzeugausweis umschreiben lassen, die neue Adresse sämtlichen Bekannten und Verwandten bekannt machen, Telefon-/Internet­anschluss, Post-Nachsendung organisieren und, und, und.

Verteilnetzbetreiber werden zu spät informiert

Natürlich müssen auch der Vermieter respektive die Immobilienverwaltung darüber informiert werden, wann man gedenkt, die Wohnung zu verlassen. Wer jedoch oftmals vergeblich auf eine Mitteilung eines wegziehenden Mieters wartet, ist der lokal zuständige Verteilnetzbetreiber (VNB). Und das, obwohl Mieter verpflichtet wären, ihren Stromanbieter bei einem Wegzug zu informieren. Denn mit dem Zeitpunkt der Schlüsselabgabe an den Vermieter beenden Mieter gleichzeitig ihre Geschäftsbeziehung mit ihrem Stromlieferanten, da sie ab dann keinen Strom mehr beziehen können.

Dass ein Kunde seine Geschäftsbeziehung zum Verteilnetzbetreiber beendet hat, erfährt dieser meist erst später – wenn der Kunde schon ausgezogen ist – durch die Immobilienverwaltung. Das zieht viel Arbeit nach sich und ist bisweilen mit hohem Aufwand verbunden. Der Verteilnetzbetreiber muss den Zähler ablesen und eine Abschlussrechnung erstellen. Auch den Immobilienverwaltungen erwachsen aufgrund dieser Abklärungen unötige Aufwände und Kosten.

Automatisierter Datenfluss Mieter–Vermieter–VNB

Alles in allem entstehen den Verteilnetzbetreibern dadurch Aufwände in Millionenhöhe. «Ein Drittel aller Tickets, welche im BKW-Call-Center eröffnet werden, stehen in Zusammenhang mit Umzügen oder Mieterwechsel», erklärt Luc Herminjard, der bei der BKW im Business Development arbeitet und auf langjährige Erfahrung in diesem Bereich zurückblickt. Nachdem er ein BKW-internes Audit durchgeführt und erkannt hatte, wie gross der Aufwand effektiv ist, überlegte er, wie das ganze Prozedere vereinfacht und vergünstigt werden könnte – und kam auf eine eigentlich naheliegende Lösung: «Zieht ein Mieter um, informiert er immer seinen Vermieter. Dieser wiederum informiert dann den VNB. Warum also nicht die Meldung an den Vermieter automatisch an die Verteilnetzbetreiber weiterleiten?»

Technisch sei diese Automatische Umzugsmeldung (AUM) keine Hexerei, erklärt Luc Herminjard: «Eine Schnittstelle von den diversen Immobilienverwaltungs-Lösungen zu einem zentralen Hub, von wo aus die Daten an die Verteilnetzbetreiber weiterbefördert werden, natürlich verschlüsselt. Mehr braucht es nicht.» Als Betreiberin dieses Datahubs wird die Firma Swisseldex fungieren, welche im Hinblick auf die angekündigte vollständige Liberalisierung des Schweizer Strommarktes gegründet worden ist und deren Zweck die Abwicklung des standardisierten Datenaustausches im liberalisierten Markt ist.

Von der Branche getragen

Der Datahub von Swisseldex wird von der Branche getragen und sein Betrieb ist durch das Aktionariat (dem aktuell AEW, BKW, CKW, EWZ, SAK und AEM angehören) gesichert. Swiss­eldex operiert nicht gewinnorientiert und die Datahub-Leistungen kosten Nicht-Aktionäre gleich viel wie Aktio­näre. Diese Diskriminierungsfreiheit erachtet Luc Herminjard als zentral: «Nur so können sich auch die vielen kleinen und mittleren VNB leisten, bei diesem Projekt mitzumachen.»

Luc Herminjard ist Mitglied des Verwaltungsrats von Swisseldex und aktuell viel unterwegs, um Überzeugungsarbeit zu leisten: «Wir müssen zeigen, dass es den beiden Branchen ernst ist mit diesem Anliegen.» Mit Erfolg, konnte er doch bereits Garaio REM AG und Quorum Software AG, die beiden grössten Schweizer Hersteller von Immobilienverwaltungssoftware, für dieses Projekt gewinnen. «Mit Livit  AG Real Estate Management und Privera  AG beteiligen sich auch zwei grosse Immobilienverwaltungen in der Schweiz an diesem Piloten», erklärt Luc Herminjard.

Pilot ab April in Betrieb

Dieser Pilot wird aktuell gebaut und ab April für fünf Monate in Betrieb genommen. Ist der Pilot erfolgreich, steht einer Einführung in der Schweiz nichts mehr im Weg. Die Pflicht der Mieter, sich bei ihrem Verteilnetzbetreiber zu melden, würde damit zwar nicht aufgehoben, aber es würde ein pragmatisches und sinnvolles Mittel geschaffen, damit Verteilnetzbetreiber und Liegenschaftsverwaltungen jährliche Kosten in Millionenhöhe einsparen könnten.

Autor
Ralph Möll

ist Kom­mu­ni­kations­spezia­list beim VSE.

Kommentare

Günther Pomarolli,

Es geht noch viel einfacher.
Seit 2018 gibt es von eCH (eGoverment Standard) das eCH-0093: Prozess Wegzug Zuzug. Dieser speist unter anderem die Wohnungsdatenbank und die Gemeinden. Dieser Standard ist in Kürze für alle Gemeinden verpflichtend.

Also: Jede Wohnung ist in der Schweiz eindeutig geführt (BFS). Jeder Wohnung wird ein oder mehrer Zähler zugewiesen........
Und der Datenschutz lässt sich lösen.......

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