Trügerische Sicherheit oder echter Schutz?
Sicherheitsbeleuchtung
Die Sicherheitsbeleuchtung sollte dafür sorgen, dass im Notfall Personen so schnell und so sicher wie möglich aus einem Gebäude evakuiert werden und dass der Einsatz von Rettungskräften gesichert ist. Viele Anlagen wurden aber nur halbherzig installiert und bringen im Brandfall nicht den Nutzen, für den sie erstellt wurden.
In grossen Gebäuden, in Bauten im öffentlichen Raum sowie in solchen mit besonderen Gefahren sind Sicherheitsbeleuchtungen vorgeschrieben, welche im Ereignisfall (Brandfall oder Stromausfall) den Menschen in Räumen und in Anlagen den sicheren Weg ins Freie zeigen. Der Schutz von Personen in einem Gebäude hat immer oberste Priorität und ist Aufgabe der Sicherheitsbeleuchtung.
Definitionen
Die Notbeleuchtung setzt sich nach SN EN 1838 aus der Sicherheitsbeleuchtung und der Ersatzbeleuchtung zusammen und ist als Back-up vorgesehen, falls die normale künstliche Beleuchtung ausfällt. Für die Speisung einer Notbeleuchtung ist deshalb eine von der Normalversorgung unabhängige Stromquelle erforderlich.
Die Ersatzbeleuchtung hat die Aufgabe, bei Ausfall der Energieversorgung technisch oder wirtschaftlich notwendige Tätigkeiten zu gewährleisten. Hierbei handelt es sich um eine vollwertige Beleuchtung, die sich bei Stromausfall automatisch einschaltet und dank der die normalen Aktivitäten unter nahezu unveränderten Bedingungen fortgesetzt werden können.
Flucht- und Rettungswege werden dank der Sicherheitsbeleuchtung während einer bestimmten Zeit mit einer Mindestbeleuchtungsstärke beleuchtet, damit das Gebäude gefahrlos verlassen oder ein potenziell gefährlicher Arbeitsablauf beendet werden kann. Die SN EN 1838 unterscheidet zwischen vier Arten von Sicherheitsbeleuchtung:
- Sicherheitsbeleuchtung für Rettungswege
- Antipanikbeleuchtung
- Sicherheitsbeleuchtung für Arbeitsplätze mit besonderer Gefährdung
- Sicherheitszeichen
Wie wird eine Sicherheitsbeleuchtung geplant?
Im Idealfall läuft die Planung einer Sicherheitsbeleuchtung folgendermassen ab: Bei der Planung einer Sicherheitsbeleuchtungsanlage werden zuerst die künftige Nutzung und die Art des Gebäudes oder der Räume, wie sie z. B. in der Baubewilligung beschrieben ist, ermittelt. Gibt es im Gebäude öffentliche Veranstaltungen/Versammlungen, handelt es sich um ein gewerblich genutztes Gebäude (Arbeitsplätze, Verkaufsfläche)? Welches sind die Brandabschnitte? Aus der Verwendung und der Personenbelegung des auszustattenden Objekts lassen sich die normativen Anforderungen an die Sicherheitsbeleuchtung für Bauten, Anlagen oder Brandabschnitte ableiten. Je besser man mit dem Gebäude vertraut ist, umso fachgerechter und wirtschaftlicher fallen die Grundplanung und die Umsetzung der Sicherheitsbeleuchtung aus.
Einteilung in Qualitätssicherungsstufen
Basierend auf der Nutzung, Gebäudegeometrie (Gebäudehöhe, Ausdehnung), Bauweise und besonderen Brandrisiken teilt die Brandschutzbehörde das Gebäude oder Teilbereiche in eine der vier Qualitätssicherungsstufen (QSS) ein.
Planung der Sicherheitsbeleuchtung
Nach Festlegung der Raumnutzung wird die normale Beleuchtung mit den entsprechenden Installationen geplant. Zusammen mit dem Qualitätssicherungsverantwortlichen Brandschutz (Brandschutzexperte), der gemäss der Brandschutzrichtlinie Teil des Projektierungsteams sein muss, werden die Fluchtwege ermittelt und eingezeichnet. Nun wird mit der Planung der Notlichtanlage begonnen. Dies wäre die perfekte Reihenfolge der Planung. Die genaue Reihenfolge der Planung ist nicht so wichtig, entscheidend ist hingegen, dass die Grundlagen wie Raumnutzung, Brandabschnitte und die Fluchtwege bekannt sind. Brandabschnitte sind von anderen Gebäudeteilen oder von anderen Gebäuden brandschutztechnisch getrennt. Innere Brandwände bestehen aus nicht brennbaren Baustoffen und sind bei einer zusätzlichen mechanischen Beanspruchung feuerbeständig.
Zweck der Sicherheitsbeleuchtung ist es unter anderem, bei Stromausfall Arbeitsplätze mit besonders gefährlichen Tätigkeiten mit genügend Licht zu versorgen, damit das Bedienpersonal die Anlage in einen sicheren Zustand versetzen kann, bevor es das Gebäude verlässt. Eine spezielle Gefährdung besteht z. B. bei laufenden Maschinen, in Laboren mit gefährlichen Stoffen, bei Überwachungsplätzen und Kommandoräumen oder in elektrischen Betriebsräumen.
Die Installationen werden ab einer Zentrale geplant und je nach Grösse mit Unterverteilungen versehen. Die Verteiler der Sicherheitseinrichtungen sind in eigenen, für andere Zwecke nicht genutzten Räumen unterzubringen. Sind diese Räume nicht vorhanden, dann können diese Verteiler mit Bauteilen aus nichtbrennbaren Baustoffen umgeben werden. Es muss auf jeden Fall sichergestellt sein, dass die Funktion der elektrotechnischen Einbauten des Verteilers im Brandfall für die Dauer des Funktionserhalts gewährleistet ist und nicht durch die Umgebungstemperatur und Luftfeuchtigkeit beeinträchtigt wird.

Installation
Da die Sicherheitsbeleuchtung auch im Brandfall funktionieren muss, sind die Zuleitungen bis in den letzten Brandabschnitt im Funktionserhalt zu installieren. Kabelanlagen mit Funktionserhalt sind in der Lage, die Versorgung mit Strom sicherzustellen, auch wenn das Kabel brennt. Dafür sind besondere Kabel und Tragsysteme notwendig. Die Kabel sind aus einem speziellen Material, das bei Hitze versteift und deren Isolation eine ähnliche Konsistenz wie Porzellan aufweist. So ist der Draht gut gelagert und gewährleistet die geforderte Betriebsdauer für Sicherheitsbeleuchtungen, die je nach Art, Grösse und Nutzung des Gebäudes mindestens 30 bis 90 Minuten betragen muss. Die Brandschutzbehörde kann auch eine längere Betriebsdauer fordern, wie z. B. bei Arbeitsplätzen mit besonderer Gefährdung. Das Tragsystem muss ebenfalls geprüft sein, damit es auch das Kabel mindestens während der Nennbetriebsdauer halten kann. Es darf nur Installationsmaterial mit einem Prüfzeugnis verwendet werden. Dieses belegt die Prüfung durch eine unabhängige Prüfstelle, zählt die zulässigen Schrauben, Ausleger und Kabel auf und definiert die maximal erlaubten Abstände der Befestigungen. Die Installation ist immer in oberster Lage zu installieren, damit im Brandfall keine Gegenstände auf die Kabel fallen.

Dokumentation
Über jede fertig installierte Sicherheitsbeleuchtungsanlage ist dem Anlageneigentümer eine Dokumentation mit folgenden Kenndaten auszuhändigen:
- Verantwortlichkeiten (Person/Stelle)
- Objektdaten
- Anlagentyp (Einzelbatterie, LPS, CPS)
- Pläne (Gebäude-, Fluchtwegpläne)
- Liste der Einzelbatterie- und Zentralbatterieleuchten
- Schemata (Prinzipschema, Anlagenschema, Sicherungsgruppen)
- Technische Unterlagen (Produktdatenblätter, Bedienungsanleitung)
- Konformitätserklärungen
Erstprüfung, Schlusskontrolle und Abnahmekontrolle
Die Sicherheitsbeleuchtung muss als elektrische Anlage während der Errichtung bzw. bei Fertigstellung mit einer baubegleitenden Erstprüfung bzw. einer Schlusskontrolle geprüft werden.
Ausführung – Ist-Zustand
Was in der Theorie ziemlich einfach klingt, ist in der Praxis leider ein Ausnahmefall. Ob bei Abnahmen, periodischen Kontrollen oder bei freiwilligen Überprüfungen durch den Eigentümer, immer wieder stosst man auf Sicherheitsbeleuchtungen, die die sicherheitstechnischen Anforderungen bei Weitem nicht erfüllen.
Lückenhaftes Kontrollbuch und fehlende Messungen
Anlagenbetreiber können oft nur unvollständige Dokumentationen über die gesamten Anlagen vorweisen. Während die Datenblätter der Leuchten, der Verteilungen usw. meistens vorhanden sind, fehlt häufig die Dokumentation mit Angaben zu den Installationen wie auch der verwendeten Typen von Kabeln, Tragsystemen, Durchführungen usw.
Die unter die NIV fallenden Installationen sind gemäss der NIN einer Isolationsmessung zu unterziehen. Diese Sicherheitsnachweise werden nur selten erstellt und beschränken sich auf die Zuleitung der Anlage. Die Abgänge, welche unter die gleiche Norm fallen, werden bei der Kontrolle oft unterschlagen und nicht gemessen, frei nach dem Motto «Wenn es leuchtet, ist es ja gut». Allzu oft gehen auch die geforderten Messungen der Beleuchtungsstärke zur Kontrolle der Sichtbarkeit und zum Schutz vor Blendung im Fluchtfall vergessen.
Fehlerhafte Installation
Wenn die Installationen für die Sicherheitsbeleuchtung im Funktionserhalt ausgeführt werden, kommt es öfters vor, dass die Kabel mit den normalen Kabeln ins gleiche Kabeltragsystem gelegt werden, obwohl dies im Prüfzeugnis des Kabels nicht erlaubt ist. Schilder, die Angaben zu den verwendeten Produkten für die Kabelanlagen mit Funktionserhalt enthalten, sind oft nicht angebracht.
Entgegen den Vorschriften werden Installationen für Sicherheitszwecke häufig nicht in oberster Lage, sondern zwischen den übrigen Einrichtungen installiert. Im Brandfall hätte dies fatale Folgen, da eine solche Anlage höchstens eine Nennbetriebsdauer von fünf Minuten aufweist. Eine Sanierung solcher Anlagen im Nachhinein ist zudem nur selten umsetzbar und immer mit einem enormen Aufwand an Stunden und Material möglich.
Vielfältige Ursachen für Mängel
Die Gründe für die Versäumnisse sind oft sehr unterschiedlich. Sie reichen von zu günstigen Preisen, zu wenig Wissen oder Erfahrung mit diesen Anlagen, Vergesslichkeit bei der Planung bis zu fehlender Koordination zwischen den Gewerken. Auch bei der Kontrolle schieben sich gewisse Parteien die Schuld gegenseitig in die Schuhe. Dies ist nicht nur fatal für den Besitzer der Anlage, welcher für deren Sicherheit schliesslich verantwortlich ist, sondern auch für die Menschen, die in einem Ereignisfall auf diese Anlagen angewiesen sind, um sich selbst retten zu können.
Die Qualität verbessern
Die aktuelle Situation in Bezug auf Sicherheitsbeleuchtungen ist vielerorts unbefriedigend bis ungenügend oder sogar gefährlich. Viele installierte Anlagen wurden nur halbherzig installiert und bringen im Brandfall nicht den Nutzen, für den sie erstellt wurden.
Damit für die Menschen, die sich im Ereignisfall auf diese Anlagen verlassen müssen, eine Sicherheitsbeleuchtung nach dem aktuellen Stand der Technik erstellt werden kann, braucht es eine bessere Zusammenarbeit zwischen den involvierten Gewerken, in die vom Planer über den Installateur und den Anlagenbetreiber bis zu den Kontrollorganen, welche diese Installation prüfen, alle gleichwertig eingebunden sind. Dabei gilt die einfache Faustregel: Je sorgfältiger geplant und koordiniert wurde, desto besser lässt sich dies vom Installateur ausführen und die Kontrolle findet dann auch weniger Mängel. Über die gesamte Bauzeit gesehen ist die Kostenersparnis am grössten, wenn die Planung möglichst genau ist. Je weiter der Bau fortgeschritten ist, umso teurer wird die Mängelbehebung.
Für Sicherheitsbeleuchtungsanlagen gilt schliesslich das Gleiche wie für alle elektrischen Anlagen: Eine richtige Planung und Ausführung von Anfang an hilft, viel Geld zu sparen. Sie trägt aber nicht zuletzt dazu bei, das oberste Sicherheitsziel aller technischen Einrichtungen zu erreichen, nämlich die nach dem Stand der Technik körperliche Unversehrtheit anwesender Personen. Dies sollte auch im Ereignisfall oberste Priorität sein. Im schlimmsten Fall kann eine Sicherheitsbeleuchtungsanlage über Leben und Tod entscheiden. Dieser Gedanke sollte beim Planen, Installieren und Kontrollieren immer im Hinterkopf sämtlicher Beteiligten bleiben.
Literatur
- BSN 1–15: VKF Brandschutznorm
- BSR 17–15: VKF Brandschutzrichtlinie – Kennzeichnung von Fluchtwegen, Sicherheitsbeleuchtung, Sicherheitsstromversorgung
- SN EN 1838: Angewandte Lichttechnik – Notbeleuchtung
- SN EN 50172: Sicherheitsbeleuchtungsanlagen
- SN EN 60598-1: Leuchten Teil 1: Allgemeine Anforderungen und Prüfungen
- SN EN 60598-2-22: Leuchten Teil 2-22: Besondere Anforderungen – Leuchten für Notbeleuchtung
- SN SEV 1000: Niederspannungs-Installationsnorm (NIN)
- SR 734.27: Niederspannungs-Installationsverordnung, NIV
- STP 1.1.2021: Stand der Technik Papier – Notbeleuchtung (CEN 169/WG3)
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