Transiente Belastungen an Messwandlern
Erfahrungsbericht eines Messwandler-Herstellers
Die sich verändernden Bedingungen im Hochspannungsnetz seit der Energiewende führen zu stärkeren Belastungen der Messwandler, die deshalb vorzeitig ausfallen können. Damit Hersteller auf die veränderten Anforderungen reagieren können, müssen die Belastungen im Netz bekannt sein und gemessen werden können.
Der Ausstieg aus der Kernenergie wie z. B. in Deutschland und der starke Anstieg an alternativen Energieerzeugern wie Windparks und Photovoltaikanlagen gehen nicht spurlos am Betrieb der Stromnetze vorbei.
Diese Energiequellen führen durch ihre Wechselrichtersysteme und die für den Transport nötigen Kompensationsanlagen zu erhöhter Oberwellenverunreinigung der Spannung.
Schalthandlungen als Belastung
Die wetterbedingt stark volatilen Energiequellen wie Wind und Sonne führen zu stark schwankenden Spannungsniveaus und einem erhöhten Regelbedarf. In den Regelkraftwerken werden daher deutlich mehr Schalthandlungen durchgeführt als früher. Die beim Schalten auftretenden Überspannungen sind bekannt. Vakuumschalter erhöhen die Belastung noch zusätzlich, insbesondere wegen Rückzündungen.[1]
Messwandler werden z. B. in Kuppelfeldern auch mittels Trenner unter Spannung gesetzt, wenn der Wandler zwischen Sammelschienentrenner der spannungsführenden Sammelschiene und des Kuppelfeldleistungsschalters angeordnet ist. Dabei entstehen während des mehrere Sekunden dauernden Schliessvorgangs Rückzündungen und Löschungen des Lichtbogens.
Auswirkungen auf Messwandler
Die Hochspannungsisolation eines Messwandlers kann als Kondensator angesehen werden. Höherfrequente Spannungsspitzen ergeben hohe kapazitive Stromspitzen, welche eigene Anforderungen an die internen Verbindungen stellen. Sind letztere nicht ausreichend niederinduktiv, können Überschläge entstehen, die das Isolierpapier bzw. das Isolieröl mittelfristig in Mitleidenschaft ziehen.
Durch diese kapazitiven Ströme wird sich auch die interne Spannungsverteilung den kapazitiven Gegebenheiten anpassen. Dadurch können lokale Überspannungen entstehen, welche die TE-Einsatzgrenze überschreiten.
Treten solche Überspannungen bei der Papierisolation auf, die nicht genau rechtwinklig zum elektrischen Feld ausgerichtet ist, können unerwünschte Gleitentladungen auftreten, die die Isolation schrittweise schädigen.
Welche Schäden entstehen?
Die durch transiente Belastungen lokal auftretenden Überlastungen können mit der Zeit Potenzialanlenkungen, Schirmungen, Spulenrandzonen oder gar die Hauptisolation schädigen. Dadurch wird die TE-Einsatzspannung schrittweise reduziert, bis das Gerät im Normalbetrieb Teilentladungen aufweist. Je nach Ort der Teilentladungen können entweder erhöhte DGA-Werte oder gar der Ausfall der Hochspannungsisolation die Folge sein.
Die DGA (dissolved gas analysis) ermöglicht, beschädigte Wandler zu erkennen und entsprechende Massnahmen zu treffen. Sie ist jedoch nur begrenzt fähig, eine Aussage über die zukünftige Lebensdauer zu machen. Weitergehende Überprüfungen wie Teilentladungsmessungen sind vor Ort mit erheblichem Aufwand verbunden.
Die Belastung kennen
Induktive und kapazitive Messwandler eignen sich nicht für die Messung transienter Vorgänge und Oberwellen. Aufgrund der Hauptinduktivität des Wandlers und der Kapazität der Isolation entstehen Resonanzpunkte, welche die Sekundärspannung mit Frequenzen im Bereich von einigen kHz falsch oder gar nicht übertragen. Zudem sind kapazitive Wandler nur auf die Netzfrequenz abgestimmt.[2]
Damit die effektiven Spannungsverhältnisse auf der Hochspannungsseite korrekt gemessen werden können, müssen Teiler eingesetzt werden, z. B. ohmisch-kapazitive Teiler. Diese Teiler können Spannungen im Bereich von 0 Hz bis über 10 kHz und transiente Vorgänge korrekt darstellen.[2]
Meist stellen sich die speziellen Belastungen nicht während einer Messung im Tagesverlauf ein. Daher müssen die Signale über einen längeren Zeitraum aufgezeichnet werden. Die entstehende grosse Datenmenge muss effizient analysiert werden können.
Neue Prüfmethoden ableiten
Erkenntnisse aus den gewonnenen Daten werden nun in Prüfungen umgewandelt. Dabei besteht das Problem, wie eine länger andauernde Belastung modelliert und durch eine effiziente und repräsentative Prüfung nachgebildet werden kann. Eine Anpassung oder Erweiterung der Typenprüfungen wird unumgänglich sein.
Pfiffner hat bereits mehrere Wandler einer Trennerfeuer-Prüfung unterzogen. Dabei wird ein Wandler mittels Funkenstrecke über einen längeren Zeitraum unter Spannung gesetzt. Anschliessende DGA und Analyse des Wandlers ergeben wichtige Erkenntnisse, die direkt in das Design neuer Messwandler einfliessen.
Die Erweiterung der Routineprüfungen mit einer Impulszahl-reduzierten Blitzstossprüfung mit DGA stellt sicher, dass Fertigungsstreuungen keinen Einfluss auf die transiente Belastbarkeit eines Messwandlers haben.
Zusammenarbeit ist wichtig
Die Datenerhebung, -auswertung und Erarbeitung neuer Prüfvorschriften können nur im Rahmen einer Zusammenarbeit zwischen EVUs und Herstellern stattfinden. Als Grundlage dazu dient die Messung der Belastungen im Netz und deren Offenlegung gegenüber Herstellern zur gemeinsamen Entwicklung von Lösungen.
Referenzen
[1] Cigré 204: Recent standardization developments and test-experience in switching inductive load current.
[2] Erik Sperling, «Messung von Power-Quality-Parametern im Hochspannungsnetz mit Hilfe der RC-Teiler-Technologie», Hochspannungssymposium Berlin 2016.
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