Solarstrom ist vielseitig
«Energien der Zukunft»-Tagung vom 3. November 2016
Aus Verkaufszahlen lassen sich Trends ableiten: Die Anzahl installierter Solarthermie-Anlagen sinkt seit 2009 kontinuierlich. Gleichzeitig nehmen die Installationen bei der immer preisgünstiger werdenden Photovoltaik zu. Die Gründe für diesen Wandel in der Solarbranche wurden in einigen der Präsentationen detailliert behandelt: Strom ist vielseitiger einsetzbar als Wärme und kann bei ähnlichem Gesamtsystem-Wirkungsgrad wie die Solarthermie von rund 50 % Wärme mit Wärmepumpen erzeugen, beispielsweise, um sie speichern zu können und so den Eigenbedarf zu erhöhen.
Solarstrom billiger als Heizöl
In seinem Einleitungsvortrag hat der Moderator Franz Baumgartner, ZHAW, den Schweizer Heizölpreis mit dem Solarmodulpreis verglichen und ist zum Schluss gekommen, dass heute PV-Strom preisgünstiger als Erdöl ist. Es sind also nicht nur ökologische Aspekte, die für einen PV-Aufschwung sorgen, sondern auch ökonomische. Die globalen Preissenkungen bei PV-Anlagen sind hauptsächlich durch Skaleneffekte bedingt. Als positives Beispiel der Erzeugung von Wärme aus Solarstrom führte er Liechtenstein auf, das nicht nur Wärmepumpenanlagen fördert, sondern jährlich genügend PV-Anlagen installiert, um gleichzeitig ihren Strombedarf abzudecken.
Baumgartner stellte die Vorteile der Kombination PV und Wärmepumpe zur Warmwasseraufbereitung vor: Es muss kein Wasser aufs Dach gepumpt werden, die Installation ist preiswerter, die Zuverlässigkeit höher und der PV-Eigenbedarf wird erhöht. Bei Hardware-Kosten von 2000 € dürfte diese Kombination erfolgreich im Markt Fuss fassen, wenn auch die Installationskosten sinken.
Nützliche Wärmepumpen
Die deutsche Perspektive brachte Dr.-Ing. Martin Kleimaier, VDE, ins Spiel. Er betonte, dass die Treibhausgasemissionen besonders im Energiesektor reduziert werden müssen, um das Ziel des deutschen Energiekonzepts zu erreichen. Dies erfordert eine weitgehende Substitution fossiler Energieträger. Er plädierte für einen ganzheitlichen Ansatz: Die Energiewende beschränkt sich nicht nur auf den Strombereich. Die früher verpönte Stromwärme ist nun nicht mehr tabu, weil der Strom erneuerbar erzeugt werden kann. Für Langzeitspeicherung schlug er die Umwandlung in Wasserstoff und Methan vor. Sein Fazit: Wärmepumpen sollen für Power-to-Heat in der Mittel- und Grundlast genutzt werden, weil aufgrund der Eigenstromnutzung die Wärmepumpe in Gebäuden mit PV-Anlagen vorteilhaft ist. Zudem kann mit modernen elektrischen Wärmepumpen das Netz entlastet und unter Umständen ein Netzausbau vermieden werden, denn sie können im Teillastbetrieb effizient eingesetzt werden und sind gut regelbar (Regelleistung).
Optimierung in der Praxis
Um Optimierungsfragen ging es in zwei Vorträgen. Beat Kuster stellte sein Projekt vor, das er in seinem Einfamilienhaus realisiert hat. Dort kombinierte er eine PV-Anlage mit einer Erdsonden-Wärmepumpe, einem Niedertemperatur-Wärmekollektor und einem grossen Wassertank, den er zur Speicherung der Tageswärme nutzt. Obwohl das Konzept ziemlich kompliziert ist, funktioniert es gut und effizient. Christian Frei ging auf die Wirtschaftlichkeitsoptimierung bei PV-Anlagen eines Einfamilienhauses ein, wobei hauptsächlich die Steigerung des Eigenverbrauchs des Solarstroms Wirkung zeigt.
Kooperation statt Kampf
Der Architekt Beat Kämpfen vertrat eine andere Position: Er plädierte dafür, der Solarthermie neben der Photovoltaik den ihr gebührenden Platz einzuräumen. Zudem betonte er, dass die Technik auf unscheinbare, ästhetische Weise ihren Dienst verrichten sollte – man soll sich zuhause wohlfühlen können. Seine Beispiele von sanierten Mehrfamilienhäusern, einige sogar mit Plusenergiebilanz, überzeugten.
Noch ein wenig radikaler wurde es in der Präsentation von Roger Balmer: Er stellte ein Mehrfamilienhaus aus Brütten vor, das komplett energieautark ist und deshalb – konsequenterweise – nicht einmal ans öffentliche Stromnetz angeschlossen ist. Die einzige externe Energiequelle ist die Sonne. Die Speicherung der überschüssigen Energie des Sommers ist ein zentraler Aspekt des Konzepts und wird mit einem grossen thermischen Langzeitspeicher und einem Wasserstofftank mit Elektrolyseur abgedeckt.
Speicher werden wichtiger
Wie man thermische Energie längerfristiger speichern kann, erläuterte Martin Rauen. Er stellte den Eisspeicher von Viessmann vor, der den Effekt der Kristallisationswärme nutzt: Im Phasenübergang von fest zu flüssig steckt bei Wasser so viel Energie wie zum Erwärmen von Wasser von 0 °C auf 80 °C. Dazu werden grössere Wassertanks benötigt, am besten zylindrische, denn dann können die Rohre einfacher verlegt werden. Entzugs- und Regenerationswärmetauscher ermöglichen die Speicherung von Wärmeenergie aus der Luft, der Erde sowie Sonnenenergie. Martin Rauen zeigte anhand einer Rentabilitätsberechnung auf, dass der Eisspeicher im Vergleich mit anderen Technologien wie dem Einsatz von Erdsonden einige Vorteile (geringer Wartungsaufwand, niedrigere Investitionskosten, geringe Abhängigkeit von der Wärmequellen-Qualität) auszeichnet.
Energiestädte und Leistungstarife
Das Konzept der Energiestadt stellte Stefanie Huber des Trägervereins Energiestadt vor. Der Bund gibt dabei die Rahmenbedingungen vor, die Kantone setzen dies durch Mustervorschriften und Förderprogramme mit Schwerpunkt Gebäude durch und die Gemeinden passen diese Massnahmen an die konkrete Situation an. Lokale Begebenheiten werden dabei besonders berücksichtigt, um möglichst optimale Lösungen zu finden.
Der Vortrag von Karl Resch, EKZ, war den Tarifen gewidmet. Grundsätzlich bieten Leistungstarife eine höhere Verursachergerechtigkeit als reine Energietarife, denn das Netz wird nach Leistung dimensioniert. Da der Entsolidarisierungseffekt sich bis 2020 aus heutiger Sicht in vertretbaren Grenzen hält und Leistungstarife für alle Endverbraucher auf Niederspannungsebene eingeführt werden sollten, verzichtet die EKZ aber kurz- bis mittelfristig auf die Einführung von Leistungstarifen bei Prosumern.
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