Tätigkeitsbericht CES 2016
Wahrung der Schweizer Interessen
Der Schweizer Normungsexperte Maurice Montavon erhielt den begehrten Thomas A. Edison Award der IEC. Weiter wurden drei Schweizer Experten mit dem IEC 1906 Award ausgezeichnet. Das CES hat im Oktober 2016 seine alle zwei Jahre stattfindende CES-Konferenz erfolgreich durchgeführt. Das Strategie-Projekt für die Migration der Normendatenbank auf eine zukunftsträchtige IT-Plattform wurde gestartet.
Die Wahrung der Schweizer Interessen in der Normung, international in der International Electrotechnical Commission IEC und in Europa im Comité Européen de Normalisation Electrotechnique Cenelec, wird auf der technischen und auf der Management-Ebene wahrgenommen. Das CES vertritt im Cenelec an den Sitzungen der Generalversammlung, im technischen Steuerungsausschuss (Technical Board BT) sowie in der IEC an der Generalversammlung die schweizerischen Anliegen. Dabei werden nebst technischer Eingaben vermehrt auch Fragen zu den Prozessen und zur Führung von Arbeitsgremien behandelt. Auch im letzten Jahr ging es darum, verschiedene Schwierigkeiten auf nationaler und internationaler Ebene zu entschärfen und die Wahrung der Schweizer Interessen dadurch sicherzustellen.
Mit dem persönlichen Mandat des Permanenten Delegierten (PD) im Cenelec-BT von Jörg Weber, Generalsekretär des CES, werden die Bedürfnisse der Schweiz direkt in den laufenden Normungsprozess eingebracht. Als persönliches Mitglied im Finanzkomitee des Cenelec stellt er dort den Einfluss der Schweiz bei den finanziellen Angelegenheiten sicher.
Der CES-Vorstand befasst sich mit Grundsatzfragen der elektrotechnischen Normung. Er setzt Prioritäten und sorgt dafür, dass die Aktivitäten vornehmlich auf jene Normenprojekte gelenkt werden, die den Bedürfnissen des Schweizer Marktes oder der schweizerischen Gesetzgebung entsprechen und dass keine Normen geschaffen werden, die nur einzelnen Herstellern Marktvorteile verschaffen.
Die technische Normungsarbeit auf nationaler Ebene wird in den Technischen Komitees (TK) des CES geleistet. Auf internationaler Ebene geschieht dies in den entsprechenden Gremien der IEC und auf europäischer Ebene in denjenigen von Cenelec.
Sämtliche TK-Mitglieder werden wöchentlich per E-Mail über die neuen, für ihr Gremium relevanten Normenentwürfe informiert und können diese passwortgeschützt auf der IEC-Homepage abholen. Die Verteilung der Dokumente in elektronischer Form via Internet funktioniert sehr effizient und kostengünstig.
Unter www.normenshop.ch können auf der Basis der ständig aktualisierten CES-Normendatenbank (NDB) sämtliche gültigen Normen, Ergänzungen zu Normen (Amendments) und Korrigenda abgerufen und bestellt werden.
Die vom Sekretariat des CES erbrachte Unterstützungsarbeit zugunsten der technischen Komitees umfasst vor allem die Verteilung der Projektdokumente, die Unterstützung bei der Konsensfindung an den nationalen TK-Sitzungen und das Einreichen der Stellungnahmen, d.h. der Kommentare und der Stimmabgaben bei IEC und Cenelec.
Das CES unterhält gegenwärtig über 90 Technische Komitees, Subkomitees und Arbeitsgruppen mit einer weiter gesteigerten Anzahl auf insgesamt mehr als 850 Mitglieder. Diese engagieren sich in mehr als 1100 Gremien, 330 Mitglieder international auf Cenelec- oder IEC-Ebene. Die meisten Mitglieder vertreten die Interessen der herstellenden Industrie und der Anwender. Über 50 TK-Mitglieder vertreten in spezifischen TKs die Interessen mehrerer Bundesämter, einiger kantonaler Stellen und verschiedener Nicht-Regierungs-Organisationen. Die meisten Technischen Komitees des CES sind in Normenprojekten engagiert, die zu harmonisierten Normen führen, die im Official Journal (OJ) der Europäischen Kommission zu einer oder mehreren Direktiven publiziert und in der Schweiz auf der Electrosuisse-Homepage und im Bulletin der Switec veröffentlicht werden.
Mit einem Umsetzungsgrad der neuen Normen von über 99% liegt die Schweiz an der Spitze unter den Cenelec-Mitgliedern.
Die Jahresberichte der Technischen Komitees sind unter www.electrosuisse.ch/de/normung/ces/technische-komitees.html in der Spalte Gremium unter dem jeweiligen TK zu finden.
«Thomas A. Edison Award»
Der Thomas A. Edison Award ist die zweithöchste Auszeichnung, die die IEC verleiht.
Für seine hervorragenden Leistungen als weltweit anerkannter Normungsexperte der International Electrotechnical Commission IEC wurde 2016 Maurice Montavon an der Generalversammlung der IEC in Frankfurt/Main mit dem Award geehrt. Mehr als 40 Jahre Normungsarbeit erhalten damit ihre wohlverdiente Anerkennung.
«IEC 1906 Award»
Auch 2016 wurden wieder drei in den IEC-Normengremien tätige Schweizer Experten für ihre speziellen Verdienste mit dem begehrten IEC 1906 Award ausgezeichnet: Klaus Peter Brand, ABB Schweiz AG, TC 57, Hans Weichert, Rockwell Automation Switzerland GmbH, Aarau, TC 121B sowie Erich Würgler, Siemens Schweiz AG, TC 57.
CES-Konferenz
Im Oktober hat das CES seine alle zwei Jahre stattfindende CES-Konferenz für TK-Vorsitzende durchgeführt. Hauptthema war das Dresden/Frankfurt-Agreement zwischen der Cenelec und der IEC sowie verschiedene Präsentationen aus der Praxis. Der Schwerpunkt wurde auf die Elektro-Mobilität gelegt, was von den Teilnehmern als sehr informativ empfunden wurde.
Höherer Status beim IEC/TC 47/SC 47E und IEC/SyC AAL
Dank den Interessenten für die Mitarbeit im IEC/TC 47/SC47E «Einzelhalbleiterbauelemente» und im IEC/SyC AAL «Active Assisted Living» konnten die entsprechenden Mitgliedschaften bei der IEC von Beobachter- in den aktiv-Status erhöht werden. Sehr erfreulich ist dabei die Entwicklung bei den zukünftig immer wichtiger werdenden System Committees (SyC).
CES-Strategie
Die CES-Strategie wurde um das Projekt «Neue Normendatenbank NNDB» erweitert. Um auch in Zukunft einen reibungslosen Betrieb bei hoher Effizienz sicherstellen zu können, muss die Normendatenbank auf eine zukunftsträchtige IT-Plattform migriert werden. Sie soll ab 1. Januar 2019 operativ sein.
Vorstand
Der Vorstand setzte sich im Jahr 2016 aus denselben Mitgliedern wie im Jahr 2015 zusammen.
Cenelec
Die 56. Generalversammlung des Cenelec (Comité Européen de Normalisation Electrotechnique) wurde im Juni 2016 in Skopje, Mazedonien, parallel mit der CEN durchgeführt. Vom Schweizerischen Nationalkomitee CES haben der Vize-Präsident und der Generalsekretär teilgenommen. Es waren alle 33 Mitgliedsländer vertreten.
Der Präsident, Dr. Bernhard Thies, eröffnete die Sitzung mit Hinweisen auf den Zweck und die Aufgabe der Cenelec und dass die anwesenden Mitglieder die Entscheidungsgewalt haben, die Cenelec in die von ihnen gewünschte Richtung zu führen.
Der diskussionsreichste Punkt war der Vorschlag zur Anpassung der Stimmengewichte bei technischen Abstimmungen vom Nizza-Vertrag an den Lissabon-Vertrag. Wie bereits in technischen Lenkungsausschuss BT (Bureau Technique) durch die Permanenten Delegierten PD beschlossen, sahen die meisten Cenelec-Mitglieder keinen Grund, eine Änderung vorzunehmen. Auch die Schweiz stimmte für die Beibehaltung der aktuellen Stimmengewichte, zumal der Auslöser für die vorgeschlagene Anpassung bei der CEN lag, und damit keine Prozessverbesserung zur Normenerarbeitung erreicht werden konnte. Die geheime Abstimmung erreichte die für eine Änderung der internen Regeln benötigte 2/3-Mehrheit nicht und damit wurde der Vorschlag abgelehnt.
Die von der Arbeitsgruppe System Effectiveness and Efficiency Review (STEER) ausgeführte Befragung aller interessierten Kreise bestätigte die bereits von den Mitgliederorganisationen gesammelten Erkenntnisse. Mit einer Systemanalyse wurden die Prozesse von CEN und Cenelec durchleuchtet. Die Empfehlungen werden im März 2017 im Führungsausschuss CA besprochen und dann weitere Massnahmen beschlossen.
An einer ausserordentlichen Generalversammlung im November 2016 wurde Serbien als 34. Mitglied in das Cenelec aufgenommen.
Im Jahr 2015 wurden 398 neue Normen oder Harmonisierungsdokumente erarbeitet. Davon waren über 73% identisch mit oder basierend auf IEC-Publikationen. Somit bestehen 6891 Europäische Dokumente (77% auf IEC-Basis). Die Zusammenarbeit mit der IEC wurde zur weiteren Effizienzsteigerung verstärkt.
IEC
An der 80. Generalversammlung der IEC im Oktober in Frankfurt/Main nahmen aus der Schweiz der Präsident, der Vize-Präsident und der Generalsekretär des CES sowie 62 Experten teil. Es waren über 70 Nationale Komitees mit mehr als 2000 Experten vertreten.
Die total 168 IEC-Mitglieder decken über 96% des Welthandels in der Elektrotechnik ab.
Im Rahmen der Generalversammlung wurde das Dresden-Agreement aus dem Jahr 1996, welches die Zusammenarbeit zwischen der IEC und der Cenelec regelt, den Entwicklungen angepasst und heisst neu «Frankfurt-Agreement». Es wurden verschiedene Prozesse klarer definiert und angepasst, die Copyright-Rechte neu festgelegt und die Namensgebung für original-IEC-Normen um den Kürzel IEC erweitert, was in der Schweiz ab 1. Januar 2018 zu folgender Bezeichnung für eine identische IEC-Norm führt: SN EN IEC 60’XXX:2018.
Eine zentrale Aufgabe war 2016 die Erarbeitung der Grundlagen für den Masterplan 2017- 2021. Sämtliche interessierten Kreise wurden konsultiert, damit 2017 ein den Marktbedürfnissen entsprechender neuer Masterplan verabschiedet werden kann.
Das Market Strategy Board (MSB) hat zwei neue Weissbücher zu «IoT 2020: Smart and Secure IoT Platform» und zu «Global Energy Interconnection» herausgegeben.
Die immer komplexer werdenden Systeme bedingen eine Systemübersicht, die in der Normung durch die Systemkomitees sichergestellt wird. Aufgabe eines SyCs ist es, die Koordination der Normungsbedürfnisse in seinem Gebiet sicherzustellen und mit den etablierten TKs, die die Normen anschliessend erarbeiten, entsprechend abzustimmen. Dadurch kann ein komplexes Normungsthema in Teilbereiche aufgeteilt und effizient bearbeitet werden. Es existieren bereits die SyCs «Smart Cities», «Smart Energy» und «Active Assisted Living». Die Gründung eines neuen SyC LVDC (Niederspannungs-Gleichstrom) wird 2017 den Nationalkomitees zur Abstimmung unterbreitet werden.
Ein neues Technical Committee (TC) für tragbare elektronische Objekte und Technologien (wearable smart devices) wird 2017 unter koreanischer Führung entstehen.
Bereits beschlossen wurde die Gründung des TC 123 «Elektrotechnische Aspekte beim Bestandsmanagement von Versorgungsnetzwerken».
Weiter ist bei der technischen Arbeit in Zukunft der Einsatz von Projektmanagementwerkzeugen unabdinglich, damit die geforderte Qualität bei der Normungsarbeit erreicht werden kann. Mit neuen, auf dem Internet basierenden Werkzeugen muss der Normungsprozess vereinfacht und beschleunigt werden. Es geht langfristig auch darum, dass die IEC ihre führende Position gegenüber anderen Normungsorganisationen verteidigen kann, wie z.B. IEEE, wo die Wahrung der Schweizer Interessen deutlich schwieriger zu erreichen wäre.
Mit dem Young-Professionals-Programm (YP) fördern die IEC und damit die Nationalen Komitees ihren Experten-Nachwuchs. Das CES von Electrosuisse trug mit zwei jungen Ingenieuren in Frankfurt zu diesem Programm bei.
Die weltweit über 15‘000 Experten erarbeiteten im Jahr 2015 564 neue Normen. Damit stieg das Gesamtwerk der IEC-Publikationen auf über 7‘000 Dokumente. 56% der neuen Normenprojekte sind Überarbeitungen bestehender Normen und stellen damit die Aktualität der Technologien in den Normen sicher.
CES-Ziele 2016
Im Herbst 2016 hat das CES mit Erfolg seine alle zwei Jahre stattfindende CES-Konferenz für TK-Vorsitzende durchgeführt. Hauptthema war das Dresden/Frankfurt-Agreement zwischen der Cenelec und der IEC sowie verschiedene Präsentationen aus der Praxis. Der Schwerpunkt wurde auf die Elektro-Mobilität gelegt, was von den Teilnehmern als sehr informativ empfunden wurde. Die zeigt sich auch in der stark gestiegenen Anzahl von TK-Mitgliedern im TK 69. Die Entwicklung des Expertenbestandes ist generell sehr erfreulich mit einem Bestand von mehr als 850 Experten.
Mit dem neuen, auf dem Internet basierenden Entwicklungswerkzeug des Deutschen Nationalkomitees wurde ein Pilotprojekt zur Entwicklung eines Informationsdokuments (FAQs zum Frankfurt-Agreement) gestartet.
Aussichten 2017
Im Jahr 2017 wird das CES zusammen mit der SNV erstmals an Messen auftreten: Planertagung 2017 und automation & electronics 2017.
Der Entscheid des Europäischen Gerichtshofes EuGH im Zusammenhang mit einem aus Irland stammenden Fall mit einer Norm aus dem Bereich der Construction Products Regulation CPR wird umfangreiche Abklärungen über Auswirkungen auf die National-komitees bedingen. Der Druck zur kostenlosen Abgabe von in Gesetzen referenzierten Normen wird bleiben.
Das von CEN und Cenelec gestartete Projekt zur «Online Standardization Platform OSP» soll eine gesamtheitliche Lösung auf internationaler, Europäischer und nationaler Ebene sicherstellen. Ausgewählte Pilotprojekte werden im Jahr 2017 gestartet, um eine zeitgemässe, zukunftsgerichtete Normenentwicklung sicherzustellen