Störende Lichtemissionen am Tag und in der Nacht
Vollzugshilfe zur Vermeidung von Lichtemissionen
Künstliches Licht scheint für unsere Gesellschaft unverzichtbar zu sein. Die «Schattenseiten» des Lichts scheinen jedoch weniger bekannt. Es kann sich nämlich nachts sowohl auf den Menschen als auch auf die Fauna und Flora negativ auswirken. Tagsüber können zudem Photovoltaik-Anlagen zu lästigen Lichteinwirkungen führen.
Oft ist man sich nicht bewusst, dass Photovoltaik-Anlagen zu künstlichen Lichteinwirkungen führen können, die sich störend auf die Umwelt auswirken – dann nämlich, wenn tagsüber Sonnenlicht an ihnen reflektiert wird. Wenn die Blendung intensiv ist und lange dauert, kann dies Menschen stören.
Und auch künstliche Beleuchtung, die nachts genutzt wird, um in Innen- und Aussenräumen gesellschaftliche Aktivitäten zu ermöglichen, beeinträchtigt häufig die Umwelt: Künstliches Licht hat in der Nacht negative Auswirkungen auf die Flora und Fauna, wie Studien zeigen. Auch reduziert künstliches Licht die Sichtbarkeit der Sterne und drängt die natürlich dunkle Nachtlandschaft auf immer kleinere Bereiche zurück. Zudem können Menschen nachts in ihrem Wohlbefinden gestört werden – vor allem, wenn zu viel Licht in ihren Wohnraum gelangt oder weil sie durch Aussenleuchten gestört werden, die in einer dunklen Umgebung unangenehm auffallen – die Wissenschaft spricht hier von belästigender (psychologischer) Blendung.
Lichtemissionen in der Nacht
Nachts sind wir von zahlreichen Lichtquellen umgeben, die als störend oder lästig wahrgenommen werden können (Bild 1). Dies zeigt sich beispielsweise an den Anfragen aus der Bevölkerung, welche das Bundesamt für Umwelt (Bafu) regelmässig erhält.
So wandte sich ein Ehepaar an das Bafu, weil es sich von der Strassenbeleuchtung vor dessen Haus gestört fühlte. Die Eheleute beschrieben, dass die Leuchten die ganze Nacht hindurch in ihr Schlafzimmer scheinen würden. Gerne würden sie im Sommer ohne geschlossene Rollläden schlafen, damit das Schlafzimmer abkühlen könne – dies sei aber aufgrund der hellen Aussenbeleuchtung nicht möglich.
Auch die Reklamebeleuchtung wirkt sich negativ auf die Umwelt aus. Zum Beispiel beschwerte sich eine Frau beim Bafu über die Lichterflut in der Nähe ihres Hauses, die unter anderem von der Werbebeleuchtung eines Fastfood-Restaurants und einer Bäckerei stammen würde.
Neben Beleuchtungsanlagen im Aussenraum können auch Beleuchtungen im Innenraum die Umwelt beeinträchtigen. Denn Öffnungen in der Gebäudehülle wie Fenster, verglaste Treppenhäuser oder Oberlichter lassen eine nicht unwesentliche Menge an Licht in den Aussenraum gelangen, falls sie nachts nicht – beispielsweise durch Storen – abgedeckt werden. So beklagte sich zum Beispiel eine Bürgerin beim Bafu, dass das verglaste, ihrer Wohnung gegenüberliegende Firmengebäude so viel Licht emittieren würde, dass sie kein Licht mehr in ihrer eigenen Wohnung einschalten müsse.
Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen
Die Lichtverschmutzung hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen und gilt als eine der Hauptgefahren für die Biodiversität. Sie stört vor allem nachtaktive Tiere, indem sie deren biologische Uhr sowie ihr Bewegungs-, Nahrungs- und Fortpflanzungsverhalten beeinflusst. Folgende Beispiele veranschaulichen mögliche Auswirkungen von künstlichem Licht:
- Eine einzige Strassenleuchte kann in einer Sommernacht den Tod von rund 150 Insekten verursachen.
- Zugvögel kreisen bis zur Erschöpfung in den Lichtdomen, die sich bei Nebel über den Siedlungen bilden. Andere Vögel können mit den Fenstern von beleuchteten Gebäuden kollidieren.
- Fledermäuse fliegen später zur Jagd aus und verpassen so das vermehrte Beuteangebot während der Dämmerung. Zudem meiden manche von ihnen beleuchtete Gebiete und sind daher u. U. gezwungen, Umwege zu fliegen, um ihre Jagdgebiete zu erreichen, was sie ermüdet und ihnen weniger Zeit für die Beutejagd lässt.
- Kröten und Haselmäuse sind ihren Fressfeinden stärker ausgesetzt, was ihnen die Nahrungssuche erschwert.
- Die Lichtsignale von weiblichen Glühwürmchen und Leuchtkäfern werden schlechter von den Männchen wahrgenommen, was deren Fortpflanzung beeinträchtigt.
- Bei Pflanzen kann künstliches Licht beispielsweise die Photosynthese und die Blütezeit beeinflussen.
- Die Melatoninproduktion von Fischen in Seen und Flüssen kann beeinträchtigt werden.
Während Personen, die durch künstliches Licht belästigt werden, eine Beschwerde einreichen können, werden die Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen oft erst zu spät festgestellt – nämlich dann, wenn es bereits Arten und Ökosysteme nachhaltig geschädigt hat.
Daher ist es unerlässlich, die negativen Auswirkungen von künstlichem Licht auf der Grundlage des Umweltschutzgesetzes präventiv zu begrenzen, indem man sich vor allem Gedanken darüber macht, wo eine Beleuchtung installiert und wann diese betrieben werden soll. Wenn schützenswerte Naturräume oder lichtempfindliche Tiere betroffen sind, müssen auch die Bestimmungen des Natur- und Heimatschutzgesetzes, des Jagdgesetzes sowie des Fischereigesetzes berücksichtigt werden.
Vollzugshilfe zur Unterstützung von Behörden
Die Störung des Wohlbefindens durch Lichtemissionen hat in der Schweiz bereits zu Beschwerden bis vor Bundesgericht geführt. Daher – und aufgrund von der Störwirkung auf Tiere und Pflanzen sowie der Beeinträchtigung der Nachtlandschaft – ist bei der Planung von Beleuchtungsanlagen das Thema Lichtemissionen enorm wichtig.
Das Bafu ist nicht direkt für die exemplarisch erwähnten Beleuchtungsanlagen zuständig, die zu Problemen in der Nachbarschaft sowie zu Anfragen geführt haben. Für Bewilligung und Kontrolle von Beleuchtungsanlagen sind meist Kantone und Gemeinden zuständig – in der Regel die entsprechende Baubehörde.
Zur Unterstützung dieser Behörden hat das Bafu im Oktober 2021 eine Vollzugshilfe herausgegeben, die aufzeigt, wie unnötiges Licht begrenzt werden kann [1] – denn Lichtemissionen, die von ortsfesten Anlagen in die Umwelt ausgehen, fallen in den Geltungsbereich des Umweltschutzgesetzes. Die Beleuchtung solcher Anlagen muss daher dem Grundsatz der vorsorglichen Emissionsbegrenzung genügen und darf zu keinen schädlichen oder lästigen Auswirkungen führen.
Im Zentrum der Empfehlungen des Bafu stehen sieben Grundsätze, die helfen, negative Auswirkungen von Lichtemissionen früh zu begrenzen:
- Notwendigkeit: Nur beleuchten, was beleuchtet werden muss.
- Intensität / Helligkeit: Nur so hell beleuchten, wie nötig. Die Bedürfnisse sind mit der geringstmöglichen Gesamtlichtmenge abzudecken.
- Lichtspektrum / Lichtfarbe: Die Wahl des Lichtspektrums sorgfältig auf den Beleuchtungszweck und die Umgebung abstimmen.
- Auswahl und Platzierung der Leuchten: Passenden Leuchtentyp wählen und Leuchten geeignet platzieren, damit die Beleuchtung möglichst präzise und ohne unnötige Abstrahlung in die Umgebung erfolgt.
- Ausrichtung: Generell von oben nach unten beleuchten. Die Leuchten bei der Montage präzise ausrichten.
- Zeitliche Steuerung: Die Beleuchtung nach Möglichkeit bedarfsgerecht steuern und zeitweise, je nach Tages- oder Jahreszeit, ausschalten oder reduzieren.
- Abschirmungen: Zusätzliche Abschirmungen in Problemfällen installieren.
Aussenbeleuchtungsanlagen können aus technischer Sicht sehr unterschiedlich sein: Die Beleuchtung einer Schloss-Fassade ist beispielsweise völlig anders als die Beleuchtung eines Stadions. Die bereits erwähnte Reklamebeleuchtung ist nochmals ein anderer Fall. Daher hat das Bafu in seiner Vollzugshilfe die erwähnten Grundsätze exemplarisch auf verschiedene Beleuchtungssituationen und -anlagen übertragen. Neben der Beleuchtung von Sportinfrastrukturen, Industrieanlagen, Strassenverkehrsinfrastrukturen, Plätzen und öffentlichen Gebäuden adressiert sie dabei auch private Beleuchtungsanlagen sowie Reklamebeleuchtung. Zudem geht die Vollzugshilfe auf das Thema Innenbeleuchtung ein und gibt Hinweise, wie sich deren Emissionen reduzieren lassen.
Lichtemissionen am Tag
Auch wenn es überraschend tönen mag, können sich Menschen nicht nur in der Nacht, sondern auch am helllichten Tag von künstlich verursachten Lichteinwirkungen gestört fühlen (Bild 2). So befasste sich beispielsweise das Bundesgericht jüngst mit einer Beschwerde im Kanton Graubünden über Blendungen auf Balkonen, welche durch die Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) des benachbarten Mehrfamilienhauses verursacht worden waren.
Sonnenlicht, das an künstlichen Elementen wie Glasfassaden, Metallverkleidungen, Fensterscheiben, PV- Anlagen und Sonnenkollektoren reflektiert wird, gehört – gleich wie künstliches Licht in der Nacht – zu den Einwirkungen, die vom Geltungsbereich des Umweltschutzgesetzes erfasst werden. Demzufolge müssen auch solche Einwirkungen dem Grundsatz der vorsorglichen Emissionsbegrenzung genügen und dürfen zu keinen schädlichen oder lästigen Auswirkungen in der Nachbarschaft führen.
In der Praxis sind es vor allem PV-Anlagen, die störende Reflexionen verursachen können. Da die Förderung von erneuerbaren Energien noch stärker an Bedeutung gewinnt als bisher, ist es wichtig, dass neue PV-Anlagen von Anfang an richtig geplant und platziert werden, um Blendungen in der Nachbarschaft so gering wie möglich zu halten.
Die Prognose der Blendungswirkung von spiegelnden Flächen ist je nach Situation unterschiedlich aufwendig. Die Vollzugshilfe des Bafu empfiehlt ein mehrstufiges Vorgehen für entsprechende Abklärungen. Zunächst wird eine Grobbeurteilung basierend auf der Art, Lage, Grösse und Ausrichtung der PV-Module vorgenommen. Kann man damit eine Blendung nicht ausschliessen, braucht es eine erweiterte Beurteilung mit einfachen Berechnungen, welche die Aufenthaltsorte in der Nachbarschaft miteinbeziehen – sind die Reflexionen beispielsweise auf den Balkonen
oder in den Wohnräumen gegenüber wahrnehmbar? Für solche Berechnungen existiert seit Kurzem ein kostenloses Webtool [2]. Sind die Einwirkungen der geplanten Anlage auch dann noch unklar, ist eine umfassende Beurteilung notwendig.
Werden übermässig störende Blendungen erkannt, gibt es verschiedene Massnahmen, um diese zu reduzieren. So kann zum Beispiel die Ausrichtung der Anlage bzw. deren Anstellwinkel angepasst, die Anlagegrösse reduziert, das Oberflächenmaterial entsprechend ausgewählt oder ein Sichtschutz errichtet werden.
Dank einer frühzeitigen Abklärung in der Planungsphase konnten zum Beispiel bei einer über 350 m2 grossen PV-Installation im Kanton Genf übermässige Blendungen bei umliegenden Liegenschaften verhindert werden. Konkret gelang dies durch Anpassungen der Ausrichtung und der Anstellwinkel der PV-Paneele.
Weitere hilfreiche Hinweise zur Verringerung der Blendungswirkungen durch PV-Anlagen sind in einem Leitfaden von Energie Schweiz [3] aufgeführt. Übergeordnetes Ziel ist es stets, einen vernünftigen Kompromiss zwischen dem gewünschten Ausbau der Solarenergie und dem Schutz vor störenden Lichteinwirkungen zu finden.
Fazit
Neben dem Mehrwert, der durch Beleuchtungs- und PV-Anlagen für die Menschen entsteht, ist es wichtig, auch mögliche negative Effekte solcher Installationen zu beachten. Denn Lichtemissionen, die von ortsfesten Anlagen in der Umwelt ausgehen, fallen in den Geltungsbereich des Umweltschutzgesetzes und dürfen zu keinen schädlichen oder lästigen Auswirkungen führen. Die frühzeitige Berücksichtigung von Lichtemissionen bei der Planung von Beleuchtungs- oder PV-Anlagen kann helfen, potenziell negative Auswirkungen signifikant zu reduzieren. In der Vollzugshilfe «Empfehlungen zur Vermeidung von Lichtemissionen» des Bafu [1] finden sich diesbezüglich detaillierte Hinweise und Ratschläge.
Von reduzierten Lichtemissionen profitieren aber nicht nur Anwohnende, Flora, Fauna und die Nachtlandschaft: Wer Beleuchtungs- oder PV-Anlagen betreibt, kann durch eine gute Planung Projekteinsprachen und Nachbarschaftsstreitigkeiten vorbeugen. Auch lassen sich so Verfahren bei bewilligungspflichtigen Anlagen kurz halten. Denn in Bewilligungsverfahren ist es die Aufgabe der zuständigen Behörde, zu beurteilen, ob die Anforderungen des Umweltschutzgesetzes betreffend Lichtemissionen erfüllt sind oder ob zusätzliche Massnahmen zur Emissionsbegrenzung eruiert und umgesetzt werden müssen.
Referenzen
[1] Empfehlungen zur Vermeidung von Lichtemissionen, Bundesamt für Umwelt (Bafu), 2021.
[2] www.blendtool.ch
[3] David Stickelberger, Christian Moll, Leitfaden zum Melde- und Bewilligungsverfahren für Solaranlagen, BFE, im Auftrag von EnergieSchweiz, Juni 2023.
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