Fachartikel Beleuchtung

Störende Licht­emis­sionen am Tag und in der Nacht

Vollzugshilfe zur Vermeidung von Licht­emissionen

20.10.2023

Künstliches Licht scheint für unsere Gesellschaft unverzichtbar zu sein. Die «Schattenseiten» des Lichts scheinen jedoch weniger bekannt. Es kann sich nämlich nachts sowohl auf den Menschen als auch auf die Fauna und Flora negativ auswirken. Tagsüber können zudem Photovoltaik-Anlagen zu lästigen Licht­einwir­kungen führen.

Oft ist man sich nicht bewusst, dass Photovoltaik-Anlagen zu künstlichen Licht­einwir­kungen führen können, die sich störend auf die Umwelt auswirken – dann nämlich, wenn tagsüber Sonnenlicht an ihnen reflektiert wird. Wenn die Blendung intensiv ist und lange dauert, kann dies Menschen stören.

Und auch künstliche Beleuchtung, die nachts genutzt wird, um in Innen- und Aussen­räumen gesell­schaftliche Aktivitäten zu ermöglichen, beeinträchtigt häufig die Umwelt: Künstliches Licht hat in der Nacht negative Auswir­kungen auf die Flora und Fauna, wie Studien zeigen. Auch reduziert künstliches Licht die Sichtbarkeit der Sterne und drängt die natürlich dunkle Nachtlandschaft auf immer kleinere Bereiche zurück. Zudem können Menschen nachts in ihrem Wohlbefinden gestört werden – vor allem, wenn zu viel Licht in ihren Wohnraum gelangt oder weil sie durch Aussenleuchten gestört werden, die in einer dunklen Umgebung unangenehm auffallen – die Wissenschaft spricht hier von belästigender (psychologischer) Blendung.

Licht­emissionen in der Nacht

Nachts sind wir von zahlreichen Lichtquellen umgeben, die als störend oder lästig wahr­genommen werden können (Bild 1). Dies zeigt sich beispiels­weise an den Anfragen aus der Bevölkerung, welche das Bundesamt für Umwelt (Bafu) regelmässig erhält.

So wandte sich ein Ehepaar an das Bafu, weil es sich von der Strassen­beleuch­tung vor dessen Haus gestört fühlte. Die Eheleute beschrieben, dass die Leuchten die ganze Nacht hindurch in ihr Schlaf­zimmer scheinen würden. Gerne würden sie im Sommer ohne geschlossene Rollläden schlafen, damit das Schlaf­zimmer abkühlen könne – dies sei aber aufgrund der hellen Aussenbeleuchtung nicht möglich.

Auch die Reklame­beleuch­tung wirkt sich negativ auf die Umwelt aus. Zum Beispiel beschwerte sich eine Frau beim Bafu über die Lichterflut in der Nähe ihres Hauses, die unter anderem von der Werbe­beleuchtung eines Fastfood-Restaurants und einer Bäckerei stammen würde.

Neben Beleuch­tungs­anlagen im Aussen­raum können auch Beleuch­tungen im Innenraum die Umwelt beeinträchtigen. Denn Öffnungen in der Gebäudehülle wie Fenster, verglaste Treppen­häuser oder Oberlichter lassen eine nicht unwesentliche Menge an Licht in den Aussenraum gelangen, falls sie nachts nicht – beispielsweise durch Storen – abgedeckt werden. So beklagte sich zum Beispiel eine Bürgerin beim Bafu, dass das verglaste, ihrer Wohnung gegen­über­liegende Firmen­gebäude so viel Licht emittieren würde, dass sie kein Licht mehr in ihrer eigenen Wohnung einschalten müsse.

Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen

Die Lichtverschmutzung hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen und gilt als eine der Hauptgefahren für die Biodiversität. Sie stört vor allem nachtaktive Tiere, indem sie deren biologische Uhr sowie ihr Bewegungs-, Nahrungs- und Fort­pflanzungs­verhalten beeinflusst. Folgende Beispiele veran­schaulichen mögliche Auswirkungen von künstlichem Licht:

  • Eine einzige Strassenleuchte kann in einer Sommernacht den Tod von rund 150 Insekten verursachen.
  • Zugvögel kreisen bis zur Erschöpfung in den Lichtdomen, die sich bei Nebel über den Siedlungen bilden. Andere Vögel können mit den Fenstern von beleuchteten Gebäuden kollidieren.
  • Fledermäuse fliegen später zur Jagd aus und verpassen so das vermehrte Beuteangebot während der Dämmerung. Zudem meiden manche von ihnen beleuchtete Gebiete und sind daher u. U. gezwungen, Umwege zu fliegen, um ihre Jagdgebiete zu erreichen, was sie ermüdet und ihnen weniger Zeit für die Beutejagd lässt.
  • Kröten und Haselmäuse sind ihren Fressfeinden stärker ausgesetzt, was ihnen die Nahrungssuche erschwert.
  • Die Lichtsignale von weiblichen Glühwürmchen und Leuchtkäfern werden schlechter von den Männchen wahrgenommen, was deren Fortpflanzung beeinträchtigt.
  • Bei Pflanzen kann künstliches Licht beispielsweise die Photosynthese und die Blütezeit beeinflussen.
  • Die Mela­tonin­produktion von Fischen in Seen und Flüssen kann beeinträchtigt werden.

 

Während Personen, die durch künstliches Licht belästigt werden, eine Beschwerde einreichen können, werden die Auswirkungen auf Tiere und Pflanzen oft erst zu spät festgestellt – nämlich dann, wenn es bereits Arten und Ökosysteme nachhaltig geschädigt hat.

Daher ist es unerlässlich, die negativen Auswirkungen von künstlichem Licht auf der Grundlage des Umwelt­schutz­gesetzes präventiv zu begrenzen, indem man sich vor allem Gedanken darüber macht, wo eine Beleuchtung installiert und wann diese betrieben werden soll. Wenn schützenswerte Naturräume oder lichtempfindliche Tiere betroffen sind, müssen auch die Bestim­mungen des Natur- und Heimat­schutz­gesetzes, des Jagd­gesetzes sowie des Fischerei­gesetzes berücksichtigt werden.

Vollzugshilfe zur Unterstützung von Behörden

Die Störung des Wohlbefindens durch Licht­emissionen hat in der Schweiz bereits zu Beschwerden bis vor Bundesgericht geführt. Daher – und aufgrund von der Störwirkung auf Tiere und Pflanzen sowie der Beeinträchtigung der Nachtlandschaft – ist bei der Planung von Beleuch­tungs­anlagen das Thema Licht­emissionen enorm wichtig.

Das Bafu ist nicht direkt für die exemplarisch erwähnten Beleuch­tungs­anlagen zuständig, die zu Problemen in der Nachbarschaft sowie zu Anfragen geführt haben. Für Bewilligung und Kontrolle von Beleuch­tungs­anlagen sind meist Kantone und Gemeinden zuständig – in der Regel die entsprechende Baubehörde.

Zur Unterstützung dieser Behörden hat das Bafu im Oktober 2021 eine Vollzugshilfe herausgegeben, die aufzeigt, wie unnötiges Licht begrenzt werden kann [1] – denn Licht­emissionen, die von ortsfesten Anlagen in die Umwelt ausgehen, fallen in den Geltungsbereich des Umwelt­schutz­gesetzes. Die Beleuchtung solcher Anlagen muss daher dem Grundsatz der vorsorglichen Emissions­begren­zung genügen und darf zu keinen schädlichen oder lästigen Auswirkungen führen.

Im Zentrum der Empfehlungen des Bafu stehen sieben Grundsätze, die helfen, negative Auswirkungen von Licht­emissionen früh zu begrenzen:

  • Notwendigkeit: Nur beleuchten, was beleuchtet werden muss.
  • Intensität / Helligkeit: Nur so hell beleuchten, wie nötig. Die Bedürfnisse sind mit der geringst­möglichen Gesamt­licht­menge abzudecken.
  • Lichtspektrum / Lichtfarbe: Die Wahl des Lichtspektrums sorgfältig auf den Beleuchtungszweck und die Umgebung abstimmen.
  • Auswahl und Platzierung der Leuchten: Passenden Leuchtentyp wählen und Leuchten geeignet platzieren, damit die Beleuchtung möglichst präzise und ohne unnötige Abstrahlung in die Umgebung erfolgt.
  • Ausrichtung: Generell von oben nach unten beleuchten. Die Leuchten bei der Montage präzise ausrichten.
  • Zeitliche Steuerung: Die Beleuchtung nach Möglichkeit bedarfsgerecht steuern und zeitweise, je nach Tages- oder Jahreszeit, ausschalten oder reduzieren.
  • Abschirmungen: Zusätzliche Abschirmungen in Problemfällen installieren.

 

Aussen­beleuch­tungs­anlagen können aus technischer Sicht sehr unterschiedlich sein: Die Beleuchtung einer Schloss-Fassade ist beispielsweise völlig anders als die Beleuchtung eines Stadions. Die bereits erwähnte Reklame­beleuchtung ist nochmals ein anderer Fall. Daher hat das Bafu in seiner Vollzugshilfe die erwähnten Grundsätze exemplarisch auf verschiedene Beleuchtungssituationen und -anlagen übertragen. Neben der Beleuchtung von Sport­infra­struk­turen, Industrie­anlagen, Strassen­verkehrs­infra­strukturen, Plätzen und öffentlichen Gebäuden adressiert sie dabei auch private Beleuch­tungs­anlagen sowie Reklame­beleuchtung. Zudem geht die Vollzugshilfe auf das Thema Innen­beleuch­tung ein und gibt Hinweise, wie sich deren Emissionen reduzieren lassen.

Licht­emissionen am Tag

Auch wenn es überraschend tönen mag, können sich Menschen nicht nur in der Nacht, sondern auch am helllichten Tag von künstlich verursachten Licht­einwir­kungen gestört fühlen (Bild 2). So befasste sich beispielsweise das Bundesgericht jüngst mit einer Beschwerde im Kanton Graubünden über Blendungen auf Balkonen, welche durch die Photovoltaik-Anlage (PV-Anlage) des benachbarten Mehrfamilienhauses verursacht worden waren.

Sonnenlicht, das an künstlichen Elementen wie Glasfassaden, Metall­ver­kleidungen, Fensterscheiben, PV- Anlagen und Sonnen­kollek­toren reflektiert wird, gehört – gleich wie künstliches Licht in der Nacht – zu den Einwirkungen, die vom Geltungsbereich des Umwelt­schutz­gesetzes erfasst werden. Demzufolge müssen auch solche Einwirkungen dem Grundsatz der vorsorglichen Emissions­begrenzung genügen und dürfen zu keinen schädlichen oder lästigen Auswirkungen in der Nachbarschaft führen.

In der Praxis sind es vor allem PV-Anlagen, die störende Reflexionen verursachen können. Da die Förderung von erneuerbaren Energien noch stärker an Bedeutung gewinnt als bisher, ist es wichtig, dass neue PV-Anlagen von Anfang an richtig geplant und platziert werden, um Blendungen in der Nachbarschaft so gering wie möglich zu halten.

Die Prognose der Blendungswirkung von spiegelnden Flächen ist je nach Situation unterschiedlich aufwendig. Die Vollzugshilfe des Bafu empfiehlt ein mehrstufiges Vorgehen für entsprechende Abklärungen. Zunächst wird eine Grobbeurteilung basierend auf der Art, Lage, Grösse und Ausrichtung der PV-Module vorgenommen. Kann man damit eine Blendung nicht ausschliessen, braucht es eine erweiterte Beurteilung mit einfachen Berechnungen, welche die Aufenthaltsorte in der Nachbarschaft miteinbeziehen – sind die Reflexionen beispielsweise auf den Balkonen
oder in den Wohnräumen gegenüber wahrnehmbar? Für solche Berechnungen existiert seit Kurzem ein kostenloses Webtool [2]. Sind die Einwirkungen der geplanten Anlage auch dann noch unklar, ist eine umfassende Beurteilung notwendig.

Werden übermässig störende Blendungen erkannt, gibt es verschiedene Massnahmen, um diese zu reduzieren. So kann zum Beispiel die Ausrichtung der Anlage bzw. deren Anstellwinkel angepasst, die Anlagegrösse reduziert, das Oberflächenmaterial entsprechend ausgewählt oder ein Sichtschutz errichtet werden.

Dank einer frühzeitigen Abklärung in der Planungsphase konnten zum Beispiel bei einer über 350 m2 grossen PV-Installation im Kanton Genf übermässige Blendungen bei umliegenden Liegenschaften verhindert werden. Konkret gelang dies durch Anpassungen der Ausrichtung und der Anstellwinkel der PV-Paneele.

Weitere hilfreiche Hinweise zur Verringerung der Blendungs­wirkungen durch PV-Anlagen sind in einem Leitfaden von Energie Schweiz [3] aufgeführt. Übergeordnetes Ziel ist es stets, einen vernünftigen Kompromiss zwischen dem gewünschten Ausbau der Solarenergie und dem Schutz vor störenden Licht­einwir­kungen zu finden.

Fazit

Neben dem Mehrwert, der durch Beleuchtungs- und PV-Anlagen für die Menschen entsteht, ist es wichtig, auch mögliche negative Effekte solcher Installationen zu beachten. Denn Licht­emissionen, die von ortsfesten Anlagen in der Umwelt ausgehen, fallen in den Geltungs­bereich des Umwelt­schutz­gesetzes und dürfen zu keinen schädlichen oder lästigen Auswirkungen führen. Die frühzeitige Berück­sichtigung von Licht­emissionen bei der Planung von Beleuchtungs- oder PV-Anlagen kann helfen, potenziell negative Auswirkungen signifikant zu reduzieren. In der Vollzugshilfe «Empfehlungen zur Vermeidung von Licht­emissionen» des Bafu [1] finden sich diesbezüglich detaillierte Hinweise und Ratschläge.

Von reduzierten Licht­emissionen profitieren aber nicht nur Anwohnende, Flora, Fauna und die Nachtlandschaft: Wer Beleuchtungs- oder PV-Anlagen betreibt, kann durch eine gute Planung Projekt­einsprachen und Nach­bar­schafts­streitig­keiten vorbeugen. Auch lassen sich so Verfahren bei bewilli­gungs­pflichtigen Anlagen kurz halten. Denn in Bewilligungsverfahren ist es die Aufgabe der zuständigen Behörde, zu beurteilen, ob die Anforderungen des Umwelt­schutz­gesetzes betreffend Licht­emissionen erfüllt sind oder ob zusätzliche Massnahmen zur Emissions­begrenzung eruiert und umgesetzt werden müssen.

Referenzen

[1] Empfehlungen zur Vermeidung von Licht­emissionen, Bundesamt für Umwelt (Bafu), 2021.

[2] www.blendtool.ch

[3] David Stickelberger, Christian Moll, Leitfaden zum Melde- und Bewilligungsverfahren für Solaranlagen, BFE, im Auftrag von EnergieSchweiz, Juni 2023.

Autor
Dr. sc. David M. Kretzer

ist wissen­schaft­licher Mitarbeiter beim BAFU.

Autorin
Clara Balsiger

ist wissenschaftliche Mitarbeiterin beim BAFU.

Kommentare

Bitte rechnen Sie 5 plus 4.