Spannungserhöhung in der Region Zürich
Versorgungssicherheit
Swissgrid baut die 150-kV-Leitung am linken Zürichseeufer zwischen Samstagern, Thalwil, Waldegg (Zürich) und Obfelden etappenweise auf 220 kV aus. Damit wird die Region Zürich besser ans Übertragungsnetz angebunden. Im Oktober 2022 begannen die Bauarbeiten bei Gattikon. Die Umsetzung des Projekts im dicht besiedelten Ballungsraum bietet einige Herausforderungen.
Der Grossraum Zürich ist heute von Norden her deutlich besser mit dem Höchstspannungsnetz verbunden als von Süden. Im Norden reicht das Höchstspannungsnetz (220/380 kV) über die Unterwerke Auwiesen und Fällanden bis an die Stadt Zürich heran. Im Süden hingegen sind die Anschlusspunkte Obfelden und Samstagern (Richterswil) nur über je eine 150-kV-Leitung bis zur Stadtgrenze verbunden. Swissgrid plant deshalb, die Leitung zwischen Samstagern, Thalwil, Waldegg (Zürich) und Obfelden in sechs Teilprojekten auf 220 kV auszubauen. Ziel ist es, das Höchstspannungsnetz auch von Süden her bis in die Stadt Zürich heranzuführen.
Gelingen soll dies mit dem Anschluss des neuen Unterwerks Waldegg und der Verstärkung der bestehenden Leitungen Samstagern – Thalwil – Waldegg – Obfelden. Die Spannungserhöhung auf 220 kV vergrössert die Transportkapazität und stärkt die Versorgungssicherheit der Stadt und der gesamten Region Zürich. Die Baukosten des Gesamtprojekts belaufen sich auf rund 170 Mio. CHF.
Nach aktueller Planung und bei optimalem Projektverlauf wird die Leitung von Samstagern bis Thalwil Ende 2025 mit 220 kV in Betrieb genommen. Die Spannungserhöhung zwischen Obfelden und Waldegg ist für 2027 vorgesehen. Die Leitung zwischen Thalwil und Waldegg (Zürich) geht voraussichtlich 2030 ans Höchstspannungsnetz. Nach Inbetriebnahme dieses Abschnitts wird die bestehende 150-kV-Freileitung zwischen Kilchberg und dem Unterwerk Frohalp des EWZ (Elektrizitätswerk der Stadt Zürich) bei Zürich Manegg zurückgebaut.
Freileitungsabschnitt Schweikrüti – Kilchberg
Im Rahmen des Ausbaus zwischen Schweikrüti (Gemeinde Thalwil) und Kilchberg wird das Unterwerk Thalwil ans Höchstspannungsnetz angebunden. Das Unterwerk ist für die Versorgung des linken Zürichseeufers essenziell. Die Bauarbeiten auf dem Abschnitt Schweikrüti und Kilchberg werden in zwei Etappen ausgeführt.
Die Bauarbeiten der ersten Etappe starteten im Oktober 2022 im Raum Gattikon. Für diese erste 1,7 km lange Teilstrecke der neuen Freileitung wurden die Beton-Fundamente für sechs neue Masten erstellt. Ab April 2023 werden die Stahlmasten auf die Fundamente montiert und im Anschluss die Leiterseile aus einer Aluminium-Legierung eingezogen.
Für den Bau dieser ersten Teilstrecke werden insgesamt rund 2200 t Beton, 330 t Stahl und 32 km Leiter- und Erdseile benötigt. Swissgrid nimmt die neue Leitung Ende 2023 zwischen Schweikrüti und Sihlhalden vorerst mit 150 kV in Betrieb, sodass die alte Leitung von EWZ in diesem Teilabschnitt zurückgebaut werden kann.
Mag der Abschnitt auch klein sein, so stellt er doch eine Herausforderung dar, denn die neue Leitung zweigt in der national geschützten Glaziallandschaft Lorze Richtung Unterwerk Thalwil ab. Diese Glaziallandschaft mit Waldweiher dient als Naherholungsgebiet. Die Leitung überquert zweimal die Autobahn A3, danach führt sie an einer Sportanlage vorbei über eine Eisbahn und eine Golf-Driving-Range.
Auf der zweiten Teilstrecke zwischen Sihlhalden und Kilchberg verläuft die neue Leitung grösstenteils auf dem bestehenden Freileitungstrassee. Die alte Leitung muss also zuerst ausgeschaltet und zurückgebaut werden, bevor die neue Platz findet.
Die Koordination der Ausschaltung stellt hier die grösste Herausforderung dar, denn sie muss mit allen vier Partnern abgestimmt werden:
Die Axpo speist über das Unterwerk Thalwil und die 110-kV-Leitung Obfelden – Thalwil (sogenannte Albisleitung) ins regionale Verteilnetz des linken Zürichseeufers ein.
Das EWZ betreibt die aktuelle Leitung mit 150 kV, die über das Unterwerk Frohalp die Stadt Zürich versorgt.
Zudem ist das Projekt für die SBB sehr wichtig, weil auf dem Abschnitt Schweikrüti – Kilchberg zwei 132-kV- Leitungen der SBB mitgeführt werden. Diese beiden SBB-Leitungen verbinden das Unterwerk Sihlbrugg mit dem Unterwerk Zürich, was die Versorgungssicherheit der SBB im Grossraum Zürich erheblich verbessert.
Die Ausschaltplanung hängt sowohl von der Verfügbarkeit der direkt betroffenen Anlagen der vier Partner ab als auch von der jeweiligen Netzsituation.
In der Region Zürich werden auf allen Netzebenen weitere Infrastrukturprojekte umgesetzt – diese gilt es bei der Planung zu berücksichtigen. Wenn alles klappt, kann die zweite Teilstrecke zwischen Sihlhalden und Kilchberg 2025 gebaut werden.
Naherholungs-, Schutz- und Wohngebiete entlasten
Swissgrid strebt in jedem Projekt einen Leitungsverlauf an, der die Siedlungs- und Schutzgebiete so wenig wie möglich tangiert. Die technische Umsetzbarkeit und die Wirtschaftlichkeit spielen dabei ebenfalls eine wichtige Rolle.
Im Raum Gattikon führt die neue Leitung um das Naherholungs- und Schutzgebiet beim Gattikerweiher sowie um das Siedlungsgebiet. Ab Juli 2023 werden acht Masten der alten Leitung in Gattikon zurückgebaut und das Gebiet dadurch von der Leitung befreit. Sobald das Unterwerk Thalwil ans Höchstspannungsnetz angeschlossen ist, wird zudem die 110-kV- Leitung Obfelden – Thalwil (sogenannte Albisleitung) der Axpo zurückgebaut. Dies entlastet das Siedlungsgebiet von Langnau und Gattikon sowie das im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) verzeichnete Gebiet Albiskette – Reppischtal substanziell. Der genaue Zeitpunkt für den Rückbau der Albisleitung ist aufgrund der hohen Komplexität und der Abhängigkeiten in den unterschiedlichen Teilprojekten noch nicht bekannt.
Erdkabel durch den Uetlibergtunnel geplant
Der Bau des Abschnitts Kilchberg bis Waldegg beginnt voraussichtlich ab 2026. Geplant ist ein 10 km langes Erdkabel, das zwischen Kilchberg und dem Bahnhof Manegg entlang der Autobahn geführt wird. Danach wird das Erdkabel in die beim Bau der beiden Tunnelröhren des Uetlibergtunnels erstellten Rohrblöcke verlegt. Anschliessend wird es in einem 2 km langen und teilweise über 100 m tiefen Stollen bis ins Unterwerk Waldegg weitergeführt. Durch die unterirdische Leitungsführung wird die national geschützte Landschaft beim Uetliberg geschont. Zusätzlich ist eine Bündelung mit einem bestehenden Autobahntunnel möglich. Swissgrid setzt auf innovative Bautechniken und bündelt Infrastrukturen, sofern dies technisch realisierbar und bewilligungsfähig ist.
Der Teil zwischen Kilchberg und Zürich Manegg ist anspruchsvoll, denn er liegt in äusserst dicht besiedeltem Raum. Nur im Bereich der Autobahn A3 gibt es genügend Platz für eine Erdverkabelung. Hier stellen sich einige bautechnische Herausforderungen: Das Erdkabel unterquert zweimal die Autobahn, weicht dem Rastplatz Aspholz aus, geht unter der Ausfahrt Wollishofen und unter Schrebergärten durch. Ausserdem nähert sich das Kabel auch einer Erdgasleitung an. Der Stollen zwischen Uetlibergtunnel und Unterwerk Waldegg geht unter dem Siedlungsgebiet Ringlikon hindurch. Bei der Wahl des Trassees muss auf Erdsonden geachtet werden. Doch nicht nur auf bestehende: Swissgrid hat darauf geachtet, dass auch zukünftig alle Häuser die Möglichkeit haben, eine Erdsonde zum Heizen des Gebäudes zu platzieren.
Unterwerk in Waldegg unter wachsenden Christbäumen
In Waldegg (Zürich) entsteht ein unterirdisches Unterwerk. Dieses ist wichtig für die Versorgungssicherheit der Stadt Zürich, weil es eine redundante Anbindung des 150-kV-Netzes von EWZ an das Höchstspannungsnetz bildet. Es besteht aus einer 220-kV-Schaltanlage von Swissgrid, einer 150-kV-Schaltanlage von EWZ, zwei Trafos dazwischen und zwei Anlagen zur Kompensation der anfallenden Blindleistung auf der 10 km langen Erdkabelstrecke. Zudem wird das künftige Unterwerk auch freien Platz für einen späteren Ausbau auf 380 kV haben.
Eine Herausforderung ist der unterirdische Bau des Unterwerks. So kann der Einfluss auf die Landschaft und das benachbarte Siedlungsgebiet möglichst gering gehalten werden. Künftig können auch über dem Bauwerk wieder Christbäume kultiviert werden. Das Projekt muss höchsten baulichen, technischen, landschaftlichen und ökologischen Anforderungen genügen und soll wegweisend für eine optimale Einbettung in die Umgebung sein.
Die sechs Teilabschnitte
Anschluss Unterwerk Samstagern (1)
Beim Unterwerk Samstagern müssen Modifikationen an Unterwerk und Leitung umgesetzt werden, um die heute mit 150 kV betriebene Leitung ans 220-kV-Netz anzuschliessen.
Samstagern – Schweikrüti (Thalwil) (2)
Zwischen Samstagern und Schweikrüti (Gemeinde Thalwil) ist die Leitung heute bereits für Höchstspannung ausgelegt, wird aber nur mit 150 kV betrieben. Für die Spannungserhöhung auf 220 kV sind voraussichtlich keine grossen baulichen Massnahmen an der Leitung nötig.
Schweikrüti (Thalwil) – Kilchberg (3)
Der Bau eines Erdkabels ist hier nicht möglich, weil zusammen mit der Swissgrid-Leitung zwei 132-kV-Leitungen der SBB auf den gleichen Masten mitgeführt werden. Die SBB-Leitungen müssen aus technischen Gründen zwingend oberirdisch verlaufen. Auf dem Abschnitt Schweikrüti – Kilchberg wird das Unterwerk Thalwil angeschlossen, welches für die Versorgung des linken Zürichseeufers wichtig ist.
Kilchberg – Waldegg (Zürich) (4)
Von Kilchberg bis Frohalp in der Nähe des Bahnhofs Zürich Manegg wird die neue Leitung unterirdisch entlang der Autobahn gebaut. Danach wird sie durch die beim Bau der beiden Tunnelröhren des Uetlibergtunnels erstellten Rohrblöcke und anschliessend in einem 2 km langen Stollen unterirdisch bis ins Unterwerk Waldegg geführt.
Unterirdisches Unterwerk Waldegg (Zürich) (5)
Swissgrid plant mit EWZ ein neues unter irdisches Unterwerk. Von hier wird der Strom in die Stadt Zürich fliessen. Das Unterwerk wird unterirdisch gebaut, damit der Landschaftseinfluss und die Sichtbarkeit möglichst gering sind.
Obfelden – Waldegg (Zürich) (6)
Die Leitung zwischen Obfelden und Waldegg (Zürich) ist bereits für Höchstspannung ausgelegt, wird aber nur mit 150 kV betrieben. Swissgrid plant bis 2027 eine Erhöhung auf 220 kV, sodass das Unterwerk Waldegg bereits dann ans Übertragungsnetz angeschlossen werden kann. Dafür sind voraussichtlich keine grossen baulichen Massnahmen an der Leitung nötig.
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