Kurznachricht Energienetze , Erneuerbare Energien

Solarstrom aus Nordafrika könnte deutschen Netzausbau reduzieren

Erkenntnisse aus Studie

Eine Einbindung von regel­baren thermischen Solarkraft­werken aus Nordafrika in den deutschen Kraftwerks­park bis zum Jahr 2050 würde es ermöglichen, das deutsche Stromnetz deutlich zu entlasten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Energieforscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Sie zeigt, dass durch die Strom­importe ein Ausbau des Stromnetzes in Deutschland und die damit verbundenen Probleme und Kosten reduziert werden könnten. «Mit dem hohen Anteil an regel­barer Energie gibt es ausser­dem weniger Über­tragungs­spitzen und Engpässe, das deutsche Stromnetz kann insgesamt entlastet werden», erläutert der Autor der Studie, Denis Hess vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik in Stuttgart.

Die Forscher untersuchten anhand von unterschied­lichen Szenarien, wie Deutschland im Jahr 2050 auf dem Strom-, Wärme und Verkehrssektor mit erneuerbaren Energien versorgt werden kann. Vorgesehen ist in diesen Szenarien auch die Einspeisung von Strom aus Solar­kraft­werken in Nordafrika über Punkt-zu-Punkt-Hochspannungs­gleich­strom­leitungen. Sie zeigen, dass sich der Netzzubau innerhalb Deutschlands deutlich verringert, je mehr erneuerbarer Strom aus Nordafrika angeliefert wird. Bis zu 40% des Netzausbaus konnten im Szenario «ausgewogener Energie-Mix», vermieden werden. Vor allem kann der Ausbau der Nord-Süd-Stromtrassen, welche Windstrom von Norden in den Süden bringen sollen, deutlich reduziert werden. Die wissen­schaftliche Fach­zeitschrift, in der die Studie veröffentlicht wurde, ist eines der international führenden Fach­magazine im Bereich erneuerbarer Energie mit inter­diszi­plinärem Ansatz.

Solarkraftwerke mit Potenzial

Solarthermische Kraftwerke bündeln die Sonnenenergie mit Spiegeln und wandeln sie in Wärme, die dann über einen Kraftwerksprozess in Strom umgewandelt wird. Energie kann bereits heute als Wärmeenergie effizient und kosten­günstig gespeichert werden, so dass die Kraft­werke auch abends und in der Nacht Strom produ­zieren können. Solche Kraft­werke haben grosses Potenzial in sonnen­reichen Regionen wie Nordafrika und dem Nahen Osten. Das weltweit grösste solarthermische Kraftwerk Noor 1 wurde im vergangenen Jahr in Marokko für den heimischen Bedarf fertiggestellt. Laut DLR-Studie eignen sich die Solarkraftwerke aber auch ideal für den Stromexport nach Europa, um dort als regel­bare erneuerbare Technologie den fluktuierenden Strom aus Windenergie- und Photovoltaik­anlagen zu ergänzen. Der Strom kann durch Hochspannungs­gleich­strom­leitungen mit einem verhältnis­mässig geringen Verlust von zirka 10% von Nordafrika nach Mitteleuropa übertragen werden.

Optimaler Mix

Die Analyse basiert auf Berechnung mit dem Energie­system­modell REMix. Das Energie­system­analyse-Werkzeug hat eine hohe zeitliche Auflösung und bildet die Energieflüsse im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor im Jahresverlauf stundengenau ab. Zudem verfügt das Modell in der Studie mit etwa 500 Netzknoten auch über eine hohe räumliche Auflösung. Die berechneten Szenarien zeigen: Wird kein Strom aus Solarkraft­werken aus Nordafrika mittels einer Punkt-zu-Punkt-Hochspan­nungs­gleich­strom­leitung in deutsche Netz­knoten eingespeist, muss das Netz in Deutschland grosse Leistungs­kapa­zitäten vorhalten. «Das Szenario ‹ausgewogener Energiemix› zeigt die optimale Mischung von regel­barem Stromimport und der Nutzung heimischer, zum grossen Teil fluktuie­render Quellen. Im Gegensatz zu einem Szenario ohne Strom­import kann der Netz­ausbau dabei um 40% reduziert werden», beschreibt Hess die Ergebnisse.

Weiteren Forschungsbedarf sieht der DLR-Energieforscher in Machbar­keits­studien für den Aufbau der notwendigen Infra­struktur sowie in der Entwicklung von Geschäfts­modellen für das Einspeisen des Stroms aus Nordafrika.

5.1.2018

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