Fachartikel Infrastruktur

So kompakt wie möglich bei maximaler Leistung

EWZ verlegt erstmals 150-kV-Dreileiterkabel in bestehende Rohranlage

25.05.2018

EWZ hat erstmals in der Schweiz ein 150-kV-Dreileiterkabel der Firma Nexans Schweiz AG in eine bestehende Rohranlage verlegt. Dank dieser kompakten Kabel können die bereits vor Jahrzehnten ausgebauten Rohranlagen trotz neuer NIS-Verordnung auch in Zukunft verwendet werden.

EWZ (Elektrizitätswerk der Stadt Zürich) hat erstmals in der Schweiz ein 150-kV-Dreileiterkabel in eine bestehende Rohranlage mit einem Durchmesser von 148 mm in der Stadt Zürich verlegt. Nexans Schweiz AG (Nexans) hat das kompakte 150-kV-Dreileiterkabel für EWZ hergestellt. Es bietet in der städtischen Umgebung den entscheidenden Vorteil, dass die bereits vor Jahrzenten ausgebauten Rohranlagen trotz neuer Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) weiterhin verwendet werden können.

Das Verteilnetz in der Stadt Zürich ist besonders: Es liegt fast ausschliesslich unter Boden. Weil die Stadt sehr dicht besiedelt ist, werden beim Bau von Kabeltrassees oder Rohranlagen Synergien mit anderen Tiefbauprojekten genutzt. So wird das koordinierte Bauen in der Stadt Zürich sichergestellt. Aus diesem Grund plant EWZ künftige Leitungsprojekte meist Jahre im Voraus. Verschiedene Trassees für Hochspannungskabel sind deshalb bereits in den letzten Jahrzehnten etappenweise gebaut worden. Um die Versorgungssicherheit der Stadt Zürich auch in Zukunft zu gewährleisten, baut EWZ im Süden der Stadt in verschiedenen Etappen sein 150-kV-Hochspannungsnetz aus. Dabei hat EWZ das Unterwerk in Obfelden verstärkt, indem es die Transformatorenleistung erhöhte. Um diese neue Transformatorenleistung in das 150-kV-Hochspannungsnetz übertragen zu können, ist der Bau der 150-kV-Kabelleitung «Binz–Obfelden» notwendig. Diese führt vom Endmast in der Waldegg im Südwesten der Stadt Zürich bis zum Unterwerk Binz, hat eine Länge von 4,8 km und weist neun Teilstrecken mit acht Muffenstellen auf.

Neue Rahmenbedingungen für Hochspannungsleitungen

Zum Zeitpunkt des Baus des Trassees «Binz–Obfelden» war EWZ davon ausgegangen, dass die einzelnen Phasenleiter einer Hochspannungsleitung in einzelnen Kabelschutzrohren geführt werden. Damals existierte auch noch keine Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV). Diese schreibt erst seit dem 1. Februar 2000 vor, dass der Anlagegrenzwert für den Effektivwert der magnetischen Flussdichte 1 µT nicht überstiegen werden darf. Beim Führen der einzelnen Phasenleiter einer Hochspannungsleitung in einzelnen Rohren beträgt der Durchmesser des 1-µT-Magnetfeldes um die Kabel je nach Belastung mehrere Meter. Weil die Leitung «Binz–Obfelden» teilweise sehr nahe an bestehenden Gebäuden entlang führt und den Pausenplatz eines Schulhauses unterquert, müsste das Trassee streckenweise strahlungstechnisch saniert oder verlegt werden, um die Grenzwerte der NISV einzuhalten. Das wäre mit viel zusätzlichem baulichem und finanziellem Aufwand in Millionenhöhe verbunden.

Um den neuen Rahmenbedingungen gerecht zu werden und die baulichen Massnahmen innerhalb der Stadt Zürich auf ein Minimum zu beschränken, hat sich EWZ für ein Dreileiterkabel entschieden. Im Unterschied zu herkömmlichen Einzelleiterkabeln im Hochspannungsbereich werden die drei Phasenleiter in einem Dreileiterkabel zusammengefasst. Dadurch reduziert sich das Magnetfeld stark und die Verlegung in dieser Art ist nicht NISV-relevant. Die 150-kV-Dreileiterkabel, welche EWZ bisher eingesetzt hat, sind jedoch im Durchmesser zu gross, um in einem einzelnen bereits bestehenden Kabelschutzrohr mit einem Innendurchmesser von 148 mm verlegt zu werden. Aus diesem Grund hat EWZ ein neues Dreileiterkabel mit entsprechend minimalem Durchmesser und maximaler Übertragungsleistung von der Firma Nexans Schweiz AG herstellen lassen, so dass es in die bestehenden Rohranlagen eingezogen werden kann.

Aufbau und Vorteile des kompakten Dreileiterkabels

Das neu entwickelte Dreileiterkabel von Nexans ist mit einem Leiterquerschnitt von 400 mm2, einem Aussendurchmesser von 129 mm und einer im EWZ-Trassee berechneten Übertragungskapazität von 137 MVA kompakt und trotzdem sehr leistungsfähig. Die kompakte Bauweise bietet folgende Vorteile: Der Einzug in die bestehenden Rohranlagen erfolgt schneller, als wenn alle Phasenleiter einzeln eingezogen werden müssten. Mit einem Kunststoff-Aussenmantel, der zusätzlich über die Armierung gelegt wurde, konnte ebenfalls die Anforderung an trockene Muffenschächte durch wasserdichte Verschliessung der Kabelschutzrohre um das Dreileiterkabel erfüllt werden.

Ein weiterer Vorteil des Kunststoff-Aussenmantels ist die bessere Gleitfähigkeit beim Kabeleinzug in die Kabelschutzrohranlage sowie die Möglichkeit, die Kabel nach ihrer Lebensdauer problemlos aus der Rohranlage herauszuziehen. Im Dreileiterkabel ist zusätzlich eine Glasfaserleitung integriert, was ein genaues Temperatur-Monitoring ermöglicht. So können warme Stellen exakt aufgefunden und allfällige Massnahmen ergriffen werden. Die Dreileiterkabel können in Längen von maximal 800 m produziert werden, was einem Gewicht von 24 t entspricht. In dieser Grösse können die Kabeltrommeln mit speziellen Verlegewagen innerhalb der Stadt noch transportiert werden.

EWZ verlegte erstes 150-kV-Dreileiterkabel bereits 2014

Im November 2014 hat EWZ erstmals in der Schweiz ein 150-kV-Dreileiterkabel in Betrieb genommen. Damit ist EWZ eine Pionierleistung gelungen. Für das damals verlegte Dreileiterkabel wurden die drei einzelnen Phasenleiter zu einem Dreileiterkabel verdrillt. Mit einem Aussendurchmesser von 153 mm ist es jedoch zu gross für die herkömmlichen Kabelschutzrohre mit einem Innendurchmesser von 148 mm. Da EWZ die Stadteinspeisung im nordöstlichen Gebiet der Stadt im 150-kV-Hochspannungsnetz verstärkte und dafür neue Kabelschutzrohre anlegte, konnte es die Rohranlagen für das Dreileiterkabel entsprechend dimensionieren.

Nexans liefert schon lange Dreileiter-Hochspannungskabel

Schon in den Sechzigerjahren hat Nexans Hochspannungs-Dreileiterkabel in Cortaillod am Neuenburgersee hergestellt. Zu dieser Zeit handelte es sich um Papierbleikabel. Sie bestanden aus einem mit Öl imprägnierten papierisolierten Dreileiterkabel mit einem Bleimantel und einem Kunststoffaussenmantel; oftmals mit Stahl-Armierungen verstärkt. Der Aussendurchmesser der Hochspannungs-Dreileiterkabel betrug bis 95 mm für die meist angewendete Dimension 3×240 mm2 im Bereich 60 kV. Damit konnten sie in die verlegten Rohre, welche zu dieser Zeit einen Innendurchmesser von bis zu 150 mm hatten, gut eingezogen werden.

In Deutschland und Grossbritannien hat Nexans bereits ab 2005 mehrere Hundert Kilometer armierte kunststoff-isolierte Hochspannungs-Dreileiterkabel mit typischen Leiterquerschnitten zwischen 300 und 630 mm2 verbaut. Mit diesem Standardaufbau hatte Nexans 2014 das erste Dreileiterkabel-Projekt für EWZ ausgeführt.

Abschluss der Installation im April 2018

Nexans produzierte das neuartige kompakte Kabel an ihrem Schweizer Hauptsitz in Cortaillod. Mit Hilfe von Prototypen eruierte Nexans die optimalen Prozesse zur Verseilung der drei Einzelleiter sowie zur anschliessenden Aufbringung der Armierung. Aufgrund der äusserst engen Verhältnisse im Rohrblock und den damit verbundenen Risiken beim Einzug des Kabels wurde zudem ein Test mit einem zirka 30 m langen Versuchskabel durchgeführt, bevor die Produktion der Kabel freigegeben wurde. Ab November 2017 wurden die Arbeiten zur Verlegung der Kabel in der Stadt Zürich durchgeführt. Die Verlegung der Dreileiterkabel verlief reibungslos und wurde Ende April 2018 abgeschlossen.

Autor
Thomas Dolder

ist Projektleiter Hochspannungsleitungen bei EWZ.

  • EWZ – Elektrizitätswerk der Stadt Zürich, 8050 Zürich
Autor
Jean Fehlbaum

ist Manager Strategische Kunden & Projekte bei Nexans Schweiz AG.

  • Nexans Schweiz AG, 2016 Cortaillod
Autor
Christian Mouchangou

ist Hochspannungs-Projektleiter bei Nexans Schweiz AG.

  • Nexans Schweiz AG, 2016 Cortaillod

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