Sicheres Arbeiten an Verteilnetzen
Gefahren durch dezentrale Einspeisungen
Damit bei solchen Arbeiten niemand verletzt wird, müssen die Arbeitsmethoden und die Sicherheitsmassnahmen angepasst werden. Die Grundlagen für das Arbeiten an Verteilnetzen sind in der Starkstromverordnung (SR 734.2) und in der Leitungsverordnung (LeV; SR 734.31) geregelt. Die Kommission Sicherheit des Verbands der schweizerischen Elektrizitätswerke VSE hat in Zusammenarbeit mit dem ESTI die sicheren Arbeitsmethoden im Sicherheitshandbuch (SiHaBu) definiert.
Vermehrt speisen auf Netzebene 7 dezentrale Energieerzeuger wie Photovoltaikanlagen, Biogasanlagen, Dieselgeneratoren etc. ein. Die Energierichtung ist dabei nicht mehr eindeutig erkennbar. Es reicht nicht mehr aus, wie in einem Verteilnetz nur an einer Stelle abzuschalten. Eigentlich sollten die Energieerzeugungsanlagen mit einem Netz- und Anlageschutz (NA-Schutz), welcher bei Netzausfall die Anlage vom Netz trennt, versehen sein. Leider stellt das Eidgenössische Starkstrominspektorat ESTI bei Kontrollen immer wieder fest, dass diese Schutzeinrichtungen entweder fehlen oder nicht richtig funktionieren. Zudem ist es möglich, mobile Photovoltaikanlagen direkt an der Hausinstallation einzustecken und so die Energie direkt ins Niederspannungs-Verteilnetz einzuspeisen. Ob diese bei Netzausfall abschalten, kann nicht sichergestellt werden. Durch die dezentralen Einspeisemöglichkeiten können gefährliche Berührungsspannungen und Störlichtbogen durch Kurz- und Erdschlüsse im Niederspannungs-Verteilnetz, auch wenn ausgeschaltet ist, nicht ausgeschlossen werden.
Grundsatz
In Art. 72 Abs. 4 der Starkstromverordnung heisst es, dass bei Arbeiten an Niederspannungsanlagen auf das Erden und Kurzschliessen verzichtet werden kann, wenn keine Gefahr von Spannungsübertragung oder Rückeinspeisung besteht. Im Kapitel 5.8. des SiHaBu «Arbeiten an Niederspannungskabelleitungen» wurden die oben erwähnten Gefährdungen mit einbezogen. Die folgenden Sicherungsmassnahmen sind nur ein Auszug aus dem SiHaBU.
Bei Unklarheit, ob eine Gefahr von Spannungsübertragung oder Rückspeisung besteht, soll, wenn immer möglich, geerdet und kurzgeschlossen werden.
Sicherungsmassnahmen
- Sofern an einer Stichleitung mit Muffen des Niederspannungs-Verteilnetzes mehrere Verbraucher oder ein Verbraucher mit einer Energieerzeugungsanlage angeschlossen sind, ist grundsätzlich die Arbeitsstelle auf beiden Seiten nach allen 5 Sicherheitsregeln freizuschalten und zu sichern. Auf der Seite der Verbraucher muss mindestens ein Anschlussüberstromunterbrecher kurzgeschlossen und geerdet werden (Bild 1). Zusätzlich muss das Arbeiten an der Arbeitsstelle nach den 5 lebenswichtigen Regeln vorbereitet werden.
- Handelt es sich um eine Ringleitung und sind am Kabel zusätzliche Verbraucher angeschlossen, ist das Leitungsstück beidseitig nach allen 5 Sicherheitsregeln freizuschalten und zu sichern (Bild 2). Zusätzlich muss das Arbeiten an der Arbeitsstelle nach den 5 lebenswichtigen Regeln vorbereitet werden.
- Bei Verbindungsleitungen mit eindeutiger Identifizierung (Zuordnung) der Kabel und ohne jegliche Abgänge, kann auf das Erden und Kurzschliessen verzichtet werden (Bild 3). Sind die Leitungen grössere Strecken parallel zu Hochspannungsleitungen, ist zur Ableitung der induzierten Spannung das Kabel trotzdem zu erden. Dazu ist es wichtig, die Arbeit nach den 5 lebenswichtigen Regeln vorzubereiten und die Sicherungsmassnahmen zu planen.
Fazit
Eine gründliche Arbeitsvorbereitung durch eine sachverständige Person nach den 5 + 5 Sicherheitsregeln ist im Niederspannungs-Verteilnetz notwendig. Der Arbeitsverantwortliche muss den zeitlichen Ablauf der Schalthandlungen und die Arbeitsabläufe allen Beteiligten zur Kenntnis bringen. Er muss sich vergewissern, dass alle Sicherungsmassnahmen korrekt durchgeführt wurden. Erst dann darf er die Arbeitsstelle für die Arbeit freigeben.
5 + 5 lebenswichtige Regeln im Umgang mit Elektrizität für Elektrofachleute
5 lebenswichtige Regeln
1. Für klare Aufträge sorgen.
2. Geeignetes Personal einsetzen.
3. Sichere Arbeitsmittel verwenden.
4. Schutzausrüstung tragen.
5. Nur geprüfte Anlagen in Betrieb nehmen.
5 Sicherheitsregeln
1. Freischalten und allseitig trennen.
2. Gegen Wiedereinschalten sichern.
3. Auf Spannungsfreiheit prüfen.
4. Erden und Kurzschliessen.
5. Gegen benachbarte, unter Spannung stehende Teile schützen.
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