Kurznachricht Erneuerbare Energien , Sicherheit

Sichere PV-Anlagen

Fraunhofer ISE testet Licht­bogen­detek­toren

Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat einen modularen Prüfstand entwickelt, an dem PV-Wechselrichter mit inte­grierten Licht­bogen­detek­toren getestet werden. Diese im Wechsel­richter integrierten Warnsysteme erhöhen die Sicherheit von Solaranlagen, da sie bei Lichtbögen automatisch stromlos schalten. Mit der nun veröffent­lichten Norm IEC 63027 sollen die Detektoren noch zuverlässiger und realitäts­naher getestet werden. Das Fraunhofer ISE war auch an der Entwicklung der Prüfnorm beteiligt, die am 3.  Mai 2023 erschienen ist.

Serielle Lichtbögen in PV-Anlagen entstehen als Folge von Kontakt­problemen, z.B. durch fehlerhafte Lötstellen im Modul oder in der Gleich­strom­verdrahtung des Wechselrichters. Die hohen Temperaturen an fehlerhaften Kontaktstellen können im Ernstfall zum Brand der Anlage führen.

Dass der Lichtbogen zu einem Stromsprung im Wechselrichter bzw. einem charakteri­stischen breit­bandigen Rauschen führt, machen sich Lichtbogen­detektoren (LBD) in Wechselrichtern zu Nutze: Sie erkennen den Lichtbogen und schalten die Anlage stromlos, bevor eine kritische Energie erreicht wird. Diese Detektoren sind in den USA bereits seit 2011 Vorschrift in neu installierten PV-Anlagen. «Nationale und internationale Studien haben gezeigt, dass Lichtbögen in PV-Anlagen mit einer hohen Installations­qualität sehr selten auftreten. Auf freiwilliger Basis bieten jedoch auch Hersteller auf dem europäischen Markt Licht­bogen­detektoren an. Einige Gebäude­versicherer haben aus Brand­schutz­gründen darauf gepocht», erklärt Felix Kulenkampff vom Fraunhofer ISE, der in der Normungs­kommission gemeinsam mit Vertretern aus Industrie, Prüfgesellschaften und Wissenschaft die neue IEC-Norm entwickelt hat. Sie räumt einige Schwächen der alten US-Norm aus, die den Realbetrieb nicht ausreichend realitätsnah simulierte. Dadurch blieben viele Lichtbögen unerkannt, weil sie die Grenzwerte nicht erreichten, oder aber es wurden Fehlalarme ausgelöst.

Prüfstand bildet Lichtbogen realitätsnah ab

«Ein realitätsnaher Prüfaufbau kann das Risiko von nicht erkannten Lichtbögen und Fehl­auslö­sungen deutlich senken. Im Test sollte der Lichtbogen möglichst realistisch und unter wieder­holbaren Bedingungen gezündet werden können», erklärt Felix Kulenkampff. Für den Test gemäss IEC-Norm 63027 (dessen grund­legende Parameter mit der überarbeiteten US-Norm UL 1699B übereinstimmen) wird anstelle echter PV-Module eine elektronische DC-Quelle als PV-Simulator eingesetzt. Der Strom fliesst vom PV-Simulator über eine präzise trennbare Kontaktstelle in den Wechselrichter. Die Kontaktstelle wird durch zwei Elektroden aus Wolfram in Form eines Kugelgelenks gebildet, die mit einer definierten Geschwindigkeit ausein­ander­gezogen werden. So wird ein charakte­ristischer Lichtbogen gezündet. Für den Testablauf können feste Testparameter (Elektroden­abstand und -geschwin­digkeit) eingespeichert und angewählt werden. Damit das Messergebnis nicht durch den PV-Simulator beeinflusst wird, ist zwischen Wechselrichter und simulierter PV-Anlage ein Filternetzwerk geschaltet.

Massgeblich für das ordnungs­gemässe Funktio­nieren des Licht­bogen­detektors ist die Zeit bis zum Abschalten des Wechselrichters: Je kürzer ein Lichtbogen brennt, desto geringer ist der Energieeintrag in die fehlerhafte Kontaktstelle, d.h. kurze Abschalt­zeiten verhindern eine Brand­entstehung sicher. Bei einer Energie zwischen 200 und 750 J und einer Abschaltzeit unter 2,5 s hat der Detektor die Prüfung bestanden. Eine automatische Wieder­zuschaltung nach Detektor-Auslösung ist innerhalb von 24 Stunden vier Mal erlaubt, beim fünften Mal muss sie manuell erfolgen.

Der im TestLab Power Electronics aufgebaute Prüfstand setzt nicht nur die genannten Test­anforde­rungen normgerecht um, sondern erlaubt darüber hinaus dank des modularen Aufbaus verschiedene Testszenarien für String-Wechselrichter mit unter­schiedlich verschalteten PV-Modulstrings. Auch der Test von Modul-Wechselrichtern und Strang-Sammlern ist möglich. Der Prüfstand ist für Wechselrichter-DC-Spannungen bis 1,5 kV geeignet, er verfügt über drei DC-Eingänge für bis zu 16 A und einen DC-Eingang für bis zu 32 A.

«Mit dem neuen Prüfstand erweitern wir das Angebot unseres TestLabs Power Electronics, in dem wir akkreditierte Prüfungen gemäss Netz­anschluss­richtlinien, Wirkungs­grad­messungen sowie Impedanz­spektroskopie-Unter­suchungen von Wechsel­richtern durchführen können», so Steffen Eyhorn, Leiter des TestLabs.

Forschung zu Lichtbögen auch in anderen Anwendungen

Nicht nur für die Photovoltaik, sondern auch für andere Technologien wie Batterietechnik, Luftfahrt oder Elektro­mobilität ist der Schutz vor Schäden durch Gleich­strom­lichtbögen relevant. In allen Anwendungen ist eine Tendenz zu höheren Spannungen zu sehen. Die Wahrschein­lichkeit von elektrischen Überschlägen und daraus resultierenden parallelen oder seriellen Lichtbögen nimmt damit zu. Im Rahmen abgeschlossener und laufender Forschungs­projekte adaptiert das Fraunhofer ISE die Erfahrungen aus dem PV-Bereich auch auf diese Anwendungen, um für verschiedene Branchen Beratungs­dienst­leistungen anzubieten. «Für die Problem­lösung kann unser Team auf eine Datenbank aus Licht­bogen­signalen in verschiedenen realen Anlagen­konfigu­rationen zurückgreifen. Damit können wir Fehlerquellen auf den Grund gehen», so Felix Kulenkampff.

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