Fachartikel Beleuchtung

Servicefähige Innenraumleuchten

Standardisierung und Nachhaltigkeit

23.04.2025

Die Right-to-Repair-Bewegung ist keineswegs auf die Unter­hal­tungs­elektro­nik beschränkt – sie wirkt sich auch auf die Beleuch­tungs­indus­trie aus. Zhaga nimmt dieses Anliegen auf und ermöglicht Leuch­ten­her­stellern, reparier­bare Innen­raum­leuchten mit aus­tausch­baren Kompo­nenten zu ent­wickeln, die deren Lebens­dauer verlängern.

Entscheidungsträger auf der ganzen Welt erlassen Gesetze und Initiativen, die die Repara­tur­fähigkeit von LED-Leuchten vor­schreiben, und sehen darin eine wichtige Voraus­setzung für eine Kreis­lauf­wirtschaft. In Europa ist beispiels­weise die «Single Lighting Regulation» in Kraft, die Anforde­rungen an das Produkt­design stellt und den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft vorantreibt.

Die veröffent­lichte vorläufige Version der Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte (ESPR)» sieht vor, dass Beleuch­tungs­produkte nicht nur zuver­lässiger sind, eine längere Lebensdauer haben und mehr recycelbare Materialien enthalten, sondern auch einfacher aufzu­rüsten und zu repa­rieren sind. Darüber hinaus wird erwartet, dass die künftige Über­arbeitung der sogenannten «Single Lighting Regulation» zusätzliche Anforde­rungen an die Ressourcen­effizienz von Beleuch­tungs­produkten stellen wird, die die Entfern­barkeit und Austausch­barkeit von Lichtquellen und Betriebs­geräten (LED-Treiber) betreffen. Zhaga, das globale Konsortium der Beleuch­tungs­industrie mit der Mission, die Schnittstellen der Kompo­nenten von LED-Leuchten zu standardi­sieren, bezeichnet dies als «Circularity Lighting».

Definiert als Produkte und Systeme, die die Ziele der Kreis­lauf­wirt­schaft durch verbesserte Service­fähigkeit unterstützen, basiert die kreislauforientierte Beleuchtung auf modular aufgebauten Leuchten und auf Kompo­nenten­schnitt­stellen, die auf standardi­sierten und weithin anerkannten Spezifikationen beruhen. In diesem Sinne umfasst «Circularity Lighting» alle LED-Leuchten, die reparierbar, aufrüstbar und austauschbar sind. Zhaga erfüllt all diese Anforderungen.

Wartungsfreundliche Innen­beleuch­tung

Seit der Gründung im Jahr 2010 entwickelt und standardisiert Zhaga-Standards für Schnittstellen von LED-Modulen, intelligenten Sensoren, Kom­muni­kations­modulen und Betriebs­geräten von LED-Leuchten für Beleuch­tungs­her­steller, Planer und Betreiber.

Die Zhaga-Standards werden Bücher genannt, wobei jedes Buch die Schnittstelle einer oder mehrerer Komponenten einer LED-Leuchte definiert. Obwohl alle Zhaga-Bücher mit dem Konzept des «Circularity Lighting» verknüpft sind, wird nicht immer jedes Buch benötigt. Um ein brauchbares Produkt oder eine Komponente zu schaffen, sind in der Regel nur einige Bücher erforderlich.

Am relevan­testen für die lineare Innen­beleuchtung sind die Zhaga-Bücher 7, 14, 21 und 26. Buch 7 definiert eine Familie von linearen und viereckigen LED-Modulen, die für Innen­beleuch­tungs­anwen­dungen verwendet werden können. Die LED-Module benötigen einen separaten LED-Treiber und werden typischer­weise in einer Leuchte z. B. mit Schrauben befestigt. Die einzige Einschrän­kung für die Licht­austritts­fläche (light-emitting surface, LES) der LED-Module besteht darin, dass das gesamte Licht über die Oberseite des Moduls abgestrahlt werden muss. Dies ermöglicht eine maximale Gestal­tungs­freiheit bei der Platzierung der LEDs auf dem Modul.

Buch 14, das offiziell in die IEC-Norm 63356-1 übertragen wurde, konzentriert sich auf eine Familie flacher, linearer LED-Lichtquellen mit Fassung, die sich für lineare Beleuchtungen mit geringer Bauhöhe eignen. Die Norm umfasst sowohl LED-Module (die ein separates Betriebsgerät benötigen) als auch LED-Light-Engines (LLEs) mit integriertem LED-Treiber. Die LLEs oder LED-Module verfügen über ein Kappen-/Haltersystem, das einen werkzeuglosen Austausch durch den Endnutzer ermöglicht.

Das Buch 26 definiert eine kosten­effiziente mecha­nische und elektrische Schnitt­stelle für werkzeuglos aus­tausch­bare lineare LED-Module, die Plug-and-Play-Inter­operabilität und die späte Konfigu­ration von Leuchten ermöglicht und die Kreis­lauf­wirt­schaft unterstützt. Während dieses Buch für Nicht-SELV-Anwen­dungen bestimmt ist, befasst sich Buch 21 mit SELV-Anwendungen.

Ebenfalls relevant für die Innen­beleuch­tung ist Buch 20, das zusammen mit der D4i-Zertifizierung durch die Dali-Alliance eine intelligente Schnittstelle zwischen einer LED-Innenleuchte und einem Sensor-/Kommu­nikations­modul definiert. Das Modul ist mit dem LED-Treiber und dem Steuersystem verbunden und kann in der Regel sensorische Daten liefern oder die Kommu­nikation zwischen Netz­werk­kompo­nenten ermöglichen. Diese Module können vor Ort installiert und ausgetauscht werden.

Obwohl nicht spezifisch für Innen­raum­leuchten, spielt das Zhaga-Buch 13 über Betriebsgeräte eine unverzichtbare Rolle bei der Gewährleistung der Wartungs­freund­lichkeit, indem es mechanische Schnitt­stellen von LED-Treibern spezifiziert, die in Kombi­nation mit einer breiten Palette von Leuchten verwendet werden können.

Lebens­zyklus­manage­ment mit der NFC-Technologie

Zwei weitere Zhaga-Bücher, die für die Wartungsfreundlichkeit von Innenleuchten relevant sind, sind die Bücher 24 und 25. Beide befassen sich mit der Near Field Communication (NFC)-Technologie. Der drahtlose Kommunikationsstandard mit extrem kurzer Reichweite ermöglicht es den Herstellern, Beleuchtungskomponenten wie LED-Treiber vor und nach der Installation nach ihren Vorgaben zu konfigurieren. Dies kann eine wichtige Rolle bei der Ermöglichung einer Kreislaufwirtschaft bei der Beleuchtung spielen.

NFC ermöglicht auch die Verwaltung von Daten über den gesamten Lebenszyklus einer Leuchte, von der Produktion über die Installation und Wartung bis hin zum Austausch und zur Reparatur. Die Verfügbarkeit solcher Lebenszyklusdaten trägt nicht nur zur Effizienzsteigerung bei, sondern fördert auch Produkte, die modular aufgebaut sind und sich leicht reparieren und aufrüsten lassen.

Leuchtenhersteller, Installateure und Systemintegratoren haben heute die Möglichkeit, ein einziges physisches Programmierwerkzeug auszuwählen, das mit Anwendungen im Feldeinsatz aller Hersteller, die Buch 25 umsetzen, und allen NFC-programmierbaren Geräten, die Buch 24 umsetzen, funktioniert.

Während sich Buch 24 an Leuchtenhersteller richtet, definiert Buch 25 ein «Bluetooth Low Energy»-Kommunikationsprotokoll für die Kommunikation zwischen der Anwendung im Feldeinsatz auf einem Smart Device und dem NFC-Lesegerät. Damit ermöglicht es die Wartung und Austauschbarkeit mit einer herstellerübergreifend harmonisierten Methode der NFC-Programmierung für den Einsatz im Feld.

Die Verwendung von Buch 25 schafft einen enormen Vorteil im Feld. Wenn beispielsweise ein LED-Modul durch ein energieeffizienteres LED-Modul ersetzt wird, sorgt Buch 25 dafür, dass die neuen Betriebsparameter drahtlos am Treiber eingestellt werden können.

Buch 24 hingegen ermöglicht die Konfiguration durch den Hersteller sowie kundenspezifische Betriebsparameter. Es erlaubt auch, die Konfigurationen bei Bedarf und nach den spezifischen Parametern des Kunden einzustellen. Da ein Austausch des Treibers in der Regel nicht erforderlich ist, wird zudem Abfall vermieden und die Lebensdauer des Treibers verlängert.

Transparente Wartungs­fähigkeit von Komponenten

Zusammengenommen ermöglichen die in den Zhaga-Büchern definierten Standards ein interoperables und wartungsfähiges Ökosystem von Leuchten und Komponenten, das reparierbar, aufrüstbar, austauschbar und damit langlebig ist.

Zur Veranschaulichung ein Vergleich einer Nicht-Zhaga-Leuchte mit einer Leuchte, die Zhaga-Komponenten enthält: Wenn sich jemand für eine Nicht-Zhaga-Leuchte entscheidet, investiert er möglicherweise in eine Leuchte mit eingeschränkter Wartungsfähigkeit. Logistisch ist dies eine Herausforderung, da proprietäre Komponenten unter Umständen von anderen Anbietern möglicherweise nicht angeboten werden.

Eine Leuchte, die eine Reihe von Zhaga-Komponenten enthält, bietet jedoch ein hohes Mass an Wartungsfreundlichkeit. Das liegt daran, dass die von Zhaga zertifizierten Komponenten den globalen Schnittstellenstandards entsprechen, was bedeutet, dass sie mit zertifizierten Komponenten anderer Hersteller ausgetauscht werden können, was wiederum Reparaturen und funktionale Upgrades ermöglicht.

Mit anderen Worten: Das Ziel ist zwar, die Leuchte servicefähig zu machen, aber eine Leuchte ist nur dann servicefähig, wenn sie standardisierte Komponenten verwendet, die selbst servicefähig sind. Indem Zhaga servicefähige Komponenten definiert, trägt es dazu bei, dass servicefähige Leuchten möglich werden.

Das Diagramm zeigt, wie verschiedene Zhaga-Bücher zur Wartungs­fähigkeit von LED-Treibern, Modulen und Sensor- bzw. Kommuni­kations­modulen beitragen. Das Innere der Grafik weist auf eine minimale Service­fähigkeit hin, während sich das Äussere auf eine maximale Service­fähigkeit bezieht. Minimale Service­fähigkeit bedeutet, dass das Bauteil austauschbar ist und nur das. Maximale Service­fähigkeit hingegen bedeutet, dass die Kompo­nente austauschbar ist, auf einem globalen Standard basiert, Plug-and-Play-fähig ist, einen Sockel hat und im Falle eines Treibers mit NFC programmierbar ist.

Für den Leuchten­hersteller bedeutet die von Zhaga garantierte Wartungs­freund­lichkeit, dass er Inter­opera­bilität erreicht, Zugang zu globalen Märkten erhält, die Kosten senkt, die Qualität sicherstellt, an neue Techno­logien anpassungs­fähig bleibt und bereits sich entwickelnde gesetzliche Anforde­rungen antizipiert – und das alles, während er zusätzlich das Vertrauen seiner Kunden gewinnt. Ausserdem werden die Produktions­prozesse durch spätere Konfigu­rationen vereinfacht und das Risiko verringert, dass im Laufe der Jahre keine Ersatzteile mehr verfügbar sind.

Aber nicht nur die Hersteller profitieren davon. Auch öffentliche und private Gebäude­eigen­tümer profitieren von der Zukunfts­sicherheit ihrer Investitionen. Lichtplaner und Architekten profitieren ebenfalls, wenn sie ein Beleuch­tungs­system empfehlen, das auf dem Kreis­lauf­konzept basiert, da ihr Konzept einen Mehrwert bietet.

Für die Beleuchtungs­industrie insgesamt bedeutet die Service­fähigkeit, die Zhaga in die Innen­beleuch­tung einbringt, dass sie auf eine kreis­lauf­orientierte Zukunft vorbereitet ist, die aufgrund von Initiativen wie der «Single Lighting Regulation» immer näher rückt.

Links

Autor
Jan de Graaf

ist Systemarchitekt beim Leuchtenhersteller Signify.

  • Signify Netherlands B.V.
    NL-5656 AE Eindhoven
Autor
Francesco Martini

ist bei Inventronics für die Standardisierung zuständig.

  • Inventronics GmbH
    DE-85748 Garching
Autor
Carsten Möllers

ist Manager bei Green Gems.

  • Green Gems GmbH
    DE-46569 Hünxe

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