Schnelles magnetisches Schreiben von Daten
Nichtflüchtiger Arbeitsspeicher als Perspektive
Magnetische Datenspeicher galten bislang als zu langsam für die Herstellung von Computer-Arbeitsspeichern. ETH-Forscher haben nun ein Verfahren untersucht, mit dem das magnetische Schreiben von Daten deutlich schneller und energiesparender möglich ist.
Seit fast siebzig Jahren werden Magnetbänder und Festplatten in Computern zur Datenspeicherung verwendet. Trotz vieler neuer Technologien, die in der Zwischenzeit entwickelt wurden, bleibt die kontrollierte Magnetisierung eines Datenträgers aufgrund ihrer Langzeitbeständigkeit und geringen Kosten das Mittel der Wahl für die Archivierung von Informationen. Zur Realisierung eines Random Access Memory (RAM) dagegen, wie Computer sie als Arbeitsspeicher zur Verarbeitung von Daten benutzen, galt die Magnettechnologie bislang allerdings als ungeeignet – sie ist langsam und energieintensiv.
Pietro Gambardella, Professor am Department Materialwissenschaft der ETH Zürich, und seine Mitarbeiter haben nun gemeinsam mit Kollegen am Department Physik sowie am Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen gezeigt, dass magnetische Speicherung mit Hilfe eines neuen Verfahrens trotzdem blitzschnell und energiesparend erfolgen kann.
Magnetisierungs-Umkehr ohne Spulen
In traditionellen Magnetspeicher-Technologien werden mit einer Kobaltlegierung beschichtete Band- oder Platten-Datenträger verwendet. Mittels einer stromdurchflossenen Spule wird ein Magnetfeld erzeugt, das jeweils in einem kleinen Bereich des Datenträgers die Magnetisierungsrichtung ändert. Der Vorgang ist gemessen an den Geschwindigkeiten moderner Prozessoren sehr langsam, und zudem kommt es durch den elektrischen Widerstand der Spulen zu Energieverlusten. Viel besser wäre es daher, die Magnetisierungsrichtung ohne den Umweg über eine Magnetspule zu ändern.
Bereits 2011 demonstrierten Gambardella und seine Kollegen ein Verfahren, das genau dies schaffte: Elektrischer Strom, der durch einen speziell beschichteten Halbleiterfilm floss, kehrte die Magnetisierung in einem winzigen Metallpunkt um. Dies wird durch einen physikalischen Effekt ermöglicht, der als Spin-Bahn-Drehmoment bezeichnet wird. Dabei führt das Fliessen eines elektrischen Stroms in einem Leiter zu einer Anhäufung von Elektronen mit entgegengesetzten magnetischen Momenten (Spin) an den beiden Enden des Leiters. Die Spins der Elektronen wiederum schaffen ein Magnetfeld, das zur Ausrichtung der magnetischen Momente der Atome eines in unmittelbarer Nähe befindlichen magnetischen Materials führt. Nun haben die Wissenschaftler in einer neuen Arbeit untersucht, wie dieser Vorgang im Detail funktioniert und wie schnell er ist.
Räumliche Auflösung mit Röntgenstrahlen
In ihrem Experiment kehrten die Forschenden die Magnetisierung eines Kobalt-Punktes von nur 500 nm Durchmesser mit elektrischen Strompulsen um, die durch einen benachbarten Platindraht flossen. Gleichzeitig setzten sie den Kobalt-Punkt stark gebündelten Röntgenstrahlen aus, die den Punkt nach und nach mit einer Auflösung von 25 Nanometern abtasteten. Wie stark der Punkt die Röntgenstrahlen an einer bestimmten Stelle absorbierte, hing davon ab, in welche Richtung das Metall dort magnetisiert war. So erhielten sie ein zweidimensionales Bild der Magnetisierung des Kobalt-Punktes und konnten zusehen, wie der Strompuls diese allmählich veränderte.
Die Forscher konnten so feststellen, dass die Umkehrung der Magnetisierung in weniger als einer Nanosekunde erfolgte – deutlich schneller als in anderen in jüngster Zeit erforschten Verfahren. Zudem konnten sie vorhersagen, wann und wo die Magnetisierungs-Umkehrung beginnt und wo sie endet. In anderen Verfahren wird die Umkehrung zwar ebenfalls durch elektrischen Strom angetrieben, ausgelöst aber wird sie durch thermische Fluktuationen im Material, wodurch der Zeitpunkt der Umkehrung starken Schwankungen unterliegt.
Mögliche Anwendungen in RAM
Bis zu einer Billion Umkehr-Pulse schickten die Forscher mit einer Frequenz von 20 MHz durch den Kobalt-Punkt, ohne dass die Qualität der Magnetisierungs-Umkehrung darunter litt. «Das lässt uns hoffen, dass unsere Technologie für Anwendungen in magnetischen RAM geeignet ist», sagt Gambardellas ehemaliger Postdoktorand Kevin Garello. Garello arbeitet mittlerweile am Forschungszentrum Imec in Löwen, Belgien, an der kommerziellen Umsetzung des Verfahrens.
Als ersten Schritt in diese Richtung wollen die Forscher ihre Materialien so optimieren, dass die Umkehrung noch schneller und mit kleineren Stromstärken funktioniert, u.a. durch eine verbesserte Form der Kobalt-Punkte. Heute sind sie rund, doch andere Formen wie Ellipsen oder Rauten könnten die Magnetisierungs-Umkehrung noch effizienter machen. Mit magnetischen RAM würde das Laden des Betriebssystems beim Hochfahren eines Computers überflüssig – die entsprechenden Programme blieben dann auch ohne Stromzufuhr im Arbeitsspeicher erhalten.
21.9.2017
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