Revision eines Pumpspeicherkraftwerks
Neue Grosskomponenten verbessern Energieeffizienz
Nach 40 Betriebsjahren wurde das für die DB Energie arbeitende Pumpspeicherkraftwerk Langenprozelten grundüberholt. Dabei wurden auch neue Pumpturbinenräder, Synchronmaschinen und Blockumspanner eingebaut und aufgestellt. Der Gesamtarbeitsgrad für einen Zyklus stieg dabei um knapp zwei Prozentpunkte.
Das Pumpspeicherkraftwerk Langenprozelten der Donau- Wasserkraft (DWK) im Landkreis Main-Spessart (Bayern) nahe dem Bahnknoten Gemünden ging 1975 und 1976 mit je einer Maschinengruppe an das DB-Netz (2 AC 110 kV 16⅔ Hz). Lage und Konzept folgten einem nicht verwirklichten 50-Hz-Vorkriegsentwurf. Betreiberin ist heute Uniper Kraftwerke. Das Werk liefert in den werktäglichen Spitzenbedarfszeiten je nach Verfügbarkeit 100 GWh/a bis 200 GWh/a. Die 1,4·106 m3 nutzbares Wasser im Oberbecken ergeben bei 310 m Fallhöhe rund 1 GWh elektrische Energie. Die Arbeitsgrad-Jahreswerte lagen bisher um 73%, einzelne Monatswerte erreichten 76%. Fernwirkende Leitstelle für die 110-kV-Seite und den Maschineneinsatz ist die Hauptschaltleitung der DB Energie in Frankfurt (Main).
Projekt
Das 60 Mio. EUR teure Projekt umfasste den Ersatz der beiden Motorgeneratoren (Einstiegsbild) und Blockumspanner, eine Revision der 110-kV-Schaltanlage und der sechs Kugelschieber sowie der beiden Pumpturbinen mit Ersatz ihrer Laufräder. Auf Maschinen- und Elektrotechnik entfielen 50 Mio. EUR. Ferner waren die Verschlüsse des Oberbeckens zu ersetzen, das 15 ha grosse Unterbecken neu abzudichten und der stählerne Triebwasserstollen neu zu beschichten. Zeitweise arbeiteten 80 Fachkräfte, davon 40 von den Spezialfirmen. Das Oberbecken wurde schon 2012 saniert.
Unterbecken
Im Mai 2015 wurde das abgefischte Unterbecken für Inspektionen und Instandsetzungen von Bauwerksanschlüssen, Sicherheits-Rollschützen an der kraftwerkseitigen Stauwand und Grundablass entleert. Spezialmaschinen frästen auf 73’000 m2 Böschungsfläche mit 20° bis 30° Neigung und bis 30 m Dammkronenhöhe die vorhandene Asphaltschicht um 3 cm ab, und andere trugen eine 7 cm starke neu auf. Solche Arbeiten machen in Europa nur zwei Spezialfirmen, von denen Strabag den Auftrag bekam. Mit Planung, Vorbereitungs- und Begleitarbeiten fielen hierfür 6 Mio. EUR an. Nach Ende dieser Arbeiten ging die Gruppe 2 wieder in Regelbetrieb.
Kugelschieber und Pumpturbinen
Die beiden Hauptabsperrschieber mit 1,6 m und die zwei Anfahrturbinenschieberpaare mit 0,9 m Durchmesser sowie die Francis-Pumpturbinen wurden vor Ort zerlegt, die Teile inspiziert und je nach Befund aufgearbeitet oder wie die Laufräder erneuert (Bild 1). Diesen Auftrag bekam Voith Hydro, das einzige Unternehmen in Deutschland hierfür.
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Motorgeneratoren
Während der Arbeiten im Unterbecken wurde die Gruppe 1 ausgebaut. Die neue Synchronmaschine lieferte Andritz Hydro in Weiz (Steiermark), einer der wenigen Leistungserbringer für Einphasenmaschinen. Zunächst wurde der neue Stator mit fast 7 m Durchmesser als Schwerlast-Strassentransport überführt und eingebaut.
Den Rotorkörper-Rohling fertigte die Freiformschmiede von Saarstahl in Völklingen (Saarland). Ausgangsmaterial waren 250 t Rohstahl mit Legierungselementen für hohe Festigkeit und spezifizierte elektromagnetische Eigenschaften. Über die Hälfte dieser Masse ging wieder verloren, zunächst als Schlacke beim Schmelzen und Giessen sowie bei den Press- und Schmiedevorgängen – mit zwischendurch mehrfachem Durchglühen auf 1300°C – zum fast quadratischen Mittelteil und beiderseitigen Wellenstücken, und dann beim Abtrennen der Greif-Überlängen. Mit 113 t kam das Werkstück im Frühjahr 2015 zu dem Spezialunternehmen Rossl & Duso in Vedelago bei Venedig. Dort erhielt es bei monatelangem Präzisionsfräsen und -drehen seine endgültige Form mit 7,35 m Länge, davon 3,2 m der Mittelteil mit 2 m x 2 m Kantenlänge und 4 x 4 Hammerkopfnuten, wobei es weitere 20 t Material verlor.
Im Herbst 2015 wurde das fertige Stück nach Weiz transportiert, wo Bremsring und Hebering angebaut und die Polschuhe eingesetzt wurden. Im werkseigenen Schleudertunnel wurde das Gesamtbauteil 120 s lang mit der Durchgangsdrehzahl 12,6 s–1 geprüft.
Im März und April 2016 wurden Rotorkörper und Polschuhe getrennt zum Kraftwerk gefahren. Der Rotorkörper wog mit Anschlagmitteln 101 t, was durchgehenden Strassentransport auf einem 26 m langen Zwölfachsfahrzeug mit vierachsiger Zugmaschine erlaubte. Der von Experten und Polizei eskortierte 150-t-Zug fuhr nur nachts, weil auf dem Weg zu befahrende Brücken nicht viel weitere Last vertrugen, und brauchte deshalb für die 770 km lange Strecke über drei Tage.
Im Kraftwerk wurde der Rotorkörper in die Vertikale gedreht und in den Stator gesenkt. Nach dem Verbinden mit der Pumpturbine und Rundlauftests waren die vier Polschuhe (Bild 2) bei nur 2 x 1 mm Spiel in die Nuten einzufahren und jeder mit acht 3 m langen konischen Standkeil- und Triebkeilpaaren zu befestigen. Mit dem Rotor des Wellengenerators wurde der Drehkörper 242 t schwer, was durch die neu dimensionierten Polschuhe 9 t mehr sind als vorher.
In gleicher Weise folgte ab Mai 2017 Maschine 2, nachdem die teils ertüchtigte und teils erneuerte Gruppe 1 im Sommer 2016 den Probebetrieb begonnen und dann die Endabnahme bestanden hatte.
Blockumspanner
Nachdem auch die neue Gruppe 2 Anfang 2018 in den Probebetrieb und danach in den Regelbetrieb gegangen war, liess sich der neue Umspanner 1 herbeiholen. Ohne Isolieröl, Ausdehnungsgefäss und Lüfter auf 186 t abgespeckt, holte ihn im Juni die Spezialtransportfirma Kahl & Jansen beim Hersteller General Electric in Mönchengladbach ab und verlud ihn in Duisburg-Ruhrort auf ein Transportschiff. Nach fünftägiger Fahrt auf 275 km Rhein- und 215 km Main-Schifffahrtstrasse hievte ihn bei Gemünden ein 300-t-Schwimmkran auf einen Selbstfahrer mit 2 x 12 Zwillings-Fahrwerken. Begrenzte Brückenlasten erforderten nach kurzer Strecke noch das Umsetzen auf ein passives, auf 2 x 23 Zwillingsrädern rollendes und mit einer Zug- und einer Schubmaschine bespanntes Gestell.
Nachdem der Umspanner in seiner Box oberhalb der Maschinenhalle aufgestellt, komplettiert und angeschlossen war (Bild 3), wurden die 40 m3 Isolieröl eingefüllt. Damit war er 220 t schwer, was dank besserer Kernbleche und geschickter Bauweise 29 t weniger ist als bei seinem leistungsgleichen Vorgänger. Für seine Nennleistung von 100 MVA genügen drei der vier angebauten Öl-Luft-Wärmetauscher. Der 19-stufige Lastschalter passt die Maschinenspannung 10,75 kV automatisch an 97 kV bis 132 kV Netzspannung an. Der Komplettauftrag mit Transporten kostete 2 Mio. EUR.
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Der alte Umspanner wurde auf einem 4 km talwärts liegenden Gelände zerlegt, und 23 t Kupfer, aller Stahl und das Altöl kamen in den Wertstoffkreislauf. Beide Transporte erforderten das Sperren von Strassen und das Abschalten vom Werk abgehender 110-kV-Bahnenergieleitungen.
Der Umspanner 2 sollte im Oktober 2018 folgen, was aber am extremen Niedrigwasser auf dem Rhein scheiterte. Wegen des langen Bestellvorlaufs für Spezialfahrzeuge und Fahrwegsperrungen zu Wasser und zu Lande nebst Equipen und Eskorten war als neuer Termin erst April 2019 planbar.
Leistung und Energie
Die neuen Synchronmaschinen haben mit 82 MW motorisch und 94 MVA bei cos ɸ = 0,8, also 75 MW generatorisch die gleichen Nenndaten wie die alten. Jedoch ist letzteres kein Maximalwert, besonders wenn der Grundwellen-Leistungsfaktor im Netz durch die 4QS-Eingangssteller aller neuen Triebfahrzeuge immer besser wird.
Während die Umspannerboxen etwas Raum boten, liessen sich wegen der vorgegebenen Anschlussstellen die Motorgeneratoren nur wenig und die Pumpturbinenräder kaum anders gestalten. Umgekehrt sind Wirkungsgrade umso schwerer zu steigern, je näher der Ausgangswert schon bei 100% liegt. Aus verschiedenen Gründen sind hier keine konkreten Einzelwerte zu nennen, sondern nur absolute %-Änderungen zwischen ab- und aufgerundeten %-Eckwerten:
- Pumpturbinen +0,6% im Bereich 92,0% bis 93,0%
- Motorgeneratoren +0,4% im Bereich 97,6% bis 98,4%
- Blockumspanner +0,1% im Bereich 99,4% bis 99,6%
Alle Zahlen gelten für Nennlastbetrieb, womit – gleiche Werte für Pumpen- und für Turbinenbetrieb angenommen – ein ganzer Zyklus energetisch ungefähr 1,8% besser geworden ist.
Einstiegsbild: Rotorkörper der neuen vierpoligen Synchronmaschine, rechts Bremsring mit 2,5 m Aussendurchmesser und Flansch zur Turbinenkupplung, links Wellenende für Erregergenerator.
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