Fachartikel Erneuerbare Energien

Performance von PV-Anlagen unter der Lupe

Repräsentative Studie

02.10.2019

Breit angelegte und langjährige Untersuchungen zur Betriebstüchtigkeit («Performance») von Schweizer PV-Anlagen gibt es bislang kaum. Diese sind jedoch zentral als Grundlage für energiepolitische Weichenstellungen und die Branche insgesamt.

Eine landesweite Untersuchung der TNC Consulting AG im Auftrag von Energie  Schweiz hat die Gesamtsituation zur Performance von Schweizer PV-Anlagen anhand einer eigens dafür entwickelten Methodik und einem Sample von knapp 1700 KEV-Anlagen (rund 12 % der Schweizer PV-Nennleistung) im Zeitraum von 2009 bis 2016 analysiert. Das Ergebnis: Der Schweizer PV-Anlagenpark weist insgesamt eine gute Performance auf und wird in der Tendenz sogar unterschätzt.

In verschiedenen Untersuchungen sind in den vergangenen Jahren Betriebstüchtigkeit und Erträge von einzelnen Schweizer Photovoltaikanlagen analysiert worden. Die erhobenen und qualitativ sehr hochwertigen Resultate sind aufschlussreich in Bezug auf spezifische Standorte und Technologien, erlauben aber nur eingeschränkt, allgemeingültige Erkenntnisse für den gesamten Standort Schweiz abzuleiten. Die im vergangenen Frühjahr publizierte Studie verwendet nun eine neue, eigens entwickelte Analysemethodik, um Ertrags- und Solarstrahlungsdaten aus unterschiedlichen Quellen halbautomatisch zusammenzuführen und auszuwerten. Effektive Stromerzeugungsdaten von 1658 PV-Anlagen aus dem Bundesförderprogramm KEV (Kostendeckende Einspeisevergütung) aus allen Schweizer Kantonen können so auf effiziente Art und Weise mit der durch die Firma Meteotest AG jeweils standortspezifisch ermittelten Solar­einstrahlung kombiniert werden. Die verwendete Solarstrahlung basiert auf dem Messstellennetz von Meteo  Schweiz. Daraus lassen sich erstmals breitflächig abgestützte und repräsentative Resultate für die gesamte Population von PV-Anlagen der ganzen Schweiz gewinnen. Diese Ergebnisse sind auch in Kombination mit den vertieften Einzelanalysen von ausgewählten Anlagen interessant, da sich diese vertieften Untersuchungen besser in den gesamtschweizerischen Kontext einordnen lassen.

Performance Ratio benennt die Qualität von PV-Anlagen

Die Performance Ratio zeigt den Nutzungs- und Effizienzgrad einer Photovoltaikanlage auf. Anhand einer Zahl zwischen 0 und 1 wird das Verhältnis zwischen dem effektiven Ertrag (YF, Final Yield) und dem potenziellen Referenzertrag (YR, Reference Yield) angegeben (PR = YF/YR). Dieser Wert gilt als wichtiger Qualitätsindikator für eine PV-Anlage. Für seine Berechnung sind nicht nur die tatsächlichen Stromproduktionsdaten, sondern auch die Angaben zur standortspezifischen Solareinstrahlung in Modulebene notwendig. Nur mit beiden Angaben lässt sich die Performance oder der Nutzungsgrad einer PV-Anlage berechnen. Die Performance Ratio bewertet also unter Berücksichtigung der effektiven Sonneneinstrahlung, wie effizient die PV-Anlage als Gesamtsystem Strom erzeugt. Als eine gute Performance Ratio gilt beispielsweise ein Wert zwi-schen 0,65 und 0,8.

Studienresultate und verschiedene Einflussfaktoren

Die Auswertungen der knapp 1700 Photovoltaikanlagen ergeben für den Zeitraum 2009–2016 eine gute Performance Ratio von leicht mehr als 0,75 über alle Anlagen gesehen. Dabei wurden in der Häufigkeitsverteilung keine grösseren Auffälligkeiten – also besonders niedrige oder hohe Performance Ratio – erkannt. Das zeigt, dass keine systematischen Probleme bei Schweizer PV-Anlagen anzunehmen sind. Auch ist erkennbar, dass eine gute Datenqualität vorliegt, da nur eine geringe Anzahl an PV-Anlagen unrealistisch hohe Performance-Ratio-Werte aufweist.

Diverse Faktoren beeinflussen die Betriebstüchtigkeit von Solaranlagen. Zum Beispiel können Alter und Technologiestand der Anlagenkomponenten, auftretende Ausfälle und deren Dauer bis zur Behebung sowie Regelmässigkeit und Qualität der Wartung die Performance einer PV-Anlage stark beeinflussen. Um die statistische Verteilung der Performance Ratio und den Einfluss der verschiedenen Faktoren darauf besser verstehen zu können, müssen die einzelnen Einflussfaktoren detailliert und anlagenspezifisch auf statistisch relevanter Basis untersucht und mit den Erkenntnissen aus der Studie in Korrelation gebracht werden.

Effektiver Jahresertrag ist höher als angenommen

Zum Vergleich des Jahresertrags wird der auf die Anlagennennleistung normierte elektrische Ertrag verwendet. Die gemachten Auswertungen zeigen, dass in der untersuchten Periode von 2009 bis 2016 der Endertrag mit 1015  kWh für Anlagen mit nur einer Modulorientierung deutlich über den für Modelberechnungen angenommen Durchschnittswert von 950  kWh liegt. Werden alle Anlagetypen berücksichtig, reduziert sich der normierte Jahresertrag auf 972  kWh. Er liegt aber immer noch über dem angenommenen Mittelwert. Nicht berücksichtigt ist in dieser Auswertung die Abweichung des effektiven Solarstrahlungsangebots vom meteorologischen Standardjahr.

Tiefere Performance Ratio bei kleineren PV-Anlagen

Die Untersuchung der Performance Ratio über alle Anlagen nach Anlagennennleistung gruppiert hat deutlich und konsistent für verschiedene untersuchte Jahre aufgezeigt, dass kleinere PV-Anlagen (<10–15  kW Nennleistung) eine um 4 bis 8 % tiefere Performance Ratio aufweisen als grosse PV-Anlagen (>100  kW). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund von zunehmenden Installationen von kleinen PV-Anlagen von Interesse. Mögliche Ursachen könnten beispielsweise bessere Planung für grössere Anlagen, besser aufeinander abgestimmte Komponenten (Teillastbetrieb) oder geringerer Einfluss lokaler Verschattungen sein.

Unterschiede in verschiedenen Landesregionen

Unterschiede in der Performance von Photovoltaikanlagen in den verschiedenen Landesregionen der Schweiz sind in der Tendenz erkennbar. Während die untersuchten PV-Anlagen in der französisch- und italienischsprachigen Schweiz einen leicht höheren spezifischen Produktionsertrag aufweisen, liegen ihre Performance-Ratio-Werte leicht unter jenen der deutschsprachigen Schweiz. Die Unterschiede sind nicht sehr ausgeprägt, dennoch stellt sich die Frage nach möglichen Ursachen. Allfällige Gründe könnten in Qualitätsunterschieden im Bereich der Planung, Installation oder Betriebsführung liegen, da davon ausgegangen werden kann, dass dieselben technischen Komponenten von internationalen Anbietern eingesetzt werden. Um jedoch belastbar die tatsächlichen Gründe für die erkennbaren regionalen Unterschiede zu identifizieren, wären weitere technische ebenso wie soziokulturelle Faktoren zu untersuchen.

Degradationseffekte über die Zeit sind klein

Neben der breitflächigen Beurteilung der Performance Ratio zielt die neu entwickelte Methodik darauf ab, neue und vertiefte Erkenntnisse bezüglich Degradationseffekte über die Laufzeit von PV-Anlagen zu gewinnen. Solide Auswertungen von Degradationseffekten sind wichtig, um die Modellierungen des Ertrags und die Wirtschaftlichkeitsberechnungen von PV-Anlagen präzise vornehmen zu können. Zudem geben die Entwicklungen und der Verlauf der Performance über die Betriebsdauer Hinweise auf notwendige Massnahmen in der Qualitätssicherung und im Betrieb und Unterhalt von PV-Anlagen.

Die Frage, ob PV-Anlagen im Verlauf ihrer Lebensdauer eine graduelle, lineare Performance-Degradation durchlaufen, oder die Degradation vielmehr gegen Ende der Lebensdauer stark zunimmt, kann noch nicht abschlies­send beantwortet werden. Für Aussagen dazu ist eine Weiterführung der Studie – insbesondere die Verlängerung der Zeitreihe für langfristige Auswertungen über die gesamte Lebensdauer von PV-Anlagen – notwendig.

Die bisherigen Auswertungen über einen Zeitraum von sieben Jahren zeigen, dass die Degradationen der Performance des Gesamtsystems mit 0,2 bis 0,3 % pro Jahr deutlich geringer sind als anhand von Garantien von Schlüsselkomponenten, beispielsweise Modulgarantien mit rund -1 % pro Jahr, angenommen werden könnte. Die vorhandenen Zahlen deuten auf eine lineare Degradation in den ersten Jahren hin.

Fortschritte in der Technologie

Aus der Studie geht ebenfalls hervor, dass sich die durchschnittliche aggregierte Performance Ratio mit den Fortschritten in der PV-Technologie fortlaufend verbessert. Die Entwicklung der Performance Ratio von neuen PV-Anlagen kann anhand der verwendeten Methodik quantifiziert werden und damit auch für Modelle sowie Zukunftsprognosen verwendet werden. Für den untersuchten Zeitraum wurde eine Performance-Ratio-Steigerung von jährlich 0,36 % nachgewiesen. Damit scheinen sich über den gesamten Anlagenpark der Schweiz und die untersuchte Zeitperiode die Degradation und die technologischen Fortschritte von neuen PV-Anlagen etwa aufzuheben. Ob sich die festgestellte Entwicklung auch für künftige Anlagen im gleichen Mass fortsetzen wird, muss mit periodischen Ergänzungen der Untersuchungen und neuen PV-Anlagen ermittelt werden.

Mehr Winterstrom in der Alpenregion

Der Winteranteil des produzierten Solarstroms (Erträge von Oktober bis März) beträgt schweizweit in der ausgewerteten Zeitperiode je nach Jahr 25–31 % des spezifischen Jahresertrags. Die zusätzliche Analyse der geografischen Verteilung für Mittellandkantone einerseits und für die Alpenregion anderseits zeigen nur leichte Abweichungen vom gesamtschweizerischen Mittelwert. So liegt der Anteil Winterstrom bei Mittellandkantonen bei 24–30 % und bei Kantonen des Alpenraums bei 27–31 %. Der höhere Winterstromanteil in den Alpen ist aller Wahrscheinlichkeit nach auf die intensivere Sonneneinstrahlung zurückzuführen. Bei den in diesem Bericht untersuchten PV-Anlagen handelt es sich aber nicht um alpine oder hochalpine PV-Anlagen, für welche Winterstromanteile von 40–50 % nachgewiesen werden konnten.

Die Studie zeigt aber auch, wie sich besonders schneereiche und kalte Wintermonate negativ auf die Gesamtperformance und den Gesamtertrag des Schweizer Anlageparks auswirken können. Denn wenn grosse Schneemengen bei niedrigen Temperaturen über längere Zeit auf tendenziell flach angewinkelten Solarmodulen liegenbleiben, produzieren die Anlagen trotz hoher Sonneneinstrahlung sehr wenig Strom. Diese Reduktionen wären beispielsweise durch einen steileren Neigungswinkel der Module oder durch intensive Wartung während der schnee­reichen Periode vermeidbar.

Perspektiven und offene Fragen

Die Studie zeigt erfreuliche Resultate für die Qualität von Schweizer PV-Anlagen und die Solarstromproduktion und liefert statistisch relevante Auswertungen in diesen Themenbereichen. Eine Weiterführung der Untersuchungen steigert den Wert der bisher gefundenen Resultate. Dazu müssten vor allem die Zeitreihen verlängert werden, um Aussagen zur Entwicklung der Performance über die Gesamtlebensdauer von PV-Anlagen machen zu können. Ausserdem müsste das Anlage-Sample um neue PV-Anlagen ergänzt werden, um die Entwicklungen der Performance aufgrund von Fortschritten in der Technologie zu bestimmen. Die Resultate helfen, Ertragsmodellierungen und Wirtschaft­lichkeitsberechnungen zu verbessern. Die ermittelten Resultate, wie beispielsweise der durchschnittliche spezifische Ertrag und dessen Vergleich mit Annahmen in Modellen, sollten weiter beobachtet werden. Schliesslich gibt es mehrere Hinweise dafür, dass nebst zuverlässigen Komponenten auch gut geschulte Anlagebetreiber, ein zeitnahes Monitoring sowie zuverlässige Anlagewartung entscheidende Erfolgsfaktoren für eine gute Performance Ratio und somit hohe und stabile Solarstromerträge von PV-Anlagen sind.

Autor
Thomas Vontobel

ist Projektleiter bei TNC Consulting AG.

  • TNC Consulting AG, 8706 Feldmeilen

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