Fachartikel Energieeffizienz , Erneuerbare Energien

Optimales Design mit oder ohne Optimizer

Schatten am Solardach

27.09.2022

Bei geringen Verschattungen am Hausdach ist der Einsatz von Optimizern nicht immer hinter jedem Solarmodul für einen maximalen Solar­ertrag nötig. Mit Sachkenntnis erreicht man einen höheren Ertrag, wenn mit einem effizienten String­wechsel­richter z. B. der Modulabstand zum Verschat­tungs­objekt leicht erhöht wird oder wenn nur sehr wenige Optimizer gezielt eingesetzt werden.

Optimizer, kleine Leistungs­elektronik­kompo­nenten, die auf dem Dach hinter einem Modul montiert werden, stellen bei Teilbeschattung des Solarmoduls einen effizienteren Arbeitspunkt ein. Der Wechsel­richter hingegen regelt den Gesamtstrom, der für alle Module gleich ist, wodurch weniger Leistung bereitgestellt wird. Anderseits ist ohne Beschattung und auch bei nur leichter Beschattung der Vorteil des höheren Wirkungsgrades einer zentralen Leistungs­elektronik, dem String­Wechsel­richter, für den Jahresertrag dominanter [1].

Ein konkretes Beispiel

Das Einfamilienhaus in Bild 1 zeigt eine klassische Dachsituation in der Schweiz, auf der eine PV-Anlage installiert wurde. Für den Planer stellt sich die Frage, welche Topologie eingesetzt werden kann. Es stehen drei Möglichkeiten bzw. Systemvarianten zur Auswahl: a) das traditionelle String­Wechsel­richter-System, b) das Optimizer-System oder c) eine Kombination beider Systeme. Jedes dieser Systeme hat seine Vor- und Nachteile, die dem Kunden transparent erklärt werden müssen. Einerseits erlaubt das Optimizer-System eine Ertragsüberwachung auf Modulebene und verfügt über einen höheren Brandschutz, da im Störfall die Ausgangsspannung des Optimizers auf 1 V heruntergeregelt wird. Dafür braucht dieses System dreimal so viele Stecker wie das konventionelle String­wechsel­richter-System, was die Lang­zeit­zuverlässig­keit beeinflussen kann. Sollte beispielsweise fünf Jahre nach Inbetriebnahme ein Optimizer ausfallen oder ein Fehler eines Steckers vorliegen, dann wird der Optimizer zwar unter Garantie­bedin­gungen ersetzt, aber die Arbeit des Installateurs, der den Austausch auf dem Dach vornehmen muss, wird nicht vergütet. Dazu kommen noch Kosten für das Gerüst, sofern das Dach nicht sicher zugänglich ist oder keine permanente Absturzsicherung vorhanden ist. In diesem Fall stehen Kosten von einigen Tausend Franken im Raum, die nicht von der Garantie getragen werden. Auch dieser Informa­tions­transfer ist Teil eines verant­wortlichen Um­gangs mit dem Endkunden und kann sich von Hersteller zu Hersteller unterscheiden.

Eine der wichtigsten Eigenschaften ist aber der Ertrag der PV-Anlage bei der gegebenen Dachsituation, inklusive z. B. der Abschattung der Module durch einen Kamin in der Mitte der Anlage. Gängige Ertragsberechnungstools für die Anlagenplanung erlauben keinen fairen Vergleich der anwendbaren Topologien, weil die Verschattung nicht auf Zellebene aufgelöst wird, die Zeitschritte in der Berechnung oft grös­ser als 10 Min. sind oder die tatsächlichen Wirkungsgrade der Optimizer nicht verwendet werden, da der Hersteller sie bisher nicht zur Verfügung gestellt hat. Diese Punkte können mit den Simulations­tools gelöst werden, in denen diese Problematik in den Ertrags­modellen umgesetzt wird. Der letzte Punkt bedarf jedoch eines grös­seren Laboraufbaus und entsprechender, hochgenauer Messgeräte, damit die Wirkungsgrade der Optimizer in einer Vielzahl unterschiedlicher Arbeitspunkte unter reproduzierbaren Bedingungen gemessen werden können. Dies wurde am Institut für Energiesysteme und Fluid-Engineering (IEFE) der ZHAW in Winterthur im Rahmen des vom BFE geförderten Projekts EFFPVSHADE vollzogen [2]. Die nachfolgend beschriebenen Resultate vergleichen immer das Stringwechsel­richter-System a) mit dem Optimizer-System b), wobei jedes Solarmodul mit einem Optimizer gekoppelt ist. Der Einsatz von wenigen Optimizern c), z. B. nur zwei Stück, direkt neben dem Schornstein ist aktueller Gegenstand der Arbeiten und wird demnächst im Detail publiziert.

Gemessene Wirkungsgrade von Optimizern

Der Laboraufbau am IEFE besteht aus zehn Solar­simulatoren, die an jeweils zehn Optimizer angeschlossen sind. Wie bei einer realen Anlage werden die Optimizer dann in Serie geschaltet und mit dem entsprechenden Wechsel­richter verbunden. Die Simulatoren können durch die Eingabe verschiedener IV-Kennlinien unter­schiedliche Arbeitspunkte von PV-Modulen nachbilden. Direkt am Eingang und am Ausgang eines jeden Optimizers werden Strom und Spannung gemessen. Dieses Set-up erlaubt es, die Wirkungsgrade mit einer Messunsicherheit GUM (k = 1) zwischen 0,2% und 0,5% je nach Arbeitspunkt zu bestimmen. Bild 2 zeigt die gemessenen Wirkungsgrade von zwei Optimizern, a) dem SolarEdge (P370) sowie b) dem Independent Optimizer von Huawei (SUN2000-450W-P2) in Abhängigkeit des Verhältnisses von Ausgangs- zu Eingangsstrom (x-Achse) und der Eingangsleistung (y-Achse).

Während der Optimizer von Solar­Edge sowohl als Hoch- und Tiefsetzsteller funktioniert, arbeitet der Huawei-Optimizer nur als Tiefsetzsteller, der ohne Beschattung mit einer sehr hohen Effizienz von über 99% arbeitet (siehe rote Arbeitspunkte in Bild 2b). Ein weiterer Unterschied liegt im Anwendungsbereich. Der P370 kann nur in der Systemtopologie, wie in Bild 1b gezeigt, betrieben werden. Das System von Huawei erlaubt es, sowohl die gleiche Topologie oder jene von Bild 1c zu verwenden. Die gemessenen Wirkungsgrade zeigen auf, dass einer der wenigen Werte, die die Hersteller überhaupt angeben, nämlich die maximale Effizienz von 99,5%, nur an wenigen Punkten in der Nähe der Linie bei k = 1 auftreten.

Die Hersteller von Optimizern geben gewöhnlich auch einen gewichteten Wirkungsgrad unter Berücksichtigung der Teillast von typisch 98,8% bis 99,0% an, jedoch ohne Angaben, wie genau dieser bestimmt wurde. Die Analyse lässt vermuten, dass diese Werte durch Gewichtung der Wirkungsgradmessungen bei gleichem Eingangs- und Ausgangsstrom (k = 1) und unterschiedlicher Leistungen bestimmt wurden. Somit ist dies nicht repräsentativ für den typischen Einsatz im Feld. Wenn ein Optimizer bei k = 1 betrieben wird, so ist der Eingang direkt auf den Ausgang durchgeschaltet und es treten nur die rein ohmschen Verluste der Leitungen und Spulen im Gerät auf. Nur ein einfacher Stecker wäre noch effizienter. Dadurch kommen diese sehr hohen Wirkungsgrade zustande, welche im realen Betrieb für System b) aber kaum vorkommen, da die in Serie geschalteten Optimizer stets auf einen einheitlichen Ausgangsstrom regeln müssen.

Möglichst nahe ans Optimum

Um möglichst nahe zu diesem optimalen Arbeitspunkt zu gelangen, muss bei System b) darauf geachtet werden, dass die richtige Anzahl Optimizer verwendet wird. Dies widerspricht aber der üblichen einfachen Plug-and-Play-Lösung, bei der nach Herstellerangaben zwischen 8 und 24 Optimizer pro String gewählt werden können. Die Hersteller geben in ihren Datenblättern an, mit welcher Gleichspannung der Wechsel­richter eingangsseitig arbeitet. Der Quotient aus dieser Gleichspannung und der MPP-Spannung des verwendeten PV-Moduls bei der NOCT (Nominal Operating Cell Temperature) ergibt die optimale Anzahl Optimizer. Da dies in der Praxis nicht bei jeder Anlage anwendbar ist, z. B. aus ästhetischen Gründen, sollte der Planer darauf abzielen, dass das Optimizer-System im unbeschatteten Fall bei k-Werten zwischen 0,8 und 1,2 arbeitet. Das bedeutet, dass er 20% von der optimalen Anzahl nach oben oder unten abweichen kann. Je näher das gewählte System an die vom Hersteller angegebene minimale und maximale Anzahl an Optimizern herankommt, desto mehr Einbussen in der Performance entstehen.

Performance-Vergleich

Aus den gemessenen Wirkungs­graden der Optimizer und Wechsel­richter wurde ein Modell gebildet und in den Ertragssimulationen über ein Jahr berücksichtigt. Die in Bild 1 gezeigte Anlage wurde dafür 3D-modelliert, wodurch die Abschattung berechnet werden konnte – auf Zellebene aufgelöst und mit einer zeitlichen Auflösung von 5 Minuten. Die Einstrahlungen und Modul­tempe­raturen wurden auch berücksichtigt. Insgesamt wurden 20 Simula­tionen mit 10 variablen Kamin­positionen erstellt. Die hori­zontalen Abstände betrugen jeweils 30 cm und die vertikalen 35 cm. Pro Kaminposition konnte der Ertrag für das String­Wechsel­richter- bzw. das Optimizer-System berechnet werden. Für das simulierte Optimizer-System b) kam SolarEdge (P370 Optimizer mit SE3500H Wechsel­richter) zum Einsatz, der Wechsel­richter von Huawei (SUN2000-3.68KTL-L1) repräsentierte das String­Wechsel­richter-System a).

In Bild 3 ist das Modell der PV-Anlage aus der Vogel­perspektive sichtbar. In der Mitte des Bildes sind die Performance­vergleiche beider PV-System­topologien für die indivi­duellen Kamin­positionen farblich gekennzeichnet. Bei der tatsächlichen Kaminsituation, wie in Bild 1 gezeigt, hat das Optimizer-System einen Ertragsvorteil von 0,79%. Wäre der Kamin mittig und 35 cm nach oben verschoben, so hätte das String­wechsel­richter-System mit 0,20% Mehrertrag einen Vorteil gegenüber den Optimizern. Diese Analysen zeigen, dass der Abstand der PV-Module zum Abschat­tungs­objekt von zentraler Bedeutung ist für einen Ertragsvorteil beim Einsatz von Optimizern. In der untersuchten Anordnung rechtfertigt sich der Einsatz von Optimizern, wegen der entstehenden Mehrkosten der Optimizer, unter dem Gesichtspunkt des Mehrertrags kaum.

Eine Variante wäre, dass während der Planungsphase geprüft wird, ob die PV-Anlage verschoben werden kann, damit sich der Abstand zum Abschattungsobjekt maximiert. Eine zweite Variante wäre der Einsatz von Independent Optimizern gemäss dem System in Bild 1c. Die aktuellen Voranalysen zeigen, dass ein Einsatz von zwei Optimizern beim Modul 7 und 11 eine zielführende Alternative darstellen kann.

Die genauen Kenntnisse der Dachgeometrie sind aber eine wichtige Voraussetzung für eine aussagekräftige Jahresanalyse. Ob die heute übliche Vermessung mit Drohnen immer die wirtschaftlichste Möglichkeit ist oder eventuell mit Fotos vor Ort die Dachfeinanalyse erfolgen kann, wird die Zukunft zeigen.

Aktuell sind Mitarbeiter des Forschungsteams dabei zu prüfen, ob eine neue Onlinelösung helfen könnte, die Erträge beispielsweise der beschrieben drei Systemlösungen betreffend des Jahresertrags unkompliziert zu berechnen. Dies würde auch dem Endkunden helfen.

Weitere technische Infos zu diesem Thema werden in der Arbeitsgruppe IEA Task 13 publiziert [3]. Zusätzlich erarbeitet das ZHAW-Team auch einen Vorschlag für die Normungsgruppe der internationalen IEC TC 82, um die Leistungs­elektronik­kompo­nenten wie Optimizer und Wechsel­richter nachvollziehbar zu vermessen und die ­Jahresperformance über Gewichtungs­faktoren zu vergleichen, wenn Beschattung am Dach vorliegt.

Abschliessend soll nochmals auf die Grössen­ordnung der Ertragsvorteile bei der obigen Feinanalyse hingewiesen werden. Sie sind im unteren einstelligen Prozentbereich für diese repräsentativen Fälle der Beschattung, und damit weit weg von dem oft von leidenschaftlichen Verkäufern genannten «bis zu 30%» Ertragsvorteil durch Optimizer.

Vertiefte technische Erkenntnisse sind im Konferenzbeitrag der diesjährigen EU PVSEC [4] sowie in der Publikation im Fachjournal Solar RRL [5] aufgeführt. Ausserdem stehen zwei Videos auf dem YouTube-Kanal von Franz Baumgartner zur Verfügung.

Referenzen

[1] Franz Baumgartner, «Optimizer: Nur ein Hype oder die Zukunft?», Bulletin SEV/VSE 5/2021, S. 62.

[2] BFE-Projekt: EFFPVSHADE – Effizienzanalyse von dezentraler Photovoltaik-Leistungs­elektronik bei Teilbeschattung (SI/502247-01).

[3] IEA Task 13; Performance, operation and reliability of photovoltaic systems.

[4] Cyril Allenspach, Fabian Carigiet, Arturo Bänziger, Andrin Schneider, Franz Baumgartner, «Performance analysis of power optimizers by indoor lab testing and shading simulation», Proceedings of the 38th European Photovoltaic Solar Energy Conference and Exhibition (EUPVSEC) and 8th World Conference on Photovoltaic Energy Conversion (WCPEC), Milan, 2022, WIP.

[5] Cyril Allenspach, Fabian Carigiet, Arturo Bänziger, Andrin Schneider, Franz Baumgartner, «Power conditioner efficiencies and annual performance analyses with partially shaded photovoltaic generators using indoor measurements and shading simulations», Solar RRL, Special Issue EU PVSEC 2022.

[6] Alsona AG; 13 kWp Ziegel EFH in Gontenschwil.

Autor
Fabian Carigiet

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Fachgruppe Photovoltaik-Systeme am Institut für Energie und Fluid Engineering (IEFE).

  • ZHAW, 8400 Winterthur
Autor
Cyril Armand Allenspach

ist wissenschaftlicher Assistent in der Fachgruppe Photovoltaik-Systeme am Institut für Energie und Fluid Engineering (IEFE).

  • ZHAW, 8400 Winterthur
Autor
Prof. Dr. Franz Baumgartner

ist Studien­gang­leiter Energie- und Umwelt­technik SoE an der ZHAW.

  • ZHAW, 8400 Winterthur

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