Meinung Energiemarkt , Regulierung , VSE

Offenheit war einmal Kür – heute ist sie Pflicht

Meinung 02/2017

30.01.2017

Ein Stromversorger, ein Hotelbetreiber und ein Taxifahrer gehen in eine Bar ... Das klingt wie die Ouvertüre zu einem Stammtischwitz. Nur leider fehlt die Pointe. Tatsache ist: Die drei hätten allen Grund für ein Kummerbier. In allen drei Branchen herrscht derzeit ein Überangebot – an Strom, freien Betten sowie an Taxis. Und alle drei kämpfen damit, dass ihr Geschäft gerade einen dramatischen Wandel erlebt. Statt Hotels buchen Weltenbummler heute Privatunterkünfte über die App AirBnB. Fahrgäste buchen private UBER-Fahrten statt das gute alte Taxi. Und Stromkunden? Sie werden selber zu Stromproduzenten, schliessen sich zu Stromgemeinschaften zusammen, verkaufen sich gegenseitig überschüssige Elektrizität.

Wie reagieren wir als Branche auf wegbrechende Umsätze, schwindende Margen und allerorts aufpilzende Konkurrenten? Ich meine: Offenheit ist die einzige Option. Sie ist von der Kür zur Pflicht geworden. Mit dem Projekt «Energiewelten» geht der VSE exakt diesen Weg. Anhand vier verschiedener, aber denkbarer Zukunftswelten werfen wir als Dachverband einen Blick auf das Energiejahr 2035. Eine völlig flexible, digitale und dezentrale Schweizer Stromwelt? Durchaus möglich in der «Smart World». Eine Schweiz mit neuen Gaskraftwerken und überwiegend zentraler Produktion? Ebenso möglich, in der «Trust World». Die Energiewelten gipfeln in einem «Trend 2035». Davon ableiten lassen sich neue Ordnungsrahmen, Marktmodelle und auch konkrete Geschäftsmodelle. Die Energiewelten öffnen einen Entwicklungskorridor. Denn die Energiewelt ist längst zu komplex geworden für reine Zahlenspiele und Verbrauchsprognosen. Das Ziel von Energiewelten? Das VSE-Projekt soll unsere geschätzten Mitglieder auf ihrem Weg in die Energiezukunft begleiten. Die Erkenntnisse können als Orientierungshilfe dienen und in die Unternehmensstrategie einfliessen. Sie helfen, die Branche für die Zukunft zu rüsten. Oder, um doch noch die Pointe zum verlorenen Witz zu liefern: Drei Energieversorger treffen sich in einer Bar. Sie stossen auf gute Gewinne an.

Autor
Michael Frank

ist Direktor des VSE

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