Stromnetze und Energiemärkte zukunftssicher machen
Netzimpuls vom 22. März 2023 in Aarau
Diverse aktuelle Energiethemen wurden an der Netzimpuls-Tagung vom 22. März 2023 in Aarau angeschnitten und sorgten für einen intensiven Austausch. Dabei standen nicht nur Netzfragen im Fokus, sondern auch die globale Energiesituation. Martin Koller, Axpo Services AG, stellte die durch den Ukrainekrieg veränderte Erdgassituation, die vermehrte Nutzung von flüssigem Erdgas, vor und wies auf andere grössere Veränderungen wie den Covid-bedingten Wechsel bei China vom Energie-Exporteur zum Importeur, was den globalen Kohleverbrauch markant erhöht hat.
Wie Energieszenarien (hoher Anteil an Erneuerbaren, frühes Abschalten von KKWs, ...) mit der Nexus-E-Plattform simuliert werden, erklärte Gabriela Hug, Professorin an der ETH Zürich. Im Winter seien dabei Wind und Gas wichtig, wenn die Importe begrenzt werden. Zudem ist ein starker Ausbau der Stromproduktion nötig, um zu verhindern, dass die Schweiz 2050 ein Netto-Importeur wird.
Präsentationen zur Netzplanung bei Übertragungs- und Verteilnetzbetreibern folgten. Marc Vogel ging auf den bundesrätlichen «Szenariorahmen» ein, der Netzbetreibern eine verbindliche Planungsgrundlage bietet. Wie städtische und ländliche Verteilnetze geplant werden können, erläuterte detailliert Markus Zdrallek, Professor an der Bergischen Universität Wuppertal, wobei der erste Schritt, die digitale Nachbildung der Netze, zugleich der wichtigste ist.
Einen Ansatz zur Reduktion von Verteilnetzverlusten und zur Erhöhung der übertragenen Leistung, nämlich Gleichspannung, stellte Nina Fuchs von Siemens Österreich vor. Da viele Geräte heute mit DC betrieben werden, bietet sich der Einsatz von hybriden AC-DC-Verteilnetzen an.
Dann war wieder das Übertragungsnetz an der Reihe. Bastian Schwark von Swissgrid zeigte auf, dass die geplanten Winterreserven erfolgreich implementiert wurden, unter anderem durch die rasche temporäre Spannungserhöhung von 220 kV auf 380 kV der Strecken Bassecourt-Mühleberg und Bickingen-Chippis, um den Import in die Schweiz bei Bedarf maximieren zu können. Er plädierte für beschleunigte Bewilligungsverfahren für den Netzausbau, analog zu den schnelleren Verfahren bei erneuerbaren Energien. Denn ohne Netz geht es nicht.
Auch der parallele, den Energiemärkten gewidmete Stream war spannend. Hannes Weigt, Professor an der Uni Basel, stellte einige Marktmodelle vor und plädierte für eine stabile Struktur ohne punktuelle Eingriffe durch staatliche Akteure selbst bei stark volatilen Preisen, denn Planbarkeit sei in Krisen essenziell. Anschliessend erläuterte Marco Piffaretti, wie sich Flexibilitäten von Elektroautos (bidirektionales Laden) vermarkten lassen. Raphael Wu stellte die Equigy-Plattform vor, mit der Flexibilitäten zwischen Übertragungs- und Verteilnetzen koordiniert genutzt werden können.
Die inspirierende Tagung zeigte aus unterschiedlichen Perspektiven die vielen Fragen und mögliche Lösungen der aktuellen Energiewelt auf. Bestimmt wird man einigen der Fragen auch an der nächsten Netzimpuls begegnen, die für den 20. März 2024 vorgesehen ist.
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