Rückschau Energienetze , Energiespeicher , Infrastruktur

Netzimpuls-Tagung 2020

Wege zur Autarkie und zu optimierten Stromnetzen

02.11.2020

Der Fokus der diesjährigen Netzimpulstagung lag auf der «Entnetzung», der Autarkie im Netz. Getrieben werden die Autarkietrends von sinkenden Preisen bei Energiespeichern und PV-Anlagen, kombiniert mit Gebäuden, die immer effizienter mit der Energie umgehen. Die von Electrosuisse in Zusammenarbeit mit dem BFE, Cigre und der Hochschule Luzern durchgeführte Tagung im Kultur- & Kongresshaus Aarau musste Corona-bedingt im hybriden Modus durchgeführt werden: rund 40 Personen waren vor Ort mit dabei. Etwa dreimal so viele verfolgten die Tagung online.

Durch die Tagung führten zwei Moderatoren, die mit aktuellen Entwicklungen bei den Energienetzen bestens vertraut sind: Lukas Küng von Primeo Energie und Christoph Imboden, HSLU.

Den Einstieg machte Christian Brunner, ehemaliges ElCom-Mitglied, mit einem Hinweis darauf, dass die Autarkie für das BFE ein Reizwort ist, Grund genug also, sich mit diesem Thema zu befassen. Er präsentierte eine Übersicht über mögliche Arten der Autarkie, die von der Netzebene, von den technischen Möglichkeiten und den wirtschaftlichen Vorgaben bestimmt werden. Dabei gibt es die lastgerechte Autarkie, bei der die bereitgestellte Leistung stets höher als die Nachfrage ist. Dies bestimmt auch die Dimensionierung des Netzes. Zudem gibt es die bilanzielle Autarkie, bei der die Energiemenge der Bereitstellung die verbrauchte Energie zwar übersteigt, aber die erforderliche Leistung nicht zu jedem Zeitpunkt geliefert werden kann. Letztere meint man in der Schweiz, wenn man von Autarkie spricht. Dabei wird die Versorgungssicherheit durch Tauschverträge, Exporte und Importe sichergestellt. Natürlich benötigen Netze aber eine lastgerechte Autarkie, um Überlastungen zu vermeiden. In den anschliessenden Erläuterungen ging er auf die Auswirkungen einer erhöhten Autarkie auf die Netznutzung, die Tarifgestaltung, die Dimensionierung der Netze sowie auf die Aufgaben der Netzbetreiber. Dabei ging er vom Szenario aus, dass man aus der Kernenergie aussteigt, die E-Mobilität erhöht und den Wärmebedarf durch PV-Strom abdeckt. Sein Resultat: Der Ausstieg aus der Kernkraft, die Dekarbonisierung des Privatverkehrs und der fossilen Heizsysteme ergeben einen ungedeckten Bedarf von rund 29 TWh im Winter, 13 TWh im Sommer und 42 TWh pro Jahr. Diese Lücke liesse sich mit dem Schweizer PV-Potenzial, das rund 50 TWh beträgt, abdecken. Dabei wäre die Variante mit dem Peak Clipping sehr teuer, denn man müsste rund das Dreifache der im Winter erforderlichen PV-Leistung installieren. Die Variante mit der Energiespeicherung nur mit Power-to-X sei möglich, obwohl die Wirtschaftlichkeit noch nicht gegeben ist, denn die Wasserkraft ist in dieser Grössenordnung nicht realistisch. Um die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, wäre zwischenzeitlich ein Zubau anderer Technologien nötig, um einen substanziellen Teil des Winterbedarfs abzudecken. Die bestehenden Netzgrenzen betrachtend, warnte Christian Brunner: «In zehn Jahren könnte der ungedeckte Winterbedarf grösser sein als die Schweizer Importkapazität». Er plädierte dafür, das Prinzip der lastgerechten Autarkie auch in Zukunft zu verfolgen. Beim Thema, ob man sich für zentrale oder für dezentrale Speicher entscheiden soll, müsse das Netznutzungskonzept berücksichtigt werden, wobei für alle Speicher die gleichen Bedingungen gelten sollten.

Auf die wichtige Rolle, die das Schweizer Stromsystem in Europa spielt, ging der online zugeschaltete Jörg Spicker von Swissgrid ein. Er identifizierte einige Herausforderungen: Die Variabilität der erneuerbaren Energien macht die Frequenz- und Spannungshaltung schwierig, starke Rampen und Netzengpässe nehmen zu, die Koordination mit den Verteilnetzbetreibern wird wichtiger. Ein grosses Problem sind Stundenwechsel, denn da treten beträchtliche Leistungssprünge sowie grosse Frequenzabweichungen auf. Um dem entgegenzuwirken braucht es Flexibilität im Netz. Wie viel Flexibilität nötig ist, zeigte er anhand eines Beispiels aus Frankreich auf. In Deutschland verzeichnet man Sprünge von +12 GW und -10 GW. Er erwähnte die Swissgrid Crowd Balancing Platform, die mittels Blockchain eine Teilnahme kleinerer Flexibilitätsquellen an den entsprechenden Märkten ermöglicht. Die Situation wird zusätzlich dadurch erschwert, dass die Schweiz wegen dem fehlenden Stromabkommen zunehmend vom europäischen Mechanismen ausgeschlossen, auch im Bereich der grenzüberschreitenden Flexibilität. Dies in allen Bereichen: bei der Primärregelung, der Sekundärregelung und der Tertiärregelung. Die Situation verlangt aber eine stärkere Koordination zwischen den Netzbetreibern in der Schweiz und in der EU. Eine weitgehende Einbindung der Schweiz in das europäische Geschehen würde der Schweiz viele Chancen bieten. Um das gemeinsame Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen, ist die Nutzung der Flexibilität der Schweizer Wasserkraft erforderlich.

Alle vier Jahre erstellt das Bundesamt für Energie ein Szenario, wie sich Produktion und Verbrauch entwickeln werden. Der Übertragungsnetzbetreiber Swissgrid hat anschliessend die Aufgabe, dieses Szenario in seiner Planung des Übertragungsnetzes zu berücksichtigen. Wie dies geschieht und wie die Stakeholder dabei eingebunden werden, stellte Marc Vogel, Swissgrid, ebenfalls online zugeschaltet, vor. Er erläuterte, welche Treiber für die Entwicklung des Übertragungsnetzes verantwortlich sind. Die Dekarbonisierung der Gebäude und des Verkehrs sorgen für eine Steigerung des Stromverbrauchs. Der Produktionsausbau wird bei der Wasserkraft klein sein, die KKWs werden schrittweise heruntergefahren. Ein massiver Ausbau der PV ist nötig. Bereits heute haben wir eine Importabhängigkeit im Winter, die sich noch erhöhen wird. Nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern auch die regulatorischen Rahmenbedingungen werden eine Herausforderung sein. Er führte eine Handy-Umfrage durch, um zu fragen, wie viel PV-Leistung 2040 in der Schweiz installiert sein wird. In seiner live durchgeführten Umfrage stellte er unter anderem die Fragen, wie die Verteilnetzbetreiber die PV-Spitzen in ihren Netzen beherrschen sollten: durch Verbrauchsflexibilisierung, Peak Shaving, den Ausbau lokaler Speicher oder den Ausbau der Trafos zur vorgelagerten Netzebene. Er schloss seinen Vortrag mit dem Hinweis ab, dass es wichtig ist, mit den Betroffenen Kontakt aufzunehmen bei Infrastrukturprojekten. Die breite Öffentlichkeit muss einbezogen werden, damit die Akzeptanz gewährleistet ist und Projekte realisiert werden können.

Auf den Einsatz von dezentralen Batteriespeichern ging Matthias Dilthey, Sonnen eServices GmbH, ein. Diese können nicht nur den Autarkiegrad bei Eigenverbrauch erhöhen, sondern auch als netzdienliche Flexibilitäten eingesetzt werden. Er teilte die Energiewende in zwei Zeitabschnitte ein: Die Energiewende 1.0 steht für die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien. Bei der Energiewende 2.0 geht es darum, die Netzstabilität trotz Umstieg auf erneuerbare Energien sicherzustellen. Die Energiewende sei kein Selbstläufer, so Dilthey. Es genügt nicht, die erneuerbaren Energien auszubauen, man muss gewisse Massnahmen umsetzen, um das Netz stabil zu halten. Batterien bieten da eine nützliche Flexibilität. Wenn sie zu einem virtuellen Kraftwerk vernetzt sind, werden sie relevant und können Hilfsdienste wie Demand Response, Regelenergie bzw. Primärregelleistung anbieten. Mit einer Tabelle, die die Spannungsfelder beim Einsatz von Flexibilität aufzeigte, schloss er seinen Vortrag ab. Man müsse sich entscheiden zwischen individuell oder netzorientiert, gesteuert durch Preissignale oder Eingriff durch Dritte, durch finanzielle Anreize oder Regulatorik, Planbarkeit bzw. spontaner Abruf. Es gibt da manche Fragen, die es zu klären gilt.

Im Vortrag von Roberto Pronini, Azienda Elletrica Ticinese, kehrte man zur Zielnetzplanung zurück, diesmal in die Netzebene 3 des Tessiner Netzes. In den kommenden drei Jahrzehnten soll dort die Übertragungskapazität und die Netzsicherheit erhöht sowie die Länge der Freileitungstrassen reduziert werden. Dabei geht die Azienda bei der Umgestaltung des historisch gewachsenen Netzes nicht alleine vor, sondern koordiniert die Arbeiten mit Swissgrid und SBB, unter Berücksichtigung der Bundesprojekte Alptransit und Astra. Bei den Überlegungen bezieht man sich auf die Stromverbrauchsprognosen des BFE und berücksichtigt aktuelle Entwicklungen bei der Wasserkraft und den weiteren erneuerbaren Energiequellen. Die Zielnetzplanung verfolgt einerseits technische Ziele wie die Optimierung des Netzes, der Reduktion der Anzahl Spannungsebenen, der Minimierung der Netzverluste usw. und andererseits wirtschaftliche Ziele, wie die Reduktion der von Swissgrid stammenden Kosten, indem beispielsweise die Produktion der eigenen Anlagen auf NE3 und NE5 besser genutzt wird. Er ging auf diverse Projekte wie den Ausbau von Kraftwerken, die Erneuerung von Unterwerken etc. ein, die dabei berücksichtigt werden müssen. Ein Aspekt der Arbeiten ist die Verlegung von Transformatoren vom Gotthard nach Airolo, wo sie auch im Winter für Wartungszwecke zugänglich sind. In der Region Biasca könne man zudem das Netz und die Spannungsebenen vereinfachen und zwei Unterwerke einsparen. Topologische Fehler, die aus der historischen Entwicklung des Netzes entstanden sind, können nun behoben werden. Insgesamt profitiert man davon, dass vier bis fünf Unterwerke nicht ersetzt werden müssen und dabei die Versorgungssicherheit sogar noch ein wenig höher ist. Durch die Netzoptimierungen will man auch die bewohnten Gebiete entlasten und Trassen zusammenführen. Um das Optimum zu erreichen, wurden bei dieser Netzplanung insgesamt 75 Varianten studiert.

Obwohl die aktuellen Zahlen noch eher bescheiden sind, steigen die Neuzulassungen bei Elektrofahrzeugen in der Schweiz deutlich. Sie bereiten Verteilnetzbetreibern nicht nur Freude, denn der entsprechende Ladestrom kann das Stromnetz punktuell an seine Grenzen bringen. Florian Kienzle, Novavolt AG, erläuterte, wie man als Verteilnetzbetreiber auf die Situation mit der Elektromobilität reagieren kann, wenn die Leistung nicht ausreicht. Es gibt bessere Lösungen als Lastabwurfeinrichtungen oder Restriktionen. Eine davon ist der Phasenausgleich, der Schieflasten verhindert. Damit sei es möglich, bis zu 30 Ladestationen an ein 63-A-Kabel anzuschliessen. Pro Nacht und Ladestation gewinnt jedes angeschlossene Elektroauto so rund 75 km Reichweite, was für den durchschnittlichen Gebrauch völlig ausreicht. Für Kienzle ist ein intelligentes Lastmanagement ein absolutes Muss für Ladestationen. Dabei muss die Intelligenz sowohl gebäude- als auch netz- und systemdienlich genutzt werden. Bezüglich Ladeverhalten wird laut Kienzle 80% zuhause geladen und rund 30% in der Arbeit. Unterwegs wird nur bei grösseren Strecken geladen. Schliesslich wies Kienzle auf das praktische Merkblatt SIA 2060 hin, das die Ausbaustufen der Ladeinfrastruktur in Gebäuden beschreibt.

Auch die Digitalisierung wurde an der Tagung thematisiert: Matthias Galus, BFE, erläuterte die Bedeutung der Daten für die Energiewirtschaft, die als kritische Infrastruktur betrachtet werden kann. Er ging auf die Digitalisierungstrends ein, die zu einer stärkeren Vernetzung der IT mit der Operational Technology, den Smart Metern und dem Internet of Things führen. Wichtig sei hier, dass ein gesamtheitliches System und klare Rahmenbedingungen angestrebt werden. Es gibt verschiedene nützliche Use Cases, beispielsweise die Prozesse bei Mieterwechseln. Ihn beschäftigt die Frage, ob es Versorgungssicherheit ohne Cyber Security gibt. Die Häufung der Angriffe auf Versorger nimmt bekanntlich zu. Die Sicherheitsmassnahmen seien bekannt, aber wie man diese Landschaft in den Griff kriegt und die Sicherheit stärken kann, noch nicht überall. Um die Grundlagen zur Cyber-Sicherheit der Schweiz ermitteln und ein Konzept entwickeln zu können, hat das BFE Anfang 2020 eine freiwillige nationale elektronische Umfrage bei etwa 800 Unternehmen (EVU, Netzbetreiber, Messdienstleister, …) durchgeführt. Das Fragenspektrum umfasste die Rolle der Energiedaten-Mangementsysteme im Kontext eines möglichen Datahubs Schweiz, die Bedeutung des Datenzugangs (Open Data) und die Rolle der Netzbetreiber. Auch die Cyber Security und die nötige Resilienz wurden behandelt. Die Rücklaufquote betrug 18%. Vor allem die grossen EVUs haben an der Umfrage teilgenommen. Von Netzbetreibern gibt es auch eine gute Abdeckung. Ein Ergebnis war, dass die Cyber Security in Unternehmen an unterschiedlichen Stellen angesiedelt ist: beim CEO, beim Leiter Netz, beim Leiter IT usw. Die meisten finden, dass sich OT-Sicherheit bereits auf der Risikolandkarte befindet. Es macht Galus aber Sorge, dass die Gefahren nicht überall erkannt werden und dass dadurch die Versorgungssicherheit gefährdet ist.

Dann folgte ein juristischer Vortrag zur Revision der StromVG, die die Markt- und Netzregulierung verbessert. Florian Kämpfer, BFE, ging dabei auf die regulatorischen Aspekte ein, die die Flexibilität im System fördern und so weiteren Innovationen den Weg bereiten. Er hat den rechtlichen Gesamtzusammenhang präsentiert: Bei den erneuerbaren Energien gibt es die Revision des EnG (Verbindliche Zielwerte 2035/2050, Investitionsbeiträge, Auktionen für grosse Photovoltaikanlagen, Projektierungsbeiträge). Beim Strommarkt und Stromnetz gibt es die Revision des StromVG, die die Strommarktöffnung, die Speicherreserve, die Winterstromversorgung, das Messwesen, den Datahub, das Thema Flexibilität und die Netzregulierung betrifft. Die zwei Projekte EnG und StromVG kann man nicht scharf trennen, denn die Ziele für beide Revisionen seien ziemlich ähnlich. Der Bundesrat hat am 3.4.2020 die Eckwerte für das weitere Vorgehen beschlossen: Der Strommarkt soll für alle Kunden geöffnet werden. Für kleine Endverbraucher besteht eine regulierte Grundversorgung. Bezüglich Versorgungssicherheit will man sich mit einer Energiereserve absichern und zusätzliche Ausschreibungen für erneuerbare Energien in den Wintermonaten durchführen. Dabei soll die vollständige Marktöffnung neue Dienstleistungen und Innovationen ermöglichen. Ein direkter Kontakt zwischen Verbrauchern und EE-Produzenten (Aus der Region für die Region) sowie Kombinationslösungen von gemeinsamen Eigenverbrauch mit Elektromobilität werden angestrebt.

Ein technisch-ökonomischer Beitrag zu Druckluftspeichern wurde zwischen die zwei juristischen Vorträge der Tagung geschoben. Der ETH-Forscher Andreas Haselbacher erläuterte dabei die Machbarkeit der adiabatischen Druckluftspeicherung und die Resultate der Versuche in einem ausrangierten Neat-Stollen. Er stellte sowohl abgeschlossene als auch noch laufende Projekte vor. Die ersten zwei der insgesamt sechs Projekte fingen 2014 an. Diverse Unternehmen beteiligen sich an diesen Projekten, beispielsweise BKW, Swissgrid, MAN, Sika und Amberg Engineering. Er stellte ein Projekt vor, bei dem Druckluft in einem 120 m langen, mit 5 Meter dicken Betonzapfen abgeschlossenen, Neat-Stollen gespeichert wird. Die Wärme, die beim Komprimieren der Luft entsteht, wird in thermischen Speichern gespeichert, die bis zu 600°C heiss werden können. Die Wärme wird vor der Expansion der Luft wieder zuführt. Geforscht wird hier nach neuartigen Wärmespeichern, um möglichst hohe Effizienzen zu erreichen. Aktuell liegt die Energieeffizienz zwischen 65 bis 75% von Strom zu Strom. Ein Fazit der Forschung: Unter den aktuellen Bedingungen können solche Anlagen sogar bei idealisierten Annahmen nicht profitabel betrieben werden. Die Wirtschaftlichkeit wird bei Druckluftspeichern immer eine grosse Herausforderung bleiben. Die Hälfte der Kosten fällt auf den Bau, rund ein Drittel auf den Kompressor. Potenzielle Standorte gäbe es in der Schweiz im Alpenraum genügend. Besonders das Grimselgebiet wurde untersucht. Auf der technischen Ebene gibt es keine grundsätzlichen Probleme mehr. Die nächsten Schritte umfassen das Testen des Abdichtungskonzepts in einer kleinen Kaverne bis 100 bar. Zudem soll eine Demonstrationsanlage (Kapazität 5 bis 10 MWh) gebaut und transiente Lade- und Entladezyklen ausprobiert werden. Die Schweizer Industrie ist dabei in der Lage, alle Aspekte des Projekts abzudecken, die Wertschöpfung würde also hier bleiben. Eine Hürde ist momentan, dass Pumpspeicherkraftwerke von den Netznutzungsentgelten befreit werden, aber die Druckluftspeicher nicht, obwohl das physikalische Prinzip ähnlich ist, bei vergleichbaren Effizienzen. Die Lebensdauer der Anlagen wird auf 60 Jahre geschätzt. Haselbacher schloss mit einem positiven Fazit: Die Expertise existiert in der Schweiz und die Umweltauswirkungen sind gering.

Juristisch wurde es erneut bei Simone Walther von Schärer Rechtsanwälte, die die Chancen und Herausforderungen beim Zusammenschluss zum Eigenverbrauch analysierte. Sie erläuterte die öffentlich-rechtlichen Vorgaben zur Ausgestaltung und internen Organisation von ZEV. Netzkosten fallen beim ZEV nicht an. Ein Zusammenschluss ist wie eine Insel. Die Grundstücke müssen zusammenhängend sein. Der Stromverbrauch muss auf jedem Grundstück stattfinden. Es gibt auch die Möglichkeit eines virtuellen Eigenverbrauchs mit Nutzungsrecht an Verteilnetz. Komplex ist das Verhältnis zum Netzbetreiber, denn für ihn ist der ZEV ein Endverbraucher. ZEV hat gewisse gesetzliche Meldepflichten. Die Bildung/Auflösung der ZEV muss gemeldet werden. Auch der Einsatz und die Verwendungsart von Speichern sowie die Beendigung der Teilnahme von Mietern/Pächtern am ZEV ist meldepflichtig. Im Notfall muss der Verteilnetzbetreiber die Versorgung sicherstellen. Innerhalb einer ZEV sind diverse Möglichkeiten der Organisation möglich: Man kann eine Zusammenschlussvereinbarung einsetzen, einen Dienstleistungsvertrag, einen Contracting-Vertrag, einen Zusatz zum Miet-/Pachtvertrag, … Fazit: Regulatorisch gibt es Chancen für ZEV: Energetische Optimierung, Gestaltungsfreiheit bzw. neue Geschäftsmodelle. Die Risiken liegen bei der Langfristigkeit, der Komplexität und dem Investitionsschutz. Seit einem Jahr beobachtet man bei ZEV einen Trend zu grossen Arealen mit Mittelspannungsanschluss zum Verteilnetzbetreiber. Rechtlich ist dies ziemlich komplex, da das Energiegesetz für kleinere ZEV konzipiert wurde. Die interne Organisation und die Tarifgestaltung im ZEV bei gemischten Nutzungen sind komplex. Beispielsweise muss beim Netzanschluss an NE7 im Arealnetz regeln, wie man die Netzanschlusskosten verteilen will.

Die Tagung, die ein breites Spektrum an Netzthemen vorstellte, das von technischen Optimierungslösungen bis zu juristischen Aspekten reichte, wurde mit der Präsentation des ETH-Studienpreises abgerundet. In seiner Arbeit hat ETH-Absolvent Aldo Tobler untersucht, welche Chancen die Spannungsmodulation bei Übertragungsleitungen bietet, um bei geringfügiger Änderung des Netzwerks die Übertragungsleistung deutlich erhöhen zu können. Bei Freileitungen ist diese Methode kaum anwendbar, da man deutlich grössere Korridore braucht. Bei Kabeln gibt es eine netto Leistungserhöhung, allerdings ist die Nutzung der zwei Frequenzen auf Verbraucherseite nicht einfach. Für den kreativen Ansatz erhielt Aldo Tobler den ETH-Studienpreis.

Mit einem Résumé schloss Christoph Imboden die Tagung ab. Sein Fazit: «Autarkie und das Thema Flexibilität werden uns noch länger beschäftigen.» Die nächste Netzimpuls-Tagung ist für den 23. März 2022 geplant.

Autor
Radomír Novotný

ist Chefredaktor des Bulletins Electrosuisse.

  • Electrosuisse
    8320 Fehraltorf

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