Nachruf Prof. Gerhard Neidhöfer
Gerhard Neidhöfer ist am 18. November 2021 verschieden.

Gerhard Neidhöfer, emeritierter Honorar-Professor der TU Darmstadt, ist im 91. Lebensjahr am 18. November 2021 verschieden. Gerhard Neidhöfer wurde am 12. September 1931 in Merl bei Zell an der Mosel im Westen Deutschlands geboren. Nach dem Abitur 1951 legte er im väterlichen Elektrohandwerksbetrieb die Gesellenprüfung in Koblenz ab und studierte parallel an der damaligen TH (heute TU) Darmstadt Starkstromtechnik. Das Studium schloss er mit einer externen Diplomarbeit bei Brown Boveri & Cie., Baden, Schweiz, 1957 ab.
Mit einem Stipendium konnte er an der Université de Grenoble, Frankreich, ein Zusatzstudium zu angewandter Mathematik absolvieren und promovierte 1958 dort mit dem Doctorat d´Université. Von 1958 bis zu seiner Pensionierung 1996 war er als Entwicklungsingenieur für grosse Synchronmaschinen, Wasserkraftgeneratoren und Turbogeneratoren bei BBC Baden tätig, ab 1970 als Leiter der technisch-wissenschaftlichen Studienabteilung für elektrische Grossmaschinen mit Prokura. Ab Herbst 1969 übernahm er von seinem Vorgänger und Mentor, dem BBC-Chef Prof. E. Wiedemann, die Vorlesungen zu ausgewählten Kapiteln des Elektromaschinenbaus an der TH Darmstadt, die er bis 1997 hielt und begleitend zahlreiche Exkursionen, auch zu Schweizer Industrieunternehmen, durchführte. In Anerkennung seiner Verdienste verlieh ihm die TH Darmstadt 1975 die Honorarprofessur.
Seit 1962 mit Heidi Eugster verheiratet, liessen sie sich zunächst in Wettingen und ab 1967 in Hausen bei Brugg nieder. Nach aussen war Gerhard Neidhöfer im Auftrag der BBC, später ABB, unermüdlich in Fachverbänden, Kommissionen und Konferenzen an diversen Orten der Welt mit Beiträgen und Lenkungsaufgaben vertreten. Seine Kooperation mit der ETH Zürich mit der Professur für Elektrische Maschinen, Prof. K. Reichert, fand einen Höhepunkt bei der Jubiläumsveranstaltung «100 Jahre Synchronmaschinen», die mit prominenter internationaler Beteiligung auf dem Hönggerberg der ETH und bei der in Baden ebenfalls jubilierenden BBC/ABB ausgetragen wurde.
Während er sich privat beim Orgelspiel und der Pflege der Kirchenmusik entspannte, war er auch in seinem Ruhestand der Starkstromtechnik verpflichtet. Er wirkte ab 2002 mit bei der Aufarbeitung der Geschichte der Starkstromtechnik und verfasste 2004 das Buch «Michael von Dolivo-Dobrowolsky und der Drehstrom» und 2013 im Buchband «Ingenieure bauen die Schweiz» den Beitrag «Hydro- und Turbogeneratoren, Meisterstücke des Elektromaschinenbaus». Für seinen Einsatz zum Erhalt des historischen Wasserkraftwerks Rheinfelden, Schweiz, erhielt er 2009 den Aargauer Heimatschutzpreis, 2012 vom deutschen Verband für Elektrotechnik VDE die Karl-Joachim-Euler-Medaille in Berlin, war massgeblich beteiligt beim Festkolloquium «150 Jahre Michael von Dolivo-Dobrowolsky», 2012, an der TU Darmstadt, beim IEEE Milestone-Festakt für das historische Wasserkraftwerk Rheinfelden und hielt 2018 den Festvortrag bei der Enthüllung der Ehrentafel für Ludwig Roebel, dem Erfinder der Drill-Leiterwicklung für elektrische Grossmaschinen, in Mannheim. Als Lehrer, Kollege und Mensch war Gerhard Neidhöfer eine beeindruckende Persönlichkeit: sachlich versiert, motivierend, zielstrebig und korrekt im Handeln, zugänglich, gewinnend und verlässlich im Wesen. Wir vermissen ihn sehr.
Kommentare
Azmi Guran,
Bedauerlicherweise habe ich die Todesnachricht von Prof. Dr. Neidhöfer relativ spät erfahren. Jedoch habe ich bei seiner Familie später kondoliert. Er war quasi mein Chef, als ich in der Abteilung unter der Aufsicht von Prof. Dr. Canay meine PhD-Dissertation schrieb. Dr. Neidhöfer war als äusserst höflicher Chef unter seinen Mitarbeitern bekannt.