Nachhaltigere Mobilität
Ökobilanz-Betrachtungen: Vergleich der Antriebsarten
An unterschiedlichen Antriebstechnologien wird gearbeitet, um Personenwagen «grüner» zu machen. Auf welchen Energieträger soll man setzen, damit die Transformation der Mobilität in Fahrt kommt?
Ein Blick in die Schweizerische Gesamtenergiestatistik 2018 verrät, dass der Verkehr die einzige Verbraucherkategorie ist, deren Energieverbrauch im letzten Jahr gestiegen ist. Er stieg zwar nur um 2% – verglichen mit der jährlichen Zunahme von 12,5%, die man bei den Erdölprodukten zwischen 1950 und 1970 verzeichnen konnte, ist dies eigentlich nicht viel. Aber in allen anderen Sektoren sank der Verbrauch 2018 – bei den Haushalten sogar um 5,4%. Auch bezüglich Gesamtverbrauch nimmt die Mobilität nun mit einem Anteil von 37,8% den Spitzenplatz ein. Und was den Verbrauch an Erdölprodukten betrifft, findet die Gesamtenergiestatistik (S. 19) deutliche Worte: «Während sich der Anteil der Erdölbrennstoffe am Gesamtenergieverbrauch seit der ersten Erdölkrise mehr als halbiert hat, ist jener der Erdöltreibstoffe deutlich gestiegen.» Will man also den Ausstoss klimarelevanter Gase reduzieren, setzt man den Hebel mit Vorteil bei der Mobilität an. Da 2018 in der Schweiz 4,6 Mio. Personenwagen immatrikuliert waren, entfalten technische Verbesserungen hier eine Breitenwirkung, die eine schnellere Erreichung der Klimaziele verspricht.
Um die Emissionen im Verkehr zu senken, wäre – nebst effizienteren Verbrennungsmotoren, einer Reduktion der Fahrstrecken und der Fahrzeugmasse – eine Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energieträger naheliegend. Aber wie viel dies für die Umwelt wirklich bringt, wird in wissenschaftlichen Studien, aber vor allem in der Presse kontrovers diskutiert. Man trifft zuweilen auf die Ansicht, dass Elektroautos einen höheren Ausstoss an Treibhausgasen verursachen als fossil betriebene Autos. Was stimmt also?

Zahlreiche Umweltauswirkungen
Die Mobilität wirkt sich auf vielfältige Weise auf die Umwelt aus. Nebst den zentralen Aspekten wie CO2-Emissionen und Primärenergiebedarf gibt es auch andere wie die Feinstaubbelastung und Luftschadstoffe. Diese Umweltaspekte wurden am Paul-Scherrer-Institut durch Brian Cox untersucht. Er berücksichtigte dabei die gesamte Lebensdauer der Fahrzeuge, von der Bereitstellung der Rohstoffe und der Treibstoffe über die Nutzung bis zum Recycling. Basierend auf seiner Dissertation wurden vom Bundesamt für Energie das Faktenblatt «Umweltauswirkungen von Personenwagen – heute und morgen» sowie ein Hintergrundbericht [1] veröffentlicht, der die getroffenen Annahmen, die verwendeten Daten und die Berechnungsmethoden erläutert.
In der Studie geht Cox von einem für alle Antriebsarten identischen Personenwagen aus, vergleichbar etwa mit einem VW Golf. Die grundlegenden Designparameter der behandelten Fahrzeuge werden dabei fix definiert, alle anderen Parameter wie Treibstoffverbrauch werden von der Fahrzeugmasse, dem Luft- und dem Rollwiderstand, den Fahrprofilen sowie dem Verbrauch für Heizung, Kühlung usw. abgeleitet. Die Studie geht von einer Heiz- bzw. Kühlleistung aller Fahrzeuge im Jahresmittel von 200 bis 400 W aus. Künftige Elektroautos dürften mit Wärmepumpen ausgestattet sein, die den Verbrauch der Heizung deutlich reduzieren.
Die Studie untersucht einerseits die aktuelle Situation, aber ebenso detailliert die Situation 2040. Hier genügt der Blick auf Erstere, eigentlich das Worst-Case-Szenario, denn für 2040 sind die Prognosen bei sämtlichen Antriebsarten besser, da sie alle kontinuierlich optimiert werden.
Ordnet man Antriebssysteme in die Kategorien «potenziell nachhaltig» und «nicht nachhaltig» ein, fallen Elektroautos, mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenautos, mit E-Fuels angetriebene Fahrzeuge und Plug-in-Hybride in die erste Kategorie, alle anderen in die zweite.

Die Energie zum Fahren
Betrachten wir zunächst den Aspekt der Mobilität, mit dem man beim Tanken oder Laden konfrontiert wird: die Energie zum Fahren. Sie hat unabhängig vom Energieträger eine spezifische Wirkungskette, die mit der Erzeugung der Antriebsenergie beginnt und mit dem Bewegen des Fahrzeugs endet, auch Well-to-Wheel genannt. Die Betrachtung dieser Wirkungskette zeigt auf, wie effizient die Primärenergie in der jeweiligen Antriebsart genutzt wird. Diese Kette kann in zwei Teilketten aufgeteilt werden: in die Energieversorgung der Fahrzeuge (Well-to-Tank) und in die Energienutzung in den Fahrzeugen selbst (Tank-to-Wheel).
Die Energie, die aufgewendet werden muss, damit Fahrzeuge «einen vollen Tank» haben, schwankt je nach Primärenergiequelle und nach Energieform, die im Auto eingesetzt wird. Fossile Treibstoffe sind bei der Bereitstellung der Energie am effizientesten, während die Power-to-Gas-Technologie am schlechtesten abschneidet.
Bezüglich Energieeffizienz des Fahrzeugs (Tank-to-Wheel) ist das Elektroauto im Schnitt mit 63,3% allen anderen Antriebsarten klar überlegen. Die Kette «Batterien – Leistungselektronik – Elektromotoren» ist deutlich effizienter als die Nutzung des Wasserstoffs in Brennstoffzellen bzw. die thermodynamisch-chemischen Prozesse von Verbrennungsmotoren. Zudem profitieren elektrisch angetriebene Autos davon, dass beim Bremsen Energie wieder zurückgewonnen werden kann. Das Brennstoffzellenauto bringt es auf einen Wirkungsgrad von einem Drittel, der effizienteste Verbrenner, das Dieselauto, auf knapp einen Viertel der Primärenergie.

Ökobilanz-Betrachtungen
Bei der Well-to-Wheel-Betrachtung werden gewisse Aspekte wie die Herstellung der Fahrzeuge und das Recycling ausgeblendet. Beim Elektroauto ist es die Ökobilanz der Speicherbatterien, die wegen dem Energieverbrauch während der Produktion dominiert, siehe den Beitrag «Lithium-Batterien sind besser als ihr Ruf». Die hier als Basis genutzte Studie von Cox geht von rund 150 kg CO2-Äquivalente pro kWh aus, was für heutige Elektroautos zu hoch ist. Aktuelle Werte liegen bei der Hälfte davon.
Die produktionsbedingten Umweltauswirkungen bei Wasserstoffautos hängen von der Brennstoffzelle und ihrem Platingehalt ab. In der Studie ist die Brennstoffzelle so dimensioniert, dass sie 60% bis 90% der Gesamtleistung des Autos leistet. Bezüglich Lebensdauer der Brennstoffzellen sind zudem kaum Erfahrungswerte verfügbar. Gespeichert wird der Wasserstoff in den Fahrzeugen bei 700 bar in Tanks aus Aluminium, Karbonfasern und rostfreiem Stahl. Pro kWh wiegt ein solcher Tank heute knapp 0,6 kg.
Die Studie kommt zum Schluss, dass Elektroautos und Plug-in-Hybride mit dem Schweizer Strommix die kleinsten Treibhausgasemissionen erzeugen. Sie weisen besonders für stark genutzte Fahrzeuge wie Taxis und Fahrzeugflotten die beste Treibhausgasbilanz auf. Bei wenig genutzten Personenwagen ist es schwieriger, die höheren Emissionen der Fahrzeugproduktion zu kompensieren.
Die Herstellung von Plug-in-Hybriden ist leicht umweltfreundlicher als die von Elektroautos, denn sie kommen mit einer kleineren Batterie aus.
Vorteile alternativer Antriebe
Wenn Elektroautos mit Ökostrom betrieben werden, gibt es keine Abgase. Wird Strom aus fossilen Quellen genutzt, verlagern sie die Abgase aus den dicht bevölkerten Gebieten in Gebiete mit geringerer Personendichte und leisten auch in diesem weniger günstigen Fall einen Beitrag zu einer besseren Luftqualität in Städten. Zudem beschränken sich die akustischen Emissionen auf Roll- und Luftgeräusche sowie bei gewissen Modellen auf das «Zwitschern» der Umrichter und den künstlich erzeugten Zusatzklang, der Fussgänger bei langsamer Fahrt warnt.
Ein weiterer Vorteil bei Elektro- und Wasserstoffautos ist das hohe Drehmoment elektrischer Antriebe bereits ab Stillstand, das zudem ohne Gangwechsel entfaltet werden kann, denn Elektromotoren haben einen grossen Drehzahlbereich. Da Kupplung und Getriebeöl fehlen und man beim Bremsen durch die Rekuperation die Bremsbeläge schont, reduziert sich zudem der Wartungsaufwand. Serviceintervalle können verlängert werden, die entsprechenden Kosten sinken.
Einschränkungen und Hürden
Elektroautos sind zunächst teurer als konventionelle Autos, aber man profitiert längerfristig von tieferen Energie- und Wartungskosten. Zur ökonomischen Hürde gesellt sich bei Elektroautos noch die relativ lange Ladezeit, oft gepaart mit geringerer Reichweite. An gewissen Orten gibt es zwar Schnellladestationen, aber meist lädt man sein Fahrzeug langsam auf. Integriert man das Laden aber in den Alltagsablauf, beispielsweise über Nacht in der eigenen Garage oder tagsüber auf dem Firmenparkplatz, ist die lange Ladezeit unproblematisch. Zudem erhält man da viel Energie fürs Geld. Anders sieht es mit den Tarifen unterwegs aus, denn da ist das Spektrum der Strompreise beträchtlich. Vom kostenlosen Laden bis zu hohen Pauschaltarifen findet man alles.
Bei Brennstoffzellenautos profitiert man zwar vom schnellen Auftanken und der grösseren Reichweite. Aber Letztere ist nötig, um an eine der wenigen Wasserstofftankstellen in der Schweiz zu gelangen.
Die Investitionen fokussieren
Soll man gleichzeitig in zwei potenziell nachhaltige Antriebstechnologien investieren? Für gewisse Anwendungsfälle wie für Lastwagen ist Wasserstoff sicher sinnvoll, aber sonst ist es eine Nischenlösung, um überschüssigen Strom mittels Elektrolyse in einen speicherbaren Energieträger umzuwandeln und zu nutzen. Da sich der Überschuss in der Schweiz in Grenzen hält, das Ausbaupotenzial der erneuerbaren Energien limitiert ist und der Strombedarf durch den Umstieg auf Wärmepumpen zum Heizen von Gebäuden steigen dürfte, wäre es naheliegend, die Investitionen auf die Elektromobilität zu bündeln, also auf die effizientere Antriebstechnologie mit der besser ausgebauten Ladeinfrastruktur. Dies könnte zu einem schnelleren Durchbruch der nachhaltigeren Mobilität führen.
Referenz
[1] Brian Cox, Christian Bauer, Die Umweltauswirkungen von Personenwagen: heute und morgen. PSI, 2018.
Kommentare