Fachartikel Erneuerbare Energien , Infrastruktur , Regulierung

Mit Leistungsklausel Heimfall vereinfachen

Konzessionen

07.12.2022

Bei Heimfall von Wasserrechtskonzessionen sollte die Kraftwerksanlage nicht unnötig Meinungsverschiedenheiten zwischen Konzessionären und Konzessionsgebern ausgesetzt werden, damit ihre Sicherheit, Verfügbarkeit, Effizienz und Nachhaltigkeit gewährt bleibt. In diesem Artikel wird die Einführung von Leistungsklauseln im Rahmen einer Heimfallvereinbarung vorgeschlagen, um eine gerechte Entschädigung sicherzustellen.

Steigende Produktion erneuerbarer Energien, zunehmender Ausgleich intermittierender Produktion (Solar-/Windkraftwerke), Energietransfer vom Sommer in den Winter, globale Erwärmung, Dekarbonisierung, Mehrfachnutzung von Wasser... Die technischen, ökologischen, finanziellen und politischen Herausforderungen für Wasserkraftanlagen sind mannigfaltig.

Bis 2050 müssen die Wasserrechtskonzessionen von über 200 Anlagen, die etwa zwei Drittel der Schweizer Produktion ausmachen, erneuert werden. Dabei geht es jedes Mal darum, die Bestimmungen über das Heimfallrecht zu diskutieren und im Fall einer Konzessionserneuerung die Betriebsbedingungen für die nächsten 80 Jahre festzulegen, wobei auch die Bestimmungen zur Renaturierung von Flüssen zu berücksichtigen sind. Dies wird sich auch auf die Eigentums- und Betriebsstrukturen der Wasserkraft in der Schweiz auswirken.

Der Heimfall ist kein Selbstzweck, und während in den 15 Jahren vor dem Heimfalltermin zahlreiche politische, rechtliche, technische und wirtschaftliche Diskussionen stattfinden können, sollte der Ausbau nicht unter den Folgen dieser Diskussionen leiden. Die derzeitigen Eigentümer sollten in der Lage sein, Effizienz und Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln, indem sie angemessene Entscheidungen über Instandhaltung und Modernisierung treffen, im Wissen, dass die Konzessionsgeber dies bei der Festlegung der Entschädigung, die dem Konzessionsnehmer am Konzessionsende zusteht, berücksichtigen werden. Es ist von entscheidender Bedeutung, einen Weg zu finden, um die Zuverlässigkeit der Anlagen zu gewährleisten, ihre Verfügbarkeit zu garantieren sowie eine nachhaltige Bewirtschaftung der Ressourcen sicherzustellen.

Die geltenden eidgenössischen und kantonalen Gesetzgebungen lassen einen erheblichen Interpretationsspielraum hinsichtlich des Konzepts des Betriebszustandes der Anlagen beim Heimfall zu. Frühere Artikel zum Thema hatten das Ziel, zur Klärung der zur Diskussion stehenden Themen beizutragen und eine Beurteilungsmethode vorzuschlagen. Dabei sollten sie über den rein finanziellen Ansatz hinausgehen, um auch das technisch-betriebliche Wissen im Zusammenhang mit dem Lebenszyklusmanagement (d. h. einer langfristigen Betriebs- und Instandhaltungspolitik) im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu bewerten.

Dieser Artikel schlägt nun vor, beim Heimfall mithilfe einer Leistungsklausel eine für Konzessionäre und Konzessionsgeber gegenseitige Absicherung zu definieren, um sicherzustellen, dass eine faire und nachhaltige Vereinbarung für beide Seiten entsteht.

Rechtsgrundlage

Gemäss Art. 67 des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (WRG) kann die konzedierende Gemeinde bei Ablauf der Konzession ihr Heimfallrecht ausüben und somit die «nassen» Anlagenteile (Staumauer, Rohrleitung, Turbine etc.) kostenlos übernehmen und gegen Zahlung einer billigen Entschädigung an den Konzessionär diejenigen Anlagen erwerben, die der Stromerzeugung und -übertragung dienen («trockene» Teile wie Wechselstromgenerator, Transformator, Leittechnik etc.).

Die Gesetzgeber des Bundes und des Kantons Wallis (Art. 54 des kantonalen Gesetzes über die Nutzung der Wasserkräfte, kWRG) haben somit in Anbetracht des unentgeltlichen Charakters der Übernahme die Nutzungsdauer der nassen Teile auf die Konzessionsdauer beschränkt. Für «trockene Teile» oder Anlagen, die sowohl trockene als auch nasse Teile umfassen, ist hingegen keine Nutzungs- oder Gebrauchsdauer festgelegt. Am Ende der Konzession hat der ausscheidende Konzessionär Anspruch auf Zahlung einer billigen Entschädigung bei der Übertragung dieser Anlagen. Nach Art. 56 Abs. 2 kWRG «Die billige Entschädigung ist nach dem Sachwert zum Zeitpunkt des Heimfalls, das heisst nach dem Neuwert abzüglich der Wertverminderung für die der Lebensdauer dieser Anlagen entsprechende Abnutzung und technischen und wirtschaftlichen Altersentwertung zu berechnen.»

Um zu verhindern, dass das Heimfallrecht durch eine schlecht instand gehaltene oder zu störungsanfällige Anlage seines wirtschaftlichen Wertes beraubt wird, haben die Gesetzgeber eine Verpflichtung zur Erhaltung der Betriebsfähigkeit der dem Heimfallrecht unterliegenden Anlagen eingeführt (Art. 67 Abs. 3 WRG; Art. 55 Abs. 1 kWRG). Gleichzeitig fördert der Gesetzgeber die Modernisierung und Erweiterung der Anlagen (Art. 67 Abs. 4 WRG; Art. 60 kWRG), aber auch Umbauarbeiten, die innerhalb von zehn Jahren vor Ablauf der Konzession durchgeführt werden müssen (Art. 69a kWRG).

Es ist von entscheidender Bedeutung, dass einerseits dem künftigen Konzessionär die Übergabe einer Anlage in einem guten und leistungsfähigen Betriebszustand garantiert wird, während andererseits dem scheidenden Konzessionär eine angemessene Entschädigung bezahlt wird, die diesen Zustand berücksichtigt. Mit diesen Bestimmungen erkennen die Gesetzgeber also implizit an, dass die Zahlung einer billigen Entschädigung mit künftigen wirtschaftlichen Vorteilen verbunden ist, die über einen angemessenen Zeitraum gesichert werden sollten, ohne diese jedoch zu definieren.

Bisherige Erfahrungen

Das 1988 vom Energiedepartement des Kantons Wallis erstellte Dokument [1] schlägt Bandbreiten für die Nutzungsdauer vor. Diese Bandbreiten sind dadurch gerechtfertigt, dass die Nutzungsdauer eines industriellen Assets direkt von der angewandten Instandhaltungsstrategie abhängt (Bild unten).

Dieses Dokument wurde bei zahlreichen Heimfällen im Wallis verwendet: Champsec (1986), Forces Motrices de Martigny-Bourg SA (FMMB, 2000), de la Gougra SA (FMG, Navizence 2004), de Fully SA (FMdF, 2005), de la Borgne SA (FMdB, 2006), de Sembrancher SA (FMS, 2006), d’Orsières SA (FMO 1989/2017 für 2027), du Grand St. Bernard SA (2015 für 2040), sowie SBB-Barberine (2010), Ernen-Mörel (2018 für 2023), Salanfe SA (2020 für 2032)...

Eine Analyse der Heimfälle der im Bild oben aufgeführten Anlagen zeigt, dass die meisten Unternehmen mehr als ein Jahrzehnt nach dem Heimfall eine umfassende Modernisierung durchgeführt haben, bei der in den meisten Fällen die Maschinengruppen ersetzt wurden, wodurch die Leistung und der Wirkungsgrad gesteigert wurden. Während dieses Zeitraums mussten die Aktionäre keine Abschreibungen vornehmen. Diese «Nicht-Ausgaben» führten dazu, dass bei fünf der sechs analysierten Heimfälle die Entschädigung mehr als vollständig kompensiert werden konnte.

Diese Ergebnisse berücksichtigen weder Leistungsverbesserungen (Energie-, Leistungs- und/oder Effizienzgewinne) noch energiewirtschaftliche Optimierungen im Zusammenhang mit der Erneuerung. Die Dauer von zehn Jahren nach dem Heimfall scheint ein guter Analysezeitraum zu sein, um eine Leistungsklausel einzufügen.

Theoretische Aspekte einer Leistungsklausel

Bei den Verhandlungen rund um den Kauf oder Verkauf eines Unternehmens kommt es nicht selten zu erheblichen Unterschieden in der Wertvorstellung zwischen Käufer und Verkäufer. Eine Möglichkeit, diese Unterschiede auszugleichen, ist die Aufnahme einer oder mehrerer Leistungsklauseln in den Kaufvertrag. Eine solche Klausel ist eine vertragliche Verpflichtung des Käufers, dem Verkäufer einen zusätzlichen Ausgleich zu zahlen, der auf dem Erreichen bestimmter Ziele beruht. Um potenzielle zukünftige Streitigkeiten zu vermeiden, ist es wichtig, die Kriterien, die zur Berechnung der zusätzlichen Vergütung herangezogen werden, detailliert anzugeben. Die Kriterien müssen realistisch, erreichbar und nicht willkürlich sein, da sonst die Motivation und der gewünschte Effekt nie erreicht werden. Dabei gilt: Je länger die Laufzeit, umso schwieriger wird es, die zusätzliche Vergütung aufgrund der Veränderungen, die im Laufe der Jahre auftreten können, zu bewerten.

Leistungsklauseln für den Heimfall könnten abhängig von der Verfügbarkeit der Wasserkraftwerke, von der Nutzungsdauer der Anlagen und von der zur Instandhaltung eingesetzten Aufwände und/oder abhängig vom Auftreten oder Nichtauftreten von grösseren Ausfällen festgelegt werden.

Gemäss der kantonalen Gesetzgebung im Kanton Wallis muss zehn Jahre vor Ablauf der Konzession ein umfassender Bericht vorgelegt werden, der die Einhaltung der Wartungs- und Erneuerungspflicht belegt. Dieser Bericht muss insbesondere eine Analyse des Zustands der Anlagen, der mit der Anlage verbundenen Risiken, die Strategie und den Plan zur Instandhaltung und die Investitionen bis zum Konzessionsende und darüber hinaus enthalten, in dem die durchzuführenden Massnahmen sowie die Historie der Leistungsindikatoren (Einspeisung, Produktion, Verfügbarkeit...) aufgeführt werden. Der Konzessionsnehmer und der Konzessionsgeber verfügen somit über alle Elemente, um den Zustand der Anlagen sowie die Verfügbarkeit der Anlage bis zum Konzessionsende und danach zu verfolgen und somit erreichbare Leistungsklauseln zu definieren.

Praktisches Beispiel

Ein Konzessionär und ein Konzessionsgeber verhandeln über einen Heimfall im Jahre 2030. Es kommt zu Meinungsverschiedenheiten bei der Bestimmung einer billigen Entschädigung im Zusammenhang mit einer 1995 getätigten Investition im Wert von 3,5 Mio. CHF. Der Konzessionär, der die durchgeführte Wartung und seinen Wartungsplan berücksichtigt, berechnet die billige Entschädigung ausgehend von einer Nutzungsdauer des betreffenden Assets von 60 Jahren. Der Konzessionsgeber bestreitet diese Nutzungsdauer und will 40 Jahre durchsetzen. Zwei Szenarien sind möglich: Der Konzessionsgeber zwingt dem Konzessionsnehmer diejenige Entschädigung auf, die sich auf eine Nutzungsdauer von 40 Jahren bezieht (Szenario 1) oder der Konzessionsgeber akzeptiert die vom Konzessionsnehmer vorgeschlagene Entschädigung, die sich auf eine Nutzungsdauer von 60 Jahren bezieht. Die zur Diskussion stehende finanzielle Auswirkung am Ende der Konzession beläuft sich auf 1,02 Mio. CHF (Szenario 2).

Um die Bedeutung der zu treffenden Entscheidung richtig einzuschätzen, ist es notwendig, einen Blick auf die zukünftige Konzession zu werfen und die Folgen einer möglichen Nichtverfügbarkeit des von der Meinungsverschiedenheit betroffenen Anlagenteils abzuschätzen. Unter der Annahme, dass diese Anlage (Laufwasser) eine zwölfmonatige Nichtverfügbarkeit einer der Gruppen (3 x 30 MW) verursachen könnte, beläuft sich der Produktionsverlust auf etwa 140 GWh. Bei einem durchschnittlichen Verkaufspreis von 80 bis 110 CHF/MWh und einem durchschnittlichen Gestehungspreis von 40 CHF/MWh kann sich die finanzielle Auswirkung der Nichtverfügbarkeit in einem bestimmten Jahr zwischen 5,6 und 9,8  Mio. CHF bewegen, was dem Fünf- bis Zehnfachen der Abweichung von der billigen Entschädigung entspricht.

Eine Leistungsklausel kann zum Zeitpunkt des Heimfalls integriert werden, um die Auswirkungen der Unsicherheiten besser zu verteilen, welche mit dem Ausfall der von der Meinungsverschiedenheit betroffenen Anlage verbunden sind. Der betroffenen Anlage kann aus Sicht der Akteure der zukünftigen Konzession Folgendes widerfahren:

  • Ausfall nach 40 Jahren und damit die Möglichkeit, Produktionseinnahmen mit einem Anlageteil zu erzielen, dessen Restwert gleich null ist (Szenario 1).
  • Ausfall vor 60 Jahren und damit Generierung von Verlusten, die durch eine Anlage mit einem Restwert von nicht null ausgelöst werden (Szenario 2).

Im Falle von Szenario 1 sollte die Leistungsklausel darin bestehen, dem ehemaligen Konzessionär einen Teil der nach 2035 erzielten Gewinne zurückzugeben. Im Fall von Szenario 2 würde die Leistungsklausel den ehemaligen Konzessionär dazu verpflichten, einen Teil der bei dem Heimfall bezahlten billigen Entschädigung zurückzugeben, um die Verluste der Akteure der neuen Konzession auszugleichen.

Obenstehendes Bild zeigt den Effekt ohne und mit Leistungsklausel, während das folgende Bild die vom Konzessionär oder Konzessionsgeber zu zahlende Prämie in Abhängigkeit davon darstellt, ob ein Ausfall eintritt oder nicht.

Interessanterweise wird der Wert der Prämie, die der Konzessionsgeber im Fall von Szenario 1 an den Konzessionsnehmer zu zahlen hat, bei Kapitalisierung im Jahr X grösser als der Wert, den der Konzessionsnehmer zum Zeitpunkt des Heimfalls ab 2045 bezahlt hätte. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Konzessionär, hätte er diesen Betrag im Jahr 2030 zur Verfügung gehabt, ihn zu seinem Vorteil mit einer IRR (Internal Rate of Return) von 5% hätte arbeiten lassen können. Ebenso übersteigt die Prämie, die der Konzessionär an den Konzessionsgeber zahlen müsste, den beim Heimfall zu zahlenden Betrag, wenn der Ausfall vor 2045 eintritt (Szenario 2).

Schlussfolgerung

Dieser Artikel zeigt anhand eines Beispiels, dass alle an der künftigen Konzession beteiligten Akteure ein starkes Interesse daran haben, über Anlagen zu verfügen, die sich in einem guten Zustand befinden, um sachgemäss betrieben werden zu können. Beim Heimfall scheint es für den Konzessionsgeber wichtig zu sein, eine Vertrauensbeziehung zum Konzessionär aufzubauen, um zu verhindern, dass das Heimfallrecht durch eine schlecht gewartete Anlage, die zu viele Betriebsrisiken birgt, seines wirtschaftlichen Wertes beraubt wird.

Die Einführung einer Leistungsklausel beim Heimfall ist ein möglicher Weg, um alle Akteure in einer Partnerschaft (win-win) in eine Position zu bringen, die für alle Beteiligten von Vorteil sein kann (Bild oben). Diese Methode könnte auch bei Erweiterungen und Modernisierungen vor dem Heimfall im Rahmen der Vereinbarung über den nicht amortisierten Teil am Ende der Konzession (Art. 67 Abs. 4 WRG) angewandt werden.

Referenz

[1]   Wirtschaftlich-technische Berechnungsgrundlagen zur Wertermittlung einer Wasserkraftanlage mit oder ohne vorgezogenem Heimfall, Energiedepartement des Kantons Wallis, September 1988.

Autor
Nicolas Rouge

ist Asset Manager bei Alpiq Suisse SA.

  • Alpiq Suisse SA, 1001 Lausanne
Autor
Dr Olivier Bernard

ist Asset Manager bei Altis Groupe SA.

  • Altis Groupe SA, 1934 Le Châble

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