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Mehr Freiraum, bitte!

07.04.2017

Snap, die Mutter der Foto-App Snapchat, ging Anfang März an die Börse und verkörperte das grösste Tech-IPO seit dem chinesischen Online-Händler Alibaba. Gegründet worden war das Unternehmen vor gerade mal sechs Jahren. Dass Snap noch keinen Gewinn macht, schreckt die Anleger offenbar nicht ab. Die Erwartung ist, dass das Unternehmen neue Technologien entwickeln und Kunden begeistern kann.

Auch die Energiewelt setzt auf neue Geschäftsmodelle: die Vernetzung von Anwendungen mit dem Internet of Things, Plattformen für den Handel mit Strom direkt zwischen Produzenten und Verbrauchern, eine hocheffiziente Ausnutzung von Infrastrukturen mit Hilfe von in Echtzeit flexibel schaltbaren Lasten – alles Beispiele für Geschäftsmodelle, die mit Technologie Kosten senken und Nutzen verbessern wollen. Häufig steckt der Ertragsmechanismus noch in den Kinderschuhen, aber die Erwartungen sind gross.

Zur gleichen Zeit: Die Verordnungen zum ersten Massnahmenpaket der Energiestrategie 2050 zeigen gerade bei der Anwendung von Technologien Unerwartetes: So müssen bei allen Endverbrauchern und Erzeugern innert sieben Jahren intelligente Messsysteme eingesetzt werden. Die Nutzung von Flexibilität durch Verteilnetzbetreiber wird bereits wieder eingeschränkt und mit neuen Pflichten versehen. Noch bevor der Markt über Sinn und Unsinn von Anwendungen und Angeboten entscheiden kann, zeichnen gesetzliche Vorgaben deren Einsatz bereits vor.

Ist das tatsächlich der richtige Weg? Natürlich lässt sich die Dynamik der Tech-Branche nicht einfach auf die Energieversorgung übertragen. Die Monopolstellung des Stromnetzes und die Versorgungssicherheit bedingen zwangsläufig geeignete Regeln. Dennoch – diese Regeln dürfen die zarten Pflänzchen, welche neue Geschäftsmodelle darstellen, weder ersticken noch künstlich am Leben erhalten. Beides ist ineffizient und beschränkt die Freiräume von Unternehmen, neue Technologien zu entwickeln und Kunden zu begeistern.

Ich bin überzeugt, die Unternehmen würden sich den vorgeschlagenen gesetzlichen Vorgaben anpassen. Doch ob das die innovativen Geschäftsmodelle hervorbringt, die wir für eine effiziente und erneuerbare Energiezukunft brauchen, wage ich zu bezweifeln.

Autor
Michael Paulus

ist Bereichsleiter Netze und Berufsbildung des VSE.

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