Mehr Elektronik aufs Solardach?
Pro und Contra PV-Optimierer
«Schatten ist kein Problem, wir haben ja die PV-Optimierer und somit einen super Ertrag.» Um diese Pauschalaussage differenziert zu betrachten und zu verifizieren, stösst man an die Grenzen der heute verfügbaren kommerziellen PV-Simulationstools. Gleichzeitig sind über 200 Millionen solcher Optimierer weltweit bereits auf den Solardächern verbaut.
In den letzten drei Jahrzehnten zeigten sich unterschiedliche Phasen der technologischen Entwicklung bei PV-Anlagen. Zunächst musste für Solarmodule so viel bezahlt werden wie heute für ein alpines PV-Kraftwerk, wenn man den Preis pro Watt Nennleistung vergleicht. Die Module bestimmten damals zu zwei Dritteln den Preis des Kraftwerks, und die Wechselrichter waren mit einem Bruchteil der Kosten ein notwendiges Beiwerk. Seither wurden Milliarden in die Optimierung der PV-Modulfertigung investiert. Das Ergebnis: Die Preise sanken um den Faktor zehn, während sich die Modulleistung vervierfachte und der Wirkungsgrad verdoppelte.
Die Kostensituation hat sich grundlegend geändert. PV-Module kosten heute etwa gleich viel wie die Leistungselektronik. Letztere besteht bei Einfamilienhäusern oft aus zwei Komponenten, denn neben dem klassischen Wechselrichter kommt eine Innovation hinzu: der Leistungsoptimierer. Dieser DC/DC-Wandler wird hinter jedem PV-Modul montiert. Er kommt bei etwa der Hälfte aller neuen Solardächer von Einfamilienhäusern zum Einsatz.
Dabei ist nicht allen Kunden klar, ob sich diese Zusatzkosten wirklich lohnen. Denn der «Optimizer» kostet heute fast so viel wie ein günstiges Solarmodul. Selbst optimistische Verkäufer von Optimierern behaupten nicht, dass der Optimierer verschattete Module so gut betreiben könne, dass sich die Modulleistung quasi verdoppelt. Einige versprechen ihren unbedarften Endkunden jedoch einen Mehrertrag von bis zu 30% im Vergleich zu herkömmlichen Wechselrichtern. Dabei benötigen die Optimierer-Systeme am Ende der Serienschaltung der Optimierer auch noch einen zusätzlichen Wechselrichter, der weitere Kosten verursacht [1].
Wirtschaftlich wird es, wenn die Mehrkosten für die Optimierer durch den Mehrertrag über das Jahr hinweg kompensiert werden. Gemäss Offerten oder Rechnungen liegt der Kostenanteil der Optimierer für Einfamilienhäuser oft bei etwa 5% der Gesamtkosten. Es wird deshalb erwartet, dass die Ertragssteigerung durch den Optimierer ebenfalls über 5% liegt. Unsere etwa fünfjährige Erfahrung mit der Analyse der Mehrerträge solcher Systeme an der ZHAW bestätigt dies für die meisten Fälle jedoch nicht. Typischerweise sind die Mehrerträge etwa halb so hoch [2]. Wird die Verschattung durch eine bessere Platzierung der Module reduziert, können sie noch deutlich geringer ausfallen. Bei sehr geringer Beschattung, z. B. durch einen Schornstein mit genügend Abstand zur Modulkante, kann die Lösung ohne Optimierer sogar günstiger sein. Es gibt jedoch auch Fälle mit nicht vermeidbarer, starker Verschattung oder unterschiedlicher Modulausrichtung, bei denen Optimierer die ertragsstärkere Lösung sind.
Zurzeit stehen den Planern und PV-Installateuren weltweit keine ausreichend genauen kommerziellen Simulationsprogramme zur Verfügung, um das Design zu überprüfen. Zudem geben die Hersteller der Optimierer nur geringe Verluste in nicht repräsentativen Arbeitspunkten auf ihren Datenblättern an [2].
Situativer Mehrertrag
Das technische Potenzial, um mehr Leistung mit einem teilweise beschatteten Solarmodul zu erzielen, kann nicht immer ausgeschöpft werden. Dies ist nur möglich, wenn die maximale Leistung des Moduls (MPP, Maximum Power Point) ausschliesslich bei einem bestimmten kleineren Modulstrom erreicht werden kann, der nicht mit dem optimalen Modulstrom der nicht beschatteten Module im Strang übereinstimmt. Bei herkömmlichen Wechselrichtern, die mit der Serienschaltung aller PV-Module gespeist werden, sind unterschiedliche optimale Modulströme nicht möglich [1].
Eine Analyse aller Last-/Beschattungsfälle im Jahr ist erforderlich, da es viele Fälle gibt, bei denen der konventionelle Wechselrichter ohne Optimierer den gleichen MPP einstellt. Dies tritt bei starker Beschattung einer Zelle auf, wenn der MPP nur erreicht werden kann, indem die Bypass-Diode automatisch aktiviert wird. In diesem Fall wäre der optimale Arbeitspunkt sowohl ohne als auch mit Optimierer derselbe, es gäbe also keinen Mehrwert. Im Gegenteil: Dann sind die Verluste des Optimierers von 1 bis 4% immer höher als die eines einfachen Steckers zwischen den PV-Modulen.

Die Optimierer-Eigenverluste
Der Wirkungsgrad eines Optimierers verändert sich nicht nur mit der Leistung, sondern auch mit den Spannungsverhältnissen am Ein- und Ausgang. Die Ausgangsspannung eines Optimierers, der mit dem nächsten Modul in Serie geschaltet ist, ist kleiner, wenn nur dieses Modul teilweise beschattet ist, das Nachbarmodul jedoch nicht. Die Gesamtspannung dieses Strangs wird auf einen konstanten Wert geregelt, der bei effizienten Wechselrichtern über dem Scheitelwert der Netzspannung liegt. Dadurch entfällt der interne DC/DC-Wandler des herkömmlichen PV-Wechselrichters.
Gleichspannungswandler wie der PV-Optimierer weisen höhere Verluste auf, wenn das Verhältnis von Eingangs- zu Ausgangsspannung von eins abweicht. Dieses Verhältnis hängt primär von der Anzahl Optimierer im Strang (Bild 1) ab, aber auch von einer temporären Verschattung, die die Bypassdiode aktiviert. Selbst ein nicht beschattetes Modul zeigt im Tagesverlauf eine Änderung des Spannungsverhältnisses um rund 20%.

Leider geben die Hersteller der Optimierer in den Datenblättern nur die besten Wirkungsgrade von etwa 99% an, obwohl die Spannungsverhältnisse im Betrieb stark vom optimalen Verhältnis k = 1 abweichen. Dies hat das IEFE-Team der ZHAW bewogen, Wirkungsgradmessungen an kommerziellen Optimierersträngen im Indoor-Labor in Winterthur durchzuführen und die Ergebnisse zu veröffentlichen (Bild 2). Dabei wurden massive Abweichungen zu den Herstellerangaben von 2% und mehr festgestellt. Selbst so geringe Abweichungen sind wirtschaftlich relevant, da genau dieser Unterschied oft auch dem jährlichen Mehrertrag eines Optimierer-Systems gegenüber einem herkömmlichen Solarwechselrichter bei leichter Beschattung darstellt. Bisher ist die ZHAW das einzige Forschungs- bzw. Testinstitut weltweit, das diesen unabhängigen Service bietet [3].
Bis heute haben die Hersteller kein Wirkungsgrad-Mapping im erlaubten Arbeitsbereich wie in Bild 2 veröffentlicht. Im November 2024 hat ein führender Hersteller für drei Spannungen und bei Teillast mehr Messdaten publiziert [4]. Aber auch dort bleibt offen, ob das wichtige Spannungsverhältnis nicht wieder zu nahe bei eins liegt.
![<b>Bild 2</b> Wirkungsgrad eines kommerziellen PV-Optimierer P370-Aufwärts-/Abwärtswandlers als Funktion der Leistung und des Spannungs-/Stromverhältnisses k sowie die Abweichung zu den Datenblattangaben des Herstellers [2].](files/content/news-articles/B_Artikel/2025/2506/B_2506_Baumgartner/B_2506_Baumgartner_Bild_2.png)
Oft zeigen sich auch bei den am stärksten beschatteten Modulen ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis und ein kleineres Betriebsrisiko, wenn weniger Optimierer eingesetzt werden. Diese unabhängigen Optimierer (auch IndMLPE genannt, Bild 1) haben eine reduzierte Funktionalität, da die Ausgangsspannung immer kleiner als die Eingangsspannung ist. Dafür ist keine Regelung der Strangspannung nötig, allerdings muss dafür ein DC/DC-Wandler in den konventionellen Wechselrichter integriert werden.
Jahresenergieertrag
Werden nur Momentaufnahmen der Verschattung der verschiedenen Systeme mit konkreten Komponenten verglichen, führt dies nicht zu wirtschaftlich relevanten Aussagen. Für die Planung von PV-Anlagen reicht es nicht, die idealisierten Datenblattwerte zu verwenden. Deshalb hat die ZHAW die realen Messergebnisse des Wirkungsgrads in das an der ZHAW entwickelte WebPV-Shade-Ertragsprognose-Tool eingebunden. Dieses Tool bildet zusätzlich die Funktionalität jedes einzelnen Optimierers im System mit individuellen Spannungsverhältnissen und realistischen Verlusten ab.
So konnten die Energieerträge von Optimierersystemen mit allen Verlusten eines konventionellen Wechselrichtersystems verglichen werden. Dies war genauer als die kommerziellen PV-Planungstools. Die Ergebnisse werden detailliert im IEA-Report und in anderen Publikationen besprochen. Dort werden auch typische Beispiele besprochen, die über die ZHAW-Webseite mit den Ausgangsgrössen und Schattenwürfen zu bestimmten Zeiten im Detail verfügbar gemacht wurden [4]. Die vorgegebenen Beispiele ersetzen zwar kein PV-Planungstool, bieten Planern aber realistische Beispiele (Abstände zu Verschattungsobjekten usw.).
Einige Ergebnisse und Empfehlungen:
- Die Anzahl der Optimierer im String sollte so gewählt werden, dass die Eingangs- zu Ausgangsspannung im nicht beschatteten Fall bei 1 liegt: Effizienzgewinn von bis zu 3%.
- Bei Strings mit gleicher PV-Ausrichtung sind Multistring-Wechselrichter bei leichter bis mittlerer Verschattung etwa genauso effizient bzw. effizienter.
- Der Einsatz von verschattungstoleranten Modulen kann vergleichbare Erträge erbringen, wenn sie gleich ausgerichtet sind. Mehr als drei Bypass-Dioden im Modul sind förderlich. Details siehe IEA-Report [2].
- Ein grösserer Abstand der Module zum Verschattungsobjekt kann die Optimierer überflüssig machen.
Mit einem hohen Verschattungsindex von 8,9% (geringer Abstand der PV-Module zur Gaube) hat die allMLPE-Lösung mit einem Optimierer hinter jedem PV-Modul einen Ertragsvorteil von 3,5% gegenüber der herkömmlichen Wechselrichter-Lösung.
Werden die Module aber mit einem Abstand von ca. 50 cm zur Gaube platziert (Verschattungsindex 5,3%), bringt die SINV-Lösung mit herkömmlichem Wechselrichter einen um 11% höheren Jahresertrag als die optimale MLPE-Lösung mit Optimierer und zu geringem Abstand der Module zur Gaube (Bild 3). Fazit: Eine geschickte Modulplatzierung kann in diesen häufigen Anwendungsfällen mit einem herkömmlichen Wechselrichter einen höheren Ertrag erzielen als der Einsatz von mehr Elektronik auf dem Dach.

Finales Pro und Contra
Ein Vorteil der Optimierer ist der erhöhte Personenschutz und die Vermeidung von DC-Lichtbögen, denn im Fehlerfall wird die Ausgangsspannung der Optimierer auf rund 1 V reduziert. Zusätzlich gibt es auf dem Markt Optimierer, die eine lokale Übertemperatur, beispielsweise beim Modulstecker, erkennen und eine Notabschaltung einleiten ([2], Kap. 6.4.2). Auch die gezielte Identifikation eines fehlerhaften Moduls im Strang erleichtert den Service, sofern der Optimierer nicht die Ursache des Ausfalls ist.
Neben den Anschaffungs- und Installationskosten ist dieser Servicefall ein grosser Unsicherheitsfaktor in Bezug auf die Kosten. Komplexe Elektronik neben oder unter den Modulen auf dem Dach, die hohen Temperaturen von bis zu 60°C ausgesetzt ist, ist nicht förderlich für eine lange Lebensdauer. Wenn in einigen Jahren ein Austausch eines Optimierers nötig wird, können diese Kosten, unter Beachtung des Arbeitsschutzes der Handwerker und der Absturzsicherung, einige Hundert Franken oder deutlich mehr als tausend Franken betragen, auch wenn die Hardware des Optimierers in diesem Garantiefall kostenlos ist. Bei Offerten für ein neues PV-Solardach sollten auch diese typischen Servicekosten angefragt werden.
Referenzen
[1] Franz Baumgartner, «Optimizer: Nur ein Hype oder die Zukunft?», Bulletin SEV/VSE 5/2021.
[2] Franz Baumgartner, «Performance of Partially Shaded PV Generators Operated by Optimized Power Electronics», Report IEA-PVPS Task 13, Nov. 2024, IEA-PVPS-T13-27-2024.pdf
[3] Shaded PV & Optimized System Performance, BFE PuD-Projekt SH8100380-02-01-46, 2023 bis 2025.
[4] SolarEdge efficiency of S-Series and P-Series Power Optimizers, Application Note 6.3, Nov. 2024.
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